Warum 'wirkt' Glaube?

Hi Polli,

warum hast Du dann von zusammendichten gesprochen?

Weil ich die Wissenschaften und vor allem die Hirnforschung im Sinne Nietzsches und anderen Philosophen für eine große (positive!) DICHTUNG halte.

Dann nimm die Begriffe „Selbst“ oder „Ganzheit“ (Konstrukte),
ist evtl. besser.

Der beste Begriff ist IDENTITÄT, weil er alles umfasst: Körper, Seele, Geist.

Was ist das? Wenn der Onkel Doktor nicht nur meinen
Gallenstein behandelt, sondern mich auch sonst wie ein Mensch
behandelt? Wenn in der Sauna Klimpermusik von einem
traditionellen chinesischen Saiteninstrument erklingt und es
nach Wiese riecht?

Ja, du erhältst dadurch einen Respekt deiner Person und ein gutes LEBENSGEFÜHL!!!

Gruß
C.

Hallo,

gehen wir die Sache mal anders an. GLAUBE ist der falsche Ausdruck für das, was gemeint ist. Viel eher trifft es „Vertrauen“. Aber eben Vertrauen in sich selbst und das ganz eigene Gefühl, das etwas helfen kann. Ich vertraue keinem Arzt. Aber ich akzeptiere seine Meinung. Und vertraue mir, das diese Meinung richtig ist bzw. das ich diese Meinung als richtig einschätze. Ich bekomme ein Medikament, dieses wirkt. Super! Habe ich deswegen den Glauben an die Wirksamkeit des Medikamentes? Genauso kann das mit Handauflegen, Heilsteinen oder vielleicht auch Homöopathie sein. Ich muß nicht einen Glauben daran haben, ich muß mir vertrauen das meine Entscheidung richtig ist, die Krankheit etc. ebenso anzugehen. Dazu ist dem Menschen die Vernunft gegeben worden. Natürlich kann man sich auch irren und das Medikament (oder Heilmethoden) wirken nicht oder nicht wie erhofft. Habe ich analog dann den GLAUBEN daran verloren? Was kann ich etwas verlieren, was ich nie hatte?

Gruß
Selorius

Hallo,

ich glaube nicht, dass man behaupten kann, dass bei
NICHTGÄUBIGEN der Placebo-Effekt wirkt!

Glaubt ein Hund? Oder ein Pferd? Oder ein Säugling? Oder gar eine Maus?
Lies mal: http://www.scienceblogs.de/plazeboalarm/2010/07/bei-…
Selbstverständlich kann man das behaupten.
Gruß
loderunner

Hallo,

Dann nimm die Begriffe „Selbst“ oder „Ganzheit“ (Konstrukte),
ist evtl. besser.

Der beste Begriff ist IDENTITÄT, weil er alles umfasst:
Körper, Seele, Geist.

Nein. Nur, wenn Du ‚Identität‘ neu und anders definierst. Lies mal, was Konsens ist: http://de.wikipedia.org/wiki/Identit%C3%A4t
Gruß
loderunner

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Hi Selorius,

GLAUBE ist der falsche
Ausdruck für das, was gemeint ist. Viel eher trifft es
„Vertrauen“.

Für mich ist dieser Begriff ambivalent, denn ob ich einem anderen Menschen oder mir selbst vertraue - genau das sagt ja auch der Begriff GLAUBE: Ich glaube an einen Arzt oder an ein Medikament oder an einen Heilstein usw… oder, was aus meiner Sicht vernünftiger wäre, an sich selbst. Vertrauen ist vielleicht psychologisch besser ausgedrückt, weil spezieller!

Um die Frage des Vertrauens oder wie ich sagte, Glaubens, zu erforschen, müsste man meines Erachtens sehr viel tiefer gehen als David Hume.

