Was ist das?

Ich habe im Nachlass meiner Oma eine kleine Runde Dose (aus 1817) gefunden. Sie hat eine Durchmesser von ca. 5 cm und ist 0,6 cm hoch (zum Aufdrehen). Es befinden sich darin kleine Runde Blätter mit Zeichnungen und Texten über das Wetter und (Miss-)Ernten. Außerdem Preistabellen für Getreide etc.
Weiß jemand was das genau ist?

Servus,

Die religiöse Parole auf der Dose deutet darauf hin, dass es sich um eine Beigabe zu einem Grundstein oder (bei dem Erhaltungszustand des Papiers wahrscheinlicher) zu einem Turmknauf handelt, die Nachgeborene an das „Jahr ohne Sommer“ 1816 und die aus der schrecklichen Missernte in diesem Jahr erwachsene Wirtschaftsdepression 1816/17 erinnern soll und gleichzeitig darauf hinweisen soll, dass es einen bösen Gott gibt, der die Menschen mit solchen bestialischen Mitteln züchtigt, wenn sie ihre Kirchensteuer nicht pünktlich zahlen oder zu wenig davon.

Schöne Grüße

MM

Danke für die schnelle Antwort!
Mir ist/war diese Dose immer ein bisschen unheimlich :-/
Gibt es für sowas Interessenten?

Ganz sicher, da es sich um ein Unikat handelt, das dazu noch in dieser Art sehr selten ist, weil 1817 bei noch kaum gebesserter Konjunktur nicht so sehr viele Kirchtürme neu eingedeckt oder mit neuen Hauben versehen worden sind.

Ja nicht mit irgendwelchen Online-Spielzeugen verschleudern!

Wenn Du Dein Herz nicht zu sehr an den schnöden Mammon und irdische Güter insgesamt gehängt hast, wäre es sehr verdienstvoll, wenn Du eruierst, auf welchen Ort sich das alles bezieht (die Texte sind leider sehr unscharf fotografiert, daher kaum lesbar - zusammen mit der Landschaft und der doppeltürmigen Kirche auf der Dose ließe sich da wohl ein Ort feststellen) und das Stück einem dortigen lokalen Museum überließest - gemacht ist es ja ursprünglich auch nicht für private Eigentümer, sondern für die Allgemeinheit.

Schöne Grüße

MM

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  • der Ort liegt einem der Texte nach in dem Gebiet, in dem 1817 bayrische Maße und Gewichte angewendet wurden. Außerdem, wie auf einem der Bilder zu sehen, an einer größeren Wasserfläche. Main und Isar passen zu der dargestellten Landschaft nicht so recht - ich denke, man sollte zunächst Städte mittlerer Größe auf die dargestellten Türme untersuchen, die an der Donau liegen. Dann, wenn nichts Gescheites herauskommt, in der Reihenfolge Main - Isar weiterschauen. Dabei denke ich grade daran, dass wir es 1817 mit viel wengier regulierten und kanalisierten Wasserläufen zu tun haben, die dadurch viel größere Flächen haben konnten. Das milde Gehügel und die etwas böhmisch ausschauenden Türmelein lassen auch an die Städtlein am Regen denken. Vielleicht kannst Du ja auch aus der Familiengeschichte einen wenigstens ungefähren regionalen Zusammenhang herstellen.

Ich fände es nicht überraschend, wenn @Gudrun den Ort identifzieren könnte.

Schöne Grüße

MM

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Könnte es sich um die Regensburger Gegend bzw. einen Donauort handeln?
Ich kann leider niemanden mehr zu diesem Fund befragen…

Macht es Sinn eine Mail ans ‚Haus der Bairischen Geschichte‘ in Regensburg zu senden?

Vielen lieben Dank für die Auskünfte und die Hilfe!

In dieser Schachtel wurde die Dose aufbewahrt

Ziemlich wahrscheinlich.

Ja, tu das. ‚Homma ned, wissma ned, wöllma ned‘ kann man dann immer noch sagen, das halte ich aber für unwahrscheinlich. Am Rand übrigens (für mich als eher dillettierend in zig Gassen unterwegs Befindlichen) hochinteressant, dass der bürgerlich gekleidete Mann etwas über vierzig Jahre nach Erscheinen des „Werther“ beim feierlichen Begängnis des endlich wieder normalen Wetters immer noch Werther-Mode (blauer Frack, gelbe Hosen) trägt.

Schöne Grüße

MM

Hi,

hier sind die Text-Blättchen besser lesbar:


Die Deutung von @Aprilfisch als Devotionalie in einer → Turmkugel ist sicher zutreffend. Und, ja, sie gehört in ein Museum und nicht auf einen Flohmakrt, und online schon gar nicht (zumal schwierig, sie adäquat zu beschreiben).

