Hallo,
von Westerwelle hört man, dass er für ein Waffenembargo gegen Libyen ist. Da stellt sich für mich die Frage: Wurde Libyen tatsächlich mit deutschen Waffen beliefert?
Ich wäre für ein strengstes Waffenexportverbot für Waffen jeglicher Art an Nicht-Behörden im Ausland und an Nicht-NATO-Länder.
Wir brauchen uns nicht zu wundern über Bürgerkriege in Afrika, Piraterie, Drogenmorde in Mexiko und und und mit deutschen Waffen.
Das Argument „dann tun es eben andere“ lasse ich nicht gelten.
Das könnte man ja bei jedem Verbrechen anbringen.
Gruß Michael
Hallo,
von Westerwelle hört man, dass er für ein Waffenembargo gegen
Libyen ist. Da stellt sich für mich die Frage: Wurde Libyen
tatsächlich mit deutschen Waffen beliefert?
mein erster Gedanke, als ich das gehört habe war auch:
Das darf doch wohl nicht wahr sein, dass wir Waffen sogar an eine verrückten
Diktator liefern. Aus wirtschaftlichen Interessen heraus wurden wohl mal wieder alle moralischen Bedenken über Bord geworfen.
Aber vielleicht dienten die bisherigen Waffenlieferungen von Deutschland (?) oder anderen EU-Ländern (z.B. Belgien) nach Libyen auch nur dem Schutz der Hilfslieferungen in den Sudan.
Gruß
Pontius
Servus,
Wurde Libyen tatsächlich mit deutschen Waffen beliefert?
Ja. Gestern oder vorgestern wurde von SWR 2 berichtet, zuletzt seien nach Libyen in einigem Umfang Systeme zur Störung von Mobiltelefon-, Satellitentelefon- und Funknachrichtensystemen geliefert worden. Wie das mit anderen deutschen Klassikern wie Drohnen, Nachtsichtgeräten etc. ausschaut, weiß ich nicht zu sagen. Sicher ist, daß Schießeisen, leichte Artillerie und die nötige Munition reichlich und unbemessen im Land sind, da kann man embargieren, wie man grade lustig ist. Ob man übergelaufenen Offizieren eine Walther, eine Mauser oder schlicht eine Kalaschnikow ins Genick setzt, wenn man sie erwischt, ist gesprungen wie gehupft.
Wie auch immer: In wiefern wären Polizei, Armee, Revolutionsgarden etc. der Sozialistischen Libysch-Arabischen Volks-Dschamahirija von einem Boykott von Waffenlieferungen an Nicht-Behörden betroffen?
Der Bürgerkrieg zwischen Tripolitanien und der Kyrenaika, der sich derzeit abzeichnet und der im für Libyen (und auch für seine Lieferanten und Kunden, beides ist Deutschland in bedeutendem Umfang) schlechtesten, aber nicht unwahrscheinlichen Fall auf eine Teilung des Landes in Westlibyen mit Wasser, Universität, Raffinerien, Infrastruktur und Ostlibyen mit Öl hinauslaufen wird, würde keinesfalls dadurch beschränkt, dass „Nicht-Behörden“ zu wenige Waffen hätten. Die Nachrichten sind relativ spärlich; es ist aber nicht unwahrscheinlich, daß trotz der Versuche eines Teils der libyschen Luftwaffe, militärisches Material in der Kyrenaika durch Bombardements zu zerstören, sowohl die regierungstreuen Teile der Armee als auch diejenigen, die sich den Aufständischen angeschlossen haben, über eine ganz ordentliche Bewaffnung verfügen. Die Nachrichten über die schwache bis aussichtslose Bewaffnung der ostlibyschen Kräfte halte ich für mehr oder weniger gelungene Desinformation: Auch im Osten waren starke Panzerkräfte stationiert, und wo ein gewöhnlicher Vierzigtonner wenns gut geht 300 km am Tag macht, kann man sich deren Marschtempo ausmalen. Die teils übergelaufenen und teils regierungstreuen libyschen Panzertruppen haben sich möglicherweise zu einem Katz- und Maus-Spiel im Süden aufgemacht, nach dem Muster Rommel./.Montgomery. Man kann in den südlichen 70% des Landes lange Zeit damit verbringen, sich gegenseitig zu umgehen, und gewinnen kann dabei bloß der, dem es gelingt, überraschend an irgendeinem Ort überlegene Kräfte zusammenzubringen, die vorher zerstreut und aus der Luft nicht gut verwundbar marschiert sind. Daß man dieses Katz- und Maus-Spiel dadurch beeinflussen könnte, dass in vier oder acht Wochen irgendein Container in Misuratah gelöscht wird oder auch nicht, glaubt auch unsern Außenminister nicht im Ernst.
