Was lernen Erzieher?

Hat jemand zufällig vor kurzem seine Ausbildung als Erzieher/in beendet (bzw. befindet sich am Ende seiner/ihrer Ausbildung) und kann mir sagen, welche Inhalte man während der Ausbildung lernt?

Wie ist die Ausbildung strukturiert (Was wird im 1. Lehrjahr gelernt, was im 2. usw.) und mit welchen Lehrbüchern, Theorien wird gearbeitet?

Welche Fächer gibt es?

Grüße
Jenna

Hallo Jenna,

um welches Bundesland geht es denn? Die Ausbildung zur/zum ErzieherIn ist in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich geregelt. Ich könnte dir nur Infos zu Bayern geben.

Schöne Grüße,
Jule

Über deine Informationen würde ich mich freuen! Bundesland ist mir egal.

besonders interessiert mich, ob in deiner Ausbildung auch etwas über die Kommunikation zwischen Erzieher und Erziehendem gesagt wird und falls ja, welche Theorien/Modelle benutzt werden.

Beim Googlen habe ich ein paar „Lehrbücher“ für den Bereich Erziehungspsychologie gefunden. Scheint mir in die richtige Richtung zu gehen. Bin mir aber nicht ganz sicher.

LG
Jenna

Hallo Jenna,

besonders interessiert mich, ob in deiner Ausbildung auch etwas über die Kommunikation zwischen Erzieher und Erziehendem gesagt wird und falls ja, welche Theorien/Modelle benutzt werden.

Schulz von Thun, Watzlawick, Habermas und jede Menge methodische Übungen zum Thema „Konfliktgespräche“, „Krisengespräche“, „Gespräche mit Kindern“ und andere mehr.

Pflichtfächer:
Pädagogik, Psychologie, Heilpädagogik, Praxis- und Methodenlehre, Deutsch, Soziologie/ Sozialkunde, Mathematisch-naturwissenschaftliche Erziehung, Theologie/ Religionspädagogik, Literatur- und Medienpädagogik, Ökologie/ Gesundheitserziehung, Musik- und Bewegungserziehung, Sozialpädagogische Praxis, Englisch, Recht und Organisation, Kunst- und Werkerziehung.

Wahl- und Wahlpflichtfächer (variieren an den Fachakademien:
Krippenpädagogik, Elementarpädagogik, Interkulturelle Erziehung, Erlebnispädagogik, Theater, Stationäre Jugendhilfe, Sprachförderung, Jugendarbeit, tiergestützte Pädagogik, Schulkindbetreuung, Gitarre, Sport, Schulband, Chor…

Ausbildungsdauer: 5 Jahre, davon 2 Jahre Sozialpädagogisches Seminar (SPS) in zwei verschiedenen sozialpädagogischen Einrichtungen, wird über Seminare von der Fachakademie betreut. Unter bestimmten Voraussetzungen auf 1 Jahr zu verkürzen.

2 Jahre Vollzeitunterricht an der Fachakademie, überwiegend theoretische Ausbildung.

1 Jahr Berufspraktikum in einer sozialpädagogischen Einrichtung, betreut von der Fachakademie.

Schöne Grüße,
Jule

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Danke für die ausführliche Antwort!

Ist deine Ausbildung eher ein Studium (z.B. an einer Fachhochschule oder Universität)? Warum ist deine Ausbildung so lange?
Eine übliche Ausbildung dauert drei Jahre, oder?

Hallo Jenna,

Ist deine Ausbildung eher ein Studium (z.B. an einer
Fachhochschule oder Universität)? Warum ist deine Ausbildung
so lange?

Das, was Jule Dir beschrieben hat, ist die derzeit fünfjährige Erzieherinnenausbildung, die als Fachschulausbildung gilt und entsprechend schlecht dann auch honoriert wird.

Eine übliche Ausbildung dauert drei Jahre, oder?

Vor vielen Jahren war die Erzieherinnenausbildung auch dreijährig, da man aber gesehen hat, daß die Anforderungen umfangreicher geworden sind, hat sich das auf Dauer und Inhalte der Ausbildung ausgewirkt, leider nicht auf die Bezahlung.

Im Gegensatz zu vor vierzig Jahren erwartet man heute von Erzeiherinnen, daß Sie Kinder in den unterschiedlichen Lebensbereichen umfangreich fördern können und dies auch dokumentieren (sprachliche Förderung, Medienkompetenz und vieles mehr).

Seit einiger Zeit gibt es das Bestreben den Beruf der Erziehrin aufzuwerten. In vielen anderen Ländern ist es gang und gäbe, daß die Menschen, die mit sehr kleinen Kindern umgehen sollen und sie fördern sollen durch ein Universitätsstudium qualifiziert werden um ihre wichtige Arbeit adäquat machen zu können.

