Hallo exc (oder Christian),
ich hatte zwar gehofft, dass wir schneller zu einem Konsens über die Ursachen kommen (schließlich sind wir aus dem gleichen Lager) und uns damit umso mehr den Fragen des WAS TUN widmen können, aber da das eine nun mal vom anderen abhängt, muss ich da wohl durch…
Wenn man Kreditinstituten praktisch kostenlos unbegrenzt Geld
gibt und ihnen sagt, daß es der Wunsch des Staates ist, daß
jeder Bürger ein eigenes Haus haben soll, zusätzlich
Verbriefungen eigenkapitalschonend reguliert und implizit die
Rettung im Krisenfall in Aussicht stellt, dann muß man sich
nicht wundern, wenn es zu Exzessen kommt. Genauso könnte man
einen Alkoholiker in einem Weinkeller aussetzen und ihm sagen,
er solle nur so viel trinken, wie gut für ihn ist.
Dennoch bin ich der
Ansicht, daß das Verhalten von Staaten und Notenbanken die
Krise ausgelöst und zusätzlich befeuert hat.
Es ist elementar wichtig, dass Banken hier die Verantwortung (zunächst mal verbal und mit innerer Überzeugung) übernehmen. Das ist lessons learnt Teil 1. Es gibt auch (oder gerade da) im freien Markt Schwankungen in der verfügbaren Geldmenge, die bei den Banken landet. Es kann nicht angehen, dass wir da den schwarzen Peter woanders hinschieben.
Ich will das Thema nicht dauernd wiederholen. Die Banken wollen viel Geschäft machen und viel Geld drehen – dann sind sie es, die damit verantwortlich umgehen müssen, wenn das gewünschte viele Geld da ist.
Ganz gleich aus welchen Gründen da mehr Geld vorhanden ist und welche neue supersexy Anlagetypen sich da auftun, die eine schlafende Aufsicht nicht als Risiko angesehen hat und wenig Kapital bindet oder der Staat es gar zur Erhaltung des schwachen Wachstums gefördert (und Geld gedruckt) hat (das alles ist ja längst bekannt und unbestritten) und ganz gleich, ob es da viele andere Banken gibt, die das doch auch so machen und mit höherem Gewinn (return on equity) die Aktionäre glücklich machen. Dass letztgenannter Punkt (Konkurrenz um höchsten return on equity) ein Problem ist, ist klar und daher braucht es
a) eine globale Lösung und b) eine in-und externe Aufsicht, die, insbesondere wenn es keine globale Lösung gibt (was ich befürchte), Exzesse auch dann verbietet, wenn zum Beispiel eine Citi im Ausland dies trotzdem macht…
Inwiefern ist denn welches Reporting im Moment nicht
ausreichend?
Das gesamte Reporting ist nicht unzureichend. Wie ich schon sagte, fängt das mit der Datenbewertung und –erfassung an. Schau Dir die Nachrichten der Tage an: Die Aufsichtsämter sind wieder mal überfordert mit der Frage, was passiert, wenn Bank A Pleite geht, weil das Reporting nicht alle Folgen aufzeigt. Die Banken vertrauen sich untereinander nicht mehr. Warum? Weil nicht klar ist, was passiert, wenn… weil das Reporting unzureichend ist. Wäre es das nicht, könnte man leicht die Märkte mit substanziellen Informationen beruhigen (wenn es die Banken denn überleben würden….) oder klar sagen, wie sie es überleben würden. Dieser Tage hat sich die FAZ einen Scherz daraus gemacht, die Pfade, die zum Staatstrojaner führten, Seitenweise abzudrucken. Ein schöner Datensalat. Ich gebe zu, die Folgen der verschiedenen Szenarien bei der Bankenkrise aufzuzeigen, ist viel Arbeit, aber wir leben im Computerzeitalter und dann muss eben zur Abwechslung mal der Schwerpunkt auf diese Datenverschränkung gelegt werden. Das wäre mal ein spannender Datensalat… Die Stresstests müssen viel komplexer werden und alle Abhängigkeiten der Banken untereinander und der notleidenden Schuldner zeigen (ist ja keine neue Erkenntnis…).
Nebenbei: der von Dir genannte § 13 KWG ist relativ
uninteressant. Interessant ist vielmehr, wie die
Kreditnehmereinheit in § 19 KWG definiert wird und da hat sich
ja in der jüngsten Zeit auch einiges getan.
