Hi J,
die Beiträge der Kollegen würde ich noch gerne aus der Studio-Sicht erweitern wollen.
Bei der Produktion einer CD hast Du grundsätzlich fast alle Faktoren unter Kontrolle (bis auf den künstlerischen Input natürlich)… Du kannst durch die Wahl der Mikros, der Preamps, der Kompressoren, EQs, ja sogar durch die Wahl der Kabel (Qualität und Länge) den Sound beeinflussen.
Danach kannst Du Lautstärken, Frequenz und Raumzuweisungen, Klang und Dynamik solange bearbeiten, wie es nötig ist, Es ist sogar möglich sogenannte „Automationen“ zu fahren, die es Dir ermöglichen auch die kleinsten Veränderungen auf die Millisekunde IMMER genau so und nur so zu beeinflussen.
Im täglichen Livegeschäft unterliegst Du als Mixer vielen anderen Einflüssen. Du kannst den Raum nicht umbauen, dass er so klingt, wie Du es gerne hättest… in der einen Location klingt Dein Setup „Bombe“ im anderen funktioniert es gar nicht… Gerade im Festival-Betrieb mit vielen Line-Changes (also unterschiedliche Bands mit unterschiedlichen Instrumentierungen, Gesängen, Instrumenten, Loops etc.) fehlt schlicht weg die Zeit, um einen CD-Sound zu kreieren.
Dazu kommt, dass CD noch im Mastering auf „Hochglanz“ poliert werden, also NACH dem Abmischen wird die CD als Gesamt-Klangwerk noch mal bearbeitet, um ein Top-Produkt zu erhalten. In der Regel ist eine CD durch viele Ohren geflogen, die möglichst viele Fehler ausbügeln. Im Live-Betrieb hast Du nur einen „Take“ als Musiker, aber auch als Tonmann.
Dazu kommt, dass der Mischer live sehr davon abhängig ist, dass die Band „an sich gut klingt“ - „Das Mischpult ist kein Klärwerk“ - Das ist im Studio ein bisschen anders, hier kann man mit viel Zeit und viel Know-How auch aus Dreck eine Menge noch Zaubern.
Ich weiss nicht, was genau Dein Anlass der Frage ist, ob Du Sänger bist und mit Deinen Konzerten unzufrieden oder Du Dich als Besucher „immer“ über dieses Phänomen wunderst…
Wenn Du Sänger/Musiker bist, kann ich Dir raten, SPARE NICHT am TECHNIKER. Wenn Du Deinen Top-Gig des Jahrhundert spielst und es hört keiner, hat sich die ganze harte Arbeit nicht gelohnt.
Keep on groovin’