Wenn man sich ansieht, in welchem Umfang nach wie vor jegliches Verständnis für notwendige Einschränkungen fehlt, und in welchem Maße tagtäglich dagegen verstoßen wird/alle möglichen Umgehungsszenarien propagiert und auch genutzt werden, brauchen wir uns nicht wundern, wenn es den Vernünftigen nicht gelingt für ein weiteres Absinken der Zahlen zu sorgen. Dazu dann noch die diversen Mutationen, die gerade jetzt umso mehr Vorsicht und Zurückhaltung gebieten würden.
Aber ganz viele von uns sind offenbar immer noch so dermaßen in der Komfortzone, und haben noch so wenig begriffen, wie schnell so eine Situation komplett ins Chaos kippen könnte, dass sie sich keinen Kopf um ihre eigene und die Gesundheit und das Leben ihrer Mitmenschen machen, sondern als größte Sorge den ausstehenden Friseurtermin oder die zwingend dringend notwendige Party sehen.
Und dazu kommen dann diese vollkommen lächerlichen Argumentationen im Sinne von, was man „uns“ doch alles nicht antun könne, was man alles nicht mehr wie lange aushalten könne, dass man meint mit eingeforderten fixen Zeitplänen für Öffnungen diese Viren beeindrucken könnte, die dann eben in sechs Wochen gefällst aufzuhören haben, sich weiter zu verbreiten, weil man mit genug Druck irgendeinem Politiker abgerungen hat, für diesen Zeitpunkt Lockerungen vorzusehen.
Dazu jetzt noch gewisse Wirtschaftsvertreter, die meinen, dass man an Tote einfach ein Preisschild hängen könne, und man wirtschaftliche Probleme so einfach gegen Menschenleben aufrechnen könne, um dann festzulegen, wieviel Tote man sich leisten könne (und dabei abgesehen von fehlender Moral natürlich auch mal wieder vollkommen außer Acht lassen. dass es eben nicht um den einzelnen Toten geht, sondern um die Frage, ob und wann ggf. die Situation unter welchen Bedingungen außer Kontrolle gerät).
Ebenso irrsinnig diejenigen, die sich weigern angesichts sich stärker verbreitender Mutationen, notwendig werdende niedrigere Infektionszahlen und -raten zu akzeptieren, und das in bester Wahlkampfmanier polemisch dahingehend ausschlachten, dass man die Werte aus irgendwelchen boshaften Gründen „erfinden“ würde.
Grandios auch zu sehen, wer sich alles aufschwingt Priorität für Öffnungen zu fordern, und mehr als bezeichnend, dass sich jetzt ausgerechnet die Friseure, Blumen- und Autohändler durchgesetzt haben. Gewichtig fand ich auch die Forderung eines Verbandsvertreters der Museen, der erklärte, welch hohe Priorität die Öffnung der Museen haben müsste. Nicht, dass da oft so wenig los ist, dass man diese durchaus mit geeigneten Konzepten öffnen könnte, aber sich hinzustellen, und eine priorisierte Öffnung zu verlangen, …
Und dann haben wir natürlich momentan auch eine Medienlandschaft, die ganz herrlich davon profitiert, die entsprechenden Akteure immer munter gegeneinander aufzupeitschen, heute den Träger der Vernunft gibt, und die Kritiker der Maßnahmen in die Pfanne hat, nur um dann morgen selbst gegen nötige Maßnahmen zu agitieren, um sich dann übermorgen wieder auf die Seite der „Guten“ zu schlagen. Wird dann unter dem Deckmäntelchen des Pluralismus verkauft, zeigt aber mE nur, dass es auch da an Moral fehlt, und es einfach nur darum geht, heute schon die Schlagzeile von morgen auf den Weg zu bringen, damit man damit dann auch wieder Kasse machen kann.
Vermutlich muss es uns alle einfach mal viel, viel schlimmer als bisher treffen, damit dem ein oder anderen klar wird, was wirklich wichtig ist, und was alles nur „nice-to-have“ ist.
Und nein, ich übersehe ganz sicher nicht, dass wir mit den ganzen Maßnahmen auch diverse Probleme verursachen, Menschen die wirtschaftliche Grundlage nehmen, Kinder in problembelasteten Familien leiden, … Aber dafür braucht es andere Lösungen, als einfach nur Öffnungen und „Normalität“ um jeden Preis zu fordern.