Der genannte § 13 ist von mir aufgeführt worden, um zu zeigen, dass Konzentrationsrisiken heute viel komplexer sind, als lediglich Großkredite. Und Portfolioanalyse steht ja auch erst am Anfang. Der 19.2 ist da nur die Grundlage (auch für den 13). Allerdings eine spannende Frage, um auch im Interbankengeschäft endlich aussagefähig eine Grundlage für wichtige Stresstests zu bekommen (ich hatte bereits erwähnt, dass hier die Datenqualität nicht stimmt).
Die alten ABS-Strukturen haben doch mit dem, was und wie heute
verbrieft wird, nicht allzu viel zu tun. Heute werden auf
einen Streich tausende von Forderungen verbrieft, die sich
naturgemäß nicht en detail angeschaut werden. Die notwendige
Sicherheit erhält man durch die Tranchierung, die in der Regel
auch funktioniert und auch bei vielem funktioniert hat, was
man so vollmundig als „Schrottpapier“ bezeichnet hat.
Hinzu kommt, daß die Aufsicht seit neulich die Durchschau auf
die einzelnen Kreditnehmer haben will.
Hier geht es um Risikostreuung in mehrfacher Hinsicht. Das Retailbanking hat sich in den letzten 30 Jahren enorm verändert. Es basiert heute auf Scoringmodellen, die allerdings weiter entwickelt werden müssen. Wenn Du heute als Ottonormalkunde einen Kredit (auch Immobilienkredit) haben willst, kann es sein, dass die eher konventionelle Bank stundenlang Deine individuelle Bonität (Beruf, Einkommen, Vermögen, Objektlage) prüft und – heute nicht selten – ablehnt. Bei der nächsten Bank, mit husch husch Scoring, funktioniert es plötzlich, der Kredit wird genehmigt (Wettbewerb eben).
Und dann gibt es Banken, die übernehmen Risiken für Portfolios (ich hatte Einblick in mehrere due diligences bei Portfoliokäufen und konnte nur den Kopf schütteln) und das noch Kreditnehmer betreffend, die tausende Kilometer entfernt in einem anderen Staat beheimatet sind, während sie gleichzeitig in einer anderen Abteilung ihrer Bankorganisation bei den vorgenannten Einzelkreditanfragen im heimischen Markt sehr restriktiv und konservativ – nach individueller Einzelprüfung - sind (wohlgemerkt ich spreche nicht von Kreditklemme, da sind wir uns einig). Ich könnte hier Banknamen dazu nennen… Also hier hat man jegliches vernünftige Maß verloren, das ist mehr als schizophren – hier fast blinde ausländische Portfolioübernahme – dort aufwändige Einzelprüfung inländischer Kleinkredite.
Es gab mal Hypothekenbankgesetze und
strenge Kriterien, was als Sicherheit eines Immobilienkredites
anzusehen ist. Es gab sowas wie Realkredite (60% eines von
einem „unabhängigen Gutachter“ bewerteten Beleihungswertes…)
und darüber hinaus haben seriöse Banken maximal 20% als
Zusatzsicherheit anerkannt, wenn neben der Grundschuld auch
die individuelle Bonität des Schuldners stimmte (manche
nannten den über 60% Beleihungsauslauf liegenden Teil
„Personalkredit“, weil auf die Bonität der Person zusätzlich
abgestimmt!). Alles darüber hinaus war BLANKO.
Und was hätten diese strengen Vorschriften geholfen, wenn man
unter deren Berücksichtigung eine Hütte in einer der
besonders gebeutelten Gebiete finanziert hatte? Selbst wenn
die Immobilienpreise nur um 30% gefallen wären, bezieht sich
dieser Wert auf die zustande gekommenen Verkäufe. Ein Wert von
70% hilft nicht viel, wenn ich ihn realisieren muß.
Was glaubst Du, warum die HRE mit > 100 Mrd. gestützt worden
ist? Sie ist die größte Pfandbriefbank der Welt. Niemand
wollte sehen, was passiert, wenn das deutsche Pfandbriefgesetz
seinem ersten großen Test unterworfen wird. Nicht zuletzt,
weil sich die deutschen Gebietskörperschaften zu einem nicht
unwesentlichen Teil über die HRE finanzieren. > 100 Mrd. war
der Preis, um eine Immobilienkrise wie in den USA in
Deutschland zu verhindern. Oder was meinst Du, was passiert
wäre, wenn in Deutschland auf einmal zigtausende Objekte im
Wert von einigen 100 Mrd. in die Verwertung gekommen wären?
