Warum hinterm Berge ne andere Sprache?

ja, wie geht das eigentlich?

Warum hinterm Berge ne andere Sprache/ein anderer Dialekt?

Saarland?
Hallo Dirk,

da wo ich herkomme ist das so. Ein HĂŒgel - ein Tal, ein Dorf und ein anderer Dialekt und dann auch noch der Übergang mit diversen aussprachlichen Verschiedenheiten zwischen Lothringisch/SĂŒdsaarlĂ€ndisch (das wo ma im FĂ€nnseh sieht) und MouselfrĂ€nkisch/Eifelanisch (datt wo ma nett ömm FĂ€nnseh sitt).

Dazu der Effekt 500 Personen im Telephonbuch und 3 Familiennamen.

Gruß

Stefan

Das ist mal sehr interesant, besonders das mit den nur 3 Familiennamen.

lass mich noch meines hinzufĂŒgen:

Du:
Lothringisch/SĂŒdsaarlĂ€ndisch (das wo ma im FĂ€nnseh sieht) und
MouselfrÀnkisch/Eifelanisch (datt wo ma nett ömm FÀnnseh sitt).

Ich:
Berlin: laß uns ma inne glotze kiecken, wat so looft, wenn nischt iss, mach se aus!

ja aber warum nur? Die kommunizieren doch miteinander (?) und irgendwann muss doch auch dort (
) es mal zu RevierkĂ€mpfen gekommen sein, das beispielsweise der Ältere sich einen anderen Wohnort suchen musste


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Warum hinterm Berge ne andere Sprache/ein anderer Dialekt?

Hallo, Dirk,
vielleicht ist es Deiner geschĂ€tzten Aufmerksamkeit entgangen, aber wir haben fĂŒr „Dialekteund Mundarten“ ein eigenes Brett. Dort wurde Deine Frage bereits mehrfach diskutiert, was im Archiv nachzulesen ist und die FAQ:189 bzw FAQ:950 beziehen sich ebenfalls auf Deine Frage.
Gruß
Eckard

oh verzeihung, das hab ich dann wohl schlecht recherchiert. ich schau mal rein

Servus Dirk,

wenn ich mir mal unsere fremdsprachigen Nachbarn anschaue:

Frankreich: Weder im Elsass noch in Lothringen gibt es eine Grenze der Sprachen, die topographisch definiert ist wie die Staatsgrenze ĂŒber weite Strecken. Eher in Lothringen, aber das ist eine moderne Erscheinung - dort gab es vor 1945 rein deutschsprachige Dörfer, mit den entsprechenden Folgen fĂŒr ihre Bewohner.

Letzebuerg: Auch hier sind die Staatsgrenzen relativ gut topographisch definiert, aber es ist umstritten, ob „hinterm Berg“ ĂŒberhaupt eine andere Sprache gesprochen wird, oder ob es sich um einen moselfrĂ€nkischen Dialekt handelt.

Belgien: Auch hier gibt es deutschsprachige Siedlungen im Nachbarland. Hat hier aber auch damit zu tun, daß die Grenze nicht besonders deutlich topographisch definiert ist. Im Hohen Venn bei Nebel z.B. verlĂ€uft sie mĂ€ander- und kreisförmig


Niederlande: Ebenfalls keine besonders prÀzise topographische Grenzziehung, und zumindest was das Friesische betrifft, gibts entsprechende Sprachinseln in D

DĂ€nemark: ZahlenmĂ€ĂŸig starke dĂ€nische Bevölkerung in D und deutsche Bevölkerung in DK

Polen, Tschechische Republik: Dieses sind SonderfĂ€lle - zusammen mit einer topographisch ziemlich klaren Grenzziehung gibt es auch eine klare „Sprachscheide“, aber erst seit ganz kurzen. Eine moderne, politisch motivierte Sache, die nicht per Sprachentwicklung begrĂŒndet werden kann.

Ungarn: Trotz entsprechender AufrĂ€umversuche nach 1945 ist die deutsche Sprache in Ungarn nicht gĂ€nzlich verschwunden - ich meine nicht bloß die Batschka, sondern auch grenznahe Sprachinseln.

Italien: Auch hier politische Grenzen, die sowohl topographisch als auch sprachlich fließend verlaufen. In SĂŒdtirol gibts gleich zweimal nicht-Italienischsprachiges: Deutsch und Ladin.

