Wann fordert Gericht ein Gutachten an (Verkehrsunfall - Schwangerschaft)?

Hallo,

Person A hatte einen unverschuldeten Autounfall. Als Folge musste 6 Tage später ein Notkaiserschnitt in der 34. SSW erfolgen, da sich die Plazenta aufgrund eines Hämatoms
gelöst hatte.

Person A hat eine Anwaltskanzlei eingeschaltet. Die Gegenversicherung hat die Unfallschuld anerkannt und die Kosten für das Auto (Totalschaden) übernommen.

Die Anwaltskanzlei fordert für Person A Schmerzensgeld und hat zahlreiche medizinische Berichte eingereicht (Entbindungsbericht, Bericht des behandelnden Frauenarztes, Bericht des Hausarztes vom Unfalltag…)

Die Gegenversicherung erkennt die Plazentalösung als Unfallschaden NICHT an.

Die zuerst tätige Anwältin der Kanzlei ist zwischenzeitlich aus der Kanzlei ausgeschieden und der Vorgang wurde von einem anderen Anwalt übernommen.

Die Anwältin forderte von der Versichung einen Gutachter zu stellen.Die Versicherung weigert sich Gutachter zu stellen.

Der neue Anwalt behauptet, Person A hat keine Beweise und muss selber ein Gutachten erstellen lassen.

Person A versucht Gutachten erstellen zu lassen, aber das entbindende Krankenhaus weigert sich, da diese keine Gutachten für private Personen erstellen. Weiterhin behauptet der behandelnde Arzt, dass dieses Gutachten von der Gegenversicherung gefordert werden muss.

Weitere Ärzte, die zu Gutachten berechtigt sind, lehnen die Erstellung des Gutachtens ab, mit der Begründung, dieses müsse durch das entbindende Krankenhaus erstellt werden.

Was soll Person A nun tun?
Wann fordert ein Gericht selber ein Gutachten an?
Darf der Anwalt die Klageeinreichung verweigern, wenn Person A die Klage wünscht?

Hallo,

zunächst einmal macht das Gericht von sich aus im Zivilprozess kaum etwas, es gilt Parteibetrieb. D.h. von sich aus wird das Gericht in der Gutachtergeschichte schon mal gar nicht tätig. Weiterhin gilt, dass derjenige, der einen Anspruch behauptet, auch die begründenden Tatsachen beweisen muss. D.h. wenn ein Zusammenhang vom Kläger als Grundlage für einen Schadenersatzanspruch behauptet, und von der anderen Seite nicht akzeptiert wird, dann muss Beweis im Sinne eines Gutachtens angeboten werden. D.h. der klägerische Anwalt schreibt ans Gericht: „Der Unfall war ursächlich für den notwendig gewordenen Kaiserschnitt. Beweis: Sachverständigengutachten“. Dann wird das Gericht entscheiden, ob es ein solches Gutachten für notwendig erachtet (wird es, da der Zusammenhang nicht zwingend ist, und für den Kaiserschnitt 1001 andere Ursachen (mit-)verantwortlich sein können) und einen Beweisbeschluss erlassen, wonach über die Frage, ob eine Ursächlichkeit besteht Beweis im Form eines Sachverständigengutachtens erhoben werden soll… Daraufhin muss die Klägerseite dann einen vom Gericht im Beschluss festgelegten Vorschuss für die Gutachterkosten leisten. Dann bestellt das Gericht den Gutachter, der legitimiert sich gegenüber dem Krankenhaus und den behandelnden Ärzten mit dem Beweisbeschluss und erhält dann Einsicht in alle Unterlagen, … und erstellt dann das Gutachten, welches dann den Parteien zur Stellungnahme zugestellt wird.

Die Parteien können dann noch beantragen, dass der Gutachter sein Gutachten in der mündlichen Verhandlung erklären muss, und das Gericht befindet dann darüber inwieweit es dem Ergebnis des Gutachtens im Wege freier Beweiswürdigung folgt, oder eben auch angesichts anderer vorgelegter Beweise nicht.

Die vorverauslagten Kosten werden dann bei Beendigung des Verfahrens im Rahmen des Ausgleichs der Kosten zwischen den Parteien entsprechend einem geschlossenen Vergleich oder entsprechend dem Obsiegen/Unterliegen mit verteilt.

Gruß vom Wiz

Vielen Dank für die schnelle Antwort!
Also heißt das, dass Person A vorab gar kein Gutachten einreichen muss, sondern das Gericht den Gutachter bestellt. Wenn Person A - lt. ihrem Anwalt soll sie das ja - ein Gutachten erhalten hätte, wäre dieses dass auch vom Gericht anerkannt worden oder würde das Gericht trotzdem einen neuen Gutachter stellen?

Hallo!

Liegt Eigengutachten schon vor, dann würde das Gericht das natürlich lesen und bewerten.

Aber meist gibt’s ja darum Streit, Gegenseite erkennt es nicht an, dann mag sich Gericht darüber hinweg setzen und urteilen.
Aber i.d.R. wird wohl ein 2. Gutachten ( das kann dann schon das 3. sein, wenn VS auch schon eines veranlasst hatte) bestellen und danach sein Urteil festlegen.

danach entscheidet sich auch, wer die Gutachtenkosten trägt.

MfG
duck313

Hallo,

so genannte Privatgutachten kann man natürlich einreichen, und sind insbesondere zur eigenen Einschätzung der Lage und der Erfolgsaussichten einer Klage auch hiervon unabhängig durchaus nützlich. Aber das Gericht wird selbst einen Gutachter bestellen, wenn es das Gutachten für seine Meinungsbildung für entscheidend erachtet und die Gegenseite Einwände gegen den Inhalt eines Privatgutachten erhebt.

Gruß vom Wiz