Ein klares Übergewicht für die regierungstreuen Teile der Armee könnte allenfalls durch die vorhandene (d.h. im Luft-Boden-Kampf in der Wüste trainierte) Luftwaffe erreicht werden - weil man aber zum Fliegen einer museumsreifen Mirage mehr Grips im Hirn braucht als zum Fahren eines Kampfpanzers, dürfte die Luftwaffe - wie u.a. in Malta zu sehen war - für einen Bürgerkrieg nur bedingt einsetzbar sein, alldieweil die stärker gripsbelasteten Teile der Armee nicht unbedingt die regierungstreuesten sein werden, und damit keiner der beiden Seiten ohne weiteres zum Bruderkrieg zur Verfügung stehen.
Wenn Du nur noch die regierungstreuen Truppen beliefern willst - was wie oben angezogen eine Weile dauern würde, und in den kommenden vierzehn Tagen kann in Libyen einiges passieren - wird das Szenario, das Gaddafi ausmalt, ganz schnell real: Die radikal islamistischen Teile der Aufständischen besorgen sich ihre Uzis, Granatwerfer, Raketenwerfer, Panzerfäuste etc. wo immer sie wollen, die beantragen die Lieferungen nicht vorher beim BAFA. Und der vermutlich nicht besonders starke republikanisch-demokratisch gesinnte Teil der Opposition steht dann noch schwächer und noch stärker isoliert da als jetzt.
Kurzer Sinn: Ob ein Waffenembargo mit diesem oder jenem Detail ausgestattet wird, lässt stark an den legendären Sack Reis denken.
Schöne Grüße
MM
Servus Martin
Wenn Du nur noch die regierungstreuen Truppen beliefern
willst
Ich möchte, dass überhaupt keine Waffen an Nicht-NATO-Länder geliefert werden. Libyien ist doch nicht in der NATO, oder irre ich mich?
Gruß Michael
Servus,
bist Du sicher, daß in diesen Tagen in Libyen mit ganz frisch ausgepackten Sturmgewehren geschossen wird, die extra für den Bürgerkrieg mit DHL hingeschickt worden sind? Das nähme mich wunder - sogar DHL braucht etwa eine Woche für eine Lieferung DAP Tripoli, und Benghazi, Derna etc. brauchen noch paar Tage länger.
Es ist den Konfliktparteien in Libyen grad wurstegal, ob ihnen jetzt irgendjemand Waffen liefert oder nicht - sie haben genug davon. Und wenn sie knapp werden sollten - Muammar Gaddafi kann sich selbst wenn ihm alle Konten in UK eingefroren werden (falls man sie denn identifizieren kann) aus der Portokasse und aus Schulden, die seine heutigen und früheren Verbündeten noch bei ihm haben, übern Daumen zwei Drittel aller Waffen, die in dem Kontinent unterwegs sind (vielleicht mit Ausnahme Südafrikas) mal eben so kaufen und franco Tripoli liefern lassen.
Ich weiß nicht, wie alt Du bist - vielleicht hast Du die Zeit nicht mehr richtig erlebt, als alle vierzehn Tage irgendwo auf diesem riesigen Kontinent irgendein anderer Stellvertreterkrieg losgetreten wurde. Diese Stellvertreterkriege wurden reichlich und unbemessen von NATO und Warschauer Pakt ausgestattet. Wenn Afrika von etwas mehr als genug hat, dann sind das Infanteriewaffen, leichte Artillerie und leichte Panzer: Der Kontinent starrt vor Waffen, auch wenn man das seinen Soldaten, die mit billigsten Baumarkt-Gummistiefeln ins Feld ziehen, vielleicht nicht ansieht - wenn man Granaten und Landminen essen könnte, gäbe es im ganzen Sahel nur dramatisch übergewichtige Kinder, die sich vor Speck kaum aufrecht halten können.
