Liebe Community, heute ist der internationale Tag des Lehrers! Laut einer aktuellen Studie zweifeln 60 Prozent aller Pädagogen, den Stress bis zur Rente durchzuhalten und rechnen mit einer Frühpension. Sind unsere Lehrer ausgebrannt? Was sind eurer Meinung nach die Ursachen für diesen Stress?
- zuviele Unterrichtsstunden pro Woche(29 Wochenstunden ist für Grundschullehrer extrem anstrengend, es ist unmöglich jede Stunde gut vorzubereiten und mit Energie zu halten)
- zum hohen Arbeitspensum kommt die Unzufriedenheit, weil man ja gerne jede Stunde schön gestalten möchte, aber dies zeitlich nicht schafft
- zu viele Kinder in der Klasse (die schwachen S bleiben auf der Strecke; dafür hab ich diesen Beruf nicht studiert…)
- Aufgaben drumrum: Elternarbeit, Konferenzen, Klassenlehreraufgaben etc. benötigen viel Zeit
- Zeugnisse sind unglaublich aufwändig (pro S brauche ich als Grundschullehrerin eineinhalb volle Stunden für ein Zeugnis - bei 27 Schülern in der Klasse… Sie können das hochrechnen wieviele Stunden zusätzlich zum normalen Unterricht das sind)
- alles wird auf die Schule abgeladen: es reichen die zur Verfügung stehenden Unterrichtsstunden schon nicht dafür, den Lehrplan durchzubringen - aber dann muss noch Lernen lernen, Erziehung der Kinder, Umweltschutz, Medienerziehung, Globales Lernen usw usw irgendwie Thema werden - das ist unmöglich
Warum viele glauben, den Beruf nicht bis zur Rente zu schaffen? Eine Arbeitswoche von gut 50 vollen Stunden, die Lautstärke in den Klassen, Schüler die von daheim keine Regeln kennen, Eltern die die Lehrer ihrer Kinder verklagen, Unzufriedenheit weil in der Realität nicht der einzelne Schüler im Mittelpunkt stehen kann, weil die Bedingungen dafür nicht geschaffen werden, obwohl das Kultusministerium natürlich alles immer schön redet… Und dann noch Leute, die einem nach einem Unterrichtsvormittag (von 7.45 - 13.00 ohne wirliche Pause). mehreren Korrekturstapeln und einem Vorbereitungsnachmittag für den nächsten Tag einen schönen Feierabend wünschen…
Beim Umgang mit Menschen entstehen immer Situationen, die nicht berechenbar sind - ganz normal. Problem ist, dass Kinder und Jugendliche eigentlich von zu Hause aus keine von Erwachsenen gesetzte Grenzen mehr kennen - wenn es dann Probleme gibt: Die Schule wird`s schon richten - ist ja auch bequemer als selber aktiv zu werden als Eltern.
Grundsätzlich kann ich das Ergebnis der Studie nur bestätigen. Obwohl ich meinen Beruf liebe, habe ich in letzter Zeit zu zweifeln begonnen, ob ich das bis zur Pension aushalten kann (bin 56 und seit 34 Jahren im Dienst).
Die Gründe dafür sind zum einen die veränderte Schülersituation. Nur wenige Kinder sind heute noch in der Lage, sich über einen gewissen Zeitraum zu konzentrieren. Bei vielen genügt schon eine Bewegung beim Nachbarn oder ein Geräusch wie das Knarren eines Stuhles, um sie den Faden verlieren zu lassen.
Dazu kommt die mangelnde Anstrengungsbereitschaft, wenn es mal etwas schwieriger wird. Ist nicht auf den ersten Blick ersichtlich, wie eine Aufgabe zu lösen ist - und das ist oft der Fall - dann wird gleich aufgegeben mit der Bemerkung:„Das kann ich sowieso nicht.“
Diese Schüler bräuchten jeweils persönliche Hilfe, was man bei dem einen oder anderen leisten kann, aber bei einer Gesamtzahl von 32/33 Schülern ergibt sich schnell eine ganze Gruppe, die sich gegenseitig in der Einschätzung stützt, die Aufgabe nicht leisten zu können.
Hausaufgaben zu erwarten ist auch sehr optimistisch. Es gibt immer noch Schüler, bei denen das kein Problem ist. Aber während früher diejenigen in der Minderheit waren, die keine Aufgaben machten, sind es heute die anderen.
Dazu kommen immer häufiger Disziplinschwierigkeiten: Schüler, die sich im Ton vergreifen und richtig unverschämt werden können. Andere weigern sich unter Umständen, Anweisungen des Lehrers zu befolgen, selbst bei so schlichten Dingen wie das Wechseln des Sitzplatzes.
Informationen an die Eltern mit der Bitte um Unterschrift werden ewig nicht wieder mitgebracht, sodass man eine aufwändige Buchführung halten muss, welche man gesehen hat, wer vergessene Hausaufgaben nachgezeigt hat, wer zum Nacharbeiten erschienen ist, usw.
Neben all diesen Belastungen, die von der Schülerseite her erfolgen gibt es aber auch die andere Seite.
