Was ist eigentlich Geld?

Hilfe!!! Bisher haben ich keine befriedigende Antwort auf meine Fragestellung bekommen. :frowning: Kann es sein, dass es niemanden wirklich interessiert?

Servus,

was fehlt Dir denn am Wiki-Artikel „Geld“? Hast Du ihn denn gelesen? Wo bist Du nicht weitergekommen?

Und das Gabler Wirtschaftslexikon ist nicht nur für dieses Schlagwort eine richtig „lohnende“ Anschaffung, auch wenn 80 € im ersten Moment teuer scheinen.

Schöne Grüße

MM

Hab ich. Danke für den Tip!

Schon der Anfang aus dem Wikipediaartikel „Geld ist jedes allgemein anerkannte Tausch- und Zahlungsmittel. Es können unterschiedliche Geldformen bestehen, vor allem Bargeld (Geldmünzen und Banknoten) und der Zahlungsanspruch einer Nichtbank gegenüber einer Bank (Buchgeld und Giralgeld).“ ist kompliziert. Ist diese einleitende Erklärung aus Wikipedia mit dem Video, das ich mit meiner Frage gepostet habe im Eiklang?

Servus,

dazu kann ich nichts sagen, weil ich mir das Video nicht antun wollte.

Kannst Du zusammengefasst wiedergeben, welche Thesen in dem Video dargelegt werden?

Schöne Grüße

MM

Hallo zusammen,
als ich den Film damals gesehen habe, erinnere ich mich, dass ich ein etwas ambivalentes Verhältnis zu ihm hatte.
Was der Film beschreibt, ist systemisch betrachtet nicht falsch, er zeigt allerdings nur einen kleinen Ausschnitt, nämlich den Übergang von einem dezentralen, frei geschöpften Vollgeldsystem hin zu dem zinsbehafteten Kreditgeldsystem in dem wir heute leben. Außerdem ist der Prozess sehr stark abstrahiert dargestellt, allerdings hat er auch nicht den Anspruch historisch korrekt zu sein.
Was mir an dem Film gar nicht gefällt, ist die Polemik. Der Film will ganz klar eine Meinung transportieren und selbst, wenn ich geeneigt bin dieser weitgehend zuzustimmen, bin ich auch der Meinung er ist zu einseitig. So ein System hat ja nicht NUR Nachteile.
Da in einem Schuldgeldsystem kein Kapital für die Rückzahlung von Zinslast geschöpft wird, es also immer mehr Schuld als Kapital gibt, ist dieses System auf Wirtschaftswachstum angewiesen, denn für die zusätzliche Zinsschuld müssen dann Werte geschaffen werden. Das heisst also, ein großer Teil unseres Fortschritts, ist bedingt durch das Geldsystem. Ohne dieses System würde ein nicht geringer Teil der Motivation Fortschritt zu erzeugen einfach nicht vorhanden sein. So etwas verschweigt der Film halt.
Soviel zu meiner amatuerhaften Filmanalyse :grin:
Zum Wesen von Geld möchte ich ein herausragendes Buch empfehlen: David Greaber: Schulden, die ersten 5000 Jahre.
Dieses Buch gefällt mir sehr gut, da es das einzige ist, das ich kenne, welches das Thema interdisziplinär behandelt. Also nicht aus rein ökonomischer, rein historischer oder rein antropologischer Sicht interpretiert.
Es wird ein komplettes Bild der sozio-ökonomischen Folgen der verschiedenen Geldsysteme dargestellt.
Ökonomen gehen in der Regel von Geld als einem Tauschmedium aus, was ja auch korrekt ist. Allerdings lassen die Theorien von Adam Smith, Milton Friedman etc. ausser Acht, dass die Grundlage des Binnenhandels eben nicht der Tausch war. Historiker haben allerdings hinreichend belegt, dass der Tausch nur unter Parteien, die sich nicht vertrauten das Handelsmedium war, während der Markthandel die meiste Zeit der Menschheitsgeschichte auf Vertrauen in die Kreditwürdigkeit seines „Geschäftspartner“ basierte.
Der beste Satz, den ich in den Kommentare und Antworten gelesen habe ist: Geld ist Vertrauen. Genau das ist es, nicht mehr und nicht weniger. Durch das Schuldgeldsystem haben wir das Vertrauen allerdings auf die schöpfenden Banken übertragen. Wir müssen unseren Geschäftspartnern nicht mehr vertrauen, sondern nur noch den Sicherheiten, die die Banken bieten.
Diese Sicherheiten hat man bis in die Siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts noch durch Gold gedeckt (jedenfalls zu einem kleinen Teil). Seit diese Golddeckung abgeschafft wurde, basiert das ganze System tatsächlich bloß noch auf dem Vertrauen in die Wertstabilität von Geld, ohne jeglichen Gegenwert. Ziemlich perfide, wenn man sich anschaut, wie oft alleine in Deutschland und nur im 20sten Jahrhundert dieses Vertrauen zu Mega-inflationen, Umverteilung und neuen Währungen geführt hat.
Abschließend möchte ich noch erwähnen, dass die (nichtzurückzahlbare) Zinslast exponentiell wächst. Das ging vor etwa einhundert Jahren los (Federal Reserve Act vom 23.12.1913), und wenn man die Guthabenzinsen (und Insolvenzen, also Schuldenschnitte) mit den Kreditzinsen gegenrechnet kommt man auf einen Schnitt von fast 5 % Zinsen (momentan 0.5%, in den 90ern bis 18% etc.). Es gibt ein paar beeindruckende Rechnungen, die den Exponentialeffekt deutlich machen (Josephs-Pfennig, Reiskorn-Schachbrett-Gleichnis etc.). Bei 5% findet die erste Verdopplung des Stammkredits/-kapitals nach 19 Jahren statt. Nach 100 Jahren hat man seine Grundschuld/-kapital allerdings schon verhundertdreißigfacht. Wenn die Schuldmenge exponentilell wächst, wächst auch die Geldmenge exponentiell. Und wenn die Geldmenge wächst, muss die Wirtschaft wachsen. Wenn die Geldmenge exponentiell wächst, muss auch die Wirtschaft exponentiell wachsen.
Das ist der Fehler im System, denn die Wirtschaft kann nicht exponentiell wachsen, auch wenn die Herrn Europaökonomen versuchen uns das weis zu machen und dies auch mit drei Prozent in die Maastrichter Verträge geschrieben haben. Eine zeitlang geht das vielleicht, aber wenn man bedenkt, dass sich unsere Wirtschaftsleistung nach 24 Jahren das erste mal verdoppelt haben muss (nach 100 Jahren verzwanzigfacht), merkt man schnell, dass es so nicht lange weitergehen kann. Im Gegensatz zum theoretischen Geld, ist die Steigerung der Wirtschaftsleistung von ganz realen Dingen abhängig, wie die zur Verfügung stehende Menge an Rohstoffen, Arbeitsleistung, Transport, Lagerung und im Endeffekt auch Kaufkraft und Konsum. Man kommt irgendwann zu dem Punkt, an dem sich die Wirtschaftsleistung jedes Jahr, dann jeden Tag, dann jede Sekunde verdoppeln muss…

