Was genau bedeutet wertebewusst?

Seit einiger Zeit suche ich in einem Partnerforum nach einer neuen Partnerin.

Unter anderem muss man da ja eine Selbsteinschätzung von sich abgeben. Nun lese ich immer wieder bei manchen Partnersuchenden die Aussage, sie seien WERTEBEWUSST.

Ich weiß beim besten Willen nicht, was genau dieser Begriff aussagt. Früher (bis wann?) gab’s den im allgemeinen Sprachgebrauch wohl nicht. Ich kann mich nicht erinnern, in der Schule oder im Abendgymnasium (ist erst 20 Jahre her) gelernt zu haben, was WERTEBEWUSSTSEIN ist oder meint.

Ich habe den Verdacht, es ist ein moderneres Wort für das verstaubte „konservativ“. Aber stimmt das?
Im Internet habe ich bisher keine Seite gefunden, die diesen Begriff DEFINIERT.

Bin ich nicht bereits DANN „wertebewusst“, wenn ich mir des Wertes des „Lebens an sich“ bewusst bin - und auf alle anderen sogenannten „Werte“ (Geld, Stolz, Ehre, Ruhm, Macht, Einfluss) pfeife, weil ich sie eh’ nicht besitze bzw. sie mir nicht leisten kann?
Wer kann mir hier weiterhelfen?

Hallo, lieber Herr Fatzikowsky,
über Ihre interessante Frage, die sicherlich noch etliche andere Forenbesucher interessieren wird, habe ich mich sehr gefreut! Ja, Sie haben recht, in der Schule wurde in den letzten Jahren viel zu wenig auf das Thema Werte, Tugenden, Lebensziele und auf die Frage nach dem Sinn des Lebens überhaupt eingegangen, vom Religionsunterricht einmal abgesehen, aber der wird ja heute von den meisten Schülern nicht mehr ganz für voll genommen.

Es ist sicherlich für den weiteren Verlauf Ihres Lebens sehr hilfreich, wenn Sie sich jetzt, anläßlich der Suche nach einer neuen Partnerin, einmal wieder mit diesen wesentlichen, aber oft verdrängten und vergessenen Fragen nach dem Ziel und Sinn unseres Lebens und dem was uns dabei wichtig ist, zu beschäftigen. Früher sprach man von Sitte, Anstand, Tugenden, Pflichten und dem Wert und der Güte eines menschlichen Charakters, was aber lange Zeit als verstaubt und unmodern galt und vielfach ganz unter den Tisch fallen gelassen wurde.

Doch in den letzten Jahren hat man, aufgeschreckt durch den Sittenverfall, die gewalttätige Verrohung vieler junger Menschen und der zunehmenden Ziellosigkeit, Verantwortungslosigkeit vieler moderner, wohlstandverwahrloster Stadtneurotiger, vielfach wieder sehr deutlich erkannt, daß es ohne menschliche Grundwerte, also ohne Hilfsbereitschaft, Nächstenliebe, Heimatliebe, sowie ohne Einsatz- und Verantwortungsgefühl gegenüber Familie, Freundeskreis, Ortsgemeinde und Staat auf Dauer ein Gemeinweisen nicht gut funktionieren kann.

Mit Werte sind dabei nicht die von Ihnen aufgeführten, vordergründigen, materiellen Dinge, wie Geld, Ruhm, Macht und Einfluß gemeint, sonder vielmehr die geistig-seelischen Grundwerte, die einen guten Charakter und eine liebenswerte Persönlichkeit ausmachen, wie Treue, Zuverlässigkeit, Strebsamkeit, Hilfsbereitschaft, Ehrlichkeit, Echtheit, Wahrhaftigkeit Einfühlungsvermögen, Feingefühl, Geduld, Familiensinn, Heimatverbundenheit, Begeisterungsfähigkeit, Spiritualität, Frömmigkeit usw.! - Es handelt sich hierbei also um jene hören Werte, die das Leben erst reich, tief, fastzinierend und lebenswert erscheinen lassen und die aus einem zivilisierten Säugetier einen Mensch mit Seele, Tiefgang und Bewußtsein für Höheres machen.

