Warum sind Tierkinder direkt nach der Geburt scheinbar weiter entwickelt als Menschenkinder?

Wir waren vor kurzem spazieren und haben mit den Kindern eine Schafherde gesehen. Dabei konnten wir beobachten wie ein Schaf gerade ein Junges zur Welt gebracht hat. Bei der Geburt hat die Mutter nicht geschrien, sondern hat das kleine Lamm fast „im Laufen“ verloren. Ein paar Minuten nach der Geburt ist das Lamm aufgestanden und hat getrunken. Zwei Tage danach als wir die Herde nochmal besucht haben sahen wir, wie es schon Gras gefressen hat.

Hier deshalb meine Frage:
Haben Schafe keine Wehen? Oder sind diese nicht so stark?
Warum können wir Menschen nicht gleich nach der Geburt krabbeln (Laufen wäre wg. der koordination zu schwer, das ist klar)?
Warum kommt der Mensch ohne Zähne auf die Welt?

Kurz und knapp: Warum kommt der Mensch als „hilfloses“ Wesen zur Welt, wenn der Mensch ja eigentlich lt. Evolution so viel weiter entwickelt ist, als die Tiere?

Hallo

auch Lämmer kommen ohne Zähne zur Welt. Ich glaube so ziemlich alles Säugetiere, das wäre sonst mit dem Säugen nicht so toll für die Mutter.
Zu deinem letzten Satz: Der Mensch hat durchaus auch primitive Seiten - zb hat er noch die Fünfgliedrigkeit an allen Extremitäten. Das sich sein Hirn so stark entwickelt hat, ist schlussendlich auch nichts anderes, als eine Spezialisierung, die nützlich war und sich deshalb weiter entwickelt hat - vergleichbar mit dem Rüssel eines Elefanten oder einer Walfluke.

Zum Nachwuchs:
Grundsätzlich gibt es Nestflüchter und Nesthocker in jeweils diversen Ausprägungen
Nestflüchter sind so ziemlich alle Huftiere. Das sind Tiere, die viel in Bewegung sind und oft sehr viele Feinde haben. Das Jungtier muss so ziemlich gleich nach der Geburt mit den Alten mithalten können. Ausnahmen sind zB Rehe, deren Jungen die meiste Zeit allein im Versteck sind und nur selten von der Mutter aufgesucht werden, trotzdem sind sie Nestflüchter. Auch Wale müssen Nestflüchter sein, sie können ja nicht irgendwo unter Wasser in einem Versteck sitzen.

Nesthocker sind zb Hunde, Katzen, Bären, Nagetiere, Insektenfresser etc. deren Junge sind oft blind und mitunter haarlos sind. Die sitzen im Versteck/Bau und warten auf das gelegentliche Auftauchen der Mutter. Da sie sehr früh geboren sind, ist auch viel häufiger Platz für Mehrlinge.

Und dann gibt es noch die Traglinge. Der Mensch ist ein sog. „Tragling“ - wie die meisten anderen Primaten auch. Oft können sich die Kleinen nach der Geburt auch selber festhalten, sind dann aktive Traglinge - aber der Mensch kommt für einen Primaten tatsächlich unreif zur Welt und ist deshalb ein passiver Tragling.

Und warum? Der aufrechte Gang, der den Menschen den freien Gebrauch der Hände ermöglichte und ihn wohl schlussendlich zum Menschen gemacht hat, hat einen massiven Nachteil: Durch das völlig verformte Becken passt kaum noch ein Kind durch. Das sehr unreife Kind ist ein Kompromiss: Es ist gerade noch möglich eine schon lebensfähige Frühgeburt (unter grossen Problemen) zur Welt zu bringen. Vierbeiner haben da wenig Probleme und manche Tiere gebären tatsächlich „fast nebenbei“.

Gruss, Sama

Weil er’s kann.

Der Mensch kann ein Baby tragen. Das kann ein Schaf nicht. Und der Mensch braucht weniger Zeit fürs Essen, hat demnach mehr fürs Kind.

