Ehemalige Waldorfschülerin
Hallo Kathie !
Zu der recht lebhaften Diskussion möchte ich als ehemalige
Waldorfschülerin doch noch etwas beitragen.
Waldorfschule ist nicht gleich Waldorfschule! Da gibt es zum Teil
erhebliche Unterschiede
Wie ist die Altersstruktur unter den Lehrern ? (junge Lehrer können oft noch eher einen Zugang zu den Kindern finden und bringen und sind eher noch auf dem neusten Stand mit ihrem Wissen)
Ist die Schule eher konservativ („versteinert“) oder progressiv ?
Wie offen stehen die Lehrer neuen Ideen und Entwicklungen gegenüber (z.B. Internet)?
Wie sieht es mit der Mitbestimmung von Eltern und Schülern aus ?
Bei mir an der Schule gab es z.B. keine Klassen und Schulsprecher
und wir wurden selten nach unserer Meinung gefragt. Oftmals
führen sich die Lehrer auch gegenüber den Eltern als „selbstherrliche Pädagogen“ auf.
Hier noch ein paar Pro und Contras aus meiner Erfahrung:
Pro:
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Die Lehrer an meiner Schule (viele junge Lehrer) waren in hohem Masse engagiert und interessiert an uns.
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Die Notenfreiheit habe ich gerade in den unteren Klassen als
sehr positiv erlebt. Wir wurden nach unserem Fleiß bewertet und
nicht nach unseren tatsächlichen Leistungen. Es gab nicht diese
Konkurrenzsituation und diese scheinbare Kausalität Schlechte Leistung=schlechter Schüler
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Vielfältige handwerkliche und musische Aktivitäten waren ein
guter Ausgleich zu dem verkopften Lernen
Contra
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Da es keine Lehrpläne (aber Empfehlungen) gibt, sind die Lehrer ziemlich frei in dem was sie machen. Da gab es Lehrer die sich ewig lange bei ihren „Lieblingsthemen“ aufhalten konnten. Einige Lehrer liessen sich auch sehr stark von den schwächeren oder fauleren Schülern aufhalten
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Da es keine Schulbücher gibt, waren wir Schüler stark auf die
Texte der Lehrer angewiesen. Ein selbständiges Lernen wurde
dadurch massiv beeinträchtigt. Ich habe es in meinem Abiturjahr
richtig genossen, etwas vorher selbständig zuhause erarbeiten zu
können und danach in der Schule darüber zu diskutieren. Dies war
vorher selten und nur in einigen Fächern möglich.
3.Durch die starke Ausrichtung auf musische und künstlerische
Fächer, könnten andere Fächer etwas zu kurz kommen (bei uns war
dies z.B. das Fach Sozialkunde) Viele Waldorfschulen haben Probleme gute Lehrer für die Naturwissenschaften zu bekommen. Ausserdem gab es z.B. kein Fach Sexualkunde (die meisten Lehrer waren da eh etwas verklemmt) Wir haben unserene
„Wissensdurst“ per BRAVO stillen müssen.
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Durch das Fehlen der Noten und damit dem fehlenden Druck sind die Eltern sehr gefordert auf regelmässige Erledigung der Hausaufgaben zu achten. Gerade später in den oberen Klassen
ist dies sehr wichtig.
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Die Weltanschauung Steiners fliesst schon in den Unterricht ein (darüber was und wie etwas vermittelt wird). Ich habe es als negativ empfunden dass wir uns überhaupt nicht mit dieser Weltanschauung selbst auseinandergesetzt haben (dies wird aber ganz bewusst unterlassen)
Jeder, der sein Kind auf diese Schule schicken will sollte sich
vorher mit der Weltanschauung Steiners befassen. Die Teilnahme an einem Religionsunterricht (ganz gleich welcher Konfession) ist
übrigens verpflichtend
Ich hoffe, dass ich damit noch etwas weiterhelfen konnte. Ich bin
letztens auch auf ne webpage gestossen:
http://www.waldorf-net.de
Gruss
Antje