Was passiert mit Schulden bei einer Inflation?

Hallo,
aus dem Geschichtsunterricht weiss ich noch, dass die Verlierer der Inflation von 1923 die Sparer und die Gewinner, diejenigen mit Schulden waren. Wie ist es aber heute? Was passiert mit Schulden, z.B. einem Baukredit, bei einer starken Inflation? Sind die Banken gegen eine sofortige Tilgung abgesichert, oder könnte ich überhaupt tilgen, wie hoch wären die Vorfälligkeitsentgelte im Falle einer solchen Tilgung, …
Würde mich mal interessieren, ob die Verlierer - Gewinner- Verteilung heute noch genauso wäre wie 1923?
Gruss und Danke
winterherz

Hallo,
die sofortige Tilgung eines Baukredits ist i.d.R. ausgeschlossen, da lt. Darlehensvertrag normalerweise Sondertilgungen von max. 5% im Jahr möglich sind. Die sog. Vorfälligkeitsentschädigung wird dann fällig, wenn der Darlehensnehmer den Kredit „vor Fälligkeit“ tilgen möchte. Diese Entschädigung wäre bei einer Hyperinflation sicherlich ebenso „hyperhoch“, denn sie enthält den Gewinn, der der Bank als Darlehensgeber entgeht, wenn das Darlehen vorzeitig getilgt wird.
Allerdings kann man die Situation 1923 und heute eher schlecht miteinander vergleichen, denn wir haben a) keinen Weltkrieg hinter uns und b) genügend Nahrungsmittel und eine einigermassen gesunde Wirtschaft. Die Inflationsrate heute wird m.E. eher von spekulativen Elementen beeinflusst, denn von realen Sachverhalte.
Freundliche Grüsse
Barbara

Hallo sehr geehrte Interessent,
Deine Frage ist hochinteressant,und wird i.d.R.nur von absoluten Profis gestellt.In der Realität wird es so sein,wenn es eine extreme Inflation (ab ca.15%-20% aufwärts…)geben sollte,werden die Banken aus solch einer Lage eine „außerordentliche Krise“ machen,welche durch höhere Gewalt entstanden ist.In dieser Lage können die Banken alle Kreditverträge sowieso fristlos Kündigen,und das Geld sofort zurück verlangen.Viele werden dann grosse Probleme bekommen,und meist Ihr ganzes Vermögen verlieren.
Gehen Sie niemals als Privatperson an die Finanzmärkte!
MfG
J.Peters

Hallo Winterherz,

das kann niemand vorhersagen, in den letzten 100 Jahren hat sich die Welt grundlegend geändert unter was vor 100 Jahren gewesen es wird sich sicherlich nicht mehr wiederholen.

Die Banken werden sich sicherlich auch bei einem Baukredit entsprechendes einfallen lassen um kein Geld zu verlieren.

Ein Kreditkunde kann sowieso nicht nach Belieben tilgen wenn dies nicht explizit im Vertrag vereinbart ist, und das ist selten so vertraglich vereinbart,
schließlich leiht sich die Bank selbst das verliehene Geld irgendwo und muss es zurückzahlen, denn Banken haben nur ein geringes Eigenkapital von unter 10 % und leihen sich die anderen 90 % irgendwo anders.

Die Vorfälligkeitsentschädigung kann die Bank beliebig hoch ansetzen und wäre mit Sicherheit so hoch, dass die Bank keinen Verlust macht, damit wäre sie für dich uninteressant.

Anders ist es bei einer schleichenden Inflation wie derzeit, da profitieren die Schuldner eher wie die Vermögensbesitzer und die Bank muss sich mit den vereinbarten Zinsen zufrieden geben.

Allerdings könnte der Kreditnehmer in Probleme geraten wenn die Bank bei zu hoher Inflation einen abgelaufenen Kredit nicht oder nur gegen sehr hohe Zinsen verlängern will und anderer Banken auch keine besseren Angebote machen,
dann kommt der Kreditnehmer in arge Bedrängnis und kann ganz schnell sein Eigentum verlieren, denn wenn man der Bank nach einer Kündigung oder Auslaufen des Kredites den Restbetrag nicht zurückzahlen kann ist Ruckzuck die Bude weg und versteigert,

d.h. auch ein Kreditnehmer sollte eigentlich besser nicht auf eine zu hohe Inflation hoffen da bekanntlicherweise immer der Kunde der Dumme im Vergleich zu den Banken ist;

das muss so eine Art und formuliertes Naturgesetz sein!

