Hi Cea,
du hast zwar schon eine Menge Antworten bekommen, da ich den Thread aber erst jetzt gelesen hab,
möcht ich als ehemalige Waldorfschülerin noch meinen Senf dazugeben. Die Antworten der anderen
hab ich bis jetzt übrigens noch nicht gelesen.
Ich selber war ein Jahr im Montessori-Kindergarten, ein Jahr im städtischen Kindergarten, dann zwei
Jahre im Waldorfkindergarten und anschließend zwölf Jahre auf der Waldorfschule.
Die Schule hat mir gut gefallen, wirklich gut. Klar mag man in der Pubertät nicht gern in die Schule
gehen, aber bei mir war das nur so mit 13-15, danach gab es wohl keinen Tag, an dem ich nicht in die
Schule hätte gehen wollen (abgesehen von Müdigkeit), ich mein jetzt von der Schule her.
Angst vor irgendwelchen Prüfungen oder Fächern gab es bei mir auch nicht. Ich war immer der
Meinung, ich würde danach studieren wollen und so, und ich hab die Leute nicht verstanden, die „nicht
mehr lernen müssen“ wollten.
Nachdem es bei mir an der Waldorfschule nicht die Möglichkeit gab zu maturieren, mußte ich aufs
Abendgymnasium wechseln, wo mich die Realität sehr schnell eingeholt hat, da hab ich das erste Mal
erfahren, was es heißt, Konsequenzen aus einem Fünfer zu ziehen, lernen zu MÜSSEN, unter Druck zu
stehen.
Das Argument, man würde dann viel mehr auf die Schnauze fallen, wenn man vorher ohne diesen Druck
leben durfte, ist Blödsinn. Ich jedenfalls bin sehr froh, eine so streßfreie Kindheit und Jugend gehabt zu
haben, ohne Angst. Dadurch konnte ich mich eben in anderen Bereichen entwickeln und das empfinde
ich vor allem im Nachhinein als sehr wichtig.
In der Mittelstufe (bei mir wohl ca. in der 7.-8. Klasse) wollte ich unbedingt Schule wechseln, aber nicht,
weil es mir in der Waldorfschule nicht gefallen hat, sondern weil ich natürlich Freunde auf anderen
Schule hatte und die blöd geredet haben. Deshalb ist es für Eltern wichtig, hinter der Schule zu stehen,
da die Kinder sich sonst sehr minderwertig fühlen könnten, weil sie ja „auf der Waldorfschule sind, wo
man nix lernt“ o.ä.
In meinem jetzigen Beruf hab ich mit Sicherheit keinen einzigen Nachteil, weil ich auf der Waldorfschule
war, im Gegenteil, ich hab meine Arbeitsstätte (die übrigens im Prinzip schon Vorbehalte hat) schon
während der Schulzeit im Zuge eines Praktikums kennengelernt. Es gibt nicht, wobei ich mir besonders
schwer tun würde, also aufgrund meiner Schulbildung.
Im Studium ist es etwas anderes. Während meiner Waldorfschulzeit mußte ich praktisch nichts für die
Schule lernen, weil mir alles leichtgefallen ist, und jetzt im Studium bin ich immer noch nicht daran
gewöhnt, daß ich so viel tun muß.
Ich weiß nicht, woran es wirklich liegt, daß Waldorfschüler tatsächlich in gewissen Kreisen belächelt
werden. Das legt sich aber eigentlich mit den Jahren, also bei mir war es so, je älter ich wurde, desto
weniger komisch haben mich Bekanntschaften von anderen Schulen deswegen angeschaut.
Das einzige, was ich an der Waldorfschule wirklich bemängle, ist eine gewisse Strukturlosigkeit in
bestimmten Bereichen, hauptsächlich Mathematik. Keine Ahnung warum, aber nahezu jeder
Waldorfschüler hat Matheprobleme. Fremdsprachen werden ebenfalls nicht überall gut unterrichtet.
Da mußt du halt bei der in Frage kommenden Schule schauen, ob die auch diese Probleme haben, und
wenn, dann haben Eltern die Möglichkeit, sich für eine Besserung einzusetzen und vor allem etwas zu
erreichen!
Ich wünsch dir ein schönes Wochenende und frohes Entscheiden
Grüße, Corinna
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