Was sagen bekannte Schriftsteller über den Tod

Hallo nochmal,
der Titel meiner letzten Anfrage war offenbar etwas irreführend, also probier ich’s nochmal.
Ich brauche für meine Facharbeit dringend Textstellen bekannter Schriftsteller zum Thema Tod. Das heißt nicht, dass es ganze Bücher darüber sein sollen. Einige Sätze, die ein möglichst anschauliches Bild vom Tod vermitteln wären sehr hilfreich. Z. B. Todesengel, Gerippe, Erlöser oder was auch immer. Wenn ich nämlich die gesammelten Werke von Schiller, Goethe und Co. alle selbst lesen müsste, wäre ich mindestens bis Weihnachten beschäftigt. Nur muss da die Facharbeit schon fertig sein.
Wenn sich also zufällig jemand, der den Artikel hier liest, an irgendein Gedicht, eine Theaterszene oder eine Romanstelle erinnert, die mir helfen könnte, wäre ich unendlich dankbar, wenn er mir den Text zukommen lassen würde.
Also danke für eure Hilfe,
Désirée

Todesfuge
Hallo Desiree,

mir fällt folgendes Gedicht dazu ein:

http://www.biolinx.de/klassiker/celan.shtml

Gruß
Uschi

Hallo,

ich habe folgende Vorschläge:

Goethe, Faust II, Z. 11385ff. (Mitternacht)
Gottfried Benn, Morgue I-V
(1. Kleine Aster, 2. Schöne Jugend, 3. Kreislauf,
4. Negerbraut, 5. Requiem)
[Überhaupt: Die Gedichte von Benn sind eine wahre Fundgrube für das Thema! Einfach mal überfliegen!]

Gruß

Thomas Miller

Hallo!

Gib mal unter:

http://www.google.com/intl/de/

die beiden Suchbegriffe „Zitate“ und „Tod“ ein und du erhälst eine Fülle an Informationen. Vielleicht ist was darunter, das du für deine Arbeit verwenden kannst…

Gruss
Renato

‚Die 7 Todsünden‘
lautet ein Werk von Brecht… Uraufführung 1933…

so… und jetzt will ich mal schauen, was ich noch so in meinem Deutschordner zum Thema Tod finde… ich kann mich schwach entsinnen, dass wir das mal in der Schule hatten :smile:

Okay… da haben wir etwa…

„Die Leiden des jungen Werthers“ -J.W.v.Goethe

Brief vom 4.5.1771

mehr kann ich jetzt nicht finden… :frowning:

Marco

Oh, ja!
Das ist eines meiner Lieblingsgedichte! Ich habe es schon sooo lange nicht mehr gelesen. Vielen Dank, uschi, daß Du mich dran erinnert hast!

Liebe Grüße, Nike

Gedichte über den Tod in rauhen Mengen :smile:
Hallo Désirée,

da hab ich ein wenig für Dich:

_Ludwig Uhland
Auf den Tod eines Kindes

Du kamst, Du gingst mit leiser Spur,
ein flücht’ger Gast im Erdenland;
woher? Wohin? Wir wissen nur:
Aus Gottes Hand in Gottes Hand.

_____

Christian Fürchtegott Gellert
Vom Tode

Meine Lebenszeit verstreicht,
Stündlich eil ich zu dem Grabe;
Und was ist’s, das ich vielleicht,
Das ich noch zu leben habe?
Denk, o Mensch! an deinen Tod.
Säume nicht; denn eins ist not.
Lebe, wie du, wenn du stirbst,
Wünschen wirst, gelebt zu haben.
Güter, die du hier erwirbst,
Würden, die dir Menschen gaben;
Nichts wird dich im Tod erfreun;
Diese Güter sind nicht dein.

Nur ein Herz, das Gutes liebt,
Nur ein ruhiges Gewissen,
Das vor Gott dir Zeugnis gibt,
Wird dir deinen Tod versüßen;
Dieses Herz, von Gott erneut,
Ist des Todes Freudigkeit.

Wenn in deiner letzten Not
Freunde hülflos um dich beben:
Dann wird über Welt und Tod
Dich dies reine Herz erheben;
Dann erschreckt dich kein Gericht;
Gott ist deine Zuversicht.

Daß du dieses Herz erwirbst,
Fürchte Gott, und bet und wache.
Sorge nicht, wie früh du stirbst;
Deine Zeit ist Gottes Sache.
Lern nicht nur den Tod nicht scheun,
Lern auch seiner dich erfreun.