Wenn Sich im Internet eingehender über den Wertkanon unserer deutschen Gesellschaft und des Abendlandes informieren möchten, dann sollten Sie unter den Stichworten Tugend, Tugendkanon, Wertewandel, Werteverfall, Erziehungsziele und Ideale nachschauen. Im Zusammenhang mit Ihrem Partnerforum sind unter Werte wahrscheinlich jene Tugenden gemeint, die einen Mann wertvoll für das Zusammenleben mit einer Frau erscheinen lassen und die ich auch weiter oben schon anklingen ließ: Treue, Ehrlichkeit, Humor, Hilfsbereitschaft, Rücksicht, Einfühlungsvermögen, Familiensinn, Kinderliebe, Kunstverständnis, Naturverbundenheit usw.

Lieber Herr Fatzikowsky, ich hoffe, daß ich Ihnen mit meinen Ausführungen helfen konnte, sich der Wichtigkeit von guten und edlen Werten in Ihrem Leben, wieder mehr bewußt zu werden und im nächsten Schritt diese auch nach Außen hin, in liebenswürdiger Weise darzustellen und zu vertreten. Bei der Suche nach der idealen Partnerin, mit der Sie zusammen glücklich und alt werden können, wünsche ich Ihnen von Herzen viel Erfolg und alles erdenklich Gute!

Ihr Lebensberater Rainer J. G. Schmidt - Tel. 09961/7255 – [email protected]

P.S.: Wenn Sie noch weitere Fragen haben sollten, so können Sie sich auch gerne direkt an mich wenden, oder mein Skript „Die Naturgesetzte der Seele“ bestellen, wo Sie viele weitere, helfende und heilende Texte finden können. - Vergessen Sie bitte nicht, diese kostenlose Antwort zu bewerten und wenn möglich, auch kurz zu kommentieren - Danke!

Sehr geehrter Herr Schmidt,

wow! Mit einer so gründlichen, eingehenden Antwort hatte ich tatsächlich nicht gerechnet. Ganz herzlichen Dank für Ihre Mühe!

Zwischenzeitlich hatte ich auch schon die Beratungshotline des DUDEN angerufen, und dort bestätigte man mir, dass es den Begriff „wertebewusst“ im Bedeutungswörterbuch gar nicht gibt.

Ihre und die Duden-Stellungnahme zusammengenommen, mache ich für mich folgende lebenspraktische Handlungsanweisung daraus, wenn jemand (z. B. eine potenzielle Partnerin) von sich sagt, sie sei „wertebewusst“:

1.) Ich muss unbedingt nachfragen, WELCHER Werte sie sich denn nun eigentlich bewusst ist - oder ob sie das Wort lediglich als irgendwo aufgelesene Worthülse recycelt und weiterverwendet hat.

2.) Ich muss nachhaken, warum ihr dieser (nicht-DUDEN-definierte) Begriff SO wichtig erschien, dass sie ihm anderen Persönlichkeitsmerkmalen, die ebenfalls zur Auswahl standen, den Vorrang gab.

3.) Ich muss eineindeutig klären, was (also WELCHE WERTE) sie denn nun MEINERSEITS im Gegenzug erwartet.

Hm, schade, dass nicht alle Begriffe der deutschen Sprache so eineindeutig und jedem (auch Nichtstudierten) verständlich sind, wie zum Beispiel der Begriff „arbeitslos“ (u.v.a.m.). Es ist ja durchaus denkbar, dass es auch äußerst „wertebewusste Arbeitslose“ gibt, in einer Gesellschaft, deren „Machern und Politikern“ der Wert für die Würde und Arbeitskraft eines Menschen abhanden gekommen ist, und die glauben, sie könnten einen Arbeiter, der im Schweiße seines Angesichts seine Gesundheit riskiert oder gar ruiniert, damit sich diese Macher ein ums andere WERTvolle Häuschen mehr leisten können.

Wenn ich also einem wertebewussten Arbeitslosen gegenüberstehe, dann weiß ich eigentlich nur, dass er arbeitslos ist. Aber nach den Werten, derer er sich bewusst ist, muss ich ihn erst noch fragen, denn die werden sicher ganz andere sein, als diejenigen des Managers, der ihn (aus rein betriebswirtschaftlichen WERTschöpfungs-Erwägungen) auf die Straße gesetzt hat - gern auch, weil er einfach „zu alt“ (also über 45) geworden ist.

Dagegen dürften die Werte des Arbeitslosen sich eher um „Soziales“ drehen, also um das, was in unserer Gesellschaft heute im allgemeinen mit Füßen getreten und verachtet wird.

Ganz herzlichen Dank und mit besten Grüßen
Ihr F. F. Fatzikowsky

Hallo Fatzikovsky,

entschulige die späte Antwort, ich habe die Frage erst jetzt entdeckt.

