Warum gibt es in der Bibel eine Schweineherde?

Hi

Die Schweine mussten ja auch eh nicht mitgebracht wurden, bevor die semitischen Völker (Akkadier etc.) ihren kulturellen Siegeszug antraten, gab es zwischen 3600-2900 BCE in Mesopotamien ja eine sehr rege Schweinezucht, inkl. überlieferter Rezepte und Exportgeschäft - in den Westen!

Die Akkadier brachten das Schweinefleischverbot dann mit, was zeigt wie unglaublich alt das ist und die Schweinezucht kam in gesamten Mesopotamien zu erliegen. Dieser Kulturwandel beeinflusste aber auch den Süden (Elam) und den Westen (Syrien). Und da man von diesen Orten in den Büchern Mose ja regelmäßig liest, denke ich nicht, dass der Schweinehandel am frühen Israel völlig vorbei ging und ich bezweifle, dass das Gebiet vom Erliegen des Schweineimports an bis zu den Römern komplett Schweinefrei war, die werden eher wahrscheinlich immer dagewesen sein.

Israeliten, Akkadier, Elamiten, etc. pp das sind die Kulturen die wir kennen, die uns Schrift hinterlassen haben. Wer weiß wieviele Gruppen es in der damaligen pluralistischen Kultur gab die absolut kein Problem mit Schweinefleisch hatten.

lg
Kate

Hallo Kate.

Israeliten, Akkadier, Elamiten, etc. pp das sind die Kulturen
die wir kennen, die uns Schrift hinterlassen haben. Wer weiß
wieviele Gruppen es in der damaligen pluralistischen Kultur
gab die absolut kein Problem mit Schweinefleisch hatten.

weißt du wann bei den Israeliten erstmals das Verbot von Schweinefleisch erwähnt wurde ?
Schon vor der Sklaverei in Ägypten ?
Logisch wäre, wenn dieses Verbot erst nach der Erfahrung als Steppenvolk eingebracht
wurde da hier die Aufbewahrung und Zubereitung (wegen oft ungenügender Erhitzung)
nicht ausreichten, um Krankheitserreger vor dem Verzehr zu vernichten.
(auch bei anderen „unreinen“ Tieren.)
Die religiösen Reinheitsgebote entstanden ja meist aus ganz praktischen Notwendigkeiten
und Erfahrungen.
Einmal als religiöse Gebote deklariert, hatten sie natürlich Bestand, auch wenn der Anlaß dazu nicht mehr präsent war.
Gruß Viktor

Hallo Rolf,

auch wenn das Threadthema meinerseits genügend ausgelutscht ist: Hier …

es handelt sich bei dieser Geschichte ganz zweifellos um eine Auseinandersetzung mit der römischen Besatzungsmacht.

… möchte ich ganz zweifellos Zweifel anmelden, auch wenn mir die unter Theologen beliebte Römer-Bashing-Interpretation hinreichend vertraut ist. Diese beruht allerdings auf weitgehender Unkenntnis der zeitgenössischen jüdischen Dämonologie:

Es bliebe nämlich dann die Frage, warum ausgerechnet der Autor des Markus-Ev., bei dem die Exorzismus-Kompetenz des Jesus betont ist (in Übereinstimmung mit zeitgenössischen jüdischen Messias-Erwartungen), und dessen Text ja auch zu den Vorlagen für Matthäus und Lukas gehört, ausgerechnet diesen „Viele“-Dämon erfunden haben sollte. Und zwar nur, um mit der ersoffenen Sau-Herde den Römern wegen ihrer brutalen Schlachterei (historisch wenige Jahre zuvor auf der anderen Seite des Sees) eine billige Spitze mit einem Wortspiel auf Mario-Barth-Niveau zu verpassen.

Zu welchem Zweck? Nur damit die Römer sich darüber amüsieren? Dagegen war die beschriebene exorzistische Prozedur, wie ich schon schrieb, durchaus im Kontext der damaligen Dämonologie.

Es gibt noch einen anderen Anhaltspunkt: den weiten Weg, den die Schweineherde zurücklegen muss. Denn Gerasa liegt etwa zwei Tagereisen südöstlich vom See Genezareth.

Ja, wenn. Wenn es um Gerasa-Stadt ginge. Aber die Begegnung findet unmittelbar bei Ankunft am anderen Ufer statt: Mk.5.2 „Und unmittelbar (ευθυς, der für Markus charakteristische Ausdruck) als er aus dem Boot stieg, begegnete ihm ….“, Auch Lukas 8.27 „Als er an Land ging, begegnete ihm …“. Da gibt es keinen Anlaß zur Vermutung, dass man „Gerasa“ später in „Gadara“ umbenannt hat, nur, damit die Säue auch den See erreichen. Die Szene spielt sich bereits in der Nähe des Sees ab.

