Was ist eigentlich Unendlichkeit?

Hossa :smile:

Ich möchte hier gerne mal ein Problem zur Diskussion stellen, für das ich keine Deutung habe. Es geht um ein geometrisches Problem. Wenn ich eine Hyperbel, also eine Funktion der Form

f(x)=\frac{1}{x}

http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Grap…

für alle Werte von x=1 bis x=unendlich um die x-Achse rotieren lasse, erhalte ich einen unendlich langen Trichter.

Die Oberfläche F dieses Trichters ist wie erwartet unendlich groß:

F=2\pi\int_1^\infty\frac{1}{x},dx=2\pi\left[\ln x\right]_{x=1}^{x=\infty}=\infty

Das Volumen V dieses Trichters ist jedoch endlich:

F=\pi\int_1^\infty\left[\frac{1}{x}\right]^2,dx=\pi\int_1^\infty\frac{1}{x^2},dx=\pi\left[-\frac{1}{x}\right]_{x=1}^{x=\infty}=\pi

Mit anderen Worten, es gibt nicht genug Farbe, um den Trichter von außen oder von innen komplett anzumalen (unendlich groß), jedoch kann ich den Trichter randvoll mit Farbe füllen (endliches Volumen).

Und damit habe ich ein Verständnisproblem. Wie kann ein unendlich langes Objekt mit unendlicher großer Oberfläche ein endliches Volumen haben? Liegt das vielleicht am Begriff des Unendlichen? Wie wird der Begriff „Unendlichkeit“ in der Philosophie gefasst?

Danke vorab für eure Beiträge und viele Grüße

Hasenfuß

eine interessante aufarbeitung zu diesem thema findest du im artikel „‚Unendlichkeit‘ in der Philosophie G.W.F. Hegels“ - Hier wird vor allem die Differenz zwischen „schlechter Unendlichkeit“, „mathematischer Unendlichkeit“ und dem positiven philosophischen Unendlichkeitsbegriff herausgearbeitet, letzter wird Anhand seiner Verwendung in unterschiedlichen Teilen des hegelschen Systems rekonstruiert. - Bei Anmeldung kannst du ganzen artikel dazu lesen - http://www.grin.com/e-book/43201/unendlichkeit-in-de…

für mich bedeutet das wort „unendlichkeit“ am ehesten einen Begriff um die unbegrenzten Weite zu assoziieren bzw. keine räumlichen oder zeitlichen Grenzen zu setzen.
Ob es sich nun um Kant handelt oder um Leonardo da Vinci oder um mathematiker wie Bernoulli, das wort und die definition dessen ist und wird noch jahrzehnte lang die menschheit vor fragen und berechnungen stellen.

was deine formeldarstellungen des trichters anbetreffen, solltest du dir auf jedenfall Bernoulli geben, der sich insbesondere mit den eigenschaften der lemniskate-kurven befaßt. - weitere experten hiezu wären: Giulio Carlo Fagnano dei Toschi, Carl Friedrich Gauß oder zB Camille-Christophe Gerono.

interessante bücher zur aufarbeitung dieses themas wären:
Die Pforte zur Unendlichkeit oder Durch die Sphären des Zeitlosen von Michael Roads - Anmerkung: wenn geht alle bücher von roads lesen, und zwar nach den erscheinungsjahren - dann fällt einen wiederum „unendliche“ diskussionen zur obgenannten thematik in der philosophie ein.

um unendlichkeit in der philosophie zu diskutieren wäre eine art „runder tisch“ mit live-gesprächen oder eine philosophische zusammenkunft interessierter wesentlich mehr informeller als dies in schriftlicher form in einem forum.

hiezu erkundigst du dich am besten an den unis zu vortragsreihen u. diskussionsabenden; zB die uni augsburg hatte früher immer wieder solche veranstaltungen, damals geführt von prof. mainzer.

ein spruch hängt bei mir in der bücherecke - allerdings weiß ich nicht mehr, von wem er stammt:
— Der Begriff: „das unendliche Vakuum“ („das NICHTS“ oder auch „die NULL“) bezeichnen wir in der Folge auch als „unendlich“, „das Unendliche“ oder einfach „die Unendlichkeit“, da das unendliche Vakuum das einzige überhaupt ist, was unendliche Dimensionen haben kann.----

Hi Hasenfuß,

Wie wird der Begriff „Unendlichkeit“ in der
Philosophie gefasst?

Der Wiener Philosoph Professor Othmar Spann schreibt von einem „schlechten Unendlichen“.

Damit meint er Folgendes:

„Die Unganzheit der Naturwelt, in die wir rückverbunden sind, gemahnt uns wiederum, nicht nur das Schöne… zu bedenken… Die Natur ist auch eine dunkle Macht, die sich selbst nicht völlig zu meistern… vermag. Sie ist dem Geiste Werkzeug und verheißt ihm Macht. Zugleich zieht sie ihn aber in ihr Unvermögen hinein, macht ihn ohnmächtig und schlägt ihn in die Fesseln eines äußerlichen und tierischen Lebens.“ (Zitat aus „Erkenne dich selbst“, Akademische Druck- und Verlagsanstalt Graz, 1968).