Diese Grundhaltung, daß sie

kann ich in den Texten allerdings nicht erkennen :wink:

Gruß
Metapher

Servus,

das steht außen auf der Dose: ERKENNE DAS (sic) EIN GOTT IST!

(fortzusetzen mit „Wo warst Du, als ich den Elephanten erschaffen habe? Wo warst Du, als ich den Bausparvertrag für Dich eingerichtet habe? Siehst Du jetzt endlich ein, dass es an mir liegt, ob Du etwas zu Essen bekommst oder nicht, solange Du die Beine unter meinen Tisch streckst?“ etc.)

Das mit der Kirchensteuer ist eine moderne Zutat von mir, wird aber durch ausgerechnet den Ablass-finanzierten Petersdom auf der Schachtel besser bestätigt, als ich es mir gewünscht hätte.

Aber das führt jetzt woandersten hin, da darf ruhig jeder seinen Glauben behalten. Heimlich und wenn keiner kuckt bin ich ja auch im Grund meines Herzens von dem Text Röm 8, 38-39 überzeugt, den sich meine Großmutter auf den Grabstein wünschte.

Schöne Grüße

MM

  • ach, wenn wir grade dabei sind: Das Schützenfest in meinem früheren Epizentrum Biberach wurde erstmals 1668 in ähnlicher Situation zur Feier der Einbringung des ersten Erntewagens gefeiert, damals noch strikt konfessionell getrennt - wie es in BC bis heute noch einen evangelischen und einen katholischen Stromzähler in der seit der Reformation durchgehend von beiden Konfessionen genutzten Kirche St. Martin gibt.

Seit 1797 dazu das von beiden beteiligten Konfessionen angenommene Schützenfestlied, trotz des späten Jahres immer noch schön barock, von Justin Heinrich Knecht:

„Die Zeit in Schwermut zu vertreiben / ist Gottes Welt zu voll, zu schön!“

In diesem Sinne

MM

Die Signatur unter einer der Medaillen

Screenshot_2019-08-17 6d3618ed02ba3894 jpeg (JPEG-Grafik, 2048 × 1536 Pixel)

ich lese: T. Stillner Cie

könnte als weiterer Hinweis dienen. Ich hab dazu aber nichts gefunden.

Soeben bei ebay gefunden:

Die Signatur lautet btw. „T. Stettner Cie“

Gruß
Metapher

und hier:

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Hammer! Das ist ja das „Ding!“

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corr.

Nach dem Hinweis von @Aprilfisch:

„fec“ für lat. fecit.

Siehe auch in dem ebayangebot die beschreibung:

Yepp, und das bei ebay auch. Allerdings mit anderen Texten.

Das ist ja der Hammer!!!

Vielen vielen Dank!!! :blush:

Auch hier nochmal - unter dem Stichwort „Hungertaler“ gefunden.

Die Dose aber in einem schlechteren Zustand als deine. Es deutet sich an, daß es sich dabei doch nicht speziell um eine Turmkugel-Beigabe handelt.

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Servus,

Du bist lustig! :wink:
Ich nehme an, Du meinst damit den Fund der Schubertkirche in Wien, aber dort gab es (für mich!) einen eindeutigen Anhaltspunkt, nämlich Großstadt.

Hier wüßte ich nicht mal wo mit Suchen anfangen. Naja, wahrscheinlich ab Ulm donauabwärts.
„Hinter Ulm fängt der Balkan an!“, sagten „früher“ die Württemberger. :wink:

Die vielen Kirchtürme in dieser Pampa-Landschaft irritieren mich ein bißchen. Es sei denn, das Bild ist perspektivisch so verzerrt gemalt, daß es aussieht, als ob auch weit auseinanderliegende Dörfer dicht beieinander lägen.
Ich denke aber, daß der Turm ganz links (Wasserturm vielleicht oder Burgturm) am ehestens zum Suchen geeignet wäre.

Meine weitere Idee ist - da es ja kein Unikat ist! -, daß der Herr rechts eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Bayern-König Max Joseph hat. klickmich
Demzufolge wäre das Paar das Kronprinzenpaar. klickmich klickmich
Für die (sorry!) Bayern-Banausen zur Erinnerung: dessen Hochzeit verdanken die Münchner das Oktoberfest. :wink:

Was ich wirklich spannend finde, ist die Kirche mit den Häusern rechts (zwischen den beiden Männerköpfen). Außergewöhnlich hoher weißer Kirchturm, Kirche umgeben von roten Satteldächern.
Das hat mich sofort an meine eigene Suche klickmich von vor zwei Jahren erinnert, deren Antwort immer noch aussteht. :frowning:

Gruß