Warum hat sich das geozentrische Weltbild so lange gehalten? Ging das nur von der Kirche aus oder spielten auch andere Einflüsse eine Rolle?
Hallo Tinchen!
Warum hat sich das geozentrische Weltbild so lange gehalten?
Ging das nur von der Kirche aus oder spielten auch andere
Einflüsse eine Rolle?
Die Kirche hatte meiner Ansicht nach nie die Macht, eine Idee zu verhindern, höchstens deren Verbreitung. Als Columbus Amerika entdeckte war in Fachkreisen längst akzeptiert, dass die Erde eine Kugel ist. Columbus wollte das nicht beweisen, sondern - ganz pragmatisch - einen neuen Seeweg nach Asien finden.
Bei dem geozentrischen Weltbild war es insofern anders, als keine Notwendigkeit herrschte, es aufzugeben. Nach Ptolemäus’ Theorie konnte man die Positionen der Planeten und Fixsterne am Nachthimmel mit damals ausreichender Genauigkeit bestimmen. Die Theorie von Kopernikus hatte lediglich den Vorteil, mathematisch einfacher zu sein, aber sie war im direkten Vergleich sogar unpräziser. Das änderte sich erst durch Kepler, der im Gegensatz zu Kopernikus keine Kreise, sondern Ellipsen für die Beschreibung der Bahnkurven verwendete. Etwa zur gleichen Zeit machte Galilei - der erstmals ein Fernrohr in der Astronomie einsetzte - einige Entdeckungen, die für das Keplersche-Kopernikansiche Weltbild sprachen: Vor allem Jupitermonde und Venusphasen. Der Streit wurde spätestens durch Newton entschieden, der durch seine Mechanik und sein Gravitationsgesetz die Bahnkurven auch erstmals kausal erklären konnte.
Oft hinkt die Beobachtung der Theorie hinterher (obwohl es eigentlich anders herum sein sollte). Das führt dazu, dass eine Theorie anfangs manchmal weniger Anerkennung findet, als sie vielleicht verdient. Die Urknalltheorie wurde meines Wissens schon Anfang des 20. Jahrhunderts aufgestellt, aber erst in den 60er Jahren allgemein akzeptiert, weil man nun mit Radioteleskopen ins All blicken konnte und plötzlich Daten zur Verfügung hatte, die Hubble selbst noch nicht kennen konnte. Ein anderes Beispiel ist die String-Theorie, die mangels beobachtbarer Vorhersagen noch nicht in unser Weltbild aufgenommen wurde.
Das war mit Kopernikus-Kepler/Galilei-Newton nicht anders. Nur war damals die Geschwindigkeit des Wissenszuwachses viel langsamer als „heute“.
Michael
Guten Tag!
Das ist nun einmal die menschliche Betrachtungsweise: „Wir schauen zum Mond hinauf.“ - „Draußen im Weltall.“ - „Die Sonne geht auf.“ Oder: „Wir sehen nicht so weit“ statt „Das Licht fällt nicht bis in unsere Augen“ usw.
Und im Übrigen ist es nach der Relativitätstheorie eh egal, auch wenn es nicht logisch erscheint, dass so der „Schwanz mit dem Hund wedelt“.
Gruß
Sepp
Warum hat sich das geozentrische Weltbild so lange gehalten?
Ging das nur von der Kirche aus oder spielten auch andere
Einflüsse eine Rolle?
sie priester waren damals die einzigen, die wissenschaftsbücher lesen konnten. es gab keine medien - im vergleich zu heute war da null kommunikation.
es gab keine unis oder schulen. es gab keine internetforen oder fernsehen, was der aufklärung und dem meinungstausch dient. die menschen kannten ihr handwerk und sie kannten wohl viel mehr biologie oder natur. es wird damal jeder gewusst haben, wie man ne kuh melkt oder reitet, wie man holz am besten hackt oder welche kräuter bei welcher erkältung hilft. wie baut man sich ein kondom oder wie näht man ein hemd.
aber weltliche dinge wie politik, geographie, physik oder mathematik. da musste man schon gut betucht sein.
solche fragen nach der welt und ob sie im mittelpunkt steht, waren wahrscheinlich nicht nur ziemlich egal, sondern jeder konnte sehen, dass die sonne und der mond um die erde kreisen.
es gab keine bilder vom weltall. sternsysteme, star trek, bücher mit fotos vom hubble-teleskop…dinge, die unsere phantasie heutzutage unglaublich bereichern und uns eine gute vorstellung von dem geben, was da oben los ist - SOWEIT UNSER WISSEN REICHT.
so wie die menschen heute dem gebildeten glauben, glaubten sie früher dem gebildeten. und so wie es heute die gibt, die sagen, es ist so, gab es diese auch früher. und es kam dann wahrscheinlich auf die zeit und den ort an und vor allem, wer es sagte, inwiefern das laut ausgesprochene wort über wissenschaft erlaubt war.