Nun lese ich immer wieder bei manchen
Partnersuchenden die Aussage, sie seien WERTEBEWUSST.

Werte gab schon immer, die Betonung momentan soll wohl heißen, dass der Wunsch da ist, sich wieder stärker darum zu kümmern.Eben sich Werte wieder bewußt zu machen und danach zu leben und zu handeln.

Früher (bis wann?) gab’s den im allgemeinen
Sprachgebrauch wohl nicht.

Vom Werteverfall ist schon in alten Schriften zu lesen und dürfte ein Dauerbrenner sein.

Ich kann mich nicht erinnern, in der Schule oder im :Abendgymnasium (ist erst 20 Jahre her)gelernt zu :haben, was WERTEBEWUSSTSEIN ist oder meint.

Was habt ihr eigentlich im Relgionsunterricht gemacht?

Ich habe den Verdacht, es ist ein moderneres Wort für das
verstaubte „konservativ“. Aber stimmt das?

Nein, Werte können sich verändern. Konservativ heisst so viel wie bewahren.

Bin ich nicht bereits DANN „wertebewusst“, wenn ich mir des
Wertes des „Lebens an sich“ bewusst bin - und auf alle anderen
sogenannten „Werte“ (Geld, Stolz, Ehre, Ruhm, Macht, Einfluss)
pfeife, weil ich sie eh’ nicht besitze bzw. sie mir nicht
leisten kann?

Dann denk doch einmal nach, was deine Werte sind? Was ist dir wichtig und wertvoll in deinem Leben? Und lebst du danach? Oder rennst du nur den Werten anderer nach?

Beispiel: Bis du etwa einer, der nach sozialer Sicherheit ruft, aber geiz ist geil lebt, Billig-Schrott aus China einkauft und damit beiträgt, Arbeitsplätze zu vernichten. Oder bist du einer, der nicht nur von Nächstenliebe redet sondern auch aktiv anderen (Familie, Freunden, Fremden) hilft? …

Mach dir das mal bewußt. Dämmert so langsam, was Wertebwußtsein ist?

Gruß,

Sausewind.

Hallo Sausewind,

ich bin überrascht, jetzt noch eine Antwort zu erhalten, freue mich aber darüber - auch wenn heute dieser Begriff aus meinem „Fokus“ entschwunden ist, nachdem ich einige Monate lang in einem (sogar eher seriösen) Partnersuchforum immer wieder in den selbstausgefüllten Profilen bei einigen Frauen fand, dass sie „wertebewusst“ seien, während ich in dem Bereich „Worauf kommt es Ihnen bei Ihrer Partnerin an“ etwas völlig Anderes angekreuzt hatte: „Lebenslust“".

Nun - ich habe den Ausflug in diese Partnersuche ergebnislos beendet, denn nach entlichen Gesprächen, Telefonaten und so 150 bis 200 E-Mails kam ich zu dem Schluss: Völlig gleichgültig was wer angekreuzt hatte: Die Selbstwahrnehmung scheint sehr oft in die Irre zu führen. Mich selbst nehme ich da gar nicht aus! Resumee aus dem Ganzen ist für mich im Grunde das neue Bewusstsein eines Wertes:

Ich wurde mir bewusst, wie viel es mir wert ist, niemanden um mich zu haben, mit dem ich mich arrangieren oder gar herumstreiten muss, sondern dass ich als Single (bin jetzt 61) in und mit meinem Leben jederzeit tun und lassen kann, was ich will, ohne eine Partnerin nach ihrem Einverständnis fragen zu müssen und ohne ein schlechtes Gewissen zu haben, wenn ich „sowieso mache, wonach mir gerade ist“.

Das Bewusstwerden dieses bis dahin in mir unbewussten Wertes hat zu der für mich erstaunlichen Erkenntnis geführt, dass ich für diesen o.g. Wert bereit bin, Die manchmal auftretenden Zeiten empfundenen Alleinseins und eines mangelnden Gegenübers für kommunikativen Austausch (geistig und/oder körperlich) bewusst in Kauf zu nehmen. Vor dieser Werte-bewusstmachung habe ich mich darüber immer mal wieder ein bisschen gegrämt. Heute sage ich mir: „Du kannst nicht ALLES haben: Nicht die völlige Entscheidungsfreiheit, Selbstbestimmung UND eine Lebenspartnerin!“ Und ich weiß jetzt, dass mir ersteres viel wichtiger ist.