Die Arbeit in allen möglichen Arbeitsgruppen und Kontrollgremien, die immer wiederkehrende Überarbeitung von Lehrplänen, Schulprogrammen, etc., von denen man weiß, dass sie doch nur für den Aktenordner produziert werden - mit dem Druck im Nacken, alles möglichst bis vorgestern schon fertig gehabt zu haben, weil die Qualitätsanalyse jederzeit ins Haus stehen kann.
Dazu möchte man auch gern auf dem neuesten Stand bleiben, Fortbildungen machen, die aber nur noch in der unterrichtsfreien Zeit genehmigt werden, obwohl eine Fortbildungsverpflichtung besteht.
Dies alles kommt mir der Quadratur des Kreises gleich, wenn ich dann auch für meine Schüler ansprechbar sein möchte, ihnen Hilfen geben will, sie bei häuslichen Problemen unterstützen möchte, manchmal Elternersatz sein muss.
Mit freundlichem Gruß
Sabine Piehl
Hallo liebe Galileo Redaktion,
Lehrer haben es nicht leicht. Die Länderregierungen sind sich im Bildungssystem nicht einig und dann werden vergleichende Studien gemacht, die weder auf die einzelnen Schulsysteme, noch auf regionale Gegebenheiten Rücksicht nehmen(z.B. hohe Migrationsquote).
Dann kommt noch die Forderung,daß die Kinder immer mehr lernen müssen in kürzerer Zeit ( Turboabi).
Wer kein Abi hat, hat verloren !
Da kommen dann die Eltern ins Spiel. Das Kind soll es mal besser haben, also muss die Bildung von Anfang an besser sein.
Also wird auch schön zugesehen ob der Lehrer auch genug Unterichtsstoff vermittelt und natürlich auch wie die Lehrkraft dieses tut.
Eingeschult werden demnächst Kinder mit 5 1/2 Jahren ( nicht Kann-Kinder, sondern Pflicht-Kinder).
Damit sie nach mindestens 9 Jahren schnell der Wirtschaft zur Verfügung stehen.Und dabei möglichst gut gebildet, unauffällig und stromlinienförmig sind.
Hinzu kommen respektlose Schüler, bei deren Erziehung wohl einiges schief gelaufen ist.Kinder können sich nicht ohne Respekt und Regeln entwickeln.
Und auch die Schüler stehen ständig unter Erfolgsdruck und sind oft überfordert, so das dort schon reichlich Potenzial für Konflikte herrscht.
Wenn dann noch Lehrkräftemangel herrscht, weil das Budget eben keine neue Stelle hergibt, bereits 2 Kolegen krank sind, muss man sich nicht wundern wenn auch solche Situationen die Lehrkraft stressen.
Ich war eine Zeit lang in der beruflichen Bildung tätig und bin froh jetzt einer anderen Tätigkeit nachgehen zu können.
Ich denke das liegt hauptsächlich am Spagat des Lehrerjobs zwischen objektivem Beurteilen, persönlichem Einschätzen und der Wissensvermittlung an den Schüler…
Der Bereich objektives Beurteilen beinhalten zunächst einmal 2 Grundfähigkeiten, die einen guten Lehrer ausmachen: Einen guten Überblick über die Klasse und die Beurteilung der Lernmotivation eines Schülers.
Das persönliche Einschätzen befasst sich vor allem mit dem „Umsorgen“ der schwierigeren Kandidaten, wodurch eine hohe soziale Kompetenz Voraussetzung ist…
Und zuletzt die Wissensvermittlung. Hier ist genau zu beobachten, ob die Schüler den Stoff begriffen haben, sowie den Stoff ansprechend zu vermitteln.
Somit fordert der Job „Lehrer“ von dem Menschen, der ihn ausführt, einige sehr schwierig zu erlernende Fähigkeiten. Da aber jeder Lehrer die Motivation hat (oder zumindest haben sollte), diese Aufgabenbereiche so gut wie möglich auszuführen, machen sie sich selbst den meisten Stress um den Anforderungen gerecht zu werden.
Deswegen sollte man vor wirklich kompetenten Lehrern, die gleichzeitig gute soziale Kompetenzen aufweisen, einen großen Respekt haben.
Hallo!
Stellen Sie sich mal vor, fast ihr gesamtes Leben damit zu verbringen, pubertierenden Jugendlichen Dinge beizubringen, die die Jugendlichen eigentlich gar nicht interssieren.
Lehrer zu sein ist mit Sicherheit ein undankbarer Job, und ich denke, dass das die Hauptursache für den vielen Stress und die Frustration.
Dies ist mein letztes Schuljahr,bevor ich den nicht vorzeitigen Ruhestand gehe. An der Berufschule, in der ich seit 35 Jahren tätig bin (130 Lehrer), gehen zur Zeit sehr viele in den Ruhestand. Die meisten gehen ein Jahr vorzeitig mit Rentenabschlag. In Frühpension gehen sehr wenige. Zu Ihrer Frage: Natürlich zweifelt fast jeder, ob man das durchhält. Aber letztlich halten sie doch durch. Ich denke, der Lehrerberuf ist auch nicht anstrengender als andere Berufe. Wir können das gar nicht recht beurteilen, denn wir kennen nur diesen Job und können nicht vergleichen. Es gibt ja auch schöne Seiten an diesem Beruf.
Leider kann ich nicht viel mehr sagen.
Ihnen viele Glück. Wolfgang Schazmann