Wahl-Ehrenamt ablehnen (lang)

Hallo,

A wurde für eine Landtagswahl zum Reservewahlvorsteher berufen und möchte dieses Amt nicht ausüben. A war bereits mehrfach freiwillig Wahlhelfer und hat mit dieser Begründung darum gebeten, dieses Mal nicht zwangsverpflichtet zu werden. Zuerst antwortete das Wahlamt, dass man das ohne Beweise nicht als Grund akzeptieren könne, nachdem A Beweise nachreichte war die Antwort, dass das kein ausreichender Grund nach §29 GO sei.

§29 GO sagt:
"(1) Einwohner und Bürger können die Übernahme einer ehrenamtlichen Tätigkeit oder eines Ehrenamts ablehnen, ihre Ausübung verweigern oder das Ausscheiden verlangen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.

(2) Ob ein wichtiger Grund vorliegt, entscheidet der Rat, soweit er nicht die Entscheidung dem Bürgermeister überträgt.

(3) Der Rat kann gegen einen Bürger oder Einwohner, der ohne wichtigen Grund die Übernahme einer ehrenamtlichen Tätigkeit oder eines Ehrenamts ablehnt oder ihre Ausübung verweigert, ein Ordnungsgeld bis zu 250 Euro und für jeden Fall der Wiederholung ein Ordnungsgeld bis zu 500 Euro festsetzen. Die Ordnungsgelder werden im Verwaltungszwangsverfahren beigetrieben."

Was ist der Unterschied zwischen Ablehnen und Verweigern? Ablehnen wird nicht akzeptiert, was ist, wenn A das Amt nun verweigert? Und was genau bedeutet „das Ausscheiden verlangen“? Wäre das für A eine zielführende Option?
Wer hat konkret darüber entschieden, ob As Grund „wichtig“ genug ist, um anerkannt zu werden? Ist „der Rat“ das Wahlamt? Heißt das also, dass derjenige, dem A die Antwort geschickt hat gleich selbst entscheiden durfte? Kann A eine öffentliche Anhörung verlangen oder muss er damit leben, dass das im „Hinterzimmer“ entschieden wird? Kann A eine detallierte Begründung verlangen, warum es zur Ablehnung eines Ehrenamtes nicht reicht, dass man es schon mehrfach ausgeübt hat? Sinn dieses Erzwingen des Ehrenamtes ist doch, dass quasi jeder mal muss, oder?

Hauptproblem des A ist die aufgedrückte Position. Als Beisitzer oder Schriftführer müsste er lediglich einige Minuten zu Fuß zum nächsten Wahllokal, die Wahlvorsteher werden allerdings geschult und noch bevor der Wahlsonntag los geht muss A 10€ für Busfahrten in die Innenstadt und min. 5 Stunden Zeit investieren - um dann eben am Wahltag die Reserve zu sein, die entweder sofort wieder nach Hause darf oder zusehen kann, wie sie in eines der etlichen Wahllokale kommt (und wieder nach Hause). Sofern A eingesetzt wird winken 21 € Erfrischungsgeld - wie für einen Beisitzer, der vor dem Wahltag weder Busgeld noch Zeit investieren muss und schlicht auch viel weniger Verantwortung trägt.

Bekommt A die Busfahrten unabhängig vom Erfrischungsgeld ersetzt? Kann A verlangen, dass die Stadt in Vorleistung tritt (indem zB ein 4-er Busticket mitgeschickt wird)?
Hat A ein Anrecht auf angemessene Bezahlung? 21 € mögen in Ordnung sein, wenn man sich nur einige Stunden im Wahllokal den Hintern platt sitzt, wie gesagt muss der Wahlvorsteher aber schon vor dem Wahltag einige Stunden Zeit opfern und hat auch am Wahltag weit mehr Pflichten. Da erscheinen 21€ - bzw die gleiche Bezahlung von Beisitzer und Wahlvorsteher - einfach sehr unfair. Besonders, wenn davon noch das Busgeld abgeht…
Kann A verlangen, statt Reserve- ein normaler Wahlvorsteher zu werden? Dann wäre er wenigstens sicher, Zeit und Geld nicht völlig umsonst zu investieren.

Welche Möglichkeiten hat A noch, das Amt nicht antreten zu müssen? Wäre es sinnvoll, darauf hinzuweisen, dass man sich dem Amt (bzw der damit verbundenen Verantwortung für ~1000 Stimmen) nicht gewachsen fühlt? Oder dass man nicht bereit ist, auf das Tragen politischer Symbole zu verzichten? Oder dass man gewisse Aufgaben nicht oder nicht gewissenhaft ausführen wird (zB die telefonische Meldung)? Und dass man auch die Schulung nicht besuchen wird? Kann eine dieser Aussagen zu einer Strafe führen?

