Insbesondere, da hier gleich von religiöser Hetze die Rede war. Eine Mahnung zur Vorsicht oder besser noch ein Hinweis auf einen komplizierten Begriff, der unter anderem auch mißbraucht wurde, würde ich im Rahmen der Religionswissenschaft vorziehen.
Hallo Metapher,
da Du mich indirekt ansprichst - ich denke, genau dies habe ich getan. Insbesondere habe ich deutlich gemacht, dass es nicht darum ging, Diskussionsteilnehmern hier explizit religiöse Hetze vorzuwerfen, sondern dass mein Hinweis so zu verstehen war:
in Hinsicht auf den historischen Gebrauch des Begriffs ist die Zuordnung zum verbalen Arsenal interreligiöser Hetze m.E. durchaus zutreffend
Ebenso habe ich versucht deutlich zu machen, dass mit „historischer Gebrauch“ von meiner Seite vor allem der Gebrauch in der Neuzeit gemeint war, der mE mit den aktuellen Konnotationen des Begriffs mehr zu tun hat als seine Etymologie, auf die Du verweist. Da ist die Antwort auf Deine Frage, was eigentlich den Unterschied im Gebrauch der Begriffe ‚indigen‘ und ‚heidnisch‘ ausmacht, offensichtlich. Auch wenn etymologisch hier eine Verwandtschaft bestehen mag (wobei diese mW im Fall ‚heidnisch‘ nicht zweifelsfrei geklärt ist), so konnotiert ‚indigen‘ zumindest eine von Vorbehalten freie, neutrale, wenn nicht respektvolle Haltung gegenüber der damit angesprochenen Kultur, während ‚heidnisch‘ untrennbar mit den Konnotationen ‚falsche Religion‘, ‚Irrglaube‘ und darüber hinaus auch kultureller Inferiorität verbunden ist. Ein deutliches Paradigma für die Deplaziertheit des Begriffs ‚heidnisch‘ speziell im Kontext Religionswissenschaft sehe ich in August Herrmann Franckes Veto gegen die Veröffentlichung der indologischen Arbeiten Ziegenbalgs mit der bezeichnenden Begründung, „die Missionare seien ausgesandt, das Heidentum in Indien auszurotten(!), nicht aber, den heidnischen Unsinn in Europa zu verbreiten.“ Einmal davon abgesehen, dass die Begriffe ‚heidnisch‘ und ‚indigen‘ von ihrer wertenden bzw. wertfreien Konnotation abgesehen durchaus nicht deckungsgleich in Bezug auf die bezeichneten Gegenstände sind: Weltreligionen wie der Islam oder der Buddhismus sind wohl kaum korrekt als ‚indigene Religionen‘ zu bezeichnen - während sie von christlichen Eiferern durchaus und gerne als ‚heidnisch‘ bezeichnet werden.
Es ist sicher sinn- und zwecklos, religiöse Eiferer, Missionare und sonstige Menschheitsbeglücker zu einem Sprachgebrauch zu ermahnen, der die grundlegende Voraussetzung des Dialogs - Respekt vor dem Anderen - nicht verletzt. Was allerdings mE durchaus sinnvoll ist, das ist ggf. der Hinweis auf unreflektierte Übernahme diskriminierenden Vokabulars und Sprachgebrauchs durch Menschen, denen man eine solche geistige Haltung gerade nicht unterstellen möchte. ‚Heidnisch‘ ist das, was man einen ‚besetzten Begriff‘ nennt. Im Diskurs mit besetzten Begriffen zu operieren heisst, sich von vorneherein auf die Spielregeln der Besetzer einzulassen. Das ist dann natürlich kein offener Diskurs mehr.
Freundliche Grüße,
Ralf