Vorteile und geeignete Standorte
Hallo!
Bitte entschuldige die Verspätung, ich hatte viel zu tun.
Du hast gefragt, wie sich die Gulaschkanone vom Imbisswagen unterscheidet.
Was die Papiere betrifft, unterscheidet sich die Gulaschkanone tatsächlich fast nicht vom Imbisswagen.
Sie hat aber Vorteile:
Vorteil Nr. 1: Mobilität.
Stell dir einen Imbisswagen vor. Die Würstchen liegen auf dem heißen Holzkohlegrill, die Friteuse brutzelt, die Pommes stehen als Paketstapel bereit, der Fahrer gibt Vollgas, lässt die Kupplung kommen und…
(Du kannst dir denken, was passiert.)
Da ist die Gulaschkanone im Vorteil.
Von einer Firma die Mittagspause macht, zur anderen, von einer Baustelle zur anderen, von einem Dorf zum anderen.
Mit großem Tempo durch die Gegend fahren und überall was verkaufen.
Vorteil Nr. 2: Kaum Personalkosten
Ein Imbisswagen braucht in der Regel drei Leute. Jemand muss den Grill mit Holzkohle versorgen und die Würstchen regelmäßig nachlegen und mehrmals umdrehen. Jemand muss Pommes in die Friseuse schütten, wieder raus nehmen, einsalzen, in Tüten füllen, Mayo drauf. Und der dritte verkauft.
Eine Gulaschkanone dagegen kommt mit einer einzigen Person aus.
Vorteil Nr. 3: Kompakt
Du kannst verzichten auf Kühlschrank, Tiefkühlschrank, Grill, Friteuse, Senfspender, Ketchupspender, Mayospender, Currywurstschneidemaschine, Pommesabkühlbehälter usw. und brauchst keinen großen Anhänger, wo drei Leute drin stehen können.
Die kleine Gulaschkanone reicht.
Vorteil Nr. 4: Anschaffungskosten
Natürlich sind die Kosten einer Gulaschkanone geringer als die eines Imbisswagens. Ich würde die Katalogpreise meiner Gulaschkanonen gerne nennen, aber ich soll ja hier keine Werbung machen, deshalb nur auf Anfrage.
Vorteil Nr. 5
Es gibt viele Leute, die leidenschaftlich gerne richtig gute Erbsensuppe essen.
Manche von denen können kochen. Aber nicht alle.
Manche von denen haben eine Oma, die kochen kann. Aber nicht alle.
Manche wohnen in einem Ort, in dem es eine Gulaschkanone gibt. Aber davon gibt es nur wenige.
Wo kriegen die übrigen ihre Suppe her?
Aus der Dose schon mal nicht, die schmeckt meist wie „Knüppel auf’n Kopp“.
Also, woher?
Pommes und Bratwurst gibt es an jeder Ecke.
An Hamburgern und Chicken-Nuggets mangelt es auch nicht.
Aber Erbsensuppe ist eine Marktlücke.
Jemand anders schrieb, ich hätte keine Lust, zu antworten und würde die guten Standorte nur in meinem Seminar verraten. Das ist natürlich nicht so, ich mache kein Geheimnis daus:
Wochenmarkt, Jahrmarkt, Flohmarkt, Baumarkt
Hauptsache, es sind genügend Leute da und möglichst keine Konkurrenz.
Eine Frage, die mir immer wieder gestellt wird: Wie hoch sind dort die Standgebühren?
Tut mir leid, darauf gibt es keine einheitliche Antwort.
Es fängt an bei 0,- € (kostenlos). Viele Märkte sind froh, wenn jemand mit Essen dort steht, damit die vielen Kunden, die ja möglichst lange dort einkaufen sollen, nicht hungern müssen.
Es kann sein, dass es Geld kostet, aber günstig ist.
Es kann sein, dass die Gebühren so hoch sind, dass Mieter und Vermieter gut verdienen. Das ist der Mittelweg.