Man müsste Frage zum Beispiele, was Gefühle und Gedanken überhaupt sind, wie sie entstehen usw. Angenommen, jeder Mensch hätte so etwas wie ein SELBSTGEFÜHL, das von der Zeugung bis zum Tode dasselbe bleibt als „absolute Identität“ hinter sämtlichen Strukturen und Erscheinungen, und das Baby entwickelt im Laufe seines Lebens durch sein SELBSTBEWUSSTSEIN immer mehr Einsichten in die Welt und in sich selbst, dann wäre auch das Vertrauen in das Leben, andere Menschen und sich selbst - sozusagen von innen nach außen - erklärbar.

Aber das ist natürlich keine Wissenschaft. Es wäre nur ein Konstrukt des eigenen Selbst, aber man könnte meines Erachtens sehr viel besser begreifen, warum Glaube bzw. Vertrauen überhaupt „wirkt“.

Gruß
C.
PS: Vielen Dank für den erkenntnisreichen Beitrag!

Hi loderunner,

zunächst scheint deine Argumentation einsichtig, hat aber meines Erachtens einen Haken.

Hunde und Mäuse, um in deinem Beispiel zu bleiben, haben in dieser Beziehung ja keinen eigenen Willen und keine eigene Entscheidungbefugnis wie wir Menschen, den Versuch zu einem (nicht gewussten!) Placebo auszuprobieren. Diese Versuchstiere werden sozusagen von uns Menschen vergewaltigt.

Das ist der wichtige Unterschied, wonach meine Aussage weiterhin gültig bleibt.

Gruß
C.

Lies

mal, was Konsens ist:
http://de.wikipedia.org/wiki/Identit%C3%A4t

IDENTITÄT ist das, was für die „Ganzheit“ des Menschen (Körper, Seele, Geist) steht, dehalb favorisiere ich auch diesen Begriff vor allen anderen!

Wikipedia gibt genau die Bestätigung, wie es schon Immanuel Kant vor über 200 Jahren wusste, in seinem weltbekannten philosophischen Hauptwerk „Kritik der reinen Vernunft“, als er „Identität“ mit Dieselbigkeit bzw. Einerleiheit verstanden wissen wollte.

Nichts anderes sage ich und sagt auch Wikipedia! Um es nach dem Fremdwörterlexikon (Duden) zu definieren, wird unter IDENTITÄT eine „Wesensgleichheit“ bzw. „vollkommene Gleichheit“ z. B. von verschiedenen Dingen (das interpretiere ich frei mit Körper, Seele, Geist) gesehen. Auch Kants Begriff „Einerleiheit“ versteht der Duden darunter.

Wie gesagt, ich favorisiere den Begriff „Identität“ vor allen anderen Begriffen!

Gruß
C.

Glaube ist etwas UNFASSBARES
Nachtrag zu vorigem Posting: In Bezug auf den Begriff Vertrauen vs. Glauben neige ich bei näherer Betrachtung zu der Auffassung, dass der Glaube universeller ist als „nur“ Vertrauen. Der Begriff „Glaube“ ist nur teilweise sehr negativ besetzt durch jahrtausendelange religöse Wahrheitsansprüche.

Aber wenn ich zum Beispiel nur der Wissenschaft vertraue, ist das eher ein oberflächliches Gefühl und nicht dasselbe Gefühl als wenn ich an die Wissenschaft leidenschaftlich glaube und mein ganzes Leben darauf ausrichte.

Auch wenn der islamistische Terrorist „Atta“ zum Beispiel für seinen Glauben bereit ist zu sterben, ist das weniger ein Vertrauen als vielmehr ein tiefer leidenschaftlicher Glaube an die einzige und absolute Wahrheit und Richtigkeit seines Handelns. Das ist deshalb so unbegreiflich, weil dieser Mann ja einen „logischen“ Hochschulabschluss hatte.

Vertrauen ist dagegen wahrscheinlich ein nicht so umfassendes, tiefgreifendes Gefühl, glaube ich. Glaube ist etwas für mich immer noch UNFASSBARES.

Gruß
C.