Nein, dieses System ist nicht von Leuten erfunden worden, die nachhaltig gedacht haben und Geld als Wirtschaftsmedium zum Vorteil der Gesellschaft formen wollten. Genau das Gegenteil ist die Intention dieses Systems, es ist wissentlich so angelegt, dass sich Geld an einzelnen Punkten sammelt und die große Mehrheit die Werte für den Reichtum von Wenigen erarbeiten muss. Insofern hat der Film schon ganz recht.

Um es mit den Worten von Max Otte auszudrücken: Wir verkonsumieren seit hundert Jahren die Südhalbkugel für die Renditen der Reichen […] und jetzt wundern wir uns über die Flüchtlinge.

oder Berthold Brecht: Wenn ich nicht arm wäre, wärt ihr nicht reich.

oder Volker Pispers: Es ist wie beim Lotto, ja, jeder kann gewinnen, …aber eben nicht alle.

oder Henry Ford: Es ist gut, dass die Menschen nicht wissen, wie das Geldsystem funktionert. Wenn sie es wüssten, würde es eine Revolution geben, noch bevor der Morgen anbricht.

oder Henry Kissinger: Wer das Öl kontrolliert, der beherrscht die Staaten; wer die Nahrungsmittel kontrolliert, der
beherrscht die Völker; und wer das Geld kontrolliert, der beherrscht die Welt!#

oder H.M. Rothschild: Gebt mir die Kontrolle über die Währung einer Nation, und es ist mir egal, wer die Gesetze schreibt.

oder, noch ein letztes von Woodrow Wilson (eine Reflektion des Präsidenten, der den Federal Reserve Act eingeführt hat):
Ich bin ein sehr unglücklicher Mensch. Ich habe unbeabsichtigt mein Land ruiniert. Eine große Industrienation wird von ihrem Kreditsystem beherrscht. Unser Kreditsystem ist zentralisiert. Das Wachstum der Nation und alle unsere Aktivitäten befinden sich in den Händen von einigen wenigen Männern. Wir sind zu einer der am schlechtesten geführten, am meisten kontrollierten und fremdbestimmten Regierungen der zivilisierten Welt geworden, keine Regierung der freien Meinung mehr, keine Regierung der Überzeugung und der Mehrheitsentscheidung, sondern eine Regierung, die von der Meinung und der Nötigung einer kleinen Gruppe dominanter Männer abhängt.

Ich hoffe ich konnte etwas zur Antwortfindung beitragen . Ich habe versucht es so objektiv wie möglich zu formulieren, aber denke, dass meine persönliche Eintellung hier auch mitschwingt, daher kann ich nur empfehlen sich selber eingehender mit dem Thema zu beschäftigen und sich ein eigenes Bild zu machen.
Ein paar Anregungen und Suchbegriffe:
Schuldgeld
Vollgeld
Freigeld
Geld mit intrinsischem Wert
Fiatgeld
Warengeld
Krösus Münzprägung
Perikles standartisierte Goldmünze
Goldstandart
Greenback
Bank of North America
First Bank of Amreica
Second Bank of America
Federal Reserve Act
Bretton Woods Abkommen

Ausserdem findet man einige sehr gute Dokumentationen des Fernsehsenders Arte zu dem Thema,

Viele Grüße und ein schönes Wochende!

