Warum zieht der Mond keine Menschen an?

Hallo Experten!
Der Mond (plus Sonne) zieht gewaltige Wassermengen des Meeres in die eine oder andere Richtung. Das Wasser kleiner Gewässer (Seen) wird allerdings nicht messbar angezogen. Das Land wird wenige Zentimeter angezogen, habe ich gehört. Wir Menschen werden nicht angezogen und ganz leichte Herbstblätter auch nicht. Klar, die Erdanziehungskraft ist viel stärker als der weit entfrernte kleinere Mond. Aber warum kann der Mond dann auf den Ozeanen solche gewaltigen Effekte erzeugen?
Danke für Aufklärung!
Christian

Hallo Christian,

alles wird angezogen. Die Gravitation macht vor nichts halt. Es ist alles eine Frage der Dimensionen. Ein Mensch (m = 70kg) wird vom 365.000km entfernten Mond (m = 7,349*10^22kg) mit einer Kraft von etwa 0,00258 Newton angezogen. Das entspricht etwa 0,000375% der Erdanziehungskraft. Die laut (aktuellen Schätzungen) 1,3 Milliarden Kubikkilometer Meerwasser (m = 1,3*10^21kg) werden hingegen mit einer Kraft von 4,786*10^16N angezogen. Das sind 47.860.000.000.000.000 Newton und entspricht einem Gewicht von ungefähr 4,88*10^15kg oder 4,88*10^12 Kubikmeter Wasser oder 4880 Kubikkilometer Wasser. Was sagst du nun? Ich habe bei meiner Rechnung aber nicht berücksichtigt, dass Meerwasser Salz enthält. Also sind die Werte noch ein paar Prozent größer.

Lieben Gruß
Huttatta

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Hallo,

alles wird angezogen. Die Gravitation macht vor nichts halt.
Es ist alles eine Frage der Dimensionen. Ein Mensch (m = 70kg)
wird vom 365.000km entfernten Mond (m = 7,349*10^22kg) mit
einer Kraft von etwa 0,00258 Newton angezogen. Das entspricht
etwa 0,000375% der Erdanziehungskraft. Die laut (aktuellen
Schätzungen) 1,3 Milliarden Kubikkilometer Meerwasser (m =
1,3*10^21kg) werden hingegen mit einer Kraft von 4,786*10^16N
angezogen. Das sind 47.860.000.000.000.000 Newton und
entspricht einem Gewicht von ungefähr 4,88*10^15kg oder
4,88*10^12 Kubikmeter Wasser oder 4880 Kubikkilometer Wasser.
Was sagst du nun? Ich habe bei meiner Rechnung aber nicht
berücksichtigt, dass Meerwasser Salz enthält. Also sind die
Werte noch ein paar Prozent größer.

Allerdings ist es ein Fehler, zu glauben, dass diese rein rechnerisch vorhandene Anziehungskraft des Mondes irgendeine Wirkung auf der Erde hätte. Übrigens würde Dein 70-kg-Mensch mit ca. 0,42 N von der Sonne angezogen werden, also um ein Vielfaches stärker als vom Mond. Trotzdem ist der Einfluß der Sonne auf die Gezeiten nur etwa halb so groß wie der des Mondes. Die Erde befindet sich jederzeit im freien Fall in den Gravitationsfeldern von Sonne und Mond, deshalb sind diese Felder auf der Erde zunächst wirkungslos, genauso wie Du das Gravitationsfeld der Erde nicht spürst, während Du in der Fahrstuhlkabine mit dieser im freien Fall abstürzt oder während Du im Raumschiff die Erde umkreist.
Eine Wirkung der Gravitationsfelder auf der Erde kommt erst dadurch zustande, dass diese unterschiedlich stark auf Vorder- und Rückseite der Erde wirken und sie wie ein Ei in die Länge ziehen. Dieser Effekt ist nur sehr schwach und wird erst dadurch sichtbar, dass die beiden kleinen Wasserwellen auf Vorder- und Rückseite der Erde durch deren Drehung auf die Landmassen treffen und sich, je nach geographischen Gegebenheiten unterschiedlich hoch auftürmen.

Jörg

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Hallo Jörg,

ich muss dir Recht geben, so weit habe ich leider nicht gedacht. Der freie Fall! Verdammt, gepatzt! :wink: Messbar wirksam dürfte demnach, wenn ich das richtig rekapituliere und bei vereinfachter Darstellung, also ausschließlich die Differenz zwischen dem Schwerpunkt - hier ist Fg = Fz, also Fres = 0 - und der dem Mond zugewandten Seite (gleiche Winkelgeschwindigkeit bei minimal höherer Anziehung wegen des geringeren Abstandes zum Mond) bzw. der abgeneigten Seite (ebenfalls gleiche Winkelgeschwindigkeit, jedoch wegen des etwas größeren Abstandes mit geringfügig kleinerer Anziehung) sein. Und das ist ja nur ein Bruchteil der Gesamtgravitationskraft des Mondes auf die Erde. Liege ich jetzt etwas richtiger? Wie wirkt sich aber in dem Zusammenhang die Erdrotation aus? Ist es egal, ob die Erde in gleicher Richtung oder in Gegenrichtung rotiert (wenn man es sich denn aussuchen dürfte)?