Gruß

Jürgen

Vielen Dank für die rasche Antwort. Es stellt sich mir jedoch die Frage, wie es zu einer anderen Situation als 1923 kommen würde. Damals, so heisst es, waren Sparer Verlierer und Schuldner Gewinner der Inflation. Wenn ich Sie aber richtig verstanden habe, gäbe es heutzutage nur noch Verlierer. Die Sparer, die ihr Erspartes verlieren und Kreditnehmer, denen der Kredit aufgrund der besonderen Situation und höherer Gewalt fristlos gekündigt werden wird. Worin besteht dieser gravierende Unterschied zu damals?

Es tut mir Leid, ich kenne mich damit überhaupt nicht aus…

Hallo,
prinzipiell ist es noch so wie 1923. Da bei einer Inflation das Geld immer weniger Wert wird, ist natürlich auch die Kreditsumme von ihrer Kaufkraft immer weniger wert. Beispiel: Hyperinflation. Du kaufst heute ein Haus und nimmst dafür einen Kredit in Höhe von 200.000 Euro auf, der innerhalb der nächsten 10 Jahre getilgt wird. Nach 12 Monaten ist die Kaufkrauft aber so gesunken, dass Du Dir für die 200.000 Euro gerade noch eine Kiste Bier kaufen kannst. Also gehst Du mit der Kiste Bier zur Bank und zahlst Deinen Kredit zurück.

Nur aufgrund von Inflation kann eine Bank keinen Kredit vorzeitig kündigen, es muss mind. die Zinsbindungsfrist ablaufen. Hängt im Zweifel aber vom Wortlaut des jeweiligen Kreditvertrages ab.

Schöne Grüße
Thomas

Hallo,
das Thema ist theoretisch recht einfach erklärt:

Stell Dir vor, Du hast ein Haus gekauft und hiefür Schulden in Höhe von € 100.000,- gemacht. Der Verkäufer hat dafür jetzt diese € 100.000,-.
Nun haben wir aus welchen Gründen auch immer eine sehr hohe Inflation, die Preise steigen nicht um das zig-fache sondern um das 100- bis 1000-fache. Dein Haus wäre demnach nun z.B. € 100.000.000,- Wert. Auch z.B der Brotpreis steigt, ein Brot kostet nicht mehr sagen wir € 1,- sondern nun eben auch das 1000-fache, nämlich € 1.000.-
Somit kann man feststellen: Deine Schulden betragen 100 Brote, und der Verkäufer hat auf seinem Konto nun den Gegenwert von 100 Stück Brot. Nicht viel für ein ganzes Haus, oder?
Ich hoffe, diese Erklärung hilft… (die Vorfälligkeitsentschädigung wär Dir in diesem Fall egal… das kann ja nicht mehr als ein paar Brötchen ausmachen…)
Was aber genau passiert ist nicht genau prognostizierbar: Wie schaut´s aus mit Arbeitsplätzen, Lohnentwicklung, …

http://members.aon.at/haushaltsverbrauch/Kredite

Genau weiß niemand, was wir im Zuge der aktuellen Ereignisse zu erwarten haben. Grundsätzlich kann aber davon ausgegangen werden, dass es heutzutage nicht zu ähnlichen Verhältnissen wie 1923 kommen wird.
Die Aussagen zu den Gewinnern und Verlierern einer Inflation müssten aber auch abgeändert werden. Sparer sind nicht zwangsläufig die Verlierer, es kommt nur darauf an den nicht liquiden Vermögensanteil in Sachwerten investiert zu haben. Hierzu zählt natürlich auch eine Immobilie in richtiger Lage. (sonst kann man auch hier verlieren)