Seit einigen Jahren gibt es deshalb an einigen Fachhochschulen in Deutschland dafür Studiengänge für „Erziehung und Bildung im Kleinkindalter“ bzw. „Elementarpädagogik“. Man erhofft sich durch diesen Bachalorabschluß eine Aufwertung des Berufsfeldes, eine höhere Bezahlung und daß nicht mehr so viele Erzieherinnen wie bisher in andere und besser bezahlte Bereiche der pädagogischen Arbeit abwandern.

Viele Grüße

Iris

Hallo,

Seit einigen Jahren gibt es deshalb an einigen Fachhochschulen in Deutschland dafür Studiengänge für „Erziehung und Bildung im Kleinkindalter“ bzw. „Elementarpädagogik“. Man erhofft sich durch diesen Bachalorabschluß eine Aufwertung des Berufsfeldes, eine höhere Bezahlung und daß nicht mehr so viele Erzieherinnen wie bisher in andere und besser bezahlte Bereiche der pädagogischen Arbeit abwandern.

Das führt zu zwei Problemen:
Die Träger sind nicht interessiert an den teureren Kräften, wenn sie qualifizierte Erzieherinnen auch billiger haben können.

Und:

Solange sich die Rahmenbedingungen in der Kinderbetreuung in Deutschland nicht ändern, kann man auch einen Doktortitel verlangen, um Kinder zu betreuen, ohne dass sich qualitativ etwas verbessern würde.

Schöne Grüße,
Jule

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Hallo Jenna,

in Bayern heißt dieser Schultyp „Fachakademie für Sozialpädagogik“. Die Schüler werden als „Studierende“ bezeichnet, was vermitteln soll, dass die Ausbildung keine klassische Schulausbildung ist. De Fakto ist sie es aber doch. Es besteht Anwesenheitspflicht, und die Strukturen sind eindeutig schulischer Natur.

Die ersten beiden Jahre (SPS) sind quasi Teil der Zugangsvoraussetzung für die folgende 3-jährige Ausbildung. Man kann diese Voraussetzung auch auf anderen Wegen erwerben, doch ist das eher die Ausnahme.

Schöne Grüße,
Jule

in Bayern heißt dieser Schultyp „Fachakademie für
Sozialpädagogik“. Die Schüler werden als „Studierende“
bezeichnet, was vermitteln soll, dass die Ausbildung keine
klassische Schulausbildung ist. De Fakto ist sie es aber doch.
Es besteht Anwesenheitspflicht, und die Strukturen sind
eindeutig schulischer Natur.

So verhält sich das aber praktisch auch an der Fachhochschule und mittlerweile, wie ich den Eindruck habe, auch schon an den Universtitäten, je nach Fakultät :frowning:

LG
sine

Erstmal ein großes Dankeschön für eure Antworten. Die waren sehr informativ für mich!

An Jule:

kannst du mir einige Literaturempfehlungen von dir geben? Würde mich sehr freuen zu erfahren, welche Bücher du besonders schätzen gelernt hast.
Ich würde auf diesem Weg auch gerne mehr über die Theorie erfahren und vielleicht gibt es das ein oder andere Buch/Werk, dass dich „mitgerissen“ und dir eine ganz neue Sicht eröffnet hat?
Auf einigen Onlinebuchhändlerseiten habe ich zwar schon ein paar Titel die interessant sein könnten, gefunden, aber über persönliche Empfehlungen würde ich mich sehr freuen.
Welches Werk von Habermas hast du z.B. gelesen?
Kannst du mir Bücher aus der Ausbildung empfehlen (was einen guten Pädagogen ausmacht z.B.).

Dieses ganze Dokumentieren der eigenen Handlungen, der Fortschritte der Kinder usw. finde ich weitgehend sinnlos und belastet die Erzieher nur zusätzlich. Passt aber irgendwie ins deutsche System.
Eine wirklich liebevolle und engagierte Pädägogik stell ich mir unter solchen Arbeitsbedingungen schwer vor.
Ich glaube, manchmal überschätzt der Mensch seine Fähigkeiten Bildungsschritte auf so eine Weise zu planen gewaltig. Und ein mit Verwaltungskram noch zusätzlich belasteter Erzieher, der sowieso tagtäglich mit schlimmen Auswirkungen von Erziehung konfrontiert ist und so etwas auch psychisch verarbeiten muss, wird letztendlich weniger gut in seiner Arbeit sein. Wenn man ein System verändern möchte, kann man nicht immer den scheinbar einfachsten Weg gehen: die Verordnung von allerlei Dingen von oben führt so zu nichts. Eigentlich lernen Menschen (also auch Erzieher) am meisten dazu, wenn sie motiviert werden und in Ihrer Arbeit Bestätigung und konstruktive Kritik erhalten. Ein Hungerlohn verschlimmert noch zusätzlich die Situation. Fürsorgliche, geduldige und anregende Pädagogik kann ich mich sonst nicht mehr vorstellen. Welcher Mensch hält das schon aus?