Macht auch wenig Sinn. Nur weil z.B. Pferde nicht schreien, heisst es nicht, dass sie schmerzfrei sind.

Das Frauen sich zur Geburt auf den Rücken legen und in anatomisch unsinniger Verrenkung Kinder unter Schmerzen gebären ist auch Folge unserer Hybris.

Ziel ist ja nicht, möglichst schnell und viel Nachwuchs zu bekommen, sondern möglichst „fitten“ (deutsch: angepassten). Und im nächsten Frühjahr schon selbstständig gehört nicht dazu.

Bei allen Gebärenden wird der Nachwuchs geboren, wenn er so gerade noch durch den Geburtskanal passt … Auch Schafe/Ziegen/Kühe/Pferde haben Schmerzen bei der Geburt -aber sie haben keinen Schmerzlaut, weil das sofort Säbelzahntiger und andere Jäger auf den Plan rufen würde, die Mutter&Kind auffressen - deswegen dürfen sich nur Jäger Schmerzlaute erlauben …

Menschen werden im Sinne der Körper-/Gehirnentwicklung ca 1 Jahr zu früh geboren - nur würden sie halt später schlichtweg nicht mehr durchpassen …

Gruß h

Zunächst einmal gibt es die Theorie, daß die Menschenkinder ungefähr drei Monate zu früh geboten werden, was eine Folge der Kopfgröße und damit der Gehirnentwicklung ist - d.h. fertige Kinder würden nicht mehr durch den Geburtskanal passen. Der Neandertaler brachte seine Kinder hingegen nach 12 Monaten zur Welt, wie zumindest einige Forschungen belegen. Für diese Theorie spricht weiterhin, daß viele Menschenkinder dazu neigen, in den ersten drei Monaten sehr viel zu schreien, was man wiederum darauf zurückführt, daß sie die neuen Umwelteindrücke mangels ausgebildetem Gehirn nicht verarbeiten können. Nicht selten hört die Schreierei mehr oder weniger auf den Tag genau drei Monate nach dem errechneten Geburtstermin mehr oder weniger schlagartig auf.

Zum Thema Hilflosigkeit: Menschenkinder können sich das erlauben, wie schon geschrieben wurde. Wenn man sich anschaut, was Menschenkinder in den ersten Monaten und Jahren an Fertigkeiten erlangen, kann man schnell zu dem Ergebnis kommen, daß der unfertige Mensch ein Kompromiß ist. Er kann am Anfang weder motorisch noch kognitiv etwas nennenswertes leisten, macht aber in allen Bereichen sehr schnell erhebliche Fortschritte und hat nach einem Jahr praktisch alle Tieren in fast allen Bereichen überholt. Laufen, fressen und die Eltern am Geruch erkennen zu können, ist halt nicht alles.

Gruß
C.

Bei Peter Wohlleben: „Das geheime Leben der Bäume“ schreien sogar letztere: „… , dann fangen die Bäume an zu schreien.“ (S. 49).

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Je höher entwickelt ein Wesen ist, desto hilfloser ist es bei der Geburt. Das am höchsten entwickelte Lebewesen braucht daher die längste Brutpflege.

Ich habe Schlupfwespen beim Schlüpfen zugesehen. Sie haben ein paar Sekunden gebraucht, bis sie sich orientiert und ihre Flügel geputzt haben, dann haben sie ihren Geschwistern, die der Reihe nach aus den Eiern kamen, geholfen und sie qasi herausgezogen aus der Hülle. Und dann sind sie durchs Fenster davongeflogen.
Kein Vater, keine Mutter hat sie mit Futter versorgt und sie das Fliegen gelehrt, Niemand hat auf sie aufgepasst, sie waren vom ersten Moment an ganz auf sich allein gestellt.
Wie lang es zur Geschlechtsreife braucht, weiß ich nicht, aber hilflos waren sie definitiv nicht.

Wie gesagt: Je primitiver ein Tier, desto weniger Brutpflege braucht es. So haben wir es zumindest in der Schule gelernt, und die Beobachtungen scheinen es zu bestätigen.