Servus,
eben Oscar Peterson war ja „schuld“ daran, dass Coltrane diesem Jazz, der drohte, zur Bar-Musik zu verkommen, etwas entgegensetzen wollte.
Nicht falsch verstehen bitte: Petersons „Night Train“ und „Walking the Line“ gehören zu den Musiken des zwanzigsten Jahrhunderts, die es meiner Meinung nach wert sind, auch im dreiundzwanzigsten Jahrhundert noch bekannt zu sein. Aber Jazz bleibt nicht stehen, er geht immer weiter - so wie er von New Orleans nach Chicago gegangen ist usw. usw. - und in dem Moment, wo er Mehrheiten auf seiner Seite hat, ist etwas falsch.
Jazz ist Musik von den Leuten, die zum Lieferanteneingang hineingehen mussten, weil sie die falsche Hautfarbe hatten, und die auch deswegen 1950 - 1970 Paris zur weltweiten Metropole des Jazz machten, weil dort eben anders als im Mutterland des Jazz Liberté - Egalité - Fraternité galt. Weder die individuellen Biographien der Musiker noch die weiter gefassten Umstände, unter denen Jazz entstand und bis heute besteht, sind hübsch und harmonisch. Weder Synkope noch Blue Note sind hübsch, beide stören eigentlich - und wenn sie zu eingängig geworden sind, ist es nur folgerichtig, wenn man sich andere Störungen einfallen lässt.
Die können (von heute aus gesehen) auch ganz harmlos sein wie z.B. die von Eberhard Weber, der den Bass in einer vorher zwar schon öfter versuchten, aber nie so erreichten Weise zum Solo-Instrument entwickelt hat, oder Charlie Mariano, der es geschafft hat, allein durch die Art, wie er intonierte, die rechnerisch allerschrägsten Dissonanzen noch melodisch klingen zu lassen - wobei insbesondere letztere intellektuell durchaus anspruchsvoll ist, jedenfalls viel anspruchsvoller als wenn heute noch, über hundert Jahre später, die ‚Red Roseland Cornpickers‘ ihren Dixie herunterschrammeln (was zum Bier durchaus nett ist, aber halt kein Jazz im eigentlichen Sinn).
Kurzer Sinn: Wenn Jazz nur noch angenehm ist, ist er auf offener Strecke eingeschlafen.
Findet
MM