Kann A das Wahlamt vielleicht bis nach der Wahl hinhalten, indem er das Amt immer wieder ablehnt? Hat A mit Problemen zu rechnen, wenn er am Wahltag nicht erscheint und sich telefonisch wegen Erkältung krank meldet (braucht es da ein Attest?)?
Wie wahrscheinlich ist eine Strafe gegen A, wenn er sich nun einfach weigert? Welche Rechtsmittel hat A, um sich gegen eine Strafe zu wehren?

Damit das nicht falsch rüberkommt: A hat nichts gegen das Ehrenamt an sich, wie gesagt hat er es schon mehrfach freiwillig bekleidet und schließt bislang nicht mal aus, das zukünftig wieder zu tun. Inzwischen geht es hauptsächlich ums Prinzip, das Wahlamt hätte zB gleich in der ersten Ablehnung schreiben können, dass man sich das Kopieren der Beweise sparen kann, weil der Grund ohnehin nicht anerkannt wird.

Den Thread etwas weiter unten habe ich gesehen, es sind jedoch noch viele Fragen offen und ich würde mich über hilfreiche / zielführende Antworten freuen.

Gruß
Sue

Hallo und danke für deine Antwort,

[MOD] Vorposting wegen FAQ:1129 gelöscht

leider keine Beispiele, sondern nur „aus wichtigem Grund“; und was ein wichtiger Grund ist, ist offenbar Interpretationssache.

[MOD] Vorposting gelöscht (s. o.)

Warum nicht? In § 29 GO steht doch, dass der Bürger „ablehnen, ihre Ausübung verweigern oder das Ausscheiden verlangen“ kann. Das sind m. E. drei verschiedene Sachen (und mich würde insbesondere interessieren, woraus genau man da „das Ausscheiden verlangen“ kann).
Das Amt abzulehnen, ist mE etwas anderes, als sich dessen zu verweigern. Bisher hat A (freundlich) abgelehnt und darum gebeten, nicht zwangsverpflichtet zu werden. Inzwischen weigert er sich aber schlicht, das Amt auszuüben, da es keine Gleichbehandlung ist, wenn eigentlich jeder mal müsste, aber immer dieselben verpflichtet werden.

[MOD] Vorposting gelöscht (s. o.)

Da wird nichts genannt. Weder im § 29 GO noch im Schreiben bzw. in diesem beiligenden Auszug aus der GO steht ein Beispiel für einen wichtigen Grund.

Mich würde insbesondere interessieren, wer denn über die wichtigen Gründe zu entscheiden hat, wie genau das stattfindet (für die Wahlhandlung gibt es etliche genaue Vorschriften; da wird doch vorher nicht alles Willkür sein?) und welche Möglichkeiten man hat, gegen diese Ablehnung vorzugehen. A könnte z. B. antworten, dass er die Ablehnung der Ablehnung ablehnt. :wink:
Die Frage geht vermutlich tiefer ins Rechtliche. Ich muss da an die GEZ denken, die Abmeldungen ja oft nicht anerkennt und das wohl nicht wichtig ist, weil es nur darauf ankommt, dass die GEZ die Abmeldung (einseitige Willenserklärung?) erhalten hat, was sie mit einer Abmelde-Ablehnung ja indirekt bestätigt. Ich hab aber weder Ahnung, ob das tatsächlich so ist, noch, ob die Fälle vergleichbar sind. Wie gesagt, kam mir das nur in den Sinn.

Es kommt mir einfach seltsam vor, dass der Bürger zu begründen und zu beweisen hat und die Gegenseite einfach „ätschibätsch“ macht, ohne dass man da irgendeine rechtliche Handhabe gegen hätte. Vom „einfach nicht erscheinen“ bis zum vorgeschobenen Kranksein hält A nämlich eigentlich recht wenig.

[MOD] Vorposting gelöscht (s. o.)

Hast du dafür vielleicht einen § zur Hand?
Es ist leider davon auszugehen, dass die Stadt das so nicht hinnehmen wird und Beweise verlangt. Wie weit geht da der Datenschutz (Persönlichkeitsrecht o. Ä.) des A?

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Hier wollte man diese Tinte offenbar sparen. :wink: Es gibt nur drei Zeilen für eigene Worte, und es sind Beweise beizulegen.

[MOD] Vorposting gelöscht (s. o.)

Man kann aber auch irgendwie nicht ernsthaft erwarten, motivierte Wahlvorsteher zu finden, wenn sie für die doppelte Arbeit und wesentlich mehr Verantwortung nur halb so gut „bezahlt“ werden.
Wäre die Frage: Welche Möglichkeiten A hat, angemessene „Erfrischung“ zu verlangen bzw. eben unabhängig von diesem Erfrischungsgeldes seine Auslagen ersetzt zu bekommen?

[MOD] Vorposting gelöscht (s. o.)

Wie gesagt kam A dieser Pflicht schon mehrfach nach.
Die Frage ist, wie oft man innerhalb wie vieler Jahre verpflichtet ist bzw. werden kann?! Hat sich mit sowas noch nie ein Gericht befasst?
Mag ich kaum glauben…

[MOD] Vorposting gelöscht (s. o.)