Hallo Jenna,

vielleicht mal kurz zur Info: Ich unterrichte an einer Fachakademie :smile: . Ich habe u.a. Psychologie studiert, deswegen könnte das:

kannst du mir einige Literaturempfehlungen von dir geben?

ein wenig umfangreich werden :smile:

Dieses ganze Dokumentieren der eigenen Handlungen, der Fortschritte der Kinder usw. finde ich weitgehend sinnlos und belastet die Erzieher nur zusätzlich.

Da widerspreche ich heftig. In meinen Augen ist eine gute Dokumentation unerlässlich für jede Art von Bildungsarbeit. Genau diese Fachlichkeit hat in deutschen Kitas viel zu lange gefehlt (und tut es zum Teil noch immer). Wie will ich denn wissen, ob das, was ich tue, Sinn macht, wenn ich es nicht überprüfe? Und zwar nicht nach Gefühl und Augenmaß, sondern wissenschaftlich fundiert.

Mit liebevoller Pädagogik (die selbstverständlich unerlässlich ist) ist es bei weitem nicht getan. Professionelle Pädagogen müssen mehr können als das.

Ich glaube, manchmal überschätzt der Mensch seine Fähigkeiten Bildungsschritte auf so eine Weise zu planen gewaltig.

Diese Aussage verstehe ich nicht so ganz. Kannst du mir bitte ein wenig auf die Sprünge helfen?

Und ein mit Verwaltungskram noch zusätzlich belasteter Erzieher, der sowieso tagtäglich mit schlimmen Auswirkungen von Erziehung konfrontiert ist und so etwas auch psychisch verarbeiten muss,wird letztendlich weniger gut in seiner Arbeit sein.

Das sind aber sehr verschiedene Paar Stiefel. „Verwaltungskram“ und Dokumentation und Erziehungsplanung kann man ganz sicher nicht in einen Topf werfen. Letztere sind unerlässliches pädagogisches Handwerkszeug. Ob eine Erzieherin sich um Buchungszeiten kümmern muss, ist ganz sicher eine andere Frage.

Auch der Umgang mit psychischen Belastungen erfordert ein hohes Maß an Professionalität und Reflexionsfähigkeit. Sonst macht man diesen Job entweder nicht sehr lange oder nicht besonders gut.

Richtig ist sicher, dass es wenig effektiv ist, immer nur Teilaspekte von Bildung zu betrachten und die Gesamtstruktur unverändert zu lassen.

Schöne Grüße,
Jule

ich würde mich auch über ein paar Empfehlungen freuen! Einfach welche die du persönlich empfehlen würdest! Nur ein paar, muss nicht eine ganze umfangreiche Liste sein.

Ich denke einfach, dass Fortschritte nicht unbedingt immer gleich sichtbar und beobachtbar sind. Auch finde ich das gerade das liebevolle sehr wichtig ist. Ich denke dass ist eine Grundvoraussetzung jeder zwischenmenschlichen Beziehung. Nicht vorwurfsvoll sondern anerkennend, ermutigend und unterstützend. Bei einigen Erziehern sehe ich diese haltgebende Einstellung und Verhaltensweise nicht mehr.

Hallo,

allgemeine Infos zur Ausbildung findet man hier http://berufenet.arbeitsagentur.de/berufe/start?dest…
Unter „Rechtliche Regelungen“ findet man die zur Ausbildung in den einzelnen Bundesländern. Das Studium der jeweiligen Landesregelungen kann ich nur empfehlen. Dort findet man u.a. Zugangsvoraussetzungen, Dauer, Inhalte. Allgemein gilt: diese Ausbildung ist eine Fachschulausbildung - in Bayern Fachakademie genannt und damit eine Weiterbildung. D.h. Zugangsvoraussetzung ist eine bestimmte berufliche Vorqualifikation (näheres s. in den einzelnen Landesregelungen). Es genügt generell ein Realschulabschluß. Die schulische Ausbildung dauert einheitlich 2 Jahre. Daran schließt sich ein 1-jähriges Berufspraktikum zur Einarbeitung und Vertiefung der Kenntnisse und zur staatlichen Anerkennung an. Damit kommt man auf 3 Jahre Ausbildung. Addiert man die Erstqualifikation zur Weiterbildungszeit hinzu, kommt man auf bis zu 5 Jahre Ausbildungszeit. Das ist vergleichbar mit anderen Fachschulberufen in technischen, kaufmännischen oder anderen Sektoren.

Gruß
Otto