Lüge, Notlüge, Mythos
Hi.
Wollte mal fragen, ob es bei dem Thema Wahrheit und Lüge einen
Konsens gibt, was das genau sind. Mehrere Möglichkeiten wären
denkbar, z.b:
„Wahrheit“ ist ein komplexer Begriff, „Lüge“ ist einfach zu definieren als eine Aussage, die bewusst unwahr ist (jedenfalls in der Auffassung des Aussagenden) mit dem Zweck, den Hörer oder Leser der Aussage zu täuschen, meistens um sich einen eigenen Vorteil zu verschaffen, manchmal aber auch, um den Empfänger der Aussage vor irgend etwas zu schützen.
a) Nur das Faktum zählt.
Also wenn im Altertum ein Griechischer Vater seinem Sohne
erzählt, dass die Blitze vom Zeus abstammen,
Das ist mythische Erzählung und vom Erzähler möglicherweise selbst geglaubt, in diesem Fall also keine objektive Lüge. Im Fall, dass der Erzähler das selbst nicht glaubt, ist die Intention des Erzählens entscheidend. Will der Vater sich weder dadurch einen Vorteil verschaffen noch seinen Sohn vor etwas schützen, dann handelt er einfach nur den Konventionen seiner Gesellschaft gemäß, in welcher der Glaube an mythische Inhalte eine soziale Konvention ist. Banales Beispiel „Weihnachtsmann“: Keiner würde einen Vater, der seinem Kind eine Geschichte über diese Figur erzählt, als Lüger bezeichnen, er handelt nur (gedankenlos) einer Konvention entsprechend.
Das würde allerdings Täuschungen ermöglichen wie z.B bewußtes
nichtbeantworten einzelner Aspekte oder Abscheifen vom Thema,
oder sogar gezielte Irreführungen beinhalten.
„Hast du den letzen Keks gefuttert?“ - „Weshalb sollte ich?“
Das sind die bekannten kleinen „Lügen des Alltags“, auch Notlügen genannt, deren Funktion darin besteht, überflüssige Konflikte oder Verletzungen (des anderen) zu vermeiden.
„Wie geht´s dir?“ (die dümmste aller Fragen)
„Danke, gut.“
Letzteres ist oft nur eine Floskel, die ein lästiges Nachfragen über die Gründe eines Nichtgutgehens vermeiden soll. Zudem ist es, in mänchen Kontexten, unhöflich, einen anderen mit den eigenen Sorgen zu konfrontieren. Oder…oder… es gibt viele Gründe, auf dumme Fragen kluge Antworten zu geben.
Immerhin wurde der Blitze-Sachverhalt dem
Altgriechische Vater selbst so beigebracht und er war davon
überzeugt, dass Zeus diese schleudert.
Die Zeus-Figur ist teilweise eine griechische Übernahme des syrischen Wetter- und Fruchtbarkeitsgottes Baal, der schon Blitze schleuderte, als noch niemand an einen Zeus dachte. Dahinter steckte in jenen Zeiten der Glaube an einen das Wetter beherrschenden Gott, um dessen Gunst man sich kultisch bemühte, damit die Fruchtbarkeit der Felder gesichert war. Das hatte nichts mit Lügen zu tun, sondern mit zeitgemäßer Mythologie.
c) Die [Überzeugung], das Richtige zu tun zählt. Demnach wären
z.B judenhortende Deutsche keine Lügner, das sie überzeugt
sind, die Nazis seienmit ihrer Judenverfolgung im Unrecht und
der Zweck heiligt die mittel.
Der Ausdruck „Juden horten“ ist gelinde gesagt ungewöhnlich. „Einsperren“ trifft es schon besser. Natürlich haben die Nazis an ihre paranoiden Ideen selbst geglaubt, aber Lügen waren ein bewusstes Mittel der Propaganda, um im Volk Stimmung gegen die Juden zu machen.
Chan