Zur vorzeitigen Rückzahlung eines Immobiliendarlehens wird unabhängig von einer Inflation immer das Einverständnis der Bank benötigt. Ohne trifftigen Grund, wie z.B. Verkauf der Immobilie oder Tod des Darlehensnehmers muß keine Zustimmung gegeben werden. Falls die Bank zustimmt steht ihr natür eine Entschädigung gemäß den gesetzlichen Bestimmungen zu.
Sollte tatsächlich eine so starke Geldentwertung stattfinden, dass ein sechstelliger Betrag quasi sofort getilgt werden könnte, wird auch eine noch so hohe Vorfälligkeit kaum eine entscheidende Rolle mehr spielen.

Warten wir es als ab, bringen unser Vermögen weitestgehend in Sicherheit und hoffen, das alles nur halb so schlimm wird, wie befürchtet.
Und wenn die Inflation kommt genießen wir den kurzen Moment des Schuldenverfall, denn dannach haben wir genug damit zu tun unseren Alltag zu meistern.

Hallo Winterherz,
der Unterschied zu 1923 bzw 1929 ist,daß die heutigen Finanzmärkte viele besser organisiert und kontrolliert werden,insbesondere durch die Staaten (FED,EZB,…)selbst.
Ich kann Sie jedoch beruhigen,es wird keine Inflation im klassischen Sinne geben !!
Evtl.wird es eine Commodity Treasury getriebene Inflation geben,d.h.daß einige Rohstoffe so teuer werden,daß diese wiederrum die Märkte indirekt beeinflussen können,oder die Staaten implizieren eine steuer u.abgabengetrieben Kostenlawine,welche ebenso den Bürger belasten.
Diese Firmen,welche wir beraten,haben sich jedoch schon längst gegen diese möglichen Unsicherheits-faktoren abgesichert.
Ciao
J.P.

Hallo Winterherz,

da ich leider keine Glaskugel zur Hand habe, kann ich die Fragen nicht beantworten. :wink:Letztlich wird die Behandlung von Vermögenswerten o. Schulden bei einer starken Inflation (evtl. auch mit sich anschließender Währungsreform)durch den Gesetzgeber gesteuert (soweit es diesen dann noch geben sollte). Denkbar ist aber auch eine Besteuerung der Immobilien (z.B. durch eine sogenannte Haussteuer). Der Staat wird evtl. so versuchen, an jeglichen Vermögenswerten zu partizipieren, auf die er noch Zugriff nehmen kann. Immobilien sind immobil und können im Zweifelsfall nicht außer Landes oder anderweitig in Sicherheit gebracht werden.
Viel Glück bei Ihren Entscheidungen…

Gruß
Goldig

Hallo,
ja, Inflation heisst übersetzt „Geldentwertung“, der Wert des Geldes sinkt, die Kaufkraft nimmt ab. Bei einem Kredit wird der Zins in der Regel für einen Zeitraum festgeschrieben. Beispiel 10 Jahre. Zum Abschluss des Kreditvertrages wird der Zins festgelegt. Bsp. 4% auf 10 Jahre. Auch wenn die Inflation steigen sollte, der Zins ist festgeschrieben. Mit steigender Inflation sinkt der Wert des Darlehens. Die Schulden entwerten sich daher. Jedoch ist bei einer Inflation die Einkommensseite das Problem. Zwar entwerten sich die Schulden, sie müssen jedoch zurückgezahlt werden. Man muss als Schuldner also darauf achten, dass man bei einer Inflation ein Einkommen bezieht, das mindestens analog der Inflationsentwicklung steigt. Oder man finanziert mit dem Darlehen Werte - in der Regel Immobilien - die nicht von der Inflation betroffen sind, weil ihr Wert analog zur Inflationsrate zunimmt. Das ist bei Immobilien aber auch nicht garantiert - in schlechten Lagen kann der Wert der Immobilie auch fallen.

Alles was ich dazu sagen könnte wären Mutmassungen. Deshalb möchte ich mich dazu nicht einlassen.Sorry.

Ja, das kann wieder passieren. Im Zweifel gibt es eine gesetzliche Regelung, die die Umrechnung der Schulden festlegt.