Was macht Musik anspruchsvoll?
Und warum hören manche Menschen nur „anspruchsvollere“ Musik?
Was macht Musik anspruchsvoll?
im allgemeinen daß sie nicht vorhersehbar ist.
stimmt auch nur bedingt, noch zur zeit der wiener klassik galt es als ideal, wenn ein halbwegs gebildeter musiker vor dem umblättern wußte, wie es weitergehen wird.
dennoch führt allein schon eine gewisse länge von einzelsätzen dazu, daß der hörer sich zusammenhänge über längere zeiträume merken und sie erkennen muß. das gilt in der musik unter anderem als anspruchsvoll.
weiters könnte man nichttriviale harmonische und melodische ereignisse anführen. das würde wiederum einiges an großartiger, aber trivial komponierter musik disqualifizieren und vieles an unnötig komplexer, nicht wirklich aufregender musik inkludieren.
Und warum hören manche Menschen nur „anspruchsvollere“ Musik?
dafür gibt es verschiedene gründe.
manche hören sowas, ohne wirklich genau hinzuhören (ich behaupte, daß das auf die meisten „klassikhörer“ zutrifft. man erkennt sie daran, daß sie beim kanon bleiben und nix unbekanntes entdecken wollen). einige wollen damit vielleicht sogar angeben.
andere wiederum sind einfach neugierig, hören gern hin, mögen komplexe zusammenhänge in der kunst und beschäftigen sich auch aktiv mit anspruchsvoller musik, um selbst ihre ausdrucksmöglichkeiten zu erweitern.
zwischen den beiden extremen gibt es natürlich unendlich viele schattierungen.
man kann übrigens auch billige, anspruchslose musik anspruchsvoll hören, sprich darin ein potential erkennen und es bei bedarf herausarbeiten. ich glaube, anspruchsvolle musikhörer haben zwar präferenzen, aber kaum musik, die sie absolut langweilig finden, weil sie auch im trivialsten stück einiges für sich entdecken können.
Hallo,
Was macht Musik anspruchsvoll?
Um den Beitrag von Gyuri zu ergänzen möchte ich noch eine hörpsychologische Erklärung dazu liefern.
Musik besteht aus redundanten und innovativen Elementen. Der Begriff Redundanz bedeutet „im Überfluss vorhanden sein“. Etwas wird mehrmals wiederholt (auch auf verschiedene Art und Weise). In der Musik kann das ein Thema sein, das im Verlauf eines Satzes wiederholt vorkommt, oder ein Motiv, das mehrmals auf verschiedenen Tonstufen wiederholt wird. Auch innerhalb einer Musikrichtung/eines Musikstils gibt es Redundanz, wenn ein vorgegebener Aufbau, Akkordfolgen, bestimmte Soundeffekte oder ähnliches in vielen Liedern immer wieder vorkommen (vor allem in der Popmusik: ich konnte die Lieder von Britney Spears nie auseinanderhalten).
Jetzt habe ich ziemlich redundant erklärt, was man unter Redundanz versteht.
Dagegen steht Innovation. Damit ein Musikstück für den Hörer nicht langweilig wird, müssen auch neue Elemente vorkommen, die das Stück eigentlich erst interessant machen. Das gilt innerhalb eines Musikstücks genauso wie innerhalb eines Musikstils (ich bin zwar nicht der Popmusikspezialist, aber hier ist es ganz wichtig „mit der Zeit zu gehen“, also muss immer wieder etwas neues her).
Daraus folgt, dass ein Musikstück für den Hörer (und auch für den Spieler/Sänger) komplizierter wird, je innovativer das Stück ist, da man die neuen Elemente erst einmal begreifen muss. Das kann man aber nicht allgemein gültig sagen, denn das hängt von der Hörerfahrung jedes Einzelnen ab. Für mich ist eine Sinfonie der Wiener Klassik nicht übermäßig anspruchsvoll, weil ich solche Musik seit Jahrzehnten höre und spiele. Wenn ich solch eine Sinfonie einem Popmusikhörer vorspiele, der keine Vorbildung in diesem Bereich hat, dann wird er diese Musik als ziemlich anspruchsvoll (unverständlich) empfinden.
