Hallo Fabian,
tatsächlich gibt es Hinweise darauf, dass die Speicherung von Erinnerungen – die sogenannte Konsolidierung – teilweise im Schlaf stattfindet. Erinnerungen werden, vereinfacht ausgedrückt, in Form von Verbindungen zwischen einer Vielzahl von Nervenzellen gespeichert. Diese nennt man neuronale Ensembles. Wird ein solches Ensemble immer wieder aktiviert, werden die Verbindungen verstärkt, man kann sich das wie die allmähliche Entstehung eines Trampelpfades vorstellen. Im Schlaf ist das Gehirn weniger damit beschäftigt, neue Eindrücke zu verarbeiten, weswegen sich dann die Gelegenheit bietet, „alte“ Eindrücke durch die immer wiederkehrende Aktivierung der entsprechenden neuronalen Ensembles zu festigen und in das bestehende Erinnerungsnetzwerk einzugliedern. Dementsprechend sind bestimmte Gehirnregionen wie der Hippocampus (Emotions- und Gedächtnisbildungs-„Zentrum“) oder die sogenannten höheren Assoziationskortices im Schlaf durchaus sehr aktiv.
Gesteuert wird der Schlaf vom sogenannten Pons, einem Teil des Stammhirns.
Die Träume, an die wir uns erinnern können, finden vor allem in den REM-Phasen des Schlafes statt. Welche Funktion sie haben, ist unter Schlafforschern sehr umstritten. Psychoanalytiker nehmen an, in Träumen spiegeln sich unbewusste Konflikte oder Sehnsüchte wieder, während Neurobiologen den Trauminhalten keine oder nur geringe Relevanz beimessen. Populär, wenn auch umstritten, ist die Theorie, dass Träume mit der oben beschriebenen Gedächtniskonsolidierung in Verbindung stehen: Bestimmte Gedächtnismuster werden aktiviert, diese kommen ja aber quasi „von innen“, d.h. es bestehen keine Reize von außen, weil die entsprechenden Wahrnehmungszentren inaktiv sind. Die Gehirnregionen, die Wahrnehmungen interpretieren und miteinander verknüpfen, sind aber aktiv, bzw. werden bei der Aktivierung der Gedächtnismuster mitaktiviert. Es fehlt aber der Input von außen, weswegen die Assoziationskortices nun versuchen, irgendeinen Sinn aus dem herzustellen, was sie vorgesetzt bekommen – der Traum entsteht. Wie gesagt, es ist nur eine Theorie, für die es durchaus auch Gegenbeweise gibt.
Bestimmte Regionen, die für höhere kognitive Leistungen, wie zum Beispiel Kreativität, zuständig sind, zu identifizieren, ist schwierig. Es gibt Hinweise darauf, dass der vorderste Teil direkt hinter der Stirn, der sogenannte präfrontale Kortex, eine große Rolle dabei spielt. Allerdings sind solche Fragen bislang extrem schwierig zu untersuchen. Hoffnung auf neue Erkenntnisse in diesem Bereich liefert die Weiterentwicklung bildgebener Verfahren – man darf gespannt sein, welche Befunde sich in den nächsten Jahren ergeben.
Zum letzten Punkt: Ein schlafendes Gehirn unterscheidet sich deutlich von einem wachen Gehirn. In beiden Zuständen sind bestimmte Regionen aktiviert, manche mehr, manche weniger. So ergibt sich für jede Phase des Schlafes bzw. des Wachzustandes ein ganz spezifisches Aktivierungsmuster, das man über EEG-Ableitung identifizieren kann. So kann man im EEG beispielsweise allein anhand der Gehirnwellenmuster feststellen, ob die Person wach ist, wach ist aber die Augen geschlossen hat, schläfrig ist, sich im Tiefschlaf befindet… usw.
Deine Fragen sind sehr komplex, und meine Antwort kann nicht allem gerecht werden – nicht umsonst gibt es eine Vielzahl von Lehrbüchern zum Schlaf! Ich hoffe, ich konnte dir trotzdem etwas weiterhelfen.