Im Zusammenhang mit der Partnersuche (bzw. mit der dort anzugebenden Selbsteinschätzung) bin ich zu dem Schluss gekommen, dass die meisten der dort zu beantwortenden Kriterien völlig aus der Luft gegriffen sind, denn die meisten von uns glauben von sich selbst irgendetwas. Wenn sie dann aber auf engstem Raum zusammen mit dem anderen Geschlecht (auch) intim miteinander zurechtkommen müssen, zeigt sich - oft sehr schnell - dass so ziemlich alle Angaben in Partnersuchprofilen getrost überlesen werden dürfen! Die meisten haben nicht annähernd etwas mit der Realität des betreffenden Menschen zu tun. (Wie gesagt: Auch ich kann mich da nicht ausnehmen - habe ich dabei auch gelernt! Offenbar lernt der Einzelne erst in enger/intimer Interaktion mit anderen seiner selbst bewusst zu werden - und dessen, was ihm wichtig ist.

(Ein bisschen „off-topic“): Nicht mal den „harten Zahlen und Fakten“ darf man in Partnersuchanzeigen glauben. Selbst die sind oft ziemlich geschönt - ebenso wie die Fotos, die eventuell publiziert werden. Ich sage nur „Photoshop-Nachbearbeitung mit dem automatischen Kodak-GEM-Airbrushfilter“ - und man/frau sieht auf einen Schlag 10 bis 30 Jahre jünger aus! (Das ist die Technik mit der die Coverfotos von Hochglanzmagazinen im Endeffekt erzeugt werden. Was die Kamera des Fotografen tatsächlich gesehen hat, ist dabei völlig untergeordnet). Ungelogen!

Also: Ich werde (auch) den Rest meines Lebens allein verbringen. Ist vielleicht wirtschaftlich unsicherer, aber psychisch doch sehr viel entspannter. (Ich gehöre NICHT zu denen, die es lieben, sich mit dem Gegenüber zu streiten - aber es scheint nicht wenige zu geben, denen etwas fehlt, wenn sie das nicht täglich haben.)
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Zu Deiner Frage, was wir im Religionsunterricht (im Abendgmnasium) gemacht haben…

Nun, Abendgymnasium hieß bei uns, dass der Durchschnitt aller Schüler etwas älter war, als der Durchschnitt aller LehrerInnen. Und die Spanne war enorm: Die jüngste Schülerin mag so zwischen 25 und 30, die älteste weit über 70 gewesen sein. Wir waren extrem inhomogen - auch ethnisch!
Ergo: Ein durchschnittlich JÜNGERER Lehrer hat Riesenprobleme damit, einem durchschnittlich ÄLTEREN Schüler so etwas wie „Werte“ zu vermitteln. Und ma so nebenbei: Unser Deutschlehrer liebte es, am WOchenende manche Schüler und Freunde zu sich einzuladen - und dann verteilte er selbstgebackene Hasch-Kekse…
Unsere (extrem) junge Mathelehrerin war so knackig und prall - da haben zumindest alle Männer an ganz andere Dinge gedacht, als an „Werte“, die eine oder andere lesbische MitschülerIN auch (weiß ich aus Gesprächen mit denselben).

WENN sich uns im Bischöflichen (!) Abendgymnasium IRGENDEIN Wert vermittelt hat, dann war es TOLERANZ gegenüber ALLEM und JEDEM - auch was anders ist, als man selbst - mit Ausnahme der Toleranz gegenüber Gewaltbereiten oder Demokratiefeinden.

Religion…
Wir hatten einen lieben netten korpulenten (sichtbar sinnesfrohen) Pfarrer - ungefähr in meinem Alter. Es war eine LUST, mit ihm über Gott und die Welt zu reden, weil so völlig anders, als in meiner noch hitlergeprägten Grundschulzeit (1957-1961) in der die Kriegsväter noch das Sagen hatten. Die hatten entweder völlig falsche (immer noch nationalistische) oder gar keine Werte mehr.
Ach - unsere Abendgymnasiums-Religionsstunden waren einfach nur unterhaltsam. Aber frag’ mich bitte nicht, was davon bei mir hängen geblieben ist…
Doch - eines: Ich war der einzige in der Klasse, der eine transportable Heimorgel hatte und auf dieser auch (ein bisschen) spielen konnte. Ich war ganz stolz, einmal im Monat (da war in der Aula Schulmesse), meine Orgel da anschleppen und die musikalische Untermalung geben zu dürfen. Gut, da waren auch ein paar „echte“ Kirchenlieder (moderner Art) dabei. Aber was mir besonders gefiel, war, das mir und der gesangsgruppe gestattet war, auch zeitgemäße Songs (Pop), sofern sie im weitesten Sinne religiös verstanden werden konnten, zu spielen. („Morning has broken…“ u. ä.). Hach das war einfach nur eine schöne Zeit! Aber sie ist 20 Jahre vorüber. Kontakte zu den anderen habe ich keine mehr. Und aus der katholischen Kirche ausgetreten bin ich unmittelbar nach Abschluss des Abendgymnasiums, weil ich mich schwer geärgert habe, wie intolerant sie mit meinem tiefenpsychologisch gleichgesinnten Eugen Drewermann umgegangen war: Absolut INTOLERANT - also GEGEN meine Werte!