Lieben, etwas verschämten Gruß
Huttatta

Hallo,

ich muss dir Recht geben, so weit habe ich leider nicht
gedacht. Der freie Fall! Verdammt, gepatzt! :wink: Messbar
wirksam dürfte demnach, wenn ich das richtig rekapituliere und
bei vereinfachter Darstellung, also ausschließlich die
Differenz zwischen dem Schwerpunkt - hier ist Fg = Fz, also
Fres = 0 - und der dem Mond zugewandten Seite (gleiche
Winkelgeschwindigkeit bei minimal höherer Anziehung wegen des
geringeren Abstandes zum Mond) bzw. der abgeneigten Seite
(ebenfalls gleiche Winkelgeschwindigkeit, jedoch wegen des
etwas größeren Abstandes mit geringfügig kleinerer Anziehung)
sein. Und das ist ja nur ein Bruchteil der
Gesamtgravitationskraft des Mondes auf die Erde. Liege ich
jetzt etwas richtiger?

deutlich richtiger :smile:
Übrigens wäre es theoretisch denkbar, wäre unsere Sonne um etliche Größenordnungen massereicher, dass ihr Gravitationsfeld auf der Erdoberfläche stärker wäre als das der Erde selbst. Trotzdem würden wir, dank der Freifallbewegung innerhalb einer Umlaufbahn um die Sonne, nicht zur Sonne „aufsteigen“ sondern weiterhin mit einer Beschleunigung von 9,81 m/s² auf der Oberfläche kleben bleiben, ohne etwas von diesem Feld zu bemerken, das uns in die Sonne ziehen will. Natürlich unter der Vorraussetzung, dass die Sonne so weit entfernt wäre, dass ihre Gezeitenkräfte nicht buchstäblich ins Gewicht fallen würden.

Wie wirkt sich aber in dem Zusammenhang
die Erdrotation aus?

überhaupt nicht. Sie bewirkt nur die Abplattung der Erde und sekundäre Effekte wie Ebbe und Flut. Die Verformung der Erde durch die Gezeitenkräfte von Mond und Sonne hat nichts mit der Eigenrotation der Erde oder der Umkreisung des gemeinsamen Schwerpunktes zu tun.

Ist es egal, ob die Erde in gleicher
Richtung oder in Gegenrichtung rotiert (wenn man es sich denn
aussuchen dürfte)?

Da es nichts damit zu tun hat, wäre es auch egal. Nur der Ebbe-Flut Zyklus würde sich auf unter 12 h verkürzen

Jörg

Nochmal für Laien, bitte!
Hallo Jörg,
„das Wasser wird vom Mond angezogen“ ist also ein (hartnäckiges) Märchen? Die Erde wird eiförmig gedehnt (natürlich nur sehr wenig) und das Wasser „kommt nicht so schnell mit“? So entstehen Ebbe und Flut? Oder wie entstehen „die beiden kleinen Wasserwellen“, von denen du sprichst? Ist das richtig, halb richtig oder ganz falsch?
Gruß!
Christian

ein Versuch
Hallo Christian,
ich kann es dir nur von Laie zu Laie versuchen zu erklären.
Der Mond dreht sich nicht einfach nur um die Erde, sondern die beiden
Körper bilden ein Rotationssystem.
Dabei befindet sich der gemeinsame Drehpunkt nicht im Zentrum der
Erde, sondern etwas versetzt in Richtung Mond. Wie viel Km weiss ich
jetzt nicht auswendig. Die Erde „eiert“ quasi.
Auf der Mond zugewandten Seite und auf der abgewandten Seite entsteht
ein Flutberg von etwa 20 cm Höhe. Man kann sich das etwa so
vorstellen :
Die Anziehungskraft der Erde wird auf der dem Mond zugewandten Seite
von der Anziehungskraft des Mondes etwas abgeschwächt. Quer dazu ist
die normale Erdanziehungskraft wirksam. Hier zieht die Erde also den
„Gürtel“ enger und quetscht jetzt das Wasser auf der dem Mond
zugewandten Seite eben diese 20 cm hoch.
Auf der gegenüberliegenden Seite entsteht ebenfalls ein Flutberg
(besser Dellchen) von etwa 20 cm, weil durch den nicht im
Erdmittelpunkt liegenden gemeinsamen Drehpunkt die Erde unter dem
Wasser „weggezogen“ wird.