…aber wenn du wirklich verstehen willst, was Geld ist und wie es sich gewandelt hat, besorg dir keinesfalls etwas, das Ökonomen geschrieben haben :stuck_out_tongue_closed_eyes:
Ich empfehle eher historische Lektüre.

Super Antwort! Vielen Dank!

Servus,

„historische Lektüre“ im Sinn von „Prinz Eisenherz“ vielleicht?

Oder schlicht Sachen, die „irgendwan früher“ geschrieben worden sind, wie die Werke von François Quesnay vielleicht?

Oder sowas wie den Bericht von C. J. Caesar über seinen Gallischen Krieg?

Oder vielleicht Kellers „Fähnlein der Sieben Aufrechten“?

Warum Du findest, dass „Ökonomen“ in Bausch und Bogen nicht wissen oder nicht definieren können oder nicht erklären können, was Geld ist, möchte ich glaube ich gar nicht so genau wissen. Warum Du meinst, ich hätte nicht „wirklich verstanden“, was Geld ist und wie es sich gewandelt hat, eigentlich auch nicht.

Schöne Grüße

MM

Also, ich habe selbst mal VWL studiert und weiß wie sehr die Ökonomen in ihrem eigenen Sud köcheln. Wir lesen zum Beispiel nur die ersten 300 Seiten von „Der Wohlstand der Nationen“. Ab Seite 400 sieht das ganze schon wieder anders aus, und ohne sein Buch „Theorie der ethischen Gefühle“ (was Adam Smith übrigens selbst als sein Hauptwerk betitelt hat und eben nicht „Der Wohlstand der Nationen“!) kann man gar nicht vollständig verstehen, was er mit Begriffen wie Eigennützigkeit, Marktdynamik oder seiner berühmten unsichtbaren Hand gemeint hat.
Und so etwas lesen eben höchstens Philosophen oder Historiker (Adam Smith selbst, war übrigens Philosoph und nicht Ökonom).
Ich behaupte mal einfach, dass es nur sehr, sehr wenige Ökonomen gibt, die in der Lage sind ihre Bilanzbrille abzusetzten und das Ganze aus einer sozio-ökonomischen Markoperspektive zu betrachten, wobei das Wort sozio an erster Stelle steht.

Wenn du das so verstanden hast, tut es mir Leid, ich wollte damit nicht zum Ausdruck bringen, dass ich an irgendjemandes Intelligenz hier zweifle.
Ich denke es ist durchaus möglich durch das Studium der Ökonomie zu einem objektiven Gesamtverständnis zu kommen, aber ich halte es für enorm schwierig. Es setzt die Fähigkeit vorraus, nicht ausschließlich über das zu reflektieren, das man beigebracht bekommt, sondern auch über das, was man nicht erfährt.
Ähnlich wie beim Schauen von Nachrichten. Nach den Tagesthemen hält man sich für recht gut informiert, wenn es aber in den Nachrichten mal um ein Thema geht, von dem man zufällig viel weiß, oder sogar Insiderinformationen besitzt, stellt man fest, dass zu dem Thema sehr viel nicht gesagt wurde, das eigentlich hätte gesagt werden müssen, um ein objektives Bild zu vermitteln.
Wenn man etwas beigebracht bekommt, sollte man sich immer fragen, warum gerade das und was gibt es sonst noch, das mir nicht beigebracht wird und warum wird mir das nicht beigebracht.
Meiner Erfahrung nach ist das gerade in der Ökonomie ein besonders großes Problem. Die historische Betrachtung von Themen führt zu einem Rahmen, einem roten Faden und wirkt praktisch wie ein Filter für die einzelnen mikroperspektivischen Themengebiete.
Daher empfehle ich die historische Herangehensweise. Ich habe ja nicht behauptet, sie wäre die Einzige, ich empfehle sie, da sie meiner Erfahrung nach die einfachste, grundlegenste und sicherste Methode ist, wenn man zum Verständnis des Wesens von Geld kommen möchte. Das funktioniert übrigens auch in ganz vielen anderen Themenbereichen.
Tut mir Leid, wenn es so wirkte, aber das sollte wirklich kein Affront sein.

Kann es nicht sein, dass das Wort Kredit nicht doch mit glauben zu tun hat? Kann man Geld nicht als eine Art von Schulverschreibung sehen, da es ja nicht einen realen Wert, sondern eine in Zukunft zu erbringende Leistung darstellt, bei denen es ja immer auch einen Gläubiger gibt?

Vielleicht versuchst Du nicht einfach mal, die für Dich relevanten Thesen zu formulieren, anstatt hier in Summe auf zweieinhalb Stunden Videos zu verlinken?