Da würde mich wieder interessieren, wie weit As Rechte gehen; ob und welche Beweise die Stadt verlangen kann bzw. wie weit A Auskünfte auch verweigern kann?!

[MOD] Vorposting gelöscht (s. o.)

Tut sie bei uns nicht.
Wäre die Frage, ob man das einklagen kann?!
Wie gesagt geht es da hauptsächlich um die Relationen. Da ich ja alle anderen Wahlhelfer mitbezahle, finde ich allein deswegen für einen Beisitzer 21 € schon in Ordnung. Aber mehr Verantwortung sollte auch entsprechend vergütet werden und nicht noch zusätzlich bestraft.

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Beim letzten Mal im Wahllokal durfte der Wahlvorsteher 3 € extra (Wechselgeld) einstreichen. Reicht fast für den Bus nach Hause…

[MOD] Vorposting gelöscht (s. o.)

Der Reservewahlvorsteher muss am Wahltag zum Rathaus und wird dann ggf.(!) in irgendeinem Wahllokal eingesetzt, in dem ein Wahlvorsteher fehlt. Keine Ahnung, ob er dort dann Vorsteher oder Vertreter des Wahlvorstehers wird oder wie er dort überhaupt hin- (und vielleicht erst nach 22 Uhr wieder weg-) kommt.
Das ist ja das zusätzlich Ärgerliche an der Sache: A weiß gar nicht, ob er seine Zeit völlig umsonst investiert, weil er am Wahltag dann doch nicht gebraucht wird. Daher auch die Frage nach den Buskosten, die A ja auf jeden Fall hat, selbst wenn er am Ende kein Erfrischungsgeld bekommt.

[MOD] Vorposting gelöscht (s. o.)

Es geht um Ersatz für Ausfälle wegen Krankheit u. Ä., bzw. weiß ich aus eigener Erfahrung, dass viele einfach gar nicht kommen – was ich btw. überaus asozial finde, weswegen A das m. E. argumentatorisch mit der Stadt klären sollte, statt mit einem gelben Schein zu wedeln.

Viele Grüße
Sue

Hallo !

Schau in die entsprechende Verordnung/Gesetz Deines Bundeslandes rein,hier ein Auszug aus dem Niedersächsischen Kommunalwahlgesetz (NKWG),§ 13 „Wahlehrenämter“

… ist jeder Bürger verpflichtet …
Ausnahmen,also Ablehnungsgründe:

Wahlbewerber,
Mitglieder des Bundes- oder Landtages,Mitgl. der Bundesregierung,
Mitgl. im öffentl. Dienst,die mit der Durchführung der Wahl betraut sind,
über 65 Jahre alt,
wegen Fürsorge f. Familie nicht möglich,
dringende berufliche oder krankheitsbedingte Gründe,
Abwesenheit aus wichtigem Grund,

Für die Ausübung des Wahlehrenamtes besteht Anspruch auf Aufwandsentschädigung UND Verdienstausfall.

Das hatte ich bisher überlesen,aber da nähere regelt sicher ein Gesetz/Verordnung.
Aber wenn man sonst zur Arbeit müsste,dann kann man wohl im Grundsatz den Verdienstausfall verlangen,wenn der anfallen sollte.

Das wird man wohl im Nachhinein beantragen müssen.

Aufwandsentschädigung und Verdienstausfall sind ja nicht etwa das „Erfrischungsgeld“,was am Wahltag direkt ausgezahlt wird.

Mich würde ja mal interessieren,was das bei Dir für ein Bundesland und was für eine Gemeinde/Stadt( Einwohnerzahl) ist,dass nicht einmal bei der Berufung und dem beigefügten Antwortschreiben,die Ablehnungsgründe und die Rechtsgrundlage der Berufung überhaupt anführt.
Das wird wohl eher eine größere Stadt sein,denn die haben erfahrungsgemäß eher Probleme,die nötige Anzahl an Wahlhelfern zu rekrutieren. Deshalb wohl auch Ersatzpersonen auf Abruf,allerdings bräuchten die bestimmt nicht im Rathaus warten,zuhause mit Telefon geht doch problemlos. Man fährt dann ins Wahllokal,wo es brennt.
Das wäre alles eine Frage der Organisation,und die scheint ja nicht gut zu sein !

MfG
duck313

Hallo,

Für die Ausübung des Wahlehrenamtes besteht Anspruch auf
Aufwandsentschädigung UND Verdienstausfall.

Das hatte ich bisher überlesen,aber da nähere regelt sicher
ein Gesetz/Verordnung.
Aber wenn man sonst zur Arbeit müsste,dann kann man wohl im
Grundsatz den Verdienstausfall verlangen,wenn der anfallen
sollte.

fraglich ist nur, ob ein solcher überhaupt bestünde, da idR. derartig bedingte Abwesenheiten vom Arbeitgeber trotzdem zu vergüten sind (§ 616 BGB). Ein Verdienstausfall könnte dann nur von Selbstständigen geltend gemacht werden.

Gruß

S.J.