Und es kann auch sein, dass der Vermieter so unverschämt ist (das darf er), dass man als Betreiber einer Gulaschkanone besser woanders hingeht.
Deshalb nur als Richtwert: 10 bis 20 Euro pro Tag oder mehr.
Wer keine Stelle hat, steht auf der Straße.
Jetzt mal wörtlich genommen. Geht auch. Dort, wo viele Leute vorbeigehen, in der Nähe des Supermarktes, Kaufhauses, Baumarktes oder so, am Busbahnhof, am Bahnhof, vor eine Schule, eine Kino oder ein Haus mit großen Versammlungen, in die Fußgängerzone oder wo auch immer.
Wer gerne abends und nachts arbeitet, stellt sich vor eine Disko. Natürlich essen die jungen Leute nicht alle so gerne Erbsensuppe, wie die älteren. Dafür aber um so lieber z.B. Chili con Carne. Wer damit bis in die Nacht vor einer Disco steht, merkt schnell, dass das der Renner ist.
Ich kenne einen Betreiber einer Gulaschkanone, der an einer Bundesstraße steht und an LKWs und Fernfahrer verkauft, die er dadurch anlockt, dass er ihnen einen riesigen Parkplatz zur Verfügung stellt, damit die LKWs bequem parken und wenden können. Aber weil ein solcher Parkplatz, wenn es Bauland wäre, viel zu teuer wäre, hat er einfach einen billigen Acker vom Bauern gekauft, und den nutzt er als Parkplatz und Stellplatz für die Gulaschkanone. Denn weil Ackerland kein Bauland ist, ist Ackerland billig.
Kam das Amt vorbei und sagte: „Sie dürfen hier keinen Imbissbetrieb errichten, das ist ein Acker und kein Bauland!“
Da sagte er: „Ich habe nichts gebaut. Die Gulaschkanone ist kein Gebäude, sondern ein Fahrzeug.“
Da sagte das Amt: „Ja, aber Sie dürfen auch keinen Parkplatz anlegen.“
Da sagte er: „Es ist kein Parkplatz, nur ein Acker, der als Parkplatz benutzt wird. Er ist nicht gepflastert (nur Schotter drauf) und nicht befestigt, also auch nicht „angelegt.“
Da sagte das Amt: „Ja, wenn nichts befestigt ist, dann ist also auch die Einfahrt nicht befestigt. Eine Einfahrt, die nicht befestigt ist, wird nicht genehmigt! Und eine Einfahrt als direkter Anschluss an eine Bundesstraße wird sowieso nicht genehmigt!“
Da sagte er: „Ich habe den LKW-Fahrern auch nicht erlaubt, von der Bundesstraße auf den Acker zu fahren, aber sie tun’s einfach.“
Ich weiß nicht, ob die Geschichte vollständig stimmt, aber auf jeden Fall verkauft er dort seit Jahren sehr gut, ich war selbst da.
Die Dörfer-Tour
Inzwischen sind es schon einige alte Gulaschkanonen-Profis, die mir alle erzählt haben, dass sie bei der „Dörfer-Tour“ gut verdienen. Jeder von Ihnen erzählte fast genau das gleiche: Er hängt Zettel ans schwarze Brett in allen Supermärkten und Läden, auf denen steht, dass er um 10.30 Uhr an dieser oder jener Straßenecke steht, mit diesem und jenem Essen, um 11.30 Uhr an einer anderen, und um 12.30 Uhr und 13.30 wieder woanders. Das sollte man einige Zeit machen, bis es sich rumgesprochen hat, und dann sei fast das halbe Dorf da, dann stehen da massenweise Leute mit kleinen Eimerchen.
Wozu selber kochen?
Wenn man neu ist und unsicher, kann man sich einen Eiermann oder Milchmann oder ähnliches suchen, der hier und da hält, und sich anhängen. Also einfach (aber vorher fragen!) hinterher fahren, und immer da halten, wo der auch hält.
