Was denken „einfache“ Menschen über die Hochküche?

Hallio,
Ich hatte mal die Idee, ein ideales Menü psychologisch genauer zu beschreiben. Als ich einiges getextet und diverse Schaubilder gestaltet hatte, reichte es mir. Ich wollte einfach mal die Kehrseite der Medaille zeigen. Die Fraa Bohnebeitel ist eine Frau aus dem ländlichen Bürgertum von Mainz Mombach. Dort steht sie auch vor dem Rathaus. Hier soll sie als Gastrokritikerin mein Orangenmenü kritisch würdigen:

Ei was mescht der denn?
Die Fraa Bohnebeitel als Gastro-Kritikerin – ein Intermezzo

Was mit Appelsine? Ohrroschemenü? Der Furzkopp spinnt komplett! Appel­sine schält mer un isst se. Ferddisch! Un en Spannungsboche soll im Mehnü erkenn­bar werde! Sin mer beim Theader? Was warn das noch Zeide, wie mer gegess hat, un es had geschmeckt, un aus! Jetzt will der vorne­weg e Amüs Busch! Irschend­was, das de Appedit anrescht. Brauchste en Lup, um das zu sehe! Heilischer Gott, mer hawwe Hunger!

Was? Schampus misse mer drinke dadebei? Des drinke nur die Nudde, hat die Oma immer gesacht. Iwwerhaapt, des Rumgeeiere mit dem Gesöff. Tem­periern, Dekantiern, der stellt sich aa wie en Futt beim Heirobbe! Un beim Rode net emol en Schluck Cola zum mixe. Des wolle jetzt vornehme Leit sei!

Heilisch Maria un Josef, was kimmt dann alleweil? Viereckische Deller! Na­dierlisch kaum was drof. Von dem Selleriestampf hett isch noch en Deller weggemacht. Meinswesche aach en viereckische. Ach so, des war erst die Vor­speis! Die Hauptsach kimmt erscht. Dissmol en runde Deller mit kaum was drof. Is jo alles essbar, abber so wenisch fier en Schafferin wie misch!

Aha, noch e Nasloch voll Nachdisch. Des war´s jetzt? Dann derf ich mich mol verabschiede? „Vielen Dank Herr …eeeh Dings, das war gar köstlich! Nur die Appelsine iwwerall drin, die hawwe e bisje gestört! „Bleib gesund un munter, alter Zausel!“ – Jetzt awwer nix wie haam un en Bix Worscht uff­gemacht!

Einen schönen Restsonntag wünscht Hans-Jürgen Schneider

Das weißt du doch ganz genau. Schreibe deine Gedanken einfach auf!

Einfache Menschen wie z. B. ich denke über „Hochküche“ ziiiiemlich schlicht.
Die Mundart/der Dialekt/ der Akzent des Anpreisenden haben Null an Wert.
Hochküche zeichnet sich in meinen Geschmacksnerven und dem sonstigen Empfinden dadurch aus, dass

  • es mir extrem gut schmeckt,
  • ich Bissen für Bissen genieße und auf der Zunge verweilen lassen kann,
  • dass ich mit Genuss erkunden kann - auf der Zunge und mit der Nase - was drin steckt und
  • dass ich angeregt bin, diesen tollen Geschmack selber hinzukriegen.
    Was soll eigentlich dieses „Hoch“ in Verbindung mit „Küche“?
    Was wäre denn dann „Niedrigküche“?
    Etwas ratlos
    Amokoma1
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Gute, selbstgemachte Küche.
Wie z.B. ein wunderbares Picknick in Hannover mit selbstgebackenem Roggenbrot mit selbst angemachtem Sauer, mit Butter, Salz, in Knoblauch eingelegtem Zuccini, Eistee und Platenkuchen und, natürlich, wunderbarer geistvoller und wirklich netter Gesellschaft! Das war wirklich ein wunderbares geschmackliches, angenehmes, lustiges, ernsthaftes Erlebnis.
Das ist für mich wahre Küche, nicht an, auf, unter, auf.

Liebe Grüße

Gesine

Hallo,

angesichts deiner Vorurteile zum Geschmackssinn anderer Menschen frage ich mich, welche Kommentare Du einem Bauern in den Mund legen möchtest, wenn Du schon dem Bürgertum so wenig zutraust.