Hier geht es um zwei Dinge:
-
Wer erstellt in welchem Auftrag (in welchem Interesse!!!) den Schätzwert folglich Beleihungswert einer Immobilie (dazu später) und
-
Warum sehe ich nachrangige Immobilienkredite in einem tausende Kilometer entfernten Gebiet eines anderen Landes als werthaltigen Kredit (Investition) an, wenn ich bei heimischen Krediten schon ab 60% Beleihungsauslauf sehr kritisch die Bonität des Kreditnehmers prüfe??
Was wollen wir denn den deutschen Bürgern hier erzählen, denen nicht selten gesagt wurde, ihre Bonität sei nicht ausreichend (ich kenne viele Fälle, da waren gute Einkommen dabei)??? Darum geht es bei den besagten 80%.
Eine HRE hatte Irlandthemen und außerbilanzielle Spekulationsgeschäfte in zumindest dreistelligem Milliardenbetrag. Das ist genau das Gegenteil von klassischem Hypothekengeschäft.
Und was soll der Hinweis auf Verwertung bedeuten? Zum einen war mein Hinweis auf die unterschiedliche Handhabungsweise bei der Prüfung von Blankokrediten gemeint (siehe oben) und zum anderen willst Du nun eine vorsichtige Immobilienbewertung in Frage stellen, weil man den Wert sowieso nicht bekommt, wenn man tausende Immobilien gleichzeitig verkauft? Sorry, aber darum ging es gar nicht und das ist schlicht irreführend und schlicht falsch. Erstens hat hier niemand für oder gegen die Rettung von HRE geschrieben (vielleicht wäre ich auch dagegen gewesen) und zweitens käme es natürlich nicht zu einem Verkauf aller Immobilien gleichzeitig bei einer Pleite, sondern die Finanzierungen werden soweit intakt, übernommen (schon rechtlich nicht möglich). Und selbst wenn verwertet würde, dann doch hoffentlich vorsichtig geschätzt, gemäß Hypothekengesetz, wie von mir beschrieben. Hätte man immer und überall derartige Vorsicht walten lassen, wäre HRE kein Thema gewesen.
- Es müsste eine klare Trennung zwischen Markt und Risiko
erfolgen, aber nicht wie bisher Markt analysiert, beauftragt
Schätzer, schreibt zusammen mit der früheren
„Kreditabteilung“, die jetzt bonusabhängig am Tropf der
Marktseite hängt, die Analyse und die zentral irgendwo
ansässige Risikoabteilung „analysiert“ im Schnellverfahren
(wenig Personal), indem sie das im Affentempo liest und
beurteilt, was andere (einschließlich Bilanzanalyse und
Ratingermittlung) gebastelt (und oft genug vorentschieden)
haben. Schluss damit. Risikoabteilungen bekämen in der Bank
eine ganz andere Bedeutung. Sie würden personell besser
ausgestattet (Kapazität), sie hätten eine starke Säule in der
Bank, die ganz unten anfängt (bei der wieder verstärkt
dezentralen Analyse). Es gäbe eine zweite Linie neben der bis
zu einem unabhängigen Risikovorstand (der immer auch
gleichberechtigter Mitvorstandssprecher wäre) nämlich auch zur
Bankenaufsicht (auf allen Ebenen! Schluss mit blinder topdown
Organisation, auch zum Schutz des „kleinen Analysten“ auf
unterster Ebene). KEIN lean Banking mehr bei Ratingagenturen.
Gib dem Markt was des Marktes ist, aber gib endlich auch
(wieder) dem Risiko was des Risikos ist!
Keine Ahnung, von welcher Bank Du redest. Das einzige
generelle Problem bei allen Banken ist, daß es nur einen
Risikovorstand gibt aber mindestens zwei Marktvorstände. Da
der Vorstand aber Teile seiner Kompetenzen auf ein Gremium
delegieren kann, in dem der Markt nicht die Mehrheit haben
darf, ist das Problem nicht so groß, wie man glauben sollte.
Alles andere, was Du da beschreibst, habe ich weder irgendwo
erlebt noch jemals so erzählt bekommen.
