Hinsichtlich des moralischen Gültigkeitsanspruchs mein ich. Eine Lüge hat immer so einen moralsichen Unterton - man soll nicht und darf nicht lügen. Hier liegt ein gesellschaftliches Verbot vot. Verachtet man dies muss mit Kosequenzen gerechnet werden. Aber wie siehts mit einer Unwahrheit aus? Kann man das mit einer Lüge überhaupt vergleichen, bzw. in welchem Maß kann man die beiden Delikte gegeneinander abgrezen?
Hallo,
Der Hauptunterschied liegt meiner Meinung nach in der Absicht.
Man kann nur lügen wenn man die Wahrheit kennt. Man kann aber Unwahrheiten erzählen, auch wenn man die Wahrheit nicht kennt. Lügen ist insofern moralisch verwerflicher als dass man damit explizit die Absicht in den Vordergrund stellt.
Lügen verlangt nach einem niederen Beweggrund, während man die Unwahrheit aus allen möglichen - auch redlichen - Gründen sagen kann.
Lügen tun alle, die Macht beanspruchen: Eltern, die ihren Kindern Märchen erzählen, z. B. vom Klapperstorch. Lehrer, die ihren Schülern z. B. eine religiöse oder politische Weltanschauung so auslegen, dass sie sich als Wert in Form einer Introjektion in die Köpfe einpflanzt, Politiker, die vor Wahlen oder in Krisen die Tatsachen absichtlich verdrehen und Manager, die über ihre Produkten mehr versprechen als sie je wirklich halten können, usw.
So wird man durch schöne Verpackungen absichtlich geblendet und in die Irre geleitet, weil man durch diese Täuschung auf schlechtere Produkte aufmerksam wird, die man durch diese gezielte Irreführung mit höherwertigen Produkten verwechselt (Bill Gates zum Beispiel hat in seinen neuen Systemen kaum was verbessert, außer die Grafik, eher sogar was absichtlich verschlechtert, indem er das „Zubehör“ von früheren Versionen einfach weg ließ und dafür „neu“ extra verkauft).
Auch alle Künstler setzen zum Beispiel voraus, dass sie die Psyche der Menschen gezielt beeinflussen wollen, das heißt manipulieren (vielleicht sind ja Journalisten auch Künstler, wenn sie täglich allein mit Reizwörtern die Welt „erklären“ - wie übrigens auch Wissenschaftler??? Es gibt Untersuchungen, dass diese Leute gezielt lügen, für Ruhm, Geld und Macht, dafür leiden dann u. a. die „Versuchstiere“).
In Manager-Seminaren heißt diese Art von Manipulation nicht Lüge. Das ist ein negativer Begriff. Vorsätzliche Lügen gibt es für Manager nicht in ihrem Selbstverständnis. Trotzdem kann man auf Seminaren lernen, wie man Menschen gezielt manipuliert und damit seine Macht erhält oder noch weiter steigert (der Körper lügt im Gegensatz zur unendlichen Manipulation der Sprache grundsätzlich nie. Bekannt ist, dass der ehemalige Personalchef der Firma Krupp keinen Bewerber auf eine leitende Position einstellte, die sich ihm mit Krepp-schuhen vorstellten, so einer hatte von vornherein keine Chance, egal, wie gut seine Zeugnisse und Auszeichnungen auch waren. Das aber ist nur eine winzige Kleinigkeit. Noch wichtiger ist der Abstand zwischen Autorität und Abhängigem, wie die Augen analysiert werden, wie die Arme sich bewegen und wie sich der Körper organisiert, das verrät dem Kenner mehr als Tausende von Worten).
Es geht nicht um den Begriff „Lüge“ oder „Wahrheit“ - Nietzsche fragte, warum überhaupt Wahrheit bei den so genannten „fröhlichen Wissenschaftlern“??? Warum nicht Unwahrheit??? In einer globalisierten Welt, in der Hollywood auf das Wertesystem der Menschen mehr Einfluss nimmt durch immer raffiniertere „Effekte“ als die klassische Moralphilosophie, hat der amerikanische Philosoph Richard Rorty die gesamte Tradition der abendländischen Philosophie in ihrem Anspruch auf „Wahrheit“ radikal zu erneuern versucht, durch den von ihm eingeleiteten sogenannten Neo-Pragmatismus, gegen die Philosophie des Pragmatismus der Klassiker, wie Charles Sanders Peirce, William James und John Dewey.
Vorsätzliche Lüge wirkt, aber man sagt dazu eben nicht Lüge als Verantwortlicher, der die Macht hat, zu manipulieren, sondern man sagt dazu Motivation. Einer der größten Werbeleute aller Zeiten, der seine Agentur in der Madison Avenue hatte, in New York, und amerikanischen Präsidenten beriet, in welchem Winkel zur Fernsehkamera sie genau ihren Kopf zu halten hätten, um bei ihren Wählern zu punkten, war der geborene Ire David Ogilvy („Eine amerikanische Legende“).
Die Moral von der Geschicht: Es nützt wenig, an „Wahrheit“ zu glauben als Lügen vorsätzlich mit aller Kunst der Motivation zu erfinden. Wahr ist allein nur, was dem Leben nützt - alles andere ist Lüge!
Existo
Unwahr ist jede Äußerung oder jedes Verhalten, das nicht mit den Fakten übereinstimmt.
Die Lüge ist ein statistisch ganz ganz kleiner Unterfall der Unwahrheit:
Lüge ist jede wissentlich gemachte Äußerung, die objektiv unwahr ist und die subjektiv den Zweck hat, sich oder einem anderen einen ungerechtfertigten unmoralischen Vorteil zu verschaffen.
Eine kleine anekdotische Anmerkung am Rande: Dir Mutter des französischen Kaisers Napoleon III sagte über ihren Sohn:
Der lügt sogar dann, wenn er schweigt.
Hartmut Calenberg
Wie viel Zeit hat dieser Text bitte in Anspruch genommen?! Oh mein Gott … vielen vielen Dank
Wo ist der Unterschied? Ich verstehs grade nichz
Hallo! Warum hast Du den dritten Satz meiner Stellungnahme nur zur Hälfte zitiert? Ich habe deutlich geschrieben:
… die objektiv unwahr ist U N D DIE SUBJEKTIV den Zweck hat, sich oder einem anderen einen ungerechtfertigten, unmoralischen Vorteil zu verschaffen.
Die allermeisten Unwahrheiten werden ja in anderer Seelenverfassung geäußert: es sind kleine Ausflüchte, Mogeleien, man geniert sich, oder es kommt nicht so darauf an, oder es sind „Notlügen“ oder den anderen geht es nichts an, usw. NUR dann, wenn man weiß, daß die eigene Aussage falsch ist, daß sie aber für den anderen wichtig ist, daß er sich darauf verläßt, UND daß man sich einen Vorteil ergattert, der gravierend ist, der einem aber nicht zusteht, DANN ist die Unwahrheit eine Lüge.