Da Gerasa damals eine bedeutende und große Stadt war, und zwar die einzige nächstliegende auf dem „Galiläa gegenüberliegenden Ufer“, ist der Ausdruck (Mk + Lk) „Gegend von Gerasa“ ebenfalls naheliegend. Denn präzisere Ortskenntnisse hatten bekanntermaßen die Synoptiker eh nicht.

Gruß
Metapher

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Hallo Metapher.

Da Gerasa damals eine bedeutende und große Stadt war, und zwar
die einzige nächstliegende auf dem „Galiläa gegenüberliegenden
Ufer“, ist der Ausdruck (Mk + Lk) „Gegend von Gerasa“
ebenfalls naheliegend. Denn präzisere Ortskenntnisse hatten
bekanntermaßen die Synoptiker eh nicht.

ja, und deswegen ist der „Widerspruch“ in der Geschichte schon zu hinterfragen.

Dieser „Widerspruch“ in der Verortung der Erzählung liegt nicht in der Benennung von
Gadare vs. Garesa ( „Einheitsübersetzung“,die meisten Übersetzungen sagen Gebiet oder
Land der Gardarener bzw. Gerasener) da man diese Aussagen ohne weiteres zusammen
fassen kann - „Land der Ga…+Ge…“
Als Beispiel sei hier auf Matt.15.21 verwiesen wo von der Gegend von Tyrus und Sidon
gesprochen wird, also Städte, welche auch ca 40km voneinander weg liegen.

Es wird also die Gegend benannt auch mit seiner richtigen Lage am See gegenüber von
Galiläa.
Ansonsten passt nichts dazu.
Es gibt auf dem Ostufer des See keine Hänge oder Klippen am See. Die Ausläufer der
Berge, welche relativ sanft zum See hin fallen sind 1-3 km vom See entfernt.
Diese eigenen sich aber nicht zur Haltung großer Herden (stark gefaltetes Gelände)
sondern allenfalls nur die oben gelegene Hochebene auf einer großen Fläche ca 500m
über dem See (ziemlich konstant). Eine Stadt gab es dort am See nicht.

Dagegen passt auf der galiläischen Seite des Sees alles zusammen.
Höhenlagen mit teils steil abfallenden Hängen und Klippen direkt zum See sind auf ca
6-8 km Seeufer präsent.Die heutige Uferstraße (welche man mit Street-View „abfahren“
kann) täuscht da teilweise. Beim Bau dieser Straße wurde der Abraum natürlich Richtung
See entsorgt was Distanz des Wasser zum See schafft. Außerdem mußten die Hänge
„geböscht“ werden um den Steinschlag des bröckligen Felsen von der Straße fern zu halten. Der Seespiegel war z.Z Jesu mit Sicherheit auch höher.
Man kann aber mit Street-View die Situation noch sehr gut ersehen einschl. der
Bearbeitung der Steilhänge.
Oberhalb der Hänge erstreckt sich eine weitläufiges etwas hügeliges Land welches zur
Haltung großer Schweineherden geeignet ist. Es dürften z.Z. Jesu wohl noch größere Baumbestände vorhanden gewesen sein als heute. Schweineherden kann man nicht
auf baumlosen Ebenen halten (weiden ! ), da sie Schutz vor der Sonne bedürfen und auch
nur in Wäldern ausreichend Nahrung finden. und eventuell auch Wasseransammlungen in den Senken.
Außerdem ist der Bedarf an Schweinefleisch auf dieser Seite des Sees mit der größeren
Bevölkerung (mit Migdal und der neuen Stadt Tiberias u.a.könnten in der Gegend wohl
bis zu 100000 Menschen gelebt haben) auch größer, was die Benennung von riesigen
Schweineherden glaubwürdig macht.
In den Hängen und Felsen gibt es dort auch viele Löcher und Höhlen ( bei dem bröckligem
Fels ist die Fertigung von Felsgräbern auch leichter) in denen sich die „Ausgestoßenen“
(Aussätzige, geistig Verwirrte - Mark.5.2, unreiner Geist - oder auch Gewalttäter u.a.)
aufhalten können.
Eine Stadt, welche in den Schriften erwähnt ist, war auch in der Nähe.
Außerdem gibt es direkt vor Ort auch heiße Schwefel-Quellen - Tore zur Unterwelt ? (Luk.8.31)
(auf der Garderer Seeseite gibt es auch bei Hamat Gader antike und neue Thermalbäder
aber 6 km vom See)

Wenn man also die Dichte der „Belege“ vergleicht und eins so nicht stimmen kann, dann
muß man die „Ereignisse“ auf die Ostseite des Sees „verorten“.

Der „Irrtum“ mit den Garderern und Garesern muß garnicht so falsch sein, wenn das
Gebiet von den Autoren der Schriften weiter gedacht war als wir dies heute zuordnen oder
ihnen dies ungenau berichtet wurde (die Autoren waren ja nicht unbedingt Zeugen)
Dies ist nur Spekulation - aber möglich wenn nicht sogar wahrscheinlich.

Gruß Viktor