Hier sind wir an einem entscheidenden Punkt, in den alle anderen Punkte hineinlaufen: Trennung von Markt und Risiko, Interessenkonflikte. Ich spreche hier nicht von Exotenbanken (nur insofern, als dass das, was hier per System geschieht, sehr „exotisch“ ist…). Basel selbst gibt die Möglichkeit vor,
http://de.wikipedia.org/wiki/Marktfolge
dass Bilanz- Bonitäts- und Marktanalyse von der Marktseite kommen. Die frühere Kreditabteilung ist nun „Produktabteilung“, die ERTRAGS- nicht (Kreditausfall-) ziele (= „Druck“) erhält, bonusberechtigt ist (abhängig vom erzielten ERTRAG, nicht Ausfall) und den gesamten Kreditantrag incl Analyse und Bewertung erstellt. Ihre Hauptaufgabe ist aber nun geworden, das Produkt Kredit so teuer wie möglich zu verkaufen! Jetzt kommt die Marktfolge, die den Zweitcheck macht. Was bedeutet das? Analysiert sie noch mal die Bilanz (sie liegt ihm meist gar nicht mehr vor - geschweige denn den nie verlangten WP-Bericht)? – nein, bewertet sie nochmals die Sicherheiten? – nein. Schon per System hat sie gar nicht die Kapazität dazu (weil diese Arbeit nicht komplett doppelt gemacht werden soll). Ergo: Der erfolgs- (NICHT risiko-) abhängige Markt erstellt die Analysen und die Bewertung und die Marktfolge kann nur noch Plausibilitätsüberprüfungen und Stichproben machen, muss sich überwiegend seine Prüfung auf die Voranalyse und Bewertung stützen, die VON DER MARKTSEITE kommt. Oft genug sitzen diese Leute heutzutage weit ab vom Schuldner (Europäisierung).
Das ist ein sehr sehr poröser Grundpfeiler einer Bank (er ist längst eingestürzt…). Es braucht klare Trennung von Markt und Risiko unter Berücksichtigung der Interessenkonflikte!!
Ich gestehe zu, dass das im klassischen Firmenkreditgeschäft von Bank zu Bank sehr unterschiedlich ausgeprägt ist, aber allein die Tatsache, dass das Basel zulässt (gar festschreibt) ist eine Katastrophe. Die Auslandsbanken machen das schon lange wie vorstehend beschrieben. Die kennen seit mehr oder weniger 20 Jahren keine Kreditabteilung mehr. Diese Abteilung verkauft seither Kredite mit Ertragszielen! Es wäre nicht das erste mal, dass die Banken, die da bisher zurückhaltender sind, dem schnell folgen (weil alles gute aus dem angloamerikanischen Raum kommt…). Viele deutsche Banken haben dieses Modell in der sehr ausgeprägten Form schon.
Und selbst die Banken, die da im klassischen Kreditgeschäft noch etwas konservativer sind, haben schon Spezialabteilungen, bei denen der bonusabhängige Markt, die Analyse/Bewertung vornimmt/“veranlasst“ (Real Estate, Leverage Finance etc). Schau nur, welche Folgen das in der Krise 2007/8 hatte: Die deutschen (nicht amerikanischen) Immobilien waren völlig falsch bewertet. Das lag ausdrücklich NICHT am Preisrückgang für diese Immobilien in Deutschland. Das lag daran, dass völlig verrückt gewordene Marktleute in der Bank Neugeschäft gemacht haben, koste es was es wolle – und selbst die Wertermittlung dazu „organisiert“ haben. Bei einer sauberen Trennung von Markt und Risiko wäre das nicht passiert. Die Immobilienwerte waren utopisch zu hoch – und zwar nach Marktlage VOR der Krise! Das zu oben 1. Beleihungswertermittlung.
Wenn es im klassischen kreditgeschäft wieder vorbildlich liefe, hätte das - in meinem Modell - Auswirkungen auf das Gesamtgeschäft, auf ABS Due Diligence, auf Immobilienbewertung, auf Banken- und Staatsanalyse und -bewertung.
- Die Gehaltsstrukturen würden angepasst (Ansätze, allerdings
als Gummiparagraph nennt Basel II bereits, warum wohl?). Es
geht um das Missverhältnis zwischen Markt und Risiko
Wenn man von den kapitalmarktnahen Produktleuten absieht und
die Altersunterschiede herausrechnet, kann ich besonders große
Gehaltsunterschiede nicht erkennen, sondern lediglich einen
größeren variablen Anteil bei den Marktleuten, während mein
Fixum das gleichaltriger Marktleute deutlich übersteigt.
Die Gehaltsunterschiede (dort wo sie vergleichbar sein sollten) in der Branche sind enorm. Das ist Teil des Problems und das hat auch Basel erkannt (leider nur mit Gummiparagraph).
- Das Reporting wird grundlegend verändert (wie oben bereits
angedeutet). Das fängt bei der Datenbewertung (Recovery
Ratio/LGD) an, geht über die Datenerfassung, -sortierung,
-prüfung, -dartellung.