Das letzte, was Du schreibst, finde ich hochinteressant: Nein, ich denke nicht „Geiz ist geil“, zumal ich begriffen habe, dass es immer noch etliche (Besserverdienende) gibt, die eher nach dem Motto kaufen: „Was nix kostet, taugt auch nix“. Trotzdem kaufe ich nur noch „billiges Zeug“ bei bekannten Discountern - einfach, weil ich vor 4 Jahren mein Einkommen verloren habe (war und BIN immer noch Selbstständiger, hab’ aber aufgrund der ‚entlassungsbedingten‘ (Verlust meines Haupt-Auftraggebers) schweren Depression keinerlei Antrieb mehr, noch zu irgendetwas zu leisten. Leider habe ich für staatliche Hilfen immer noch zu viel (für’s ALter) Selbstgesparte. Aber: Ich kann mir einfach nichts mehr leisten. Nein, ich schäme mich also nicht, wenn ich die Margarine dort kaufe, wo ich für 500 Gramm nur 49 Cent bezahle! Aber das ist kein Geiz - das ist Sachzwang!

Und damit sind wir schon bei Deiner anderen Frage:
JA - ich lebe gezwungenermaßen (!) nach den Werten der Anderen (den Werten der Egoisten, die global das Geld und die Vermögenswerte an sich reißen und sogar mit Geld spekulieren - und dabei unsere ganze Welt kaputtmachen). Ich muss sicher nicht sagen, dass man sich in einer kapitalistisch strukturierten Welt diesen „wirtschaftlichen Sachzwängen“ nicht entziehen kann - es sei denn, man ist bereit, auf der Straße zu leben oder - wie Dionysos - in einer Tonne. Das bin ich aber nicht! Ich brauche ein Minimum an Komfort: Ein Dach über’m Kopf, ein Bett, was zu essen und Strom für meinen Computer. Das kann ich mir (so gerade eben) noch leisten, und ich tröste mich damit, dass ich diesen Zustand - statistisch gesehen - wahrscheinlich nur noch etwa 20 Jahre lang ertragen werden muss.

Mit anderen Worten: Meine eigenen WERTE haben sich auf die Grundbedürfnisse reduziert, wobei alles, was im weitesten Sinn mit Sinnlichkeit zu tun hat seit der Depri sowieso schon passé ist. Und was die Depri selbst nicht geschafft hat, haben die Antidepressiva geschafft. Meine Werte sind also seeehr bescheidener Natur.

Resumé:
Wenn jemand von sich behauptet, er oder sie sein „wertebewusst“, dann weiß ich genau so viel, als wenn er das nie gesagt hätte.
NOTWENDIGE Voraussetzung um etwas damit anfangen zu können: Er/Sie muss jeden einzelnen Wert dessen er/sie sich bewusst ist, explizit und eineindeutig beschreiben.
HINREICHENDE Voraussetzung: Er/Sie muss - über eine hinreichend lange Zeit - auch in Extremsituationen ganz lebenspraktisch beweisen, dass er/sie eben diese genannten Werte auch wirklich selbst lebt - auch wenn er/sie dabei vielleicht draufgeht (ich denke gerade an den Widerstand unter Hitler).

Ahnst Du schon meine damit gemachten Erfahrungen?
Genau: Die meisten reden nur schön. Handeln tun sie ganz anders. Und wenn sie unter irgendeinen Druck gesetzt werden, kommt sogar oft das Gegenteil zu Vorschein. (Letzteres nannte Carl Gustav Jung den „unbewussten Schatten“ und meinte damit all das, was ein Mensch AUCH ist, aber aufgrund irgendwelcher moralischen oder sonstigen Vorschriften glaubt, nicht sein zu dürfen.)

Herzliche Grüße
Fatz…*

*) Habe mich „umgetauft“ von Fatzikowsky in FatzManiac.