Firmen zur Mittagspause
Die Leute wollen gerne was warmes essen. Sie haben in der kurzen Pause oft weder Zeit und Lust, selbst zu kochen, noch, zum nächsten Restaurant zu fahren und aufs Essen warten zu müssen. Sie wollen es gebracht haben. Und warm. Und fertig.
Der Firmeninhaber muss keine Kantine einrichten und stellt gern eine Stelle auf dem Parkplatz zur Verfügung, damit seine Arbeiter gut essen und um so besser arbeiten.
Baustellen
Bauarbeiter haben noch mehr Hunger und noch weniger Möglichkeiten, irgendein Restaurant oder eine Kantine aufsuchen zu können. Baustellen gibt es immer irgendwo, und immer woanders, aber das ist ja das gute an einer Gulaschkanone: Sie hat Räder und ist fahrbar. Und schnell, weil man nicht erst einen Stand aufbauen muss. Wo Baustellen sind, wissen die Bauunternehmer, die Baustoffhändler, die Kranvermietungen, die Gerüstvermietungen, die Architekten und das Bauamt. Fragen kostet nichts.
Die Bauunternehmer haben selber Interesse daran, dass ihre Leute nicht mit leerem Magen mauern müssen, siehe oben.
Einweihungen
Am besten die großen, z.B. ein Windkraftwerk oder eine Autobahn.
Demonstrationen
Essen müssen alle, egal ob es Rechtsradikale sind oder Castor-Gegner.
Hier z.B. haben (im Ernst) mal die Ärzte demonstriert, dass sie zu wenig Geld verdienen. Da möchte man doch, dass die armen Ärzte wenigstens mal eine warme Malzeit essen können, nicht wahr?
Sonstige große Ereignisse
Mal ist es der Transport eines Braunkohlebaggers, mal der Start einer Mondrakete. Und an anderen Tagen tut es auch ein „Lagerfeuer“ (brennende Lagerhalle).
Versteigerungen
Da die Versteigerungen auf dem Gelände des Betriebs stattfinden und der Betrieb nicht mehr in Betrieb ist, weil pleite, kann der Betrieb auch keine Standgebühr mehr verlangen. Wenn der Auktionator auch keine verlangt, um so besser. Der freut sich, wenn die Leute länger bleiben und mehr ersteigern, bevor sie durch Hunger nach Hause getrieben werden.
Musik und Sportveranstaltungen
Für Fortgeschrittene, weil es da um wirklich riesige Menschenmassen geht. Einen Standplatz zu kriegen ist nicht immer leicht, aber wenn, kann man richtig absahnen.
Geld verdienen mit Vermietung (leer / voll)
Ich muss es wissen, ich vermiete selbst. Aber ich muss ständig absagen, weil ich nicht genug Gulaschkanonen habe, um für jeden und alle Termine eine zur Verfügung zu haben, und das, obwohl ich Händler bin.
Vermietung der leeren Gulaschkanone
Ich mache ein wenig Werbung, kleine Annoncen, und biete an: Vermietung leere Gulaschkanone pro Tag 70,- € oder pro Woche 140,- € oder pro Monat 280,- €. Abholen am Vortag, Rückgabe am Folgetag.
Vermietung der vollen Gulaschkanone
Mehr Geld kann man verdienen, wenn man sie voll statt leer vermietet.
Ich vermiete die Gulaschkanone.
Ich verkaufe den Inhalt.
Ich vermiete einen Mietkoch als Person, die den Inhalt ausgibt.
Natürlich sollte der Inhalt auf die Wünsche der Leute abgestimmt sein, nicht nur Erbsensuppe, sondern vielleicht ein Kessel Suppe, ein Kessel Gulasch und ein Kessel Knödel, oder so.
Der nächste Schritt: Partyservice
Der übernächste Schritt: Eventagentur
Wenn du noch mehr Fragen hast, frag ruhig! Ich freue mich, wie schon gesagt, über jede Frage, egal ob hier, oder per wer-weiss-was, per Email, per Telefon oder per sönlich.
Grüße
Andreas Hillerkus