Was ist denn am derzeitigen Reporting falsch? Das interne
Reporting kannst Du ja nicht meinen, weil es ungefähr 1000
verschiedene Reportings in Deutschland geben dürfte. Also geht
es um das externe und dazu kannst Du ja dann sicherlich
konkret werden.
Siehe oben ansonsten mehrfach genannt. Es fehlen die im Interbankgeschäft zusammengefassten Risiken pro Bankengruppe incl. aller Garantien anderer außerbilanzieller Geschäfte, Versicherungen, Konzerngesellschaften/SBC’s etc etc . Es fehlen Stressszenarien zu Konzentrationsrisiken incl. Bankeninsolvenzen, Branchen, Regionen (bis gestern ja wohl auch die der Staatsinsolvenzen). Aufgrund der oben genannten Fehler bei Trennung von Markt und Risiko sind die Ratings, Recovery Ratios, Wertberichtigungen, LGDs fehlerhaft - das ist die Datengrundlage!
- Wirtschaftsprüfer würden eben NICHT mehr vom zu prüfenden
Unternehmen beauftragt (eben auch nicht bei Banken…) Die
Alternative ist schwierig, aber machbar. Es würden
Prüfungskommissionen eingesetzt (ähnlich einem Aufsichtsorgan)
die Besetzung folgt strengen Richtlinien (keine Mitglieder,
die der Führung nahestehen oder standen), die
Aufsichtsbehörden sind AKTIV eingebunden (sowohl bei
Besetzung, als auch bei Prüfung).
Du meinst so etwas wie die DPR? Die gibt es nun seit 7 Jahren
und die ist auch recht fleißig. Bei uns ist die jedes Jahr im
Haus und macht die Wirtschaftsprüfer mit Detailfragen
verrückt.
Es geht um ein dezentrales Aufsichtsorgan (ähnlich dem Aufsichtsrat), das die Wirtschaftsprüfer auswählt, beauftragt, kontrolliert und den WP Bericht kommentiert sowie Konsequenzen daraus ableitet. Das Problem der Interessenkonflikte der Wirtschaftsprüfer wird ja langsam erkannt (nach Jahrzehnten, in denen Warnungen nur einzelner ungehört verhallten). Endlich etwas Wirksames dagegen tun! (ich habe mehrfach auch hier darauf hingewiesen).
- Bankenaufsicht würde zunehmend qualitativ. Das wird zu
vielen Diskussionen führen, aber die sind nicht zu vermeiden.
Das Personal bei den Aufsichstbehörden muss sich revolutionär
ändern dazu.
Ich habe nicht nur einmal mit Bundesbankprüfern zu tun und das
sind – im Gegensatz zu ihrem Ruf – richtig pfiffige Kerlchen,
die sich von den Bankmitarbeitern nichts vormachen lassen. Daß
die Schwächen im qualitativen Bereich hätten, kann ich absolut
nicht bestätigen.
Hier geht es um die tägliche Zusammenarbeit mit den Aufsichtsbehörden. Lassen wir mal beiseite, was da bisher hätte geprüft und gefunden werden müssen… Es geht zunächst um die an qualitativen Merkmalen zu prüfende Banken in der täglichen Arbeit, nicht mehr vorwiegend um quantitative Merkmale. Das ist sportiv genug, das ist mir klar (würde zu endlosen Diskussionen führen – ja das Leben kann hart sein) Aber das ist ja der Witz dabei! Endlich einmal kontrovers diskutierern, was das an SCHönem im Portfolio schlummert… Die Personalauswahl ergibt sich zwangsläufig daraus. Wir kennen derartige Verhandlungen auch mit Verbandsprüfern oder mit Wirtschaftsprüfern, die Interessen der öffentlichen Hand vertreten (Beispiel Sanierungen). Das geht, wenn es sich eingespielt hat.
- Die Bankenaufsicht würde authorisiert, in sehr frühem
Stadium aktiv in Investitions-/Kreditentscheidungen
einzugreifen (Portfolioanalyse als auch Einzelinvestments -
das wird zu vielen Streitfällen führen - nicht zu
vermeiden…)
Das wäre ja absurd. Bundesbank und Bafin beaufsichtigen,
entscheiden aber nicht über Kredite. Wenn dem so wäre,
bräuchte man eine Aufsicht für die Aufsicht.
