Das können sie nicht, weil die Gesamtenergie mit abnehmendem
Radius wächst. Intuitiv ist das nicht zu verstehen. Man muß es
schon nachrechnen.
weil die geschwindigkeit quadratisch in die energie eingeht?
Nein, so einfach ist das nicht. Ich rechne das am besten mal vor.
Zunächst zum Drehimpuls:
Der Mond hat den Bahndrehimpuls
LM = m·r²·wM
(m=Masse des Mondes, r=Kreisbahnradius, wM=Winkelgeschwindigkeit der Kreisbahn)
Mit dem dritten Keplerschen Gesetz
wM = √[γ·M/r³]
(M=Masse der Erde, γ=Gravitationskonstante)
wird daraus
LM = m·√[γ·M·r]
Für den Drehimpuls der Erde gilt
LE = wE·J
(wM=Winkelgeschwindigkeit der Erde, J=Trägheitsmoment der Erde)
Das ergibt den Gesamtdrehimpuls
L = LM + LE = m·√[γ·M·r] + wE·J
Wenn man das nach wE umstellt, erhält man die Abhängigkeit der Erdrotation vom Radius der Mondbahn:
wE = [L-m·√(γ·M·r)]/J
Nun zur Energie:
Die Bahnenergie des Mondes beträgt
EM = -γ·M·m/(2·r)
Die Rotationsenergie der Erde beträgt
EE = wE²·J/2
Für die Gesamtenergie gilt also
E = EE + EM = wE²·J/2 - γ·M·m/(2·r)
Und nun alles zusammen:
Mit der aus dem 3. Keplerschen Gesetz und der Drehimpulserhaltung hergeleiteten Abhängigkeit der Erdrotation vom Mondbahnradius gilt für die Abhängigkeit der Gesamtenergie vom Mondbahnradius
E = [L-m·√(γ·M·r)]²/(2·J) - γ·M·m/(2·r)
Um herauszufinden, wie sich der Radius ändert, wenn das System Energie verliert, leite ich das Ganze nach der Zeit ab:
dE/dt = [dE/dr]·[dr/dt] = ½{γ·M·m/r² - L·m·√(γ·M)/[J·√®] + m²·γ·M/J}·[dr/dt] E·J
zu
√(γ·M/r³) - wE
Und da springt uns wieder das dritte Keplersche Gesetz entgegen: Der Ausdruck auf der linken Seite ist nichts anderes als die Winkelgeschwindigkeit wM, mit der Mond um die Erde kreist. Änderung des Bahnradius hat also das gleiche Vorzeichen, wie die Differenz der Winkelgeschwindigkeit von Erdrotation und Mondumlauf. Kreist der Mond langsamer um die Erde, als diese sich um sich selbst dreht (und das ist der Fall), dann erhöht sich der Mondbahnradius, wenn das System Energie verliert. Wäre es umgekehrt, dann würde die Mondbahn durch Energieverlust des Gesamtsystems enger werden. Das Energieminimum ist erreicht, wenn beide Rotationsgeschwindigkeiten gleich sind. Das wäre die doppelt gebundene Rotation.
Auf dasselbe Ergebnis kommt man natürlich auch, wenn man sich den Mechanismus der Bahnanhebung infolge von Gezeitenreibung, Phasenverschiebung der Tidenwellen und schließlich Beschleunigung des Mondes durch den tangentialen Anteil der Gravitation zwischen Mond und Tidenwellen näher ansieht. Aber die Berechnung über Energie und Drehimpuls hat den Vorteil, dass man gar nicht wissen muss, wie das Ganze im Detail abläuft. Wenn das System Energie verliert, dann hat der Mond gar keine endere Wahl, als sich von der Erde zu entfernen.