Man kann das auch mit Literatur vergleichen. Als äußerst plakatives Beispiel könnte man einen Jugendlichen hernehmen, der bisher nur die Bravo für Literatur gehalten hat und nun Thomas Mann lesen will. Da wird er auch nicht viel von dem wiederfinden, was er bisher zu lesen gewohnt war. Deswegen wird es für ihn eine anspruchsvolle Lektüre sein.
(Jetzt höre ich mal auf.)
Und warum hören manche Menschen nur „anspruchsvollere“ Musik?
Wie ich oben schon erwähnt habe, kann für jeden Menschen anspruchsvolle Musik etwas anderes sein.
Ich empfinde die Musik des ausgehenden 19. und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts als recht anspruchsvoll. Solche Musik höre ich aber nicht morgens zum Frühstück oder beim Kochen, sondern wenn ich mal Zeit und Lust habe, micht damit zu beschäftigen. So wie andere gerne mal ein anspruchsvolles Buch lesen oder einen anspruchsvollen Film ansehen, so suche ich gelegentlich die „geistige Herausforderung“ beim Hören anspruchsvoller Musik. Das ist ja auch eine Art „Gehirnjogging“ wie für andere Leute das Lösen von Kreuzworträtseln. Allerdings steckt bei mir wirkliches Interesse an der Musik dahinter und der Versuch, diese zu verstehen.
Gruß,
Booze
PS: Glückwunsch an alle, die bis hierhin gelesen haben
Hallo Booze,
jep, ich habe es geschafft Deine Zeilen bis zum Ende zu lesen!
Die Lesefreude kommt nicht nur bei einem guten Inhalt auf. Ich finde es schon lange nicht mehr selbstverständlich, aber immerhin schön, wenn sich jemand die Mühe macht auf Rechtschreibung zu achten. Wie kann man über anspruchsvolle Musik diskutieren, wenn man es nicht schafft den Leser anzusprechen, wenigstens ab und zu ein Wort mit einem Großbuchstaben zu beginnen und sich höflich zu verabschieden.
Allein dafür bekommst Du von mir ein *.
Viele Grüße
Hallo Chili,
vielen Dank für das Kompliment.
Schöne Grüße,
Booze
Hallo,
„Nichtvorhersehbarkeit“ und „Innovation“ als Grundeigenschaften anspruchsvoller Musik, diesen Erklärungen von Gyuri und Booze würde ich mich anschließen, aber sie noch ergänzen:
Anspruchsvolle Musik hat eine „interessante“, komplexe Struktur. Das heißt, jedes einzelne Element „passt“ zum anderen (z.B. durch den Aufbau von Gegensätzen, von Variation, von überraschenden Übergängen, von Kopplungen…), so dass ein ausgewogenes Ganzes entsteht. Dieses „Ausgewogene“ wurde freilich von Zeitgenossen oft zunächst als „unfertig“, „gebrochen“ o. ä. empfunden. Erfassbar ist dies oft erst durch mehrmaliges Hören, der Genuss steigert sich, je mehr man in das Kunstwerk „eindringt“.
Die ganz großen Werke verbinden die scheinbaren Gegensätze Mathematik und Gefühl auf eine geniale Weise.
Meine Erklärung kann vielleicht nicht den Anspruch erheben, alle anspruchsvolle Musik zu erfassen, sondern reicht vielleicht nur von Bach bis Schönberg…
Gruß!
Karl
Hallo Namenlo(o)ser,
wie das Wort schon sagt, es muss ansprechend sein.
Wer oder Was angesprochen wird ist Jedem überlasen.
Für mich bedeutet „anspruchsvoll“ dass professionell musiziert wird.
- Volker Wolter -
Moin Grußloser,
Was macht Musik anspruchsvoll?
eine gewisse Komplexität, Abwechslung, Originalität
Und warum hören manche Menschen nur „anspruchsvollere“ Musik?
Nur vielleicht nicht, aber lieber.
Ich esse auch gerne mal Fritten mit Currywurst, aber üblicherweise doch ‚anspruchsvolleres‘ Essen.
Gandalf