Eben hatten wir es noch vom 13 (Großkredite). Auch bei Großkrediten ist bereits das Aufsichtsamt einbezogen. Das ist ausbaufähig… „Mitwirkung/Einzugreifen“ wäre zu definieren in den anderen Bereichen. Es geht um große Transaktionen und um Konzentrationsrisiken auch außerhalb von Kredit (Derivate, Sicherheitenkonzentration, Branchenkonzentration, Investments, Garantien, hedges etc etc)- logischer Weise nicht um unbedeutendes Geschäft.
- Eigenkapitalerhöhung ist ja schön und wichtig, Risk Weigthed
Assets Berechnungen auch. Aber das alles in Relation ist
statistische Durchschnittsbetrachtung aufgrund mehr oder
weniger zuverlässiger Daten. Das ersetzt nicht individuelle
Risikobewertung. Die ist zwar die Grundlage für diese
Berechnung. Aber die Grundlagen werden eben unzureichend
geprüft!
Inwiefern?
Die Daten haben eine hohe Fehlerquote. Da sind Flüchtigkeitsfeheler dabei genauso wie Wunschdenken aufgrund der rosaroten Sonnenbrille und dem Duft von Boni in der Nase (siehe Interessenkonflikte).
Ich habe hier schon mehrfach erläutert, wie es zu dieser Entwicklung bei den Banken kam:
Enorm gestiegener Wettbewerb (auch außerhalb der Banken – Stichwort Bondfinanzierungen), Globalisierung, Europäisierung, Zentralisierung, innovative neue Produkte (Eigenhandel, Derivate – die Banken versuchen ihre Marktstärke und ihren Wissensvorsprung gewinnbringend für sich zu nutzen). Einführung der Kostenrechnung bei Banken durch kritiklose Adoption der Modelle der Industrie (mit fatalen Fehlern). Kreditabteilung/Risikomanagement als Hauptkostenträger identifiziert. Folge Personalabbau bzw Personalkostenabbau (= Abbau der durchschnittlichen Qualität und des Gehalts der Mitarbeiter, angebliche Effizienzsteigerung durch verkürzte Bearbeitungszeit pro Kredit etc etc.)
Die Marktseite hatte das Sagen. Heute ist das Verhältnis zwischen Markt und Risiko völlig aus der Balance geraten (siehe oben). Das sind dien wahren Gründe der Misere bei den Banken!
Nun zu Deinen Vorschlägen:
Was geeignet wäre, die Kreditinstitute zu stoppen und einer
sinnvollen Verwendung zuzuführen, habe ich hier mal
zusammengestellt:
/t/kapitalismus–5/5624528/8
Falls die Links irgendwann gar nicht mehr funktionieren:
- Privatwirtschaftliche Kreditinstitute dürfen nur noch in
Rechtsformen geführt werden, die eine persönliche Haftung der
Geschäftsleiter mit sich bringen, also KG, KGaA, oHG.
Ein verlockendes Angebot und mit Sicherheit populär. Ich bin sicher, das würde die Mehrheit der Bevölkerung gut heißen. Ich habe auch viel über Haftung der Geschäftsleitung nachgedacht. Ich will nicht sagen, dass es nicht helfen würde, aber es ist nicht DIE Lösung. Ich kenne einige (ex)-Privatbanken und weiß, dass Privathaftung nicht vor Torheit schützt.
Aber als ergänzende Maßnahme interessant, das stimmt.
-
Begrenzung des Geschäftsvolumen (also Bilanzsumme und
außerbilanzielle Geschäfte) auf einen Betrag, der sich von der
Wirtschaftskraft des Sitzlandes ableitet (z.B. 3% des BIP,
d.h. für Deutschland rd. 60 Mrd.
-
Konzentration auf das originäre Einlagen- und Kreditgeschäft
Bei den beiden vorstehenden Punkten (wie bei den anderen) muss ich ein wenig schmunzeln, da Du hier die Tage noch als Verfechter des vermeintlich gänzlich freien Marktes aufgetreten bist (ich wusste ja, dass Du da nur provozieren wolltest und das nicht Deine wirkliche Meinung war…. Ich muss auch hier zugeben, dass diese Vorschläge sehr populär sind und sich vielleicht sogar durchsetzen werden (wie man aktuell auch an überraschenden die politischen Lager übergreifenden Allianzen sieht).