Ich hoffe, mich verständlich ausgedrückt zu haben
Gruss
T-Bird

Hi,

Auf der Mond zugewandten Seite und auf der abgewandten Seite
entsteht ein Flutberg von etwa 20 cm Höhe.

Soweit paßt das. Die enorm hohen Flutberge sind eine Erscheinung, die an den Küsten auftreten. Die Wassermenge will ja irgendwo hin. Abhängig von der Küstenform und von den Tiefenprofilen vor der Küste ergeben sich ein unterschiedlicher Tidenhub.

Wer gerne in der Badewanne plascht, der kennt das (oder muß die Flutexperimente seiner Kids beseitigen :wink:). An den Rändern steigt das Wasser sehr viel höher als in der Mitte der Wanne.

mfg Ulrich, ebenfalls kein Physikprofi

Antwort passt nicht zu Jörgs Ausführungen!
Hi,
soweit war ich auch schon! Die Frage ist aber dann, warum z. B. auf dem Boden liegende Herbstblätter nicht auch durch den Mond hin- und hergezogen werden!

Jörg schrieb:
„Die Erde befindet sich jederzeit im freien Fall in den Gravitationsfeldern von Sonne und Mond, deshalb sind diese Felder auf der Erde zunächst wirkungslos, genauso wie Du das Gravitationsfeld der Erde nicht spürst, während Du in der Fahrstuhlkabine mit dieser im freien Fall abstürzt oder während Du im Raumschiff die Erde umkreist.
Eine Wirkung der Gravitationsfelder auf der Erde kommt erst dadurch zustande, dass diese unterschiedlich stark auf Vorder- und Rückseite der Erde wirken und sie wie ein Ei in die Länge ziehen.“

Wird das Land oder das Wasser „wie ein Ei in die Länge gezogen“?
Und warum werden die Herbstblätter nicht im 6-Stunden-Takt hin-und-herbewegt?
Und warum merke ich Mensch nichts von der Mondanziehung?
Gruß!
Christian

Wie wirkt sich aber in dem Zusammenhang die Erdrotation aus?

Die führt durch die Abplattung der Erde zu einer unwesentlichen Erhöhung der Gezeitenkräfte.

Die Erde wird eiförmig gedehnt
(natürlich nur sehr wenig) und das Wasser „kommt nicht so
schnell mit“?

Eher umgekehrt. Das Festland kommt nicht so schnell mit, wie das Wasser.

Auf der gegenüberliegenden Seite entsteht ebenfalls ein
Flutberg
(besser Dellchen) von etwa 20 cm, weil durch den nicht im
Erdmittelpunkt liegenden gemeinsamen Drehpunkt die Erde unter
dem
Wasser „weggezogen“ wird.

Auch wenn es immer wieder behauptet wird - die Rotation der Erde (um welche Achse auch immer) hat nichts mit der Entstehung der Tidenwellen zu tun. Beide Flutberge werden ausschließlich durch die Gezeitenkräfte von Mond und Sonne erzeugt. Die Rotation führt dagegen zu einer Abplattung der Erde (ja, auch die Rotation um den gemeinsamen Schwerpunkt von Erde und Mond).

Hallo

Sehe die Erde als einen kompakten Klumpen, ignoriere Blätter, Menschen und Wasserpfützen. Mond und Erde ziehen sich gegenseitig an und das ist die Grundlage für die Bewegung um den gemeinsamen Schwerpunkt.

So, nun schauen wir uns die Details an (Erde und Mond nageln wir erstmal fest an die Wand). Die Stärke der Anziehung ist abhängig von der Entfernung, also werden die Haare des Menschen stärker angezogen, als sein Fuss. Da die Haare aber nicht besonders weit vom Fuss entfernt sind, ist der Unterschied zu vernachlässigen, seine Haare werden ihm nicht ausgerissen.
Anders sieht es mit der Erde aus, die Entfernung zwischen Vorder- und Rückseite ist gross genung, um einen entsprechenden Effekt auszulösen. Das Wasser auf der Vorderseite wird also am stärksten angezogen und bewegt sich dorthin, die Erde lässt sich schlecht verformen und würde sich gesamt etwas zum Mond bewegen, wenn man den Nagel aus der Erde zieht. Das Wasser auf der Rückseite wird am wenigsten angezogen und bleibt quasi, wo es ist.
So entstehen also die beiden Flutberge auf beiden Seiten der Erde. Das ganze Modell hat natürlich noch einige Haken, Nägel in Erdgrösse sind schwer zu bekommen, ausserdem muss man das ganze bei der Bewegung um den gemeinsamen Schwerpunkt betrachten…
Die Bewegung des Mondes um die Erde ist nun für das Wandern der Flutberge um den Globus verantwortlich.
Warum die Flut in küstennähe höher als die paar Zentimeter durch die unterschiedliche Gravitation ist, wurde ja schon erklärt…

Gruß, DW.