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Hallo,

Hunde und Mäuse, um in deinem Beispiel zu bleiben, haben in
dieser Beziehung ja keinen eigenen Willen und keine eigene
Entscheidungbefugnis wie wir Menschen, den Versuch zu einem
(nicht gewussten!) Placebo auszuprobieren. Diese Versuchstiere
werden sozusagen von uns Menschen vergewaltigt.

Und? Was genau ist der Unterschied zu einem Menschen, der in einer Doppelblindstudie ein Placebo bekommt, ohne zu wissen, dass es eins ist? Und woher soll ein Hund oder gar eine Maus, aber natürlich auch ein Säugling, erkennen können, was er da bekommt?

Zudem ist es doch völlig Banane für die Wirkung und den Glauben an eine, ob das moralisch verwerflich ist oder nicht.

Und was soll das eigentlich für eine Vergewaltigung sein, bei der der Vergewaltigte gar nicht merkt, dass er vergewaltigt wird und weder Zwang noch negative Auswirkungen bemerkt?

Das ist der wichtige Unterschied, wonach meine Aussage
weiterhin gültig bleibt.

Nein. Du ignorierst dabei alle Medikamentenzulassungsverfahren. Ist doch nicht erst seit gestern so, dass da Placebos verwendet werden. Ganz ohne Glauben des Patienten daran. Sogar, ohne dass der behandelnde Arzt es weiß.
Gruß
loderunner

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Hallo,

IDENTITÄT ist das, was für die „Ganzheit“ des Menschen
(Körper, Seele, Geist) steht, dehalb favorisiere ich auch
diesen Begriff vor allen anderen!

Hübsch. Das ist aber eben nicht die allgemein übliche Definition: „Beim Menschen bezeichnet Identität (lat. idem ‚derselbe‘, ‚dasselbe‘, ‚der gleiche‘) die ihn kennzeichnende und als Individuum von anderen Menschen unterscheidende Eigentümlichkeit seines Wesens.“

Wo genau steht denn, dass es auch um eine Seele geht? Und wer hat das Recht, überhaupt eine Seele zu postulieren? Und wo hast Du eigentlich die Unterscheidung von Seele und Geist her?

Ich nenne die Ganzheit übrigens ganz einfach ‚Mensch‘.

Wikipedia gibt genau die Bestätigung, wie es schon Immanuel
Kant vor über 200 Jahren wusste,…

Und Kant ist die Wahrheit? Warum nicht irgendein anderer Philosoph, vielleicht Marx, Engels, oder auch Kierkegaard? Am Ende sogar Popper? Wer entscheidet das? Ich bin übrigens der Meinung: Kant lag falsch. Und nun?

Versteh mich nicht falsch - ich möchte Dich damit gar nicht angreifen. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass es durchaus auch völlig andere Meinungen geben kann, die Deiner völlig gleichberechtigt sind. Denn letztendlich erklärst Du hier nur Deinen persönlichen Glauben.

Gruß
loderunner

Hi,

Zudem ist es doch völlig Banane für die Wirkung und den
Glauben an eine, ob das moralisch verwerflich ist oder nicht.

Ja du hast recht! So habe ich es nicht gesehen, will es aber nicht generalisieren, weil die Versuchstiere zu sonstigen medizinischen und kosmetischen Zwecke natürlich z. T. sehr leiden und nicht nach ihrem freien Willen handeln (ist ja auch ein natürliches Mitgefühl mit den Tieren).

Es müsste klar sein, dass Placebo „nur“ schadlos wirkt, also nicht eine Vortäuschung ist von etwas Positivem, obwohl dann danach unter Umständen Gesundheitsschäden entstehen.

Aber wäre das überhaupt ein Placebo?

Gruß
C.

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100% einverstanden o. w. T.

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Nachtrag
aber es ist immer noch nicht meine ursprüngliche Frage beantwortet. Ist aber mein Problem und hat mit den Beiträgen nichts zu tun. Alle Beiträge waren sehr nützlich, weil sie mir viele neue Einsichten vermittelt haben.