Ich gehe hier einen etwas anderen Weg, der weniger quantitativ ordnungspolitisch als qualitativ (siehe oben aktive Beteiligung der Aufsichtsbehörde und insbesondere wiedererstarkte Risikoseite) ordnungspolitisch zu sehen ist. Bei einer starken Risikoseite, die nicht nur auf das Kreditgeschäft beschränkt ist, sondern auf die Gesamtbankgruppe (mit allen Investitionen und Derivaten) in Zusammenarbeit mit den Aufsichtsbehörden würde das aber funktionieren. Die Banken dürften weiterhin groß sein und auch Eigenhandel betreiben – aber unter strenger individueller Kontrolle. Ich bin nicht für den Ansatz eine Bank darf nicht „too big to fail“ sein. Ich weiß, dass in diesem Punkt meine Meinung nicht sehr populär ist. ich habe nichts gegen big, aber was gegen fail (wenns vermeidbar ist).
- Verbot staatlicher Stützungsmaßnahmen, lediglich
Beibehaltung der Einlagensicherung für private Anleger
Einverstanden! ABER dazu muss ich alle Dominoeffekte kennen – und daher umfangreiches Reporting und aktive Rolle der Aufsichtsbehörden, denn wenn ich die A Bank Pleite gehen lasse, muss ich unter Umständen ALS FOLGE die Ersparnisse der B, der C, der D etc etc Bank auch stützen (eben Dominoeffekt).
Bitte glaube nicht, dass das die Marktseite auch nur eine Sekunde davon abhalten wird, ihren Vorteil im riskanten aber ertragreichen Neugeschäft wie bisher zu suchen, ihre hohen Gehälter mitzunehmen und zum nächsten Arbeitgeber zu wechseln bevor die Pleite da ist (mit oder ohne dem letzten fünftel der offenen Boni - zahlt der schon heiße neue Arbeitgeber als Huntingfee…). Aber es ehrt Dich, dass Du als Banker diesen Vorschlag machst.
- maximal drei Hierarchiestufen
Klingt ganz gut – flache Hierarchie ist immer gut wenn die Kapazitäten stimmen (!) und die Risikomanagementseite (incl Analyse ! und Bewertung!) der Bank autonom und stark genug wird. Ein Problem ist ja nach wie vor, dass Aktionäre und Geschäftsführer bei großen Banken überhaupt nicht überblicken, welche Probleme es an der Basis gibt. Dafür sind sie aber selbst verantwortlich, da sie zunehmend top down organisieren/ und hirnlos globalisieren (weil man vermutet, die Basis wäre sowieso gegen Veränderungen, weil es ja um ihren eigenen Hintern ginge) und den Kontakt zur Basis längst verloren haben. Mit guter Personalqualität an der Basis könnte man viel Kompetenz übertragen und viele Führungsebenen abbauen (und Kosten sparen). Dazu muss man wieder mehr Wert auf gutes Personal an der Basis legen (und dort das ersparte Geld in Weiterbildung und attraktive Gehälter) investieren.
- Verbot von an Aktienkurse geknüpfter Gehaltsbestandteile
(natürlich nicht nur für Kreditinstitute)
Wie ich schon sagte, gebt dem Markt, was des Marktes ist, aber endlich auch dem Risikomanagement, was ihm zusteht. Ich habe überhaupt keine Probleme, den Marktleuten das blaue vom Himmel zu versprechen, wenn sie Geschäft machen, aber sie müssen immer auf Augenhöhe mit der Risikoseite stehen und dürfen nichts mit der Risikobeurteilung zu tun haben. Insofern bin ich da auch nicht für Einschränkung des freien Marktes (bin mir aber bewusst, dass Dein Vorschlag sehr populär ist und vielleicht auch kommen wird). Publikums-AG’s, das wird im globalen Markt mit all dem Spielgeld immer klarer, ist sowieso verhängnisvoll für die Wirtschaft (egal ob Bank oder Industrie/Handel). Mehr Mittelstand mit Nachhaltigkeit braucht das Land (aber das ist ein anderes Thema).
