„Damit grenzt er [Walter Benjamin] sich einerseits gegen Liselotte Wiesenthal ab,[…] [welche] eine strukturelle Identität von Sprache und empirischer Realität annimmt.“
Dangö.
„Damit grenzt er [Walter Benjamin] sich einerseits gegen Liselotte Wiesenthal ab,[…] [welche] eine strukturelle Identität von Sprache und empirischer Realität annimmt.“
Dangö.
Hallo!
Dieser eine, herausgerissene, Satz verleitet zum KaffeeSatzlesen.
„Damit grenzt er [Walter Benjamin] sich einerseits gegen
Liselotte Wiesenthal ab,[…] [welche] eine strukturelle
Identität von Sprache und empirischer Realität annimmt.“
Der erste Teil ergibt eigentlich keinen Sinn, da Frau Wiesenthal die Interpretatorin von Herrn Benjamin ist - und sich daher ein Autor von seiner (postmortalen) Interpretation abgrenzen müsste … Wer schreibt denn sowas? Egal.
Keine Ahnung, wie Wiesenthal dies in ihrem Büchlein meint („Zur Wissenschaftstheorie Walter Benjamins“), aber gemeinhin versteht man unter einer „strukturellen Identität von Sprache und Realität“ wohl ein ‚positivistisches‘ Sprachmodell wie es vielleicht Wittgensteins Tractatus am klarsten formuliert: der Sprache und der Realität liegt eine identische Aufbaulogik/Strukturordnung zu Grunde, welche beide Bereiche regiert. Nur so ist ein Bild-Abbild-Verhältnis möglich. Die Differenz zu Benjamins Sprachmodell liegt auf der Hand.
Aber, wie gesagt, ob W. den Begriff in diesem Sinne gebraucht, weiß ich nicht, und will ich auch nicht andeuten.
Ich dachte zuerst schon, Frau W. wäre eine Verwandte von Adorno, aber der heißt ja Wiesengrund … Schade eigentlich.
_ ℂ Λ ℕ Ð I Ð € _
Den Gedanken hatte ich auch. Empirische Realität und Sprache sind quasi „aus dem gleichen (Grund)stoff gemacht“. Beiden liegt die gleiche Struktur zu Grunde.
Nun ist mir aber überhaupt nicht offenbar, wie das vom Sprachmodell Benjamins abweicht.
Benjamin redet ja von geistigen und sprachlichen Wesen und den Beziehungen zwischen diesen Wesen und bezieht sich ja eigentlich gar nicht auf die empirische Realität.
Aber vielleicht ist das (auch) genau die Differenz die du meinst?!
Hallo!
Nun ist mir aber überhaupt nicht offenbar, wie das vom
Sprachmodell Benjamins abweicht.Benjamin redet ja von geistigen und sprachlichen Wesen und den
Beziehungen zwischen diesen Wesen und bezieht sich ja
eigentlich gar nicht auf die empirische Realität.
Ich bin bei Benjamin überhaupt nicht fit, darum sage ich lieber wenig dazu. Erst recht, weil ich nicht sauber zwischen den Epochen seiner Sprachtheorie differenzieren kann. Also alles ohne jede Gewähr und mit Blamagegefahr
Ich sehe drei grundlegende Unterschiede:
Benjamin begreift die Welt der Dinge selbst als eine Sprache. Insofern ist a) der Gegensatz, wie du es schon sagst, Sprache/Idee, nicht Sprache/Realität, und b) geht es ihm nicht um den Zugriff eines sprachlichen Wesens auf die Welt der toten Dinge, sondern um die Sprache als Mitteilungs- und Übersetzungszusammenhang - als der sie eben schon „in den Dingen selbst“ beginnt.
Benjamin geht es nicht um Propositionen, Wahrheitswerte und Sachverhalte, sondern um Namen und Benennungen. Also nicht darum, wie Sprache Wirklichkeit abbildet und beschreibt, sondern wie Sprache Wirklichkeit bewirkt bzw. wie sich Wirklichkeit mittels ihrer Versprachlichung transformiert. Entsprechend entwickelt er in seinem frühen Aufsatz „Über die Sprache überhaupt …“ auch eine Sprach-Geschichte, die er als Verfallsgeschichte anlegt.
Benjamin Bezugsgröße ist die Sprache selbst (als Gesamtgebilde, als „Gestalt“), nicht einzelne Sätze.
_ ℂ Λ ℕ Ð I Ð € _
Hi ElaMiNaTo,
„…warum die kulturelle Rationalisierung… in EXPERTENKULTUR EINGEKAPSELT bleibt, warum die modernen WISSENSCHAFTEN dem technischen Fortschritt… dienen, aber NICHT dem… (Normal) Bürger…“
„…die modern(e) Kultur mit einer auf sinnstiftende Tradition angewiesenen, aber… VERARMTEN Alltagspraxis.“
Kunsttheorie Walter Benjamins vgl. J. Habermas, W. Benjemin - Bewusstmachende oder rettende Kritik, 1981
Zitiert aus „Theorie des kommunikativen Handelns“, Jürgen Habermas, 1987
Gruß
C.
Hi Candidie
Ich sehe drei grundlegende Unterschiede:
- Benjamin begreift die Welt der Dinge selbst als eine
Sprache. Insofern ist a) der Gegensatz, wie du es schon sagst,
Sprache/Idee, nicht Sprache/Realität, und b) geht es ihm nicht
um den Zugriff eines sprachlichen Wesens auf die Welt der
toten Dinge, sondern um die Sprache als Mitteilungs- und
Übersetzungszusammenhang - als der sie eben schon „in den
Dingen selbst“ beginnt.