Guten Tag.
Warum hat sich das geozentrische Weltbild so lange gehalten?
Sicher auch deshalb, weil es praktisch ist - man kann auch einem Dreiviertelblöden noch zeigen, dass die Sonne „über den Himmel wandert“ - und weil es für die meisten Menschen früherer Zeiten auch völlig Humpe war, wer sich um was dreht. Wenn im meinetwegen 15.Jh. ein Bäuerlein einmal im Jahr auf die Kirmes in der benachbarten Kleinstadt ging und sich sonst ausschließlich im Umkreis von ein paar km seines Ackers bewegte, brauchte er für sein gesamtes Leben keinerlei Wissen über die tatsächlichen Verhältnisse. Und die schwierigeren Verhältnisse der Wirklichkeit hätte ein so gut wie völlig ungebildeter Mensch auch gar nicht verstehen können.
Gruß Eillicht zu Vensre
Hallo,
ich würde spontan sagen, es hat sich genau so lange gehalten, wie keine geeigneten Instrumente vorhanden waren, etwas anderes zu zeigen. Aus unserer Warte dreht sich ja auch alles um uns, so wirkt es auf uns, daher ist es nicht besonders verwunderlich, daß man das glaubt. Dazu kommt noch der Glaube, der Mensch sei die Krone der Schöpfung und der gottgewollte Mittelpunkt des Universums - das passt ja schön zusammen.
Gruß
Moriarty
Warum hat sich das geozentrische Weltbild so lange gehalten?
Ging das nur von der Kirche aus
Hallo
Einfache Antwort: ja.
Die Entwicklung bauchbarer Fernrohre hat natürlich viel zur Wissenschaft beigetragen
Es gab zwar mindestens schon mal einen Griechen, der vor Christus schon mal was anderes sagte, und viele mittelalterliche Wissenschaftler waren gegen das geozentrische Weltbild, aber die Kirche war anderer Meinung und wollte vor allen Dingen die eigene Meinung als Lehrmeinung.
Man kann viel bei Wikipedia lesen da bei Kopernikus, Galileo Galilei, Kepler und Aristarchos von Samos.
MfG
Matthias
Warum hat sich das geozentrische Weltbild so lange gehalten?
Weil es bis zur Formulierung der Newtonschen Axiome keinen Grund gab, Inertialsysteme zu bevorzugen. Das Ruhesystem der Erde mit dem Mittelpunkt der Erde im Ursprung ist ein so naheliegendes und nützliches Bezugssystem, dass es auch heute noch nahezu ausschließlich verwendet wird, wenn es darum geht, Bewegungen auf oder in der Erde zu beschreiben. Dass dieses Bezugssystem für die Beschreibung der Himmelsmechanik nicht mehr die erste Wahl sein soll, ist ohne Kenntnis der Newtonschen Mechanik alles anderes als offensichtlich.
Stimmt!
Nicht zu vergessen ist Tycho Brahes Weltbild: Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn kreisen um die Sonne, die ihrerseits die Erde umkreist. Von einem rein kinematischen Standpunkt aus kann man nicht entscheiden, ob Brahe oder Kopernikus das „richtige“ Weltbild vertritt.
Etwas anders sieht es mit Ptolemaios aus, bei dem die Venus der Erde immer näher ist als die Sonne. (Die Sonne steht also nie zwischen Venus und Erde). Weil aber die Sonne am Tag die Venus immer überstrahlt, konnte man nicht beobachten, dass die Venus manchmal tatsächlich „hinter“ der Sonne vorbeizieht.
Michael
Warum hat sich das geozentrische Weltbild so lange gehalten?
Ging das nur von der Kirche aus oder spielten auch andere
Einflüsse eine Rolle?
Im Wesentlichen ja, sie hatte schließlich die Deutungshoheit über alles. Damit soll ihr kein (ideologischer) Vorwurf gemacht werden, schliesslich wusste, kannte man es ganz allgemein nicht besser, man konnte es auch nicht beweisen! Erst mit Galilei und besonders mit Newton hatte man Beobachtungen und Gesetze an der Hand, die das kopernikanische Weltbild beweisen konten. Bedenke: Kopernikus hat all das nur vermutet, er konnte es nicht beweisen!
Das es sich so hartnäckig gehalten hat, liegt vielleicht auch an Aristoteles - einer der größten Autoritäten damals! - der andere der „Gotteslästerung“ geziehen hatten (war es Aristarch?), weil sie das heliozentrische Weltbild postuliert hatten.
