Was bzw wie viel lernt man in einem Physikstudium?

Hallo,
Ich bin gerade dabei mein Abitur zu machen (schrifliche Prüfungen sind schon durch) und habe vor danach Physik zu studieren. Dabei interessiere ich mich vor allem für den Bereich der theoretischen Physik. Nun ist es wohnungstechnisch für mich am günstigsten in Hamburg oder Düsseldorf zu studieren und so habe ich mir unter anderem deren Studienplan für Physik angeschaut und dabei sind mir 2 Fragen aufgekommen.

Zum einen ist mir aufgefallen, dass die Studiengänge in beien Fällen sehr allgemein sind, was an sich schon einmal gut ist, da ich möglichst jeden (allgemienen) Bereich der Physik erfassen möchte. Allerings kommt mir dabei die Frage, ob theoretische Physik ein extra Studiengang ist, oder ob man einfach sowohl Experimantal- als auch theoretische Physik studiert?

Des weiteren ist mir aufgefallen, dass gerade die Bereiche, die mit dem heutigen Wissensstand ja eigentlich die „klassische Physik“ abgelöst haben, das heißt die Quantenmechanik und Realitivitätstheorie recht kurz zu kommen scheinen, obwohl sie im grundegenommen ja die wichtigsten Bereiche der modernen Physik bilden. Und zudem auch die für mich interessantesten. Außerem sind die sehr theoretischen bereiche wie zum Beispiel die Quantenfeldtheorie überhaupt nicht enthalten.

Letzteres ist eigentlich genau der Grund für mich Physik zu studieren. Ich möchte einfach die Welt auf elementarster (Gibt es diese Steigerung von elementar überhaupt? xD) Ebene verstehen und beschreiben können. Daher sind eben genau die Bereiche Quantenmechanik, Quantenfeldtheorie (bzw allgemein die gesamte Quantenphysik) und besonders die theoretischen Ansätze für eine vereinheitlichte Theorie interessant. Aber diese Themenbereiche (außer eben die ganz allgemeine Quantenmechanik) scheinen wenn überhaupt nur sehr kurz behandelt zu werden, während der experimentelle sowie „klassische“ Teil die überwiegende Rolle zu spielen scheint. Ich finde die letzten beiden Bereiche natürlich auch unheimlich spannend und möchte sie gerne erfassen, aber da ist nicht meine Hauptmotivation für das Studium.

Daher die zweite Frage: Liegt das an den beiden Universitäten oder werden diese Bereiche erst im Masterstudiengang behandelt? Oder lernt man sowas garnicht im Studium und muss sich das Wissen dazu selbst aneignen (was ich mir nur schwer vorstellen kannn)?

Oder ganz einfach, lernt man diese Bereiche doch schon im allgemeinen Physik-Bachelorstudium und sind im Studienplan einfach nur unter allgemeinere Themenbereiche zusammengefasst?

Moin,

sagen wir mal so:
Die meisten ‚Effekte‘ lassen sich immer noch klassisch mit hinreichender Genauigkeit abbilden, also die Mechanik, Elektrik etc.
Daher müssen die klassischen Sachen auch sitzen.

Was verstehst Du jetzt unter Theoretischer Physik?!
Quantenphysik?
Relativitätstheorie?

Das ist mittlerweile auch viel praktische Physik, erklär mal einen Laser ohne Quantenphysik, oder GPS ohne Relativitätstheorie.

Es gibt nicht ‚die‘ theoretische Physik, einzelne Gebiete der Physik werden experimentel geprüft und es gibt Vorhersagen/Erwartungen, was zu erwarten ist.
Also gibt es keine Theorie ohne Experiment und umgekehrt.

Ohne fundamentale Kenntnisse der Grundlagen, auch der klassischen wie z.B. Maxwell Boltzmann & Co gibt es keine theoretische Physik.

Jede Disziplin der Physik hat also ihre theoretische Abteilung, auch z.B. die Materialwissenschaftler und die Elektroniker.