Essen schmeckt schlecht, mäßig, gut oder sehr gut, hängt von Material und Köchin ab.
Das, was Du verm. mit Hochküche meinst, muss das Essen noch aufwendig garnieren, was denn doch Zweifel am Geschmack aufkommen lässt. Ein gutes Gericht riecht und schmeckt gut genug um ohne optischen Schnick-Schnack aus zu kommen (Omas Rinderbraten z.B. - 2 x Tellerabschleck).

Gruß,
Paran (Oma war Bäuerin, also nur ganz nebenbei Köchin)

Hallo Hans-Jürgen,

diese deine „Idee“ hat bereits sehr umfängliche Werke hervorgebracht.

Eines der „guten“ und vor allem auch „neueren“ ist

Wolfgang Herles: „Vorwiegend festkochend - Kultur und Seele der deutschen Küche“

Penguin-Verlag 2019
ISBN: 078-3-328-60004-6

welches ich unbedingt deiner Lektüre empfehlen möchte.

Herzliche Grüße

Helmut

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Hallo,

danke für den Tipp. Das werde ich lesen.

Offenbar haben manche meinen Beitrag ernst genommen. Verblüffend!

Mein ganzes Leben lang habe ich Kontakt zu „einfachen“ Leuten gehabt. Auch für sie gekocht, da war die Reaktion eine ganz andere. Die wären am liebsten jede Woche zum Essen gekommen.

Lieber Paran, mit dem Ausdruck „Hochküche“ meine nicht ich irgendetwas, ich verwende lediglich einen Ausdruck der Fachliteratur. Auch bin ich nicht der Meinung, dass ein Essen umso besser schmeckt, je liebloser es auf den Teller geklatscht wird.

Was Du über Deine Oma als Köchin schreibst, kann ich dagegen gut nachvollziehen. Es gibt im öffentlich-rechtlichen Fernsehen die Sendung „Von und zu lecker“ Da kochen Adelige mehr schlecht als recht. Wenn man dagegen die kochenden Bäuerinnen in den diversen Formaten zuschaut (z.B. „Lecker aufs Land“) staunt man über die Kreativität, die Qualität der Zutaten und über das Fachwissen der Landfrauen. Da würde man am liebsten Platz nehmen und mitessen.

Und Gesine, es ist keinesfalls „Niedrigküche“, was Du beschreibst, es ist genau so ein ein wunderbares Erlebnis, wie Du es schilderst.

Aber wäre es nicht auch erstrebenswert, beiden Auffassungen von Gastlichkeit eine Chance zu geben. Zwei Beispiele:

Ein rustikal mit Mittelmeergemüsen und Basilikum zubereiteter Seeteufel …

… muss doch nicht der erklärte Feind eines etwas eleganter angerichteten Lachsbonbons auf einer Senf-Honig Sauce sein.

Meine Küche bewegt sich in diesem gesamten Spektrum.

Gruß, Hans-Jürgen Schneider

Liebe Gesine,
tolle Idee, „Hochküche“ einfach mal auf den Boden der Tatsachen zurückzusetzen. Ich stelle mich gerne für einen beschränkten Teilnehmerkreis (Du lädst nicht einfach Leute zu mir ein!) am Kultivieren von „Niedrigküche“ in Hannover zur Verfügung.
Wir müssen uns auf Termin (wir beide und kein anderer) einigen. Der Termin wird dann gesetzt.
Du und ich einigen uns auf Hauptbestandteile der Niedrigküche. Ich meine nicht Zutaten, sondern einfach durcheinander. Es gibt was Warmes, was Scharfes, was Sanftes; alle bösen Bestandteile wie Kalorien, Fett, Kohlehydrate, Zucker, Gluten, Laktose. Und liebe Bestandteile wie Vitamine, superfood, regional, sättigend, gute Ökobilanz und lecker!
Das würde mir ja richtig Spaß machen, gute Idee! Lass und das mal angehen.
Am mm Besten in dieser komischen Jahreszeit kurz vor Frühling.
LG
Rebekka

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Hmh. Ich verstehe das Wort „Hochküche“ anscheinend anders als du.

Ich habe eine sehr große Freundin, 1,90 m oder mehr, ich habe sie nicht gefragt. Die hat eine Hochküche, deren Arbeitsfläche ca. 20 cm höher ist als üblicherweise.

Das Essen, das sie dort zubereitet, schmeckt nicht anders als das Essen, das andere auf normalhohen Küchen zubereiten.

:- )

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