2 Like

Hi!

Ich hab leider nicht so viel Ahnung, aber ich hätte jetzt gedacht, dass die Wassermengen im Gegensatz zu den Blättern angezogen werden, weil sie einfach eine viel größere Masse haben.
Damit ist erstens das Verhältnis zur Erdanziehung kleiner und zweitens die rückwirkende Anziehungskraft Richtung Mond größer.
Also…hm… ich meine jetzt… wenn zwei große Objekte in bestimmter Entfernung zueinander stehen, dann ziehen sie sich umso stärker an, je größer sie sind.

Hm… ich kanns leider nicht so gut erklären, wie ich es meine.

Korrigiert mich, wenn es Schwachsinn ist, aber seid nicht allzu brutal… *sensibel bin* :wink:

Grüße,
Leah

Hi Leah,

Du hast natürlich recht, ein Blatt wird nicht so stark angezogen wie ein Ozean. Ein Blatt von einem Gramm wird nur etwa so stark angezogen, wie ein Gramm Wasser. Und da es sehr viel Wasser gibt, wesentlich mehr als Laub, macht sich der Effekt viel stärker bemerkbar.

Das Laub an den Bäumen hängt ja an Ästen, und diese Äste werden durch das Gewicht des Laubes nach unten gedrückt. Wenn das Laub ein wenig leichter wird, gehen die Äste auch wieder ein wenig nach oben. Der Effekt ist also Ähnlich wie beim Wasser, aber durch die geringe Masse, und weil Äste halt steifer sind als Wasser, ist er einfach zu gering um nennenswert beobachtet zu werden.

Beim Wasser sammeln sich sozusagen Myriaden von Blättern im ganzen Ozean um dann nur an einem (relativ dazu) schmalen Küstenstreifen ein paar Meter Tiedenhub zu erzeigen. Von daher… völlig richtig, allerdings verhält sich die Anziehungskraft einer große Masse nicht prinzipiell anders wie die vieler kleiner Massen.

Gruß
achim

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Hallo,

bisher wurde eines nicht erwähnt:

Die Wassermassen strömen von der Seite Richtung Mond. D.h. der Haupteffekt entsteht nicht dadurch, dass der Mond das Wasser auf der ihm zugewandten Seite anhebt, sondern dass das Wasser, welches rechtwinklig dazu steht (eben „seitlich“) zum Mond gezogen wird. Da bei diesem Wasser die Kräfte von Erde und Mond senkrecht aufeinander stehen, wirkt die Erdanziehung an dieser Stelle der Mondanziehung nicht entgegen.

Bei den Blättern ist es etwas anderes. Sie werden durch den gleichen Effekt zwar auch Richtung Mond gezogen, Da sie aber Reibung mit dem Untergrund haben, verschieben sie sich nicht (die Kraft des Mondes reicht dazu nicht aus). Wäre diese Reibung nicht vorhanden, würde tatsächlich immer so um den Mondaufgang bzw den Monduntergang die Blättersammlung mal in die eine, mal in die andere Richtung verschoben.

Gruß, Niels

Hallo

Anders sieht es mit der Erde aus, die Entfernung zwischen
Vorder- und Rückseite ist gross genung, um einen
entsprechenden Effekt auszulösen. Das Wasser auf der
Vorderseite wird also am stärksten angezogen und bewegt sich
dorthin, die Erde lässt sich schlecht verformen und würde sich
gesamt etwas zum Mond bewegen, wenn man den Nagel aus der Erde
zieht. Das Wasser auf der Rückseite wird am wenigsten
angezogen und bleibt quasi, wo es ist.

Und wie immer bei diesem Thema kommt dann irgendwann das ABER - hier ist es: Die Gravitation der Sonne ist auf der Erde größer als die des Mondes, d.h. man hätte dann meistens 4 Flutberge nach der von dir vorgestellten Erklärung.
MfG Gerhard Kemme

Hallo

Und wie immer bei diesem Thema kommt dann irgendwann das
ABER - hier ist es: Die Gravitation der Sonne ist
auf der Erde größer
als die des Mondes, d.h. man hätte
dann meistens 4 Flutberge nach der von dir vorgestellten

Ich habe geschrieben das der entfernungsabhängige Gravitationsunterschied der bestimmende Faktor ist, nicht allein die absolute Anziehung. Daraus ergibt sich, das die Sonne deutlich weniger „Flutwirkung“ hat als der Mond.
Grob geschätzt sind es 30%, dies führt aber in der Addition zu den bekannten Springfluten.

Gruß,
DW.