Hallo Matthew,
damit wird die Geschichte klarer.
Von der Systematik her nochmal eine neue Hypothese zur Erklärung der aktuellen Situation. Wie die anderen auch eine zunächst plausible Hypothese, und wie die anderen auch nur innerhalb eines Zeitraumes empirisch verifizierbar, der zu lange dauern würde, wenn wir es mit wenigstens mittelfristig irreversiblen Schäden zu tun hätten, bei denen kurzfristig gegengesteuert werden muss - was ich für wahrscheinlich halte.
Also der Baum bezieht seine Energie schon aus dem
Wurzelwerk,aber eben aus einem näher an der Oberfläche
liegenden,
Stop. Die von Dir zitierte Quelle bezieht sich vor allem auf den Grad der Ausbildung des Feinwurzelwerkes. Macht keinen Unterschied im Ergebnis, sollte aber so auch zitiert werden.
„Das liegt an den viel zu starken Stickstoff-Emissionen der
Autos.“ Für die Bäume wirke der Stickstoff gerade bei hohen
Temperaturen wie ein Super-Dünger.
Hierzu die Erläuterung: Stickstoff ist einer der drei Hauptnährstoffe für jedes Pflanzenwachstum - Stickstoff, Phosphor, Kalium, auch „NPK“ genannt.
„Er steckt nicht mehr so viel Kraft in den
Wurzelaufbau und belässt es bei einem kleinen System unter der
Erdoberfläche.“
Weicht also nicht den Schadstoffen aus, sondern genießt die (für den Baum) Nährstoffe, die aus der Luft eingetragen worden sind. Diese Erscheinung entspricht einer alten Gärtnerweisheit, z.B. betreffend das richtige Düngen von Rosen, aber es muss naturgemäß zunächst offen bleiben, ob es jetzt grade diese Hypothese ist, die die beobachtete Entwicklung erklären kann. Möglich wäre auch, dass durch mehr verfügbaren N (und beiläufig auch CO2) andere Nährstoffe ins - die Vitalität des Baumes begrenzende - Minimum geraten: In diesem Fall wäre eine entsprechende flächendeckende Düngung, Magnesium wurde genannt, das Mittel der Wahl. Würde wohl auch nicht viel mehr kosten als der Verteidigungshaushalt.
bewundern die Bäume, wie gut sie angeblich im Allgemeinen doch
die Klimaveränderungen bewältigen.
Hier hammer den Knackpunkt, der in Zusammenhang mit dem Artikel aus der Zeit, den Jürgen Wilhelm zitiert hat, von einiger Bedeutung ist: Er erlaubt zunächst die Vermutung, dass das bloße Zählen der geschädigten Bäume für sich allein eben keine Aussage erlaubt. Sondern dass die so gewonnenen Zahlen in ihrer Korrelation zu den Veränderungen derjenigen Faktoren untersucht werden müssen, die dabei eine Rolle spielen könnten. Das Rechenwerkzeug dazu ist aus der Ökonometrie bekannt und wird zunehmend in Technik und Naturwissenschaft angewendet, selbst dort, wo man ordentliche in vitro -Experimente machen kann und es eigentlich nicht brauchen würde.
Und jetzt wirds haarig: Wenn man dabei „sauber“ arbeiten will, muss man bei der quantitativen Untersuchung alle, sämtliche denkbaren Faktoren einschließlich Mondphasen und der Augenfarbe des Försters als Input berücksichtigen. Wenn man dieses täte, käme man aber alsbald zu einem Rechenwerk, welches überhaupt keine Aussage mehr ermöglicht, weil die Anzahl der grundsätzlich möglichen Einflüsse viel zu groß ist im Verhältnis zu der Anzahl der Beobachtungen und dadurch die Kiste nicht mehr aussagekräftig rechenbar ist.
In längeren Trockenperiode wie im
Sommer 2003 sei es ihnen dann kaum noch möglich, Feuchtigkeit
aus tieferen Erdschichten zu zapfen. Außerdem fehle es ihnen
an ausreichender Standfestigkeit.
Auch hier: Eine plausible Hypothese, die aber schon in vitro kaum, und in situ überhaupt nicht innerhalb der Zeit verifizierbar ist, die wahrscheinlich bloß noch bleibt, um etwas zu heilen.
Was lernt uns das?
Wenn ein Journalist in der Zeit den Sack Künast schlägt und den Esel Waldsterben meint, tut er halt, wenn auch auf dem seriös-tantenhaften Niveau der Zeit, nichts anderes als alle Journalisten: Er greift mehr oder weniger willkürlich das, was ihm für seinen Artikel grade passt.
Wenn man sich darauf beschränkt, alle derzeitigen Hypothesen kurzerhand als nicht ausreichend belegt, da nicht ausreichend belegbar, wegzuwischen, muss man mit der nicht geringen Wahrscheinlichkeit leben, eben auf kurz oder lang ohne Wald auskommen zu müssen.
Wenn man sich der Gleichung „Industrie & Verkehr = Schlecht für den Wald, also böse“ anschließt, muss man sich bewusst sein, dass diese Gleichung möglicherweise falsch ist.
Und wie basteln wir uns jetzt eine Hypothese, aus der man Entscheidungen zum Handeln ableiten kann?
Schöne Grüße
MM