Hallo Peggy,
Ist ja nicht so, dass ich ganz kritiklos bin, ich war mit der ADHS-Schwemme auch nicht glücklich. Aber mir ist die Presse zu reißerisch und vor allem sehe ich momentan noch zwei Seiten der Medaille.
Pauschal über den Daumen gebrochen ist die Kritik ja folgendermaßen zusammenfassbar:
Es wird von einer Aufweichung der Kriterien in mehreren Bereichen gesprochen. Das könnte - so die Kritiker - zu einer zunehmenden Pathologisierung der Gesellschaft führen. Das würde zwar nur schlagend werden, wenn wirklich jeder der dann behandelbaren Personen auch tatsächlich den Weg zum Psychiater macht, aber wer weiß.
Andererseits hätten so zukünftig Personen, die jetzt leiden und (noch) keinen Zugang zu kassenbezahlter Therapie haben, die Möglichkeit eine Behandlung in Anspruch zu nehmen. Was prinzipiell zu befürworten ist.
Speziell auf dein Beispiel der Trauer:
Die Dauer ist nicht das einzige Kriterium, und auch bei uns gibt es unter dem Begriff „komplizierte Trauer“ noch ein weites Feld, das Arbeit benötigt. Und mal ehrlich: Wenn mein Kind (sofern ich eines hätte) zwei Wochen durchgehend traurig, antriebslos, etc. ist, und keine körperlichen Ursachen feststellbar sind, dann wäre ich froh über jede andere kassengedeckte Behandlungsmöglichkeit.
Ob sich die Studien der USA für den DSM (die ich nicht kenne, und wohl auch nicht die Zeit hätte sie durchzuackern) 1:1 für D, Ö etc. anwenden lassen, kann ich so auch nicht sagen. Der ICD-10 strebt ja nach internationaler Anwendbarkeit, was gleich wieder andere Probleme aufwirft.
Ja, aus dem April noch die finale Stellungnahme der DGPPN zu DSM-5: http://www.dgppn.de/fileadmin/user_upload/_medien/do…, nachvollziehbar, weniger reißerisch und doch ist der Tenor: Nicht die Angst einer zunehmend pathologisierten Gesellschaft steht im Vordergrund, sondern die möglichen Kosten für das und Ressourcenengpässe im Gesundheitssystem sind die Sorge.
Wo krankt es wirklich, frage ich mich.
Gruß
tastatürchen