- erfolgsabhängige Bestandteile für Führungskräfte werden
frühestens nach fünf Jahren ausgezahlt und auch nur, wenn der
Erfolg angehalten hat
Das bringt nichts – das ist jetzt schon klar. Ist ja schon weit verbreitet. Es würde jetzt zu weit führen, das hier auch noch zu erklären. Aber wie oben gesagt, wären auch hohe Boni und deren Sofortauszahlung bei klarer Trennung von Markt und Risiko und starker Risikoseite kein Problem (aber auch dieser Vorschlag von Dir ist sehr populär). Für gut gehaltene Akquisiteure erhalten die noch offene Boni einfach als Ablösesumme vom neuen ungeduldig auf das Genie wartendenden Arbeitgeber (…„man“ verlässt das sinkende Schiff…)
- persönliche Haftung (im Sinne der Strafbarkeit) von
Mitarbeitern bei Verstößen gegen aufsichtsrechtliche Vorgaben
und Bilanzierungsvorschriften
Klingt in der Theorie gut, aber ich sehe in den Missorganisationen der Banken das Praxisproblem. Ich kenne leider unzuverlässige Hierarchiestrukturen und die Unfähigkeit (und den Unwillen) der Justiz sich in komplexe Vorgänge bei Banken einzudenken. Es würde meist die Falschen treffen. Es gibt heute schon viel zu viele Bauernopfer bei Banken. Das Risikomanagement muss stark sein. Das Aufsichtsorgan muss eine zeitnahe aktive Rolle bekommen und die WPs müssen endlich richtig prüfen, das ist in diesem Zusammenhang das Wichtigste. Aber auch dieser Vorschlag von Dir wird populär sein.
- Begrenzung jeglicher Art des Risikotransfers aus
Transaktionen auf Dritte auf maximal 50%
Ich habe kein Problem mit unbeschränktem Risikotransfer, ich habe ein Problem mit Intransparenz und mit Interessenkonflikten bei der Risikoerkennung und –beurteilung (siehe oben).
- Eigenkapitalquote mindestens 15%
Um so mehr Eigenkapital, desto gut (klar). Ich bin allerdings für eine differenzierte Anforderung, abhängig von dem Portfolio der Bank (klar wäre das noch mit Leben zu erfüllen, was das im Detail bedeutet). Eine starke Risikoseite, die damit frühzeitig Risiken erkennt, vermeidet und wo nicht vermeidbar konservativ wertberichtigt und das Eigenkapital wird reichen…
Fazit: Einiges Deiner Vorschläge ist sehr weitgehend, einiges auch geeignet, aber diese Maßnahmen alleine beseitigen nicht annäherungsweise die Hauptprobleme der Banken. Dazu habe ich Vorschläge gemacht. Dreh und Angelpunkt ist eine starke und unabhängige Risikoseite vom Scheitel bis zur Sohle (Transparenz, Analyse und Bewertung) und unter Einbeziehung aller Bankgeschäfte, der Rest ergäbe sich von alleine.
Allerdings glaube ich auch, dass die Etablierung Deiner Maßnahmen wahrscheinlicher ist. Sie sind populärer und, das haben wir mit den Amerikanern gemeinsam, es lässt sich leichter etwas verkaufen, was leicht verständlich ist, sich klar messen lässt (wir Deutschen messen gerne…) und den Klischees des bösen Bankers entspricht. Aber es ist nicht ein Datum, das hier fehlt, es sind die schwer greifbaren softfacts, die zu hardfacts werden aufgrund einer falschen Organisation.
Ich habe nichts gegen einen hungrigen Akquisiteur, der den Tunnelblick aufgelegt hat und den big deals hinterher hächelt. Ich habe nur etwas dagegen, wenn diese Leute die Richtung der Bank bestimmen. Außerdem sei die Frage erlaubt, ob das, was viel Geld bringt auch langfristig einer nachhaltigen Kundenverbindung dient (vielleicht helfen da ja dunkle Sonenbrillen, damit der Kunde seinen Betreuer nicht mehr erkennt?) Aber das soll der Markt unter sich ausmachen.
Ich weiß, dass es vielen „Kredit-/Riskleuten“ schwer fällt, meine Forderungen öffentlich zu vertreten. Nicht wenige erhalten inzwischen Boni, von denen sie vor einigen Jahren nur geträumt haben, andere (viele exzellente Leute) hat man in die Wüste geschickt, andere haben Angst, unter Kollegen die Probleme anzusprechen (das Thema Finanzmarktkrise wird auch fast nicht URSÄCHLICH diskutiert in den Büros…), aber viele erfahrene Kreditleute berichten im Vier-Augen-Gespräch immer wieder von genau dieser von mir beschriebenen verhängnisvollen Entwicklung der letzten 20 – 30 Jahre bei den Banken. Viele haben diese Misere kommen sehen, wenn auch nicht die Quelle und den zeitpunkt, aber dass es bei diesem Missverhältnis einmal so kommen wird.
Mal so das, was alles schief ging in den letzten Jahren, revue passieren lassen und nach den Gründen suchen und dann macht es klick – es waren meist die Interessenkonflikte, die für die Probleme verantwortlich waren.
In diesem Sinne
Schönen Gruß von
ikarusfly