Im Übrigen war meines Wissens die flache Erde nie ein Postulat der Kirche.
Laika
Hallo,
soweit ich weiss glaubt auch heute noch ein beträchtlicher Teil der Erdbevölkerung an eine flache Erde - schliesslich spricht die Anschaung dafür. Ohne eine Vorstellung von Schwerkraft (die es damals garnicht gab) ist es auch logisch, dass die Menschen auf der Unterseite mit dem Kopf nach unten hängen müssten oder gleich ganz herunterfallen. Und dann macht der Rest der Heliozentrik auch nicht viel Sinn.
Gruss Reinhard
Etwas anders sieht es mit Ptolemaios aus, bei dem die Venus
der Erde immer näher ist als die Sonne. (Die Sonne steht also
nie zwischen Venus und Erde). Weil aber die Sonne am Tag die
Venus immer überstrahlt, konnte man nicht beobachten, dass die
Venus manchmal tatsächlich „hinter“ der Sonne vorbeizieht.
Ich weiss nicht, wann der erste Venusdurchgang beobachtet wurde. Grundsätzlich war es zur Zeit Ptolemaios mittels der Camera Obscura bereits möglich zu erkennen, ob die Venus von der Erde betrachtet vor oder hinter der Sonne durchzieht.
Gruß
Die Kirche bekämpfte das heliozentrische Weltbild zwar lange, doch kann man ihr nicht die Alleinschuld am langen Durchsetzungsvermögen des geozentrischen Weltbildes geben. Das sich die Erde um die Sonne drehen soll war schlicht nicht anschaulich. Die Menschen sahen die Sonne auf- und untergehen und schlossen daher, daß sich die Sonne um die Erde bewegen müßte. Das dies nur eine optische Täuschung ist, die eben durch die Erddrehung bedingt ist, war weder einfach zu erklären geschweige denn zu beweisen. Da man lange an Kreisbahnen für die Planeten glaubte lieferte das geozentrische Modell für die Erklärung der Beobachtungen kaum bessere Ergebnisse als das heliozentrische. Erst Keplers Entdeckung, daß sich die Planeten auf Ellipsen bewegen, löste die vermeintlichen Ungerereimtheiten beim heliozentrischen Modell auf. Und erst durch die Erkenntnis, daß sich große Luft- bzw Meeresströmungen nicht gradlinig sondern in großen Wirbeln bewegen, lies sich die Erddrehung letzlich zweifelsfrei beweisen. Spätere Erkenntnisse (etwa eine einfache Beobachtung der Drehung des Sternhimmls am Nordpol bzw das Foucault-Pendel) standen ja erst später zur Verfügung. Nicht zuletzt wurde das heliozentrische Weltbild aber auch von einigen namhaften Wissenschaftlern erbittert bekämpft. So zählte paradoxerweise Tycho Brahe, der mit seinen umfangreichen Messungen das Datenmaterial für Kepler lieferte, zu den größten Feinden des heliozentrischen Weltbildes. Auch wenn wir letzteres heute in erster Linie mit Kopernikus verbinden, so hat Aristarch von Samos bereits im 3. Jahrhindert vor Christus das heliozentrische Weltbild in Alexandria in einer Abhandlung veröffentlicht. Durch Messungen war es ihm nämlich gelungen die Größe von Erde, Mond und Sonne annähernd zu bestimmen. Und das der lächerliche Zwerg Erde die Sonne um eine Bahn zwingen soll, das erschien ihm schlicht abwegig. Doch setzten sich zunächst die Vermutungen von Ptolemäus und- seltsamerweise - Aristoteles durch. Letzterer war eigentlich ein miserabler Mathematiker und so erscheint seine Dominanz über fast 2000 Jahre kaum nachvollziehbar.
Hallo!
Durch Messungen
war es [Aristarch] nämlich gelungen die Größe von Erde, Mond und Sonne
annähernd zu bestimmen.
Weißt Du, wie? Das würde mich echt brennend interessieren. Wie man die Größe der Erde einigermaßen bestimmt, weiß ich. Um die Größe der Sonne zu ermitteln, braucht man erst einmal den Abstand Erde-Sonne. Meines Wissens wurde der erst um 1800 n. Chr. vermessen.
Michael
Hallo!
Um die Größe der Sonne zu ermitteln, braucht man erst einmal den
Abstand Erde-Sonne. Meines Wissens wurde der erst um 1800 n.
Chr. vermessen.
http://de.wikipedia.org/wiki/Aristarc…
Er lag zwar ziemlich weit daneben, aber der philosophische Ansatz war schonmal nicht schlecht.
Gruß
Torsten