Was ist der unterschied zwischen chemischer und physikalischer Halbwertzeit

Hallo zusammen,

Ich habe da mal paar Fragen: Wo im Periodensystem kann man die Halbwertzeiten eines Elements ablesen? Was genau bedeutet radioaktiver Zerfall und was passiert genau mit den zerfallen Atomkerne ? Was ist der unterschied zwischen chemischer und physikalischer Halbwertzeit?

Im Periodensystem werden alle Isotope mit gleicher Protonenzahl unter einem Elementnamen zusammengefasst. Je nachdem wieviel Neutronen noch zusätzlich im Atomkern sind, können sich völlig unterschiedliche Halbwertszeiten für „das gleiche“ Element ergeben, sodass die Angabe einer Halbwertszeit an dieser Stelle keinen Sinn macht.

Die Halbwertszeit gibt für Atome die Zeit an, nach der die Hälfte von Ihnen in andere Elemente zerfallen sind. Bei aus verschiedenen Atomen aufgebauten chemischen Verbindungen gibt sie die Zeit an, nach der sich in der Hälfte von Ihnen solche chemische Bindungen zwischen den Atomen verändert haben.

Ich habe da mal paar Fragen: Wo im Periodensystem kann man die Halbwertzeiten eines Elements ablesen?

Nirgends. Im Periodensystem sind im wesentlichen die „stabilen“ Isotope aufgeführt. Die Halbwertszeiten der Isotope musst Du Dir selbst suchen.

Was genau bedeutet radioaktiver Zerfall und was passiert genau mit den zerfallenen Atomkernen ?

Im Atomkern wandelt sich ein Neutron um. Dabei entsteht ein anderes Element und es wird Strahlung abgegeben.

Was ist der Unterschied zwischen chemischer und physikalischer Halbwertzeit?

Chemische Umwandlungen passieren nur durch Änderungen in der Elektronenhülle von Atomen, physikalische Halbwertszeit von Elementen/Isotopen passiert durch Änderungen in der Zusammensetzung des AtomKERNS.
Udo Becker

Hallo Ex_Genie!
Vielen Dank für die interesanten Fragen! Ich hoffe, dass dir meine nachfolgenden Bemerkungen weiterhelfen:

  1. Halbwertszeit + Periodensystem
    Im Periodensystem der Elemente ist die Halbwertszeit radioaktiver Stoffe nicht enthalten. Halbwertszeiten kann man entweder der so genannten Nuklidkarte entnehmen oder auch bei Wikipedia erfahren.

  2. Radioaktiver Zerfall
    Bei einem radioaktiven Zerfall werden Atomkerne umgewandelt. Es entstehen dadurch neue Stoffe, z.B. C-14 --> N-14 (Radiocarbonmethode!).
    Dabei werden energiereiche Teilchen bzw. elektromagnetische Strahlung freigesetzt. Die wichtigsten Zerfälle sind (a) Alpha-Zerfall (Emission von He-Kernen), (b) Beta-Zerfall (Emission von Elektronen) und © Gamma-Zerfall (Emission von Gamma-Strahlung).
    Die nach dem Zerfall neu entstandenen Atomkerne sind entweder stabil oder wiederum radioaktiv - dann beginnt ein neuer radioaktiver Zerfall.

  3. Halbwertszeit
    Der Begriff „Halbwertszeit“ wird in verschiedenen Wissenschaften verwendet.
    a) Die radioaktive Halbwertszeit ist die Zeitspanne, in der die Masse eines Radionuklids durch den Zerfall auf die Hälfte gesunken ist.
    Der Begriff „physikalische Halbwertszeit“ ist mir nicht bekannt.
    b) Ebenso ist mir der Begriff „chemische Halbwertszeit“ unbekannt. Möglicherweise ist damit ein Phänomen aus der Reaktionskinetik gemeint:
    Chemische Reaktionen haben unterschiedliche Reaktionsgeschwindigkeiten. Wenn man die Konzentration eines Eduktes A vor der Reaktion kennt und dessen Konzentrationsabnahme während der Reaktion ständig misst, dann gibt es einen Zeitpunkt, zu dem nur noch genau die Hälfte der Anfangskonzentration von A im System vorhanden ist. Diese Zeit kann man „reaktionskinetische Halbwertszeit“ nennen. Sie ist ein Maß für die Reaktionsgeschwindigkeit im Vergleich mit anderen (und vergleichbaren!) Reaktionen.

Alles klar? Sonst bitte nochmal melden.
Freundliche Grüße, Crawitter

Hallo!

Die Halbwertzeit ist die Zeit die vergehen muss, bis nur noch die Hälfte eines bestimmten Stoffes vorhanden ist, also 50% der Anfangskonzentration. Dabei ist es egal, ob es sich um eine chemische Reaktion handelt oder um den radioaktiven Zerfall (Im Prinzip ja auch ne Art Reaktion).

Die Berechnung ist etwas komplizierter und hängt von der Art der Reaktionsordnung ab. Es gibt Reaktionen 1. Ordnung (dazu gehört auch der radioaktive Zerfall), 2. Ordnung und 0. Ordnung - dazu noch ein paar Exoten. Das hier ausführlich zu erklären ist fast unmöglich weil die Thematik der Reaktionskinetik ganze Fachbücher ausfüllt. Aber mit den Stichwörtern findest du bei Google und in der Wikipedia bestimmt was anschauliches. Hier noch ein Link zur Chemgapedia und dem Kapitel Kinetik:

http://www.chemgapedia.de/vsengine/topics/de/vlu/Che…

Was aus den zerfallenen Atomkernen wird hängt ebenfalls wieder mit der Art des radoaktiven Zerfalls ab. Normalerweise entstehen leichtere (und irgendwann auch mal stabile) Atomkerne und Strahlung in Form von Alpha-, Beta- oder Gamma-Stahlung. Such mal nach dem Begriff Zerfallsreihe. Da findest du bestimmt schöne Schemata wie z.B. ein Uranatom langsam und in mehreren Schritten zu Blei zerfällt.

Sag Bescheid wenn du noch an einer Stelle spezielle Fragen hast. Werde mich bemühen sie zu beantworten, auch wenn die Reaktionskinetik nicht mein absolutes Fachgebiet ist. :wink:

Schöne Grüße

Sven

Hallo Sven,

danke für die tolle Antworten erstmal. Mir ist noch eine Sache unklar. Woher weis ich welches Element sich bildet wenn ein Atomkern zerfällt? Muss ich diese Umwandlungen auswendig können oder gibt es da eine Trick?

Hi!

Ich schätze auswendig lernen wird etwas schwierig bei der Vielzahl der Möglichkeiten. Es gibt zwar „nur“ 92 natürlich vorkommende Elemente, aber zu fast jedem Element gibt es eine ganze Reihe von Isotopen von denen die meisten instabil sind - also früher oder später einem radioaktiven Zerfall unterliegen.

Die Isotope kann man, ähnlich wie die Elemente des PSE, grafisch in Nuklidkarten darstellen. Schau dir mal die entsprechende Seite in der Wikipedia an.
http://de.wikipedia.org/wiki/Nuklidkarte

Da wird dann schnell klar das du da mit auswendig lernen nicht mehr weit kommst.

Aber einen „Trick“ gibt es doch, oder besser gesagt ein paar einfache Regeln. Die radioaktiven Zerfälle laufen ja, je nach Art, immer nach dem selben Schema ab. Und die kann man auswendig lernen (zumindest die wichtigsten drei).

  1. Der Alpha Zerfall: Hier spaltet sich aus dem Atomkern ein Heliumkern (Alpha-Teilchen ab). Dadurch verringert sich die Nukleonenzahl des neuen Atoms um 4, die Protonenzahl (Ordnungszahl) verringert sich um 2. Das Helium Atom besthet ja aus 2 Protonen und 2 Neutronen, also 4 Nukleonen.

  2. Der Beta Zerfall: Hier muss man evtl. noch unterschieden zwischen ß- und ß+ Zerfall.

2a: Beim ß- Zerfall wird ein Neutron in ein Proton umgewandelt. Dadurch erhöht sich die Protonenzahl um 1 während die Nukleonenzahl gleich bleibt. Außerdem entstehen dann noch ein Elektron und ein Elektron-Antineutrino.

2b: Beim ß+ Zerfall wird ein Proton in ein Neutron umgewandelt. Auch hier bleibt die Nukleonenzahl konstant während sich die Ordnungszahl um 1 verringert. Dazu entstehen dann noch ein Positron und ein Elektron-Neutrino.

Und das wars eigentlich schon. Zu welchem Element das neue Atom gehört ergibt sich ja dann aus der neuen Ordnungszahl. Den Gamma Zerfall brauchst du dabei gar nicht zu berücksichtigen, weil der nur in Kombination und als „Energieausgleich“ mit Alpha und Beta Zerfällen vorkommt und sich am Atomkern nichts ändert.

Es gibt natürlich noch ein paar weitere Zerfallsprozesse, aber für die meisten kommst du mit den oben beschriebenen Regeln aus. Da ich nicht weiß für welche Zwecke du das alles brauchst (Schule, Studium, Beruf…) kann ich dir nur raten dich anhand von Literatur in dieses sehr umfangreiche Thema einzuarbeiten. Einen guten Einstiegt bietet auch hier die Wikipedia, wobei wenn es ins Detail geht sollte man doch Fachbücher zu Rate ziehen.

http://de.wikipedia.org/wiki/Radioaktiver_Zerfall

Schöne Grüße

Sven

Hallo Ex_Genie,
Die Halbwertszeit wird nicht in allen Periodensystemen angegeben. Jahre werden mit a, Tage mit d, etc. abgekürzt. Such unten im Periodensystem nach Zahlen gefolgt von a, d, h, etc.
Damit ein Atomkern stabil sein kann, muss er Bedingungen erfüllen, die etwas mehr physikalisches Grundwissen erfordern, um sie zu verstehen. Für die Anwendung reicht es, zu wissen dass vor allem schwere Kerne dazu neigen, instabil zu sein, und dass es etwas mit dem Verhältnis von Protonen zu Neutronen im Kern zu tun hat. Instabile Kerne enthalten sozusagen überschüssige Energie.
Instabile Kerne zerfallen spontan in andere Elemente und geben dabei Energie in Form von Strahlung ab. Der Zerfall einer grossen Menge (z.B. eines Klumpen) läuft nicht linear sondern erst schnell und dann immer langsamer. Das wird mit der Halbwertszeit beschrieben. Nach einer Zeit ist noch die Hälfte der ursprünglichen Atome da, nach nochmal der gleichen Zeit noch ein Viertel, etc.
Chemische Halbwertszeit hat damit nicht viel zu tun. Einige Chemische Reaktionen laufen auch so ab, dass nach der einer Zeit die Hälfte der ursprünglichen Substanz verbraucht ist, nach nochmal der gleichen Zeit drei Viertel, etc. Deswegen auch Halbwertszeit.
Übrigens spricht man auch in den Umweltwissenschaften von Halbwertszeit, weil z.B. Umweltgifte oft mit einem solchen Zeitablauf von den der Natur abgebaut werden.
Gruss
Berchthold

Hi Ex-Genie,

Wo genau in deinem Periodensystem die Halbwertzeit steht, hängt von dem Buch ab, aus dem du es hast, das kann unterschiedlich sein, häufig ist sie auch gar nicht angegeben. Dazu siehst du dir am besten die Legende deines PSE an.

Es gibr verschiedene Arten des radioaktiven Zerfalls:
Alpha Zerfall: Aus dem Atomkern wird ein Alpha-Teilchen (2 Protonen und zwei Neutronen) abgegeben.
Beta Zerfall: Unterteilt sich in beta+ (Positron und Neutrino werden abgestrahlt, Proton im Kern wird zu Neutron) und beta- (Elektron und Antineutrino abgestrahlt, Neutron im Kern wird zu Proton).

Gammazerfall: Der Kern gibt ein hochenetgetisches Photon, einen sogenannten Gammaquant bzw. Gammastrahlung ab.

In der Physik versteht man unter Halbwertzeit fast immer die des Radioaktiven Zerfalls, in der Chemie kann jede Zerfallsreaktion gemeint sein, aber von einem echten Unterschied habe ich noch nie gehört.

Liebe Grüße
Nin