Dagegen stehen die berühmten „Meditationen“ von René Descartes mit seiner weltbekannten Erkenntnis: „Ich denke, also bin ich.“ Ich drehe das in „meinen“ Meditationen um und behaupte: „Ich FÜHLE, also bin ich.“

Und im absoluten FEEL-Zustand gibt es keine Grenzen des Denkens mehr, da FÜHLE ich eine reine Substanz, als Unendlichkeit. Auch wenn das nur Einbildung wäre, es ist eine immer wieder herbeizuführende persönliche ERFAHRUNG.

Gruß
C.

Hallo Hasenfuß, sieh Dir mal den Grav der Funktion an, das Volumen wird durch die Fläche zwischen der Funktion und den beiden Achsen repräsentiert; die Oberfläche durch die Kurve selbst.

Durch bloßes Ansehen erkennst Du sofort, daß beide Größen von grundsätzlich verschiedener Mächtigkeit sind. Die Länge der Kurve (Oberfläche) ist offensichtlich unendlich. Beim Volumen ist es nicht so offensichtlich, zunächst nur plausibel. Nach rechts gibt es zwar auch unendlich viele Schritte, die aber in bekannter Weise immer weniger Zuwachs bringen, sodaß ein Grenzwert nicht überschritten wird.

Es ging mir nur um die Anschaulichkeit des Problems, nicht um Erklärung Unendlicher Reihen. Da kann ich Dir „GAMMA“ von Julian Havil empfehlen Springer Verlag. Gruß, eck.

Danke
Hossa @all :smile:

Danke für eure Antworten. Ich denke, jetzt bin ich etwas weiter gekommen.

Viele Grüße

Hasenfuß

ups - da muß ich einfach antworten! "Das „Nichts“ oder auch „die Null“ - das ist doch sehr unsorgfältig, diese Gleichsetzung! Die Null als Zahl verschiebt das Nichts ins Reich des Mess- und Verfügbaren. Konsequenzen daraus sind die Computertechnik, die im Kern nur zwischen Null und Eins (und nicht etwa zwischen „nichts“ und „etwas“) unterscheiden kann. (Bologna läßt grüßen - "das Ziel dieser Antwort war den Lesenden von Anfang an bekannt (ja/nein), "der Aufbau dieses Postings ist klar strukturiert und in seiner Intention deutlich zu erfassen (ja/nein) etc.

Hi Hasenfuß,

die Mathematik kann als abstrakte Theorie die Unendlichkeit definieren. Aber praktisch kann kein Mensch die Unendlichkeit denken…

Wenn man sich z. B. einen Linie denkt, die bis in die Unendlichkeit des Weltraums verläuft - wo endet sie?

Und wenn der Raum „gekrümmt“ wäre, wie Einstein meint, kommt diese Linie dann wieder an ihren Ausgangspunkt zurück? Und was wäre „hinter“ der Krümmung", die die Linie abbog und wieder an den Ausgangspunkt zurückbrachte??

René Descartes als Mathematiker und Philosoph war ebenfalls von der Frage fasziniert, wie man sich die Unendlichkeit denken könne. Kepler argumentiert zum Beispiel GEGEN eine Unendlichkeit der Welt. Galilei lässt diese Frage ungeklärt und unentschieden.

René Descartes kommt als Mathematiker und Philosoph zu dem einzigen ihm möglichen „rationalen“ Schluss, dass nur Gott eine Unendlichkeit zugesprochen werden könne, denn nur Gott allein sei „grenzenlos“???

In der Tat kann die Wissenschaft die Frage nach der Unendlichkeit nicht klären…

Gruß
C.

Aber praktisch kann kein Mensch die Unendlichkeit
denken…

Hallo C.
Ich empfinde Unendliches als normal. Was ist hinter der Grenze, war eine Frage, die ich mir sehr früh gestellt habe. Dass man beliebig Zahlen addieren kann, habe ich später festgestellt. Noch viel später hörte ich vom Urknall, in dessen Richtung ein Zeitstahl nicht unendlich ist.
Ich habe mir also erst nach vielen Jahren Gedanken über mein kindliches Unendlichkeitskonzept gemacht. Aber fremd war es mir nie (seit dem ich über das Thema nachdenke).
Grüße
Ulf

Hallo Hasenfuß!

Mit anderen Worten, es gibt nicht genug Farbe, um den Trichter von außen oder von innen komplett anzumalen (unendlich groß).

Wieso nicht? Streichst du etwas dünner, dann kommst du mit einer Füllung aus.

So wie der Trichter nach hinten immer dünner wird, muss auch die Farbschicht immer dünner werden, ganz einfach.

Grüße

Andreas