Überwind ihn durch Vertraun,
Sprich: Ich weiß, an wen ich gläube,
Und ich weiß, ich werd ihn schaun
Einst in diesem meinem Leibe.
Er, der rief: Es ist vollbracht!
Nahm dem Tode seine Macht.

Tritt im Geist zum Grab oft hin,
Siehe dein Gebein versenken;
Sprich: Herr, daß ich Erde bin,
Lehre du mich selbst bedenken;
Lehre du mich’s jeden Tag,
Daß ich weiser werden mag!

aus „Geistliche Oden und Lieder“ (1757)

_____

Benoit Marchon
Jemand stirbt …

Jemand stirbt
und das ist
wie wenn Schritte verstummen.
Aber wenn es ein kurzer Aufenthalt
vor einer neuen Reise wäre?
Jemand stirbt
und das ist
wie wenn eine Tür zuschlägt.
Aber wenn es ein Tor wäre
dahinter andere Landschaften sich auftun?

Jemand stirbt
das ist
wie wenn ein Baum zur Erde stürzt.
Aber wenn es ein Samen wäre
der in einer andern Erde keimt?

Jemand stirbt
Das ist
wie wenn…
Aber wenn…

Jemand stirbt
Das ist
wie wenn…
Aber wenn…

Jemand stirbt
und das ist vielleicht
wie wenn in der Stille plötzlich eine Orgel einsetzt
und die verstummte kleine Melodie eines Menschenlebens
mit allen Registern neu spielt …

_____

Heinrich Heine
Die Heimkehr

Der Tod das ist die kühle Nacht,
Das Leben ist der schwüle Tag.
Es dunkelt schon, mich schläfert,
Der Tag hat mich müd gemacht.

Über mein Bett erhebt sich ein Baum,
Drin singt die junge Nachtigall;
Sie singt von lauter Liebe,
Ich hör es sogar im Traum.

_____

(habe keine Autorenangabe gefunden)
Herzenswunsch

Oft denk ich an den Tod, den herben,
und wie ichs wohl bald am End ausmach.

Ganz leis im Schlafe möcht ich sterben
und tot sein, wenn ich dann aufwach.

_____

Wislawa Szymborska
Vom Tod ohne Übertreibung


Schmieden wir Pläne für morgen,
spricht er das letzte Wort
nicht zur Sache.

Er kann nicht einmal das,
was zu seinem Handwerk gehört:
ein Grab ausheben,
einen Sarg zimmern,
hinterher aufräumen.

Mit dem Töten beschäftigt,
tut er es linkisch,
ohne System und Übung.
Als müsste er’s an jedem von uns
noch erlernen.

Sieg hin, Sieg her,
doch wie viele Niederlagen,
Fehlschläge,
und immerzu neue Versuche!

Böser Wille genügt nicht,
sogar unser Beistand bei Kriegen
und Rebellionen
half bis jetzt wenig.

In Eiern pochen Herzen.
Säuglingsskelette wachsen.
Samenkörner treiben die ersten
beiden Blätter,
oft wachsen sie zu hohen Bäumen
am Horizont.

Wer behauptet, der Tod sei
allmächtig,
ist lebendiger Beweis dagegen.

Es gibt kein solches Leben,
das nicht wenigstens für einen
Augenblick
unsterblich wäre.

Der Tod
kommt immer um diesen einen
Augenblick zu spät.

Umsonst rüttelt er am Griff
der unsichtbaren Tür.
Er kann, was jemand erreicht hat,
nicht rückgängig machen.

_____

Mascha Kaléko

Bedenkt,
den eignen Tod,
den stirbt man nur,
doch mit dem Tod der Anderen
muß man leben.

_____

Rainer Maria Rilke
Todes-Erfahrung

Wir wissen nichts von diesem Hingehn, das
nicht mit uns teilt. Wir haben keinen Grund,
Bewunderung und Liebe oder Haß
dem Tod zu zeigen, den ein Maskenmund

tragischer Klage wunderlich entstellt.
Noch ist die Welt voll Rollen, die wir spielen.
Solang wir sorgen, ob wir auch gefielen,
spielt auch der Tod, obwohl er nicht gefällt.

Doch als du gingst, da brach in diese Bühne
ein Streifen Wirklichkeