Was ist am "historischen Jesus" eigentlich historisch?

Die meisten „Christen“ haben trotz der fragwürdigen christlichen Quellenlage keinen Zweifel an der historischen Existenz des Jesus. So kommt es zu der seltsamen Situation, dass Jesus als historische Figur akzeptiert wird ohne eine genaue Bestimmung dessen, was an ihr das eigentlich Historische sein soll. Einfach nur zu sagen, ja, er hat gelebt, und sich in der Frage der Details nicht festlegen zu wollen, das ist zu wenig.

Die Frage lautet also: Welche der in den Evangelien beschriebenen
Details der Jesusfigur und ihres Werdegangs sind - sofern die Figur als Ganze
historisch sein soll - historisch?

Ich gebe eine Liste und bitte die Leser, jene Punkte zu benennen (mit a
oder b oder c usw.), von deren Historizität sie überzeugt sind. Die
Nichtbenennung eines Punktes in einer Leserantwort werte ich als Zweifel. Ich
bitte auch um kurze Begründungen für die jeweiligen Benennungen.

(a) Jesus wird in Bethlehem geboren.

(b) Seine Eltern sind Maria und Joseph.

© Jesus wird von Johannes getauft.

(d) Jesus beruft eine Gruppe von Jüngern.

(e) Es sind genau 12 Jünger.

(f) Jesus treibt in einer Synagoge Dämonen aus.

(g) Jesus heilt einen Kranken.

(h) Jesus hält Gleichnisreden.

(i) Jesus wandelt auf dem See Genezareth.

(j) Jesus speist 4000 Menschen.

(k) Petrus erkennt Jesus als Messias an.

(l) Jesus wird „verklärt“.

(m) Jesus zieht in Jerusalem ein und wird als Messias gefeiert.

(n) Jesus „reinigt“ den Tempel.

(o) Jesus hält mit seinen Jüngern ein letztes Abendmahl.

§ Jesus wird von Judas verraten.

(q) Jesus wird gefangengenommen und im Sanhedrin verhört.

® Jesus wird von Pilatus verhört.

(s) Pilatus zeigt sich von Jesus´ Unschuld überzeugt.

(t) Eine jüdische Volksmenge fordert Jesus´ Hinrichtung anstelle von
Barrabas.

(u) Jesus wird gekreuzigt.

(v) Sein Grab wird leer aufgefunden.

Ich persönlich bezweifle alle aufgeführten Punkte. Welchen Quellen soll
ich glauben? Den Evangelien? Wer hat sie geschrieben? Die Verfassernamen sind
fingiert. Wann wurden sie geschrieben? Erst Irenäus bezeugt sie um 180 BCE. Wie
historisch relevant sind Erzählungen voll von Wundergeschichten und narrativer
Unlogik (z.B. Mk 15)? Welchen Veränderungen unterlagen sie bis ins 4.
Jahrhundert, aus dem die frühesten überlieferten Manuskripte stammen? Als
„historische Quellen“ kann man diese Texte unter solchen Voraussetzungen wahrlich nicht bezeichnen, eher schon als antike Fantasy-Romane mit einer Prise Fact (eingestreute historische Örtlichkeiten und Personen, ohne dass letztere innerhalb der Geschichten authentisch wirken - z.B. Herodes und Pilatus).

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Welcher Punkt deiner Aufzählung sollte nicht so stattgefunden haben?
Da könntest du auch eine andere Person eintragen und etwas das Vokabular der entsprechenden Epoche anpassen…

Dein gutes Recht…interessiert aber Keinen

Ich würde umgekehrt vorgehen und den Beweis aus der Breitenwirkung der Lehre Jesu führen. Ein gewöhnlicher Wanderprediger hätte niemals so einen durchschlagenden Erfolg gehabt. Wesentlich dafür sind „die Werke“ Jesu, also die Wundertaten, auf die ER sich beruft.
Die Auferweckung des Lazarus vor versammlelter Gegnerschaft ist meiner Meinung nach ein starkes Stück, das den Glauben an Jesus rechtfertigt.

Hallo,

Warum nicht? Die „richtige“ Person zur richtigen Zeit - und dann von den „Nachwirkenden“ entsprechend umgedeutet …

Wer beruft sich auf wen und wie ist es belegt?

Da soll es in der Geschichte noch ganz andere starke Stücke geben - zumindestens wird es „glaubhaft behauptet“. Was rechtefertigt nun was?

Gruß
Jörg Zabel

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Im Sinn der Historik bin ich von keinem deiner Punkte ‚überzeugt‘ auch wenn ich einige für sehr wahrscheinlich oder für historisch unrelevant halte (wie die Frage ob es wirklich 12 Jünger waren).
Im Sinn der Religion halte ich alle für tatsächliche Ereignisse und glaube an die Botschaft von Jesus als Gottes Sohn.
Im Sinn der Psychohistorik halte ich Jesus für die genialste Erfindung, die je ein Mensch gemacht hat :wink:
Nur was nutzt dir dies?

Alle deine Fragen werden doch seit mindestens tausend Jahren durchgekaut. Besorg dir einfach etwas gute Literatur und du kannst mitknabbern :wink:

Ich kenne da noch ein paar Leute, die eine Breitenwirkung hatten.
Fangen wir doch mal bei den Wundern an, die dem Herrn Abū l-Qāsim Muhammad ibn ʿAbdallāh ibn ʿAbd al-Muttalib ibn Hāschim ibn ʿAbd Manāf al-Quraschī zugeschrieben werden. Ganz offensichtlich hat auch er eine Weltreligion gestiftet.

Des einen Wundertaten glaubst du ganz offenbar, die des anderen nicht.

Warum?

(Zur Sicherheit:
Ich glaube an keine Wunder. GWUP.)

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Jesus kennen wir nur durch das NT.
Die Glaubwürgigkeit des NT ist der Knackpunkt, um den es sich hier dreht.
Anschließend übermittle ich, was die Wissenschaft dazu sagt.

Geisler und Nix: „Hinter dem Neuen
Testament hat die Ilias mehr Handschriften (643) vorliegen als jedes andere
Buch. Sowohl sie als auch die Bibel wurden für »heilig« geachtet, und beide
wurden der Textveränderung und der Textkritik ihrer griechischen Manuskripte
unterzogen. Das Neue Testament umfasst ca. 20.000 Zeilen. … Die Ilias
[umfasst] ca. 15.600 Zeilen. Nur 40 Zeilen (oder 400 Wörter) des Neuen
Testamentes stehen in Frage, während 764 Zeilen der Ilias zweifelhaft sind. Dieser
fünfprozentigen Textentstellung steht eine ähnliche Textkorrektur von [nur]
einem halben Prozent im Neuen Testament gegenüber.“ Norman
Geisler, William Nix, A General Introduction to the Bible, 1968, Chicago, Moody
Press, S.366+367

40 [fragliche Zeilen des NT] / 20.000
[alle Zeilen des NT] = 0,002 => 0,002 * 100% = 0,2%

764 [fragliche Zeilen der
Ilias] / 15.600 [alle Zeilen der Ilias] = 0,049 => 0,049 * 100% = 4,9%

F.F. Bruce, Professor für Bibelkritik und
Exegese an der Universität von Manchester schrieb über die textliche Bezeugung
des NT im Vergleich mit anderen klassischen Werken:

"Vielleicht können wir
am besten ermessen, wie reich die handschriftliche Bezeugung des Neuen
Testaments ist, wenn wir das Textmaterial anderer alter, historischer Werke
damit vergleichen.

Von Caesars »Gallischem
Krieg« (verfaßt zwischen 58 und 50 v.Chr.) gibt es mehrere noch vorhandene
Manuskripte, aber nur neun oder zehn sind gut, und das älteste wurde 900 Jahre
nach Caesars Lebzeiten geschrieben! Von den 142 Büchern der »Römischen
Geschichte« des Livius (55 v. Chr. bis 17 n. Chr.) blieben nur 35 Bücher
erhalten; diese sind uns aus nicht mehr als 20 Manuskripten bekannt, die von
einiger Bedeutung sind, von denen aber nur eins (welches Fragmente der Bücher
III-VI enthält) aus dem 4. Jahrhundert stammt. Von den 14 Büchern der
»Geschichte« des Tacitus (ungefähr um das Jahr 100 n. Chr.) sind nur vier
vollständig und eins zur Hälfte übriggeblieben; von den 16 Büchern seiner
»Annalen« blieben zehn völlig und zwei teilweise erhalten. Der Text der heute
noch vorhandenen Teile seiner zwei großen Geschichtswerke stützt sich auf nur
zwei Manuskripte, von denen das eine aus dem 9., das andere aus dem 11.
Jahrhundert stammt. Die erhalten gebliebenen Manuskripte seiner kleineren Werke
»Agricola« »Dialogus de Oratoribus«, »Germania« sind einzig durch einen Codex
aus dem 10. Jahrhundert belegt. Die Geschichte des Thucydides (etwa 460-400 v.
Chr.) ist uns aus acht Manuskripten und einigen Papyrusfragmenten bekannt. Das
früheste Manuskript gehört in das 9. Jahrhundert n. Chr., und die Papyri
entstammen dem urchristlichen Zeitalter. Dasselbe gilt für die Geschichte des
Herodot (etwa 480-425 v. Chr.). Es würde jedoch kein Altphilologe auf den
Gedanken kommen, die Echtheit des Herodot oder Thucydides anzuzweifeln, weil
die frühesten brauchbaren Handschriften ihrer Werke mehr als 1300 Jahre jünger
sind als die Originale." F. F. Bruce, Die Glaubwürdigkeit der Schriften
des Neuen Testamentes. Eine Überprüfung des historischen Befundes, S. 20f

Hallo,

Welche sind das und warum?
Und warum stehen die Anderen nicht in Frage?

Nebenbei: Die anderen genannten Werke stehen nicht im Verdacht das „Wort Gottes“ zu sein.

Gruß
Jörg Zabel

Hallo.

Es gibt keinerlei(!) historische Belege von den von dir aufgelisteten Punkten und in diesem Sinne auch keinen wissenschaftlich belegten, historischen Jesus. Die einzigen Belege finden wir in den Evangelien und diese sind bekanntlich lange nach seinem Tod geschrieben worden.

Auch viele andere Beschreibungen im sogenannten NT sind im Widerspruch zu anderen Quellen bzw. was wir über die Zeit wissen. So, sind auch im NT nur wenige andere historisch belegbare Personen zu finden.

Das einzige was man gewagt annehmen kann, dass aufgrund der Wirkung welche er später erreichte, man davon ausgehen kann, dass dieses sich auf eine reale Person zurück führen lässt. Allerdings ist diese These schon mehr als gewagt, wenn man das im Zusammenhang mit dem Weihnachtsmann oder Osterhasen sieht.

Gruss,
Eli

Hallo,

es ist nicht richtig, daß sich die Aussage über den historischen Jesus auf ein „Ja, er hat gelebt“ beschränkt. Es gibt eine umfangreiche historische Jesus-Forschung.

Historische Jesus-Forschung

Davon abgesehen: Die frühchristlichen Schriften - hier sind als früheste Schriften die echten Paulus-Briefe beginnend etwa 20 Jahre nach Jesu Tod zu nennen - und auch die außerchristlichen Zeugnisse über die frühen Christen, die von der Existenz Jesu von Nazareth ausgehen, belegen hinreichend genug, daß es im ersten Drittel des 1. nachchristlichen Jahrhunderts einen jüdischen Wanderprediger namens Jesus gegeben hat, der aus Galiläa stammte, mit den religiösen jüdischen Autoritäten in Konflikt geriet und schließlich um 30 von den Römern gekreuzigt worden ist.

Eine echte Videobotschaft des Auferstandenen hat man - das ist wahr - bislang nicht gefunden. Erscheinen tut er - anders als seine Mutter - anscheinend auch seltener. Insofern bleiben dem Skeptiker letzte Zweifel. Hier hilft dann der Glaube.

Beste Grüße

Oliver

Überzeugend ist das nicht gerade…

dort habe ich auch gelesen:

Aus den Anhängern dieses Aberglaubens sei die Kirche entstanden
Gruß Michael