Im Bachelorstudium werden diese Grundlagen angelegt und im Masterstudium vertieft.
Da kommt die Theorie schon nicht zu kurz.

Wenn Du dann mal promovierst, kannst Du Dich auf diverse Sachen stürzen.

Gandalf

Okay, ich glaube ich habe mich ein wehnig zu schwammig ausgedrückt. Mir ist schon klar, dass die klassischen Beschreibungsmodelle immernoch sehr nützlich und von Extremfällen abgesehen auch hinreichend genau ist. Ebenso ist mir klar, dass Theoretie und Praxis nicht einfach getrennt werden können und voneinander abhängig sind. Und wie ich bereits geschrieben habe, finde ich auch diese beiden Bereiche der Physik ziemlich interessant und möchte sie unbedingt verstehen. Doch gibt es ja meines wissens nach sehr wohl in der Forschung eine Trennung zwischen theoretischen und Experimentalphysikern. Und da ich nun auch darüber nachdenke was ich nach dem Studium machen möchte, ist da der theoretische Bereich in der Forschung am ehesten mein Ziel. Mir ist klar, dass ein Experimentalphysiker auch die Theorie voll drauf haben muss und auch umgekehrt. Ich habe nur meine Bedenken gehabt, da der Studienplan beider Unis sehr praxisorientiert aussah, ob es schon beim Grundstudium eine gewisse Unterteilung in eher theoretische oder praxisnahe Bereiche gibt. Also ob es eben unterschiedliche Studiengänge in der allgemeinen Physik gibt (abgesehen von speziellen Studiengängen wie zB Geophysik usw).

Das mit Quantenmechanik und Realtivitätstheorie war vielleicht auch unglücklich formuliert. Dass man das heuzutage kaum noch wegdenken kann ist mir bewusst, so weit ich weiß benötigen sowas ja auch Ingenieure. Was ich damit meine ist, dass ich bedenken habe, ob diese Bereiche IM VERGLEICH zur „klassischen Physik“ ewl zu kurz kommenn könnten. Denn zB wird laut den Studienplänen Quantenpysik trotz seiner komplexität nur ein viertel bzw fünftel(!) eines Semesters behandelt und die Realtivitätstheorie wird garnicht erwähnt. Laut wikipedia scheint man letzteres oftmals sowieso nur als optionale Zusatzvorlesung zu haben. Deshalb habe diese beiden Bereiche speziell erwähnt, nicht weil ich meinte, dass die in der Praxis nicht benötigt werden.

Ich habe einfach das Gefühl bekommen, dass gerade die Bereiche die theoretische Physiker in der Forschung benötigen, wie eben Quantenphysik, Relativitätstheorie, und besonders die Dinge die darüber hinausgehen (zB Quantenfeldtheorie oder Stringtheorie) nur sehr kurz bis gar nicht behandelt werden, obwohl gerade die für mich am interessantesten sind. Und da viele Physiker nach dem Studium ja so weit ich weiß eh nicht in die Forschung gehen, ist es ja auch naheliegend, dass das Studium eher praxis- bzw anwendungsorientiert ist. Doch das ist nun einmal nicht mein eigentliches Ziel und deswegen Frage ich halt, ob das an der Universität liegt (in Lübeck zum Beispiel gibt es auch einen Studiengang namens „Physik“ und der ist ziemlich medizinisch ausgeprägt, so dass man einige Bereiche eben garnicht behandelt). Und wenn nicht, wann bzw wo bekommt man dann vertieft diese Bereiche vermittelt?

Hi Marvin,

es ist klasse, daß Du Dir schon an der Schule solche Gedanken machst, finde ich selbst bei meinen Studis leider eher selten.

Nun bin ich Chemiker und kriege die Physik hier nur halbwegs mit, vielleicht kommt noch eine/r, der/die es besser sagen kann.

