Was ist Missbrauch?

Hallo,

inwiefern nehme ich eine Wertung vor, wenn ich darauf
hinweise, dass derzeit nur der sexuelle Missbrauch
thematisiert wird

Das ist und wird ja das verbleibende Elend an dieser Geschichte sein. Medienwirksam ist sexueller Missbrauch. Kaum (aber dennoch, wenn man genauer liest und zuhört) eine Rede von den anderen Missbräuchen, oder von den erwachsenen Opfern. Sexueller Missbrauch von Kindern und Schutzbefohlenen, das sind Reizworte.

Sie haben dazu beigetragen, dass viele Betroffene aus ihrem
persönlichen Erkenntnisgewinn heraus jetzt den Mut gefunden
haben sich zu melden.

Dafür genügt meiner Ansicht nach das Publikmachen des
Missbrauches als solchem; die einzelnen sexuellen Handlungen
en detail in den Medien auszubreiten, bedient nur die
Schaulust des Publikums.

Oberflächlichkeit wäre der verkehrte Weg. Die katholische Kirche hat erst auf den vielfältigen Druck reagieren müssen. Auf die Masse der Anschuldigungen, Opfer. Auf die Details. Sie wurde in ihren Grundfesten erschüttert (anders hätte es mit Sicherheit nicht funktioniert). Ich hoffe es hält an, damit es nicht in Bälde wieder vom Thementisch verschwindet. Noch ist nichts, gar nichts erreicht. Noch hat sich nichts geändert. Das dauert noch seine Zeit, bis Wirksames vollzogen ist.

Und auch vor der Möglichkeit, dass detailreiche Schilderungen
geradezu eine Einladung für Trittbrettfahrer sein könnten,
sollte man die Augen nicht verschließen - mithin ist von
Entschädigungszahlungen die Rede.

„Die Rede“ ist davon, mehr nicht. Du wirst nicht ernsthaft daran denken, dass hier von Seiten der Kirche gedankenlos Geld ausgeschüttet wird? Es wird für jeden Einzelnen ein harter Kampf. Nicht nur ein paar Schweigegelder für einige wenige. Die Kirche muss umdenken, wenn sie eine Zukunft haben will.

Ich persönlich habe Bauchschmerzen damit, dass sich die
Berichterstattung nun so sehr auf die katholische Kirche
konzentriert. Ich befürchte, dass dabei all die vielen, vielen
alltäglichen Missbrauchsfälle unter den Tisch fallen - die
Kinder, die nicht von irgendwelchen komischen alten Priestern
missbraucht werden, sondern von ihrem eigenen Vater oder
Großvater, von ihrem Sportlehrer oder von dem netten Nachbarn
von gegenüber.

Sicher gibt es viele „Baustellen“. Diese Aktion hier jetzt wird vielleicht auch in anderen Bereichen dem einen oder anderen Mut geben. Diese Aktion hier sensibilisiert auch anderweitig die Öffentlichkeit. Und in vielen Bereichen gibt es schon Anlaufstellen für Frauen, Mütter, Kinder (und Männer). Es ist immer gut, wenn ein unheilvolles Denkmal ins Wanken gerät, für andere.

PS: Ich bin zwar schon vor längerem aus der Kirche ausgetreten. Aber „christliche“ Erziehung und Werte lasse ich mir nicht nehmen, zumindest diejenigen, die nicht auf Kosten und zu Lasten anderer gehen.

Grüße
Tommy

Guten Abend Alex,

ich bitte dich: Frägst du ernsthaft was Mißbrauch von Kindern ist?

Gruß

Sohn Mannheims

Hallo,

ich bitte dich: Frägst du ernsthaft was Mißbrauch von Kindern
ist?

War das die Frage?
Mal so lapidar dahingeschwätzt …, angefangen beim Titel …,

Grüße
Tommy

Hallo, TL

Warum? Du warst doch das Opfer!
Musst du dich als Opfer dafür schämen, dass dir Gewalt angetan
wurde?

Es geht nicht darum, ob man sich dessen schämen muss, sondern
ob man sich tatsächlich schämt, was sehr oft der Fall ist.
So naßforsch, wie du das hier angehst, kann man mit diesen
Dingen nicht umgehen.

Klar muss man mit Fingerspitzengefühl an diesen Missbrauch der Opfer herangehen! Aber, Warum - denkst du denn - haben sich plötzlich so viele Opfer zu Wort gemeldet?
Die haben doch im verschwurbelten, verheimlichten Dunkelfeld unsäglich gelitten. Und erst jetzt, wo andere Opfer mit ihrem Leid an die Öffentlichkeit gegangen sind, getrauen sie sich, den Missbrauch - der ihnen selber angetan wurde - ebenfalls zu veröffentlichen.

Missbrauchsopfer haben ein Recht darauf, dass die Gesellschaft
es aushält zu erfahren was ihnen angetan wurde.

Die Gesellschaft hält das locker aus, gerade heutzutage.
Leider.
Missbrauchsopfer haben aber vor allem ein Recht darauf, selbst
zu bestimmen, ob sie an die Öffentlichkeit gehen wollen oder
nicht. Und diese ihre Entscheidung, ganz gleich, wie sie
ausfällt, ist strikt zu respektieren.

Das verstehe ich nicht. Die Missbrauchsopfer gehen doch von sich aus an die Öffentlichkeit!

Die Details wurden schon zu lange unter den Teppich gekehrt.

Die Gefahr, mit Details Voyeure zu bedienen, ist sehr groß,
mMn zu groß.

Die Gefahr - ohne Details - weitere unschuldige Opfer zu generieren, halte ich für weitaus grösser.

