Warum lernt man im Deutschunterricht wie man Gedichte analysiert?

Das werde ich doch nie mehr im Leben gebrauchen können. Sollten wir nicht lieber Lernen wie man Bewerbungen, Protokolle und wissenschaftliche Arbeiten schreibt?

Hi,

naja, (noch) ist die Schule ja nicht dazu da, widerstandsfei funktionierende Automaten zu produzieren, sondern selbständige Menschen. Und sie konfrontiert sie mit vielen Dingen, die es in der Welt gibt, damit der mehr oder wenige kleine Zwerg / Mensch ein Bild davon bekommt, was ihn / sie erwartet und auch etwas über sich selbst lernen kann: was mag ich, was kann ich, wie weit komme ich durch Anstrengung, wie unterscheidet sich ein Erfolg, der mir in den Schoß gefallen ist, von einem, für den ich kämpfen musste? Lohnt sich kämpfen?
auch denken lehrt dich die Schule, sie lehrt dich, eine eigene Meinung zu formulieren, fundiert auf Fakten, anstatt auf der Meinung der Stammtischkumples, fundiert auf einer breiten, statt einer schmalen Basis.
Der Deutschunterricht bringt Dir auf vielen Wegen bei, was man mit Sprache alles machen kann. Kriege beginnen und beenden, Beziehungen starten und beenden, Gefühle vermitteln und erleben. Indem wir uns mit Sprache beschäftigen, lernen wir, wie wir mit ihr Einfluss auf andere (und andere einfluss auf uns) ausüben - im positiven und negativen Sinn.
Besonders Gefühle per Sprache vermitteln lernen wir, wenn wir uns mit Poesie (= Gedichte) beschäftigen. Das brauchst Du auch beim Bewerbungen schreiben. Natürlich knn man Dir einfach versuchen einzutrichtern, dass es richtig ist, das Bewerbungsschreiben z.B. mit „Sehr geehrte Damen und Herren,“ zu beginnen. Wenn Du aber nicht verstehst und selber fühlst, warum das geschickter ist als „Ey Alda“, dann wird Dein dann vermutlich 16jähriges pubertierendes Ich denken „Fuck that, ich geh heim.“ Hast Du ein Gefühl für Sprache zumindet ansatzweise entwickelt, also den Sinn für bestimmten Stil in bestimmten Situationen, reicht Dir ein Handbuch, wenn es ernst wird.

die Franzi

Das stimmt nicht wirklich.
Ich fand es als Schüler auch ätzend, habe aber mehr intuitiv die Essenz begriffen und war entsprechend „gut“ darin.
Es werden grundsätzliche analytische Fähigkeiten trainiert und das Hinterfragen von Aussagen. Auch das „zwischen den Zeilen lesen“.
Man muss ich nur darauf einlassen und in den Alltag einbinden.
Letzters wird in der Schule nicht wirklich unterstützt. Es birgt eine gewisse Brisanz, die den Regierenden nicht gefallen kann.
Es wendet tatsächlich ja auch kaum ein „Otto-Normalo“ an. Es könnte ja anstrengend sein.
Man bewertet die „Nachrichten“ in den Medien und Politikeraussagen dann ganz anders.

Das allerdings. Wobei das Schreiben wissenschaftlicher Arbeiten eher erst ab der Oberstufe aktuell wird und auch nur einem kleineren Kreis nützlich ist.
Analysefähigkeit ist dann aber auch wieder gefragt… :slight_smile:

Das lernt man in der Schule auch. Haupt-/ Realschüler lernen vor allem das mit den Bewerbungen, Gymnasiasten das mit Protokollen und wissenschaftlichem Arbeiten.

Servus,

es wird noch eine ganze Weile innerhalb von D nützlich sein, wenn man auf Deutsch Gesagtes und Geschriebenes gut versteht: Das lernst Du mit der Analyse von Texten, einschließlich Gedichten.

Bis eine deutliche Mehrheit der in D lebenden Leute keine deutschen Muttersprachler mehr sein werden, vergehen noch einige Jahrzehnte. Dann wird Deutsch ganz auf das technische Geklapper reduziert sein, das Du gerne ausschließlich lernen möchtest (was Dir übrigens schon bei der ersten Bewerbung ziemlich schlechte Karten bringt). Bis hin ist es ein wenig umfangreicher als Sprache, und Du tust gut daran, es zu verstehen.

Schöne Grüße

MM

Zusätzlich dient Schule der Allgemeinbildung.
Und das Schreiben von „Bewerbungen, Protokollen und wissenschaftlichen Arbeiten“ kann man im Rahmen von Deutsch, Naturwiss. Unterricht (Physik, Bio., Chemie) durchaus lernen. Wobei sich das dort Gelernte auch auf der Höhe der Zeit bewegen sollte…

mfg M.L.

Hallo,

habe ich mich vor fast 40 Jahren auch schon gefragt (Bildung in Deutschland hat sich kaum weiterentwickelt - meine Tochter hat mich das Gleiche vor wenigen Tagen auch gefragt).

Tatsächlich habe ich danach nie wieder Gedichte lesen oder gar analysieren müssen.
Referate zu Büchern fand ich wesentlich interessanter und sinniger, damit übt man auch Zusammen zu fassen. Das ist z.B. auch bei wissenschaftlichen Arbeiten durchaus nützlich.

Hilft Dir aber nicht, Du musst da noch durch. Und Dir verm. in 20 Jahren die gleiche Frage von deinen Kindern stellen lassen.

Gutes Durchhalten, Paran