Was haltet ihr von

Hi!

Den Beitrag kann ich nur unterschreiben… Ohne Notendruck wäre ich zu faul zum Lernen und könnte außerdem meinen Wissensstand gar nicht realistisch einschätzen (so ging’s mir schon mal, nämlich in der Grundschule, wo ich eh die mit Abstand Klassenbeste war und langsam das Gefühl kriegte, sowas wie ein Genie zu sein - zum Glück bin ich dann in die 7. Klasse eines Spezialgymnasiums gekommen, wo die anderen eben auch auf meinem Niveau bzw. begabter waren). Ich weiß jetzt, wie viel ich arbeiten muss, um ein Leistungsniveau zu halten, mit dem ich persönlich zufrieden bin. Ich kann meine Kenntnisse und Fähigkeiten realistisch einschätzen und ich habe andererseits gelernt, dass eine schlechte Note nicht gleich mich als Person abwertet. Dieses für mich zufriedenstellende Leistungsniveau definiere ich natürlich auch im Vergleich zu anderen. Aber so wird es mir nun mal im späteren Leben auch gehen - meinen Chef wird es nicht interessieren, ob ich an die Grenzen MEINER Leistungsfähigkeit gehe, sondern ob ich im Vergleich zu anderen möglichen Mitarbeitern bessere Leistungen erbringe. Deshalb ist der Leistungsdruck in der Schule durchaus eine gute Vorbereitung auf den späteren Leistungsdruck in der Gesellschaft.
Kreativität… na ja, wenn ich was malen will, dann tu ich das, wenn ich was schreiben will, dann tu ich das auch und lesen sowieso, aber mich interessieren nun mal eher konkrete Fakten, ich lese gern Sachbücher - was ist daran so schlimm, solange es mir Spaß macht? Ich führe für mein Leben gern Diskussionen, auch politische und philosophische, aber das kann ich auch außerhalb der Schule gut praktizieren, zudem gibt es an unserer Schule viele politisch engagierte Schüler, welche Projekte und Nachmittags-AG’s starten, bei denen mitzumachen auch mir freisteht. Eine „normale“ Schule muss nicht gleich unkreativ, diskussionsfeindlich und sonst was sein, das gilt nur für eine schlechte Schule.
Die Klassengröße von 30 Personen auf meinem Gymnasium fand ich außerdem schon zu groß, einige Schüler sind regelrecht abgesackt, weil die Lehrer nicht auf sie eingehen konnten - wie soll das denn bei 40 Kindern gleich von der ersten Klasse an funktionieren ???
Insgesamt kann ich mir allerdings vorstellen, dass es Kinder gibt, die aufgrund bestimmter Lernschwächen und andererseits einer starken Introvertiertheit/Schüchternheit/Sensibilität in einer Waldorfschule besser aufgehoben sind (auch wenn ich sagen muss, dass ich von Kindheit an SEHR unsicher und schüchtern war und gerade auf dem Gymnasium durch den anfänglichen Außenseiterstatus überhaupt erst gelernt habe, mich durchzusetzen - sicherlich eine wertvolle Lehre für meine Zukunft).

Was die integrierte Gesamtschule angeht, die hier im Thread vorgeschlagen wurde… Ich habe es selbst erlebt, dass eine Freundin, die ursprünglich das Zeug für ein Abi auf jeden Fall hatte, nur nicht die richtige Motivation, sich mit schulischem Zeug zu beschäftigen, auf eine Gesamtschule gekommen ist, dort nicht wirklich gefördert wurde, sich immer weniger angestrengt hat und dann irgendwann natürlich gar keinen Bock auf ein Abi hatte. Ich finde, ein Kind sollte in einem Umfeld lernen, welches seiner Leistungsfähigkeit entspricht, nur dann wird es gefördert, aber nicht überfordert. Das heißt für mich, dass ein Kind, welches das Zeug fürs Abi hat, auch auf ein Gymnasium gehen sollte, sonst sieht es andere Kinder um sich herum, welche schlechtere Noten bekommen, vergleicht sich mit ihnen und senkt die Anforderungen für die eigenen Leistungen. Ein Kind hingegen, welches nun mal eher im handwerklichen Bereich begabt ist, wird durch allzu viele „Theoretiker“ um sich herum, die lauter gute Noten kriegen, nur verunsichert und frustriert.

Zwar empfinde ich das derzeitige Schulsystem auch als bei weitem nicht optimal (stärkere Spezialisierung, kürzere Schulzeit, individuellere Förderung würde ich mir wünschen), aber man muss sich ja das kleinste Übel suchen und da würde ich mich einerseits danach richten, wie mein Kind ganz konkret veranlagt ist, aber andererseits auch danach, dass ich es meinem Kind ermögliche, schulisch das Beste, was es kann, zu erreichen (ja, v.a. im Sinne von Leistung, den nötigen Hinterhalt fürs Selbstvertrauen kann die Familie in den meisten Fällen liefern, da spreche ich aus eigener Erfahrung).

Gruß,
Anja