In der CH verlĂ€uft die Grenze zwischen deutschem und französischem Sprachraum am „Röstigraben“ ziemlich klar, aber auch hier hats Vermischungen. Vgl. die stĂ€ndigen Frotzeleien, wenn ein Zugbegleiter „Delsberg“ und „Neuburg“ ausruft, weil einmal wieder drĂŒber gestritten wird, ob der Bahnhof von Fribourg ein- oder zweisprachig zu beschildern sey.

Wobei an der Stelle, wo es vergleichsweise heftig ĂŒber den Berg geht, nĂ€mlich bei Le Locle, eintrĂ€chtig auf beiden Seiten des Passes Französisch gesprochen wird, obwohl dort auf der französischen Seite des Passes eine gute Weile lang fast keine Siedlungen sind. Auch der Doubs, obwohl erst seit kurzem ganzjĂ€hrig gut ĂŒberquerbar, bildet keine Sprachgrenze.

Fazit: Die These „Hinterm Berge spricht man eine andere Sprache“ darf, meine ich, mit einem Fragezeichen versehen werden. Die Grenzen zwischen Dialekten scheinen mir lokal fast mehr topographischen Gegebenheiten zu folgen, als diejenigen zwischen Sprachen.

Schöne GrĂŒĂŸe

MM
der vor zehn Tagen die letzten Gruschele (= groseilles) geruppt hat

Hallo Fragewurm,

oh verzeihung, das hab ich dann wohl schlecht recherchiert.
ich schau mal rein

Allerdings betreffen einige Punkte in der FAQ, speziell Deutschland.
Hier in der Schweiz wurde und wird Dialekt nie unterdrĂŒckt oder als minderwertig betrachtet, das ist eine deutsche Eigenart.

Weiterhin darf man nicht vergesen, dass noch vor 100 Jahren die meisten Leute selten in ihrem Leben, wenn ĂŒberhaupt, aus ihrem eigenen Dorf herausgekommen sind. Meist beschrĂ€nkten sich Reisen auf die direkten Nachbardörfer und vielleicht aus verwaltungstechnischen GrĂŒnden mal in die entsprechende Haupt- oder Bezirks-Stadt.

Geheiratet wurde ĂŒblicherweise auch nur innerhalb der direkten Umgebung. Zudem zogen die Frauen meist ins Dorf ihres Mannes. Deshalb auch die TelefonbucheintrĂ€ge mit nur drei Familiennamen fĂŒr ein ganzes Dorf.

Hier in der Schweiz verflachen heute die Dialekte aber dadurch, dass die Leute mobiler sind als frĂŒher. So vor 50 Jahren konnte man noch noch an der Sprache einer Person bestimmen in welchem Dorf er aufgewachsen war, heute funktioniert das nicht mehr so exakt, meist kann man nur noch die Region oder Stadt bestimmen.

In meiner Heimatstadt Basel gab es frĂŒher 3 unterschiedliche Dialekte:

  1. Taig, welcher von der Oberschicht, oder denen welche sich dafĂŒr hielten, gesprochen wurde.
  2. Plebs, der vom „gemeinen Volk“ gesprochen wurde.
  3. Zudem hatte das Kleinbasel, auf Grund seiner etwas anderen Entwicklung (das Kleinbasel gehört erst seit rund 500 Jahren zu Basel und war vorher Besitz von Herren und Bischöfen aus dem heutigen Deutschland) noch einen eigenen Dialekt. Aber schon in meiner Kindheit wurde dieser nur noch von wenigen alten Leuten gesprochen.

Aber durch die Durchmischung verflacht das ganze heute zusehends. Auch ich, obwohl in Basel aufgewachsen und die meiste Zeit meines Lebens hier in der Region ansĂ€ssig, spreche kein reines Baseldytsch. Mein Vater ist aus Basel und auch hier aufgewachsen, aber meine Mutter stammte aus dem Aargau, somit bin ich schon „Zweisprachig“ aufgewachsen.

MfG Peter(TOO)

vielleicht ist es Deiner geschÀtzten Aufmerksamkeit entgangen,

Servus Eckard,
wieso ist die Aufmerksamkeit ‚geschĂ€tzt‘? Oder ist diese Frage dann auch mehr ein Thema fĂŒr das ‚deutsche Sprache‘-, oder gar ein Philosophie-Forum?

Kai