Wenn man geistige Wesen mit ideen verbindet ja. Was geistige Wesen sind erwähnt er nicht (zumindest nicht, dass ich wüsste) Aber als ich den Text las kam bei mir auch die Idee, dass er eventuell Ideen meinen könnte…
Im Aufsatz schreibt er, dass die Dinge stumm mit dem Menschen kommunizieren. Ich stelle mir das immer ganz lustig vor: Hier ist der Monitor und sendet mir jetzt das Wort, welches ich empfange und dann denken bzw. schreiben kann.
Aber da sehe ich dann parallelen mit Plato. Der behauptete so weit ich mich erinnere ja auch, dass es eine Welt der Formen bzw Ideen gibt, welche dann in der Realität abgebildet werden. Zumindest der Gedanke, dass das die Dinge, die wir sehen eine Realität haben, welche nicht mehr wahrzunehmen sind.
- Benjamin geht es nicht um Propositionen, Wahrheitswerte und
Sachverhalte, sondern um Namen und Benennungen. Also nicht
darum, wie Sprache Wirklichkeit abbildet und beschreibt,
sondern wie Sprache Wirklichkeit bewirkt bzw. wie sich
Wirklichkeit mittels ihrer Versprachlichung transformiert.
Entsprechend entwickelt er in seinem frühen Aufsatz „Über die
Sprache überhaupt …“ auch eine Sprach-Geschichte, die er als
Verfallsgeschichte anlegt.
Benjamin geht es darum die Sprache nicht mehr als MITTEL zum ZWECK zu betrachten. Die Sprache ist der unmittelbare Ausdruck eines geistigen Wesens. Und je nachdem wie die Sprache funktioniert, bezeichnet er das als sprachliches Wesen. Das sprachliche Wesen des Menschen ist eben, dass er die Dinge benennt.
In dem Aufsatz „Über Sorache überhaupt…“
- Benjamin Bezugsgröße ist die Sprache selbst (als
Gesamtgebilde, als „Gestalt“), nicht einzelne Sätze.
yup.
Woher hast du die ganzen Informationen? Das, was du sagst, steht jedenfalls nicht im Sprachaufsatz „Über sprache überhaupt…“
Steht es vielleicht im „Zur Aufgabe des Übersetzers“ Aufsatz? Der liegt mir leider noch nicht vor
Benjamin unterscheidet ja zwischen dem Wort und dem Namen.
Das Wort ist bei Gott. Das Wort schöpft also alles was es auf der Welt gibt. Nachdem Gott mit dem Wort geschöpft hat, erkannte er seine Schöpfung im Namen.
Genau diese Aufgabe hat der Mensch nun (da er ja Bild gottes ist). Er soll Gottes Schöpfung in ihrem Namen erkennen (ist das nicht eigentlich totaler verbalismus?).
Was ich aber hier sehe ist, das, Benjamin von einer strukturellen Identität zwischen Wort und Ding ja eigentlich ausgeht.
Er behauptet, dass alle Dinge zumindest Anteil haben, an dem schöpferischen Wort Gottes. Denn ohne dem Wort, wäre nichts gemacht.
So. Ich habe gerade was gefunden:
„Sein geistiges Wesen ist die Sprache in der er geschaffen wurde“.
Sein = der Mensch
Die Sprache mit der der Mensch aber geschaffen wurde, ist ja die Sprache Gottes und in Gott ist Wort und Name identisch.
„Das absolute Verhältnis des Namens zur Erkenntnis besteht allein in Gott, nur dort ist der Name, weil er im innersten mit dem schaffenden Wort identisch ist , das reine Medium der Erkenntnis.“ [Herv. von mir].
Jetzt wirds interessant:
„Der Mensch aber benennt sie maßen der Erkenntnis“.
Soweit ich das jetzt verstehe, bedeutet dass, das je nach Bewusstseinsgrad, (oder wie auch immerm an das nenne mag), es verschiedene Erkenntnisstufen des benennens eines Dinges gibt.
Wobei man aber niemals zum reinen Medium der Erkenntnis vordringen kann, denn dieses Medium ist alleine Gott vorbehalten.
Hi Candide,
Nur so ist ein Bild-Abbild-Verhältnis
möglich.
Das Repräsentations-Modell, wie du es darstellst, ist überholt.
Immer mehr lebende (!) Philosophen in Europa und den USA vertreten dagegen ein Innen-Modell, das die moderne Psychologie und Hirnforschung bestätigt.
Gruß
C.
Kleine Einschränkung des letzten Posts:
Gott hat im Paradies seine Sprache im Menschen entlassen. Sie war nun nicht mehr schöpferisch im Menschen, aber er der Mensch hatte die Möglichkeit der reinen Erkenntnis in dem Gott den Menschen aufgetragen hat, die Dinge zu benennen.
Diese Benenung der Dinge sei nicht mit der Benennung der Dinge Gottes identisch. In Gott war Wort und Name identisch. Im Paradies empfängt der Mensch die Namen von den (stummen) Tieren (Dingen) und übersetzt diese in die mit Lauten versehene Menschensprache. Genau dies ist ist die reine Erkenntnis der Dinge.
Just for me: Wenn Name und Wort bei Gott identisch sind, dann ist „beides“ schöpferisch und im Menschen war die Sprache nicht mehr schöpferisch „nur noch“ absolut erkennend.