Im Chemiestudium ist es so, daß der Bachelor seeehr praktikumslastig ist, war früher bei der Diplomchemie auch so. Da stehen die Studis meist fünf Nachmittage in irgend einem Labor, nachdem sie morgens die Vorlesungen/Übungen über sich heben ergehen lassen müssen.
Da werden ihnen die Grundlagen der Chemie beigebracht, in Theorie und Praxis. Beim Master wird es je nach Richtung sogar noch praktischer, oder eben nicht.

Bei den Physikern ist es ähnlich, zuerst kommen Grundvorlesungen in Physik, viiiel Mathe und eben Praktika.
Da wird erst mal die gesamte klassische Phsyik durchgenudelt, dann kommt das, was Du wohl als moderne Physik bezeichnen würdest.
Nebenbei ein Lesetip:
Vorlesungen über Physik von Richard Feynman
Meines Erachtens immer noch das beste, was es gibt.

Theoretiker und Praktiker hängen bei den Physikern meist eng beisammen, ich kenne es vom Forschungszentrum Jülich und habe es vom CERN gehört.
Ohne Theorie bzw. Hypothese keine Experimente und ohne Experimente keine Hypothese bzw. Theorie.

Aber das sind dann Entscheidungen, die sich frühestens beim Master, meist bei der Promotion ergeben.

Gandalf

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Hallo

Vorab, meine Erfahrungen sind uralt und speziell auch aus der Zeit vor der Bachelorisierung, da hat sich einiges getan.

[…]Ich habe nur meine
Bedenken gehabt, da der Studienplan beider Unis sehr
praxisorientiert aussah, ob es schon beim Grundstudium eine
gewisse Unterteilung in eher theoretische oder praxisnahe
Bereiche gibt. Also ob es eben unterschiedliche Studiengänge
in der allgemeinen Physik gibt (abgesehen von speziellen
Studiengängen wie zB Geophysik usw).

Früher war das Vordiplom „nichts“, sondern fokussiert auf das Handwerkszeug, dass man später brauchte, d.h. mathematisches, theoretisches Grundwissen. Je nach Uni gab es getrennte oder kombinerte Kurse für Theorie und Experimentell, aber ich habe die Methodik nie sehr unterschiedlich empfunden (es ist ja nicht so, dass man in der einen nur vorliesst und in der anderen an der Werkbank steht). Da der Bachlor ein Abschluß ist, musste da noch etwas reingebaut werden, aber die Grundlagen sind immer noch gleich, nur das über die vielen Wahlfächer eine minimale Spezialisierung stattfindet.

Das mit Quantenmechanik und Realtivitätstheorie war vielleicht
auch unglücklich formuliert.

Das (mathematische) Grundgerüst der QM bekommt man beigebracht, Details sind für den Spezialisten, und Relativität… erinnert mich an mein Studium, mein mühsam angeeignetes Vorwissen (auf das ich einigermassen stolz war) wurde in 10 Minuten abgefrühstückt, und in der ersten Vorlesung Kosmologie wurden mir Gravitationstensoren um die Ohren gehauen und ich musste einsehen, dass das Thema wohl doch nichts für mich ist.

Ganz ehrlich - es kommt mir so vor als ob für dich Physik nur aus den Grenzbereichen von Mikro- und Makrokosmos besteht, du ignorierst die überwältigende Menge von Physikern (auch theoretischen), die was anderes als Hochenergieteilchen und ferne Galaxien anschauen.

Falls du nur den Bachelor machen möchtest, schaue dir die Wahlfächer an, ob du dort deine Interessen findest, wenn der Master fest eingeplant ist, würde ich da lockerer rangehen, denn die wichtigen Sachen passieren später und viele wechseln fürden Master die Uni.

Du hast Hamburg erwähnt, dort ist das Desy, da sollte sich also für die Bereiche, die dich interessieren passenden Vorlesungen und Wahlfächer finden lassen.

Grüße,
.L

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