Gruß
karin

Zum Gruße,

Klar muss man mit Fingerspitzengefühl an diesen Missbrauch der
Opfer herangehen! Aber, Warum - denkst du denn - haben sich
plötzlich so viele Opfer zu Wort gemeldet?
Die haben doch im verschwurbelten, verheimlichten Dunkelfeld
unsäglich gelitten. Und erst jetzt, wo andere Opfer mit ihrem
Leid an die Öffentlichkeit gegangen sind, getrauen sie sich,
den Missbrauch - der ihnen selber angetan wurde - ebenfalls zu
veröffentlichen.

Ja. Aber es ist ein Unterschied, ob die Öffentlichkeit aus z.B. Anwälten, Psychologen, Freunden usw. besteht oder, krass gesagt, aus der Blödzeitung oder Pro7.

Missbrauchsopfer haben aber vor allem ein Recht darauf, selbst
zu bestimmen, ob sie an die Öffentlichkeit gehen wollen oder
nicht. Und diese ihre Entscheidung, ganz gleich, wie sie
ausfällt, ist strikt zu respektieren.

Das verstehe ich nicht. Die Missbrauchsopfer gehen doch von
sich aus an die Öffentlichkeit!

Ja. Aber sie selbst müssen bestimmen können, was genau sie preisgeben wollen.
Eine Menge Details werden ganz sicher nicht dazu gehören.
Es ist schon ein Unterschied, ob jemand lediglich sagt „Ich bin dann und dann von diesem oder jenem sexuell missbraucht worden“ oder ob er noch hinzufügt „und zwar folgendermaßen: …“ bzw. ob Letzteres veröffentlicht wird.

Die Details wurden schon zu lange unter den Teppich gekehrt.

Die Gefahr, mit Details Voyeure zu bedienen, ist sehr groß,
mMn zu groß.

Die Gefahr - ohne Details - weitere unschuldige Opfer zu
generieren, halte ich für weitaus grösser.

Ich kann nicht erkennen, warum das Verschweigen von Details weitere Opfer generieren sollte.
Möglicherweise ist sogar das Gegenteil der Fall, was ich aber nicht belegen kann.

Gruß TL

Hallo Karin,

Und ganz ehrlich, wenn auch etwas überspitzt formuliert: Als
Missbrauchsopfer fände ich es nachgerade gruselig, wenn all
meine Nachbarn in der BILD-Zeitung lesen könnten, was genau
damals in meiner Kindheit geschehen ist.

Warum? Du warst doch das Opfer!
Musst du dich als Opfer dafür schämen, dass dir Gewalt angetan
wurde?

ich weiß aus meinem eigenen Umfeld, dass es einen gewaltigen Unterschied ausmacht, ob über Missbrauch ‚weit, weit weg‘ (z.B. in katholischen Internaten, welche die wenigsten aus eigener Anschauung kennen) gesprochen wird oder ob ein persönlicher Bekannter, ein Familienmitglied über die eigenen Erfahrungen berichtet.

Die gleichen Leute, die sich jetzt lautstark über die schlimmen Priester empören, reagieren im Zweifelsfall alles andere als verständnisvoll, wenn sich jemand ihnen gegenüber direkt äußert - da wird beschönigt, relativiert, kleingeredet.

‚Wenn es so schlimm war, warum hast Du es dann nicht eher gesagt…‘, ‚Na, er hat Dich ja nur angefasst, dass war ja gar kein richtiger Missbrauch…‘, ‚So ein angesehener Mann, der hat doch so viel Gutes getan…‘, ‚Das ist doch schon so lange her, kannst Du es jetzt nicht mal ruhen lassen…‘

Die Gefahr, dass eine Veröffentlichung detaillierter Schilderungen in den Medien den sozialen Tod bedeuten kann, ist durchaus gegeben.

Ganz abgesehen davon, dass ich zunehmend den Eindruck habe, dass es vielen bei der aktuellen Diskussion nicht um das Leiden der Opfer geht, sondern nur darum, die eigenen Vorurteile der katholischen Kirche gegenüber zu bestätigen (siehe auch den Thread oben).

Schau dir mal diese Seite an:
http://www.dissoziation.org/manu/02defini.HTM

Ich muss das nicht lesen, ich weiß, wovon ich spreche.

Du kannst ja spaßeshalber einmal hier im Forum durchzählen - jede vierte Frau, jeder achte Mann ist als Kind oder Jugendliche/r missbraucht worden.

Es ist eine gesamtgesellschaftliches Problem, keines der katholischen Kirche.

Grüße

=^…^=
*atheistin*

Hallo Karin,

Musst du dich als Opfer dafür schämen, dass dir Gewalt angetan
wurde?

Ich würde das auch nicht wollen. Vielleicht sollte man die Opfer selbst entscheiden lassen. Aber ich bin mir sicher, dass die wenigsten wirklich Details preisgeben möchten.

Missbrauchsopfer haben ein Recht darauf, dass die Gesellschaft
es aushält zu erfahren was ihnen angetan wurde.

Nein, warum sollten sie ein Recht dazu haben? Du willst meine Rechte einschränken, weil jemand anderem Unrecht geschah?

Opfer sollten selbst entscheiden, wieviel sie der Öffentlichkeit preisgeben. Und jeder Unbeteiligte sollte selbst entscheiden, was er davon wirklich wissen will.

Denkst Du, ein Opfer fühlt sich nach einer Vergewaltigung wirklich besser, wenn die Nachbarn wissen oder die „Gesellschaft“ weiß, das dies nicht vaginal sondern anal geschah? Oder nicht nur einmal, sondern dreimal?

Das hilft niemandem.

Gruß
Didi