Vielen Dank dafür!

D. O.

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Hallo,

wenn ich an etwas glaube, dann muß ich mir nicht sicher sein. Glaube ich an etwas, so sehe ich trotzdem die Möglichkeit etwas Besseres zu finden. Also ist der Glaube an eine Sache allein nur eine kleine Möglichkeit der Findung. Bin ich jedoch überzeugt für mich das Richtige zu tun, gefunden zu haben, dann brauche ich nicht dran zu glauben, ich weiß es einfach! Und was interessiert mich der Gedankenfluß anderer? Lediglich als Inspiritation kann das dienen, als vielleicht auch Quelle neuer Erkenntnisse.

Klingt verschwurbelt, ist aber so!

Gruß
Selorius

Hi,

Bin ich jedoch
überzeugt für mich das Richtige zu tun, gefunden zu haben,
dann brauche ich nicht dran zu glauben, ich weiß es einfach!
Und was interessiert mich der Gedankenfluß anderer? Lediglich
als Inspiritation kann das dienen, als vielleicht auch Quelle
neuer Erkenntnisse.

Klingt verschwurbelt, ist aber so!

Sehr gut, das habe ich eigentlich auch gesucht! Überzeugung ist evtl. die absolute Gewissheit von Wissen, wie es zuerst Sokrates und danach zahlreiche andere Philosophen lehrten (zum Beispiel der deutsche lebende Ernst Tugendhat, Philosophieprofessor an der Universität Heidelberg oder der deutsche lebende Professor Manfred Frank von der Universität Tübingen und andere).

Dass ist glasklar deutlich ausgedrückt und leuchtet mir sofort ein. So wäre eine Überzeugung also gar kein (nur oberflächlicher?) Glaube, sondern Wissen. Das ist das Beste, was ich hier je gelernt habe, vielen Dank!!!

Gruß
C.
PS: Das war’s, danach habe ich schon ewig lange gesucht… Danke vielmals!!!

Gruß
C.

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Jetzt weiß ich es endlich
Siehe Postings von Selorius oben…

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Hallo,

Es müsste klar sein, dass Placebo „nur“ schadlos wirkt, also
nicht eine Vortäuschung ist von etwas Positivem, obwohl dann
danach unter Umständen Gesundheitsschäden entstehen.

tja, das ist das auch bei wikip. erwähnte moralische Problem bei den Doppelblindtests. Man gibt Kranken nicht das Medikament, das sie (vielleicht) heilen würde, sondern stattdessen ein etwas, dass sie (vielleicht) heilen kann - aber mit Sicherheit kein Medikament ist.
Aber weil der Patient gar nicht weiß, was er da bekommt, kann ein Placebo auch unerwünschte Nebenwirkungen haben - genauso wie die erwünschte Wirkung. Beides auf dem selben Wege, wenn auch mit unterschiedlichem Vorzeichen bewirkt.

Aber wäre das überhaupt ein Placebo?

Ja. Aber das ist halt nur ein Name für das Scheinmedikament. Ob es nicht doch (über den Placeboeffekt) wirkt, weiß man ja nicht. Wobei man das allerdings für einen gewissen Anteil der Patienten trotzdem erwartet.
Ein Placebo muss aber gar nicht wie ein Medikament aussehen. Es muss nicht mal den Eindruck eines Medikamentes erwecken. Ein Gummibärchen auf die Wunde legen, bis sie nicht mehr weh tut - Du glaubst gar nicht, wie schnell der Schmerz beim Kind dann verschwindet. Würde man Gummibärchen deshalb als Placebo bezeichnen? Natürlich nicht - es wird ja nur im Einzelfall durch die Anwendung dazu. Placebos werden nicht notwendigerweise zur Anwendung als Placebio hergestellt.
Gruß
loderunner

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Sehr schön ausgedrückt! * dafür! (owt)
-nix-