Es ist ein großer Jux, die Bewaffung Afrikas durch Boykottaktionen jetzt einschränken zu wollen.
Schöne Grüße
MM
Moin,
wenn ein Land die beiden Möglichkeiten hat:
- moralisch zu handeln und
- unmoralisch zu handeln, aber dafür Teile der Wirtschaft zu unterstützen,
ohne dass die eigene Bevölkerung negativ betroffen ist
wird es natürlich immer 2 wählen. Insbesondere wenn man dazu einfach nur weggucken muss. Somit hat man im Nachinein nichtmal großartigen politischen Schaden. Die Alternative ist halt, Rüstungsausschreibungen zu machen wo zufällig immer nur lokale Fabrikanten gewinnen. Aber da muss man ja selbst Geld ausgeben.
Hallo,
Es ist ein großer Jux, die Bewaffung Afrikas durch
Boykottaktionen jetzt einschränken zu wollen.
und weil du meinst, dass es dort schon genug Waffen gibt, sollten sie auch weiter dorthin geliefert werden. Denn wenn wir es nicht tun, tun es die andern.
Geliefert wird doch nur dahin, wo eine Nachfrage besteht oder werden die den Empfängern kostenlos aufgedrängt. Ich denke mal, wenn ich von einer Sache genug habe und mit der Qualität zufrieden bin, warum sollte ich sie dann noch teuer einkaufen wollen?
Gruß
Pontius
Hallo,
von Westerwelle hört man, dass er für ein Waffenembargo gegen
Libyen ist. Da stellt sich für mich die Frage: Wurde Libyen
tatsächlich mit deutschen Waffen beliefert?
Sicher war auch Deutschland daran beteiligt und viele weitere Länder. Groß-Britannien hat gerade einige bereits erteilte Exportlizenzen für Waffen nach Lybien zurückgezogen, aber was nutzt das, wenn in vergangenen Jahren fleißig geliefert wurde?
Viele Länder, in denen es später zu Unruhen kam wurden in den Jahren davor mit Waffen aus den Industrieländern beliefert, darunter auch Irak, Iran, Afghanistan, alle vom Westen unterstützten arabischen Länder usw. usf. Auch die Waffen, die bei afrikanischen Auseinandersetzungen benutzt werden kommen aus den gleichen Quellen. Der größte Waffenlieferant sind die USA, weitere sind Russland, England, Frankreich, Deutschland, Spanien, inzwischen auch China u.v.m.
Später wurden dann bei Einsätzen der US-Truppen und deren Helfern, just diese Waffen dazu verwendet auf die US-Truppen zu schießen! Auch UN-Truppen werden mit diesen Waffen angegriffen.
Ich wäre für ein strengstes Waffenexportverbot für Waffen
jeglicher Art an Nicht-Behörden im Ausland und an
Nicht-NATO-Länder.
Auch das würde nicht viel bringen. Das Waffengeschäft ist eine der wichtigsten Geldquellen für die Produzentenländer und liegt im Milliarden-Dollar Bereich und viel zu viele Exporteure umgehen mit Freuden jegliches Embargo.
So waren beim ersten Embargo gegen den Irak für Kriegsmaterial in den 1980ern zahlreiche namhafte deutsche Unternehmen daran wissentlich beteiligt, z.B. auch bei der Lieferung von Ersatzteilen für kriegswichtige Fahrzeuge. Man lieferte diese dann eben nach Jordanien und dann verlor sich offiziell die Spur, doch jeder Beteiligte Lieferant und Exporteur in Deutschland wußte, daß sie für den Irak bestimmt waren und dort landeten. Wieso sie das wußten? Ganz einfach an Hand der Ersatzteilnummern, die zeigten, daß die Ersatzteile für Fahrzeuge bestimmt waren, die in den Jahren vor dem Embargo an den Irak geliefert worden waren.
Ein Land, das nicht direkt beim Herstellerland kaufen kann, tut dies über ein anderes Land. Bei den zu beantragenden Exportlizenzen wird heftig gemauschelt, denn sie gelten für das Erst-Bestimmungsland und werden dann nach Lust und Laune weitergeleitet.
Wir brauchen uns nicht zu wundern über Bürgerkriege in
Afrika, Piraterie, Drogenmorde in Mexiko und und und mit
deutschen Waffen.
Nein, wundern brauchen wir uns wahrhaftig nicht.
Das Argument „dann tun es eben andere“ lasse ich nicht
gelten.
Hier geht es nicht darum, sondern ausschl. um ein Riesengeschäft und die Waffen exportierenden Länder, Produzenten, Lieferanten und Exporteure haben noch nie moralische oder ethische Bedenken gehabt, und weil es um so viel Geld geht, werden sie auch immer versuchen den Konkurrenten ein Geschäft wegzuschnappen. Was damit letztlich geschieht ist ihnen nur insofern nicht egal als sie auf den Ausbruch von Feindlichkeiten hoffen damit Nachschub benötigt wird.
Das könnte man ja bei jedem Verbrechen anbringen.
Nur werden Kriege -was nichts anderes ist als legitimierter Massenmord-, egal wer sie beginnt, leider noch immer nicht Mord genannt.
Gruß,
p+p
Hiho,
die Betonung liegt auf jetzt, deswegen hab ich das kursiv gesetzt.
Wenn es tatsächlich darum geht, Rolle und Bedeutung von Muammar Gaddafi als „Revolutionsführer“ ohne Funktion in Libyen zu destabilisieren oder einzuschränken, ist ein Waffenembargo keine dafür geeignete Maßnahme.
Im Gegenteil: Die in der Kyrenaika offenbar teilweise nicht mehr loyale libysche Armee ist im Gegensatz zu den wahrscheinlich noch gänzlich loyalen Revolutionsgarden ziemlich knapp mit Munition ausgestattet. Falls sich eine Bürgerkriegsfront zwischen Tripolitanien und Kyrenaika herausbilden sollte, wird sich diese unter Umständen ziemlich zügig nach Osten verschieben.
Ich bin nicht sicher, ob das der Zweck der Übung ist.
Schöne Grüße
MM
Hallo Pontius + Pilatus,
wie wäre es, den deutschen Waffenfabrikanten neben saftigen Strafen die Werke - ähnlich wie bei Gammelfleischskandal - zu schliessen, wenn Erzeugnisse dieser Werke in einem Nicht-NATO-Land auftauchen?
Gruß Michael
Hallo Michel,
wie wäre es, den deutschen Waffenfabrikanten neben saftigen
Strafen die Werke - ähnlich wie bei Gammelfleischskandal - zu
schliessen, wenn Erzeugnisse dieser Werke in einem
Nicht-NATO-Land auftauchen?
Prima Idee! Stell beim Petitionsausschuß des Bundestages doch mal eine soche Petition ein! Meine Unterschrift sei dir gewiß!
Was Tante Angie wohl dazu sagt, wenn vom Bund geförderte Waffenwerke geschlossen werden sollen? Den Filz durchschaut doch kaum einer.
Gruß,
p+p
Hiho,
bist Du sicher, dass die Panzer T-72, T-62, T-55 und T-54, sowie die Transporter BMP-1, BTR-50, BTR-60, BRDM-2 und EE-9 Caravel in deutschen Werken gefertigt worden sind?
Neugierich
MM
Hallo Martin
Sorry, habe vergessen zu erwähnen, dass ich nicht nur das Fabrizieren der Waffen, sondern auch den Handel damit meine.
Gruß Michael
Betr. Libysches Panzermuseum
Hallo Michael,
die Vertriebswege der UdSSR und ihrer Verbündeten im Warschauer Pakt schlossen keine NATO-Staaten mit ein.
Auch nicht die BRD.
Schöne Grüße
MM