Hallo,
diese Grenze bei 50, wenn man nicht mehr zur „werberelevanten Zielgruppe“ gehört, und nur noch Adressat von speziellen Produkten für „alte Menschen“ ist, finde ich lächerlich bis unverschämt. Gerade wenn wir uns ansehen, dass die Lebenserwartung zunehmend steigt, und die 50 mehr und mehr Mitte des Lebens und nicht mehr 2/3 bis 3/4 Grenze ist.
Durch Wegfall extremer Arbeitsbedingungen und echten wirtschaftlichen Elends in den letzten Jahrzehnten, sowie medizinische Versorgung auf höchst möglich denkbarem Niveau sind bei uns die Chancen mit Spaß älter zu werden, und älter zu sein, abgesehen von der ein oder anderen üblen Erkrankung, die bei höherem Alter gerne mal zuschlägt, besser denn je. Aber es ist natürlich auch eine Frage der Einstellung, ob man sich von jedem altersgerechten Zipperlein diesen Spaß verderben lässt, oder nicht. Denn um diesen zu entgehen, gibt es ohnehin nur die Alternative jung zu sterben.
Natürlich kann man auch durch eine adäquate Lebensweise viel dafür tun, dass es mit Gesundheit und Fitness mehr Spaß macht. Aber was teilweise aufgeboten wird, um dem Unvermeidlichen entgehen zu wollen, ist natürlich auch irre. Und vielen würde etwas mehr Akzeptanz des rein körperlichen Alterns vielleicht ganz gut tun.
Aber ansonsten ist heute bei uns niemand mehr gezwungen „alt“ zu sein. Es gibt 1001 Chancen sich mit jüngeren Menschen, dem aktuellen Tagesgeschehen, neuer Technik, sich weiter entwickelnder Kunst und Kultur zu beschäftigen, sich anständig anzuziehen, die Haare zu frisieren, … Das war früher nicht ganz so einfach, und ich erinnere mich noch an massenhaft „richtig alte“ Menschen aus Kinderzeiten im Ruhrgebiet, wo Menschen von der Arbeit im Bergbau, der Luftverschmutzung, den Nachwirkungen der Kriegs- und Nachkriegszeit schon mit 50 massiv gezeichnet waren, und mangels anständiger Alternativen entsprechende Kleidung ein Übriges für das alte Erscheinungsbild tat. Von mangelnder geistiger Anregung ganz zu schweigen.
Heute fallen Menschen mit einem entsprechenden Erscheinungsbild hingegen schon auf. Und ich fühlte mich neulich wirklich versucht eine Frau anzusprechen, aus welchem Museum sie ausgebüxt sei, oder in welchem Nachkriegsfilm sie mitspielen würde, weil ich mir nicht anders erklären konnte, wo man heute noch so unförmige Schuhe, so graue, blickdichte, grobe Strümpfe, und so ein unglaublich „altes“ Kochtopfhütchen, sowie einen so klapprigen Hackenporsche, … her bekommen kann. Aber vielleicht war die Guteste schon so auf die Welt gekommen, oder geht seit 40 Jahren jeden Abend im Tiefkühler schlafen und zementiert so den Zustand der „alten“ Frau aus meiner Kindheit.
Da lobe ich mir alte Freunde, die mit jenseits 80 noch im Rahmen der gegebenen körperlichen Einschränkungen mobil und aktiv sind, den Kontakt und Austausch mit jüngeren Leuten suchen und nutzen, und noch Spaß daran haben, sich schick anzuziehen, ohne gleich in lächerlichen Girlylook zu verfallen. Und wenn meine Mutter letzte Woche freudestrahlend erzählte, dass ein Arzt sie gefragt habe, wie lange sie denn noch arbeiten müsse (sie ist über 70), dann ist das doch ein wirklich schönes Kompliment. Genau wie wenn unsere Au-Pair uns immer wieder bestätigen, dass wir mit inzwischen jenseits Mitte 40 viel jünger als ihre eigenen Eltern seien, die noch einige Jahre weniger auf dem Buckel haben, aber in Russland natürlich unter ganz anderen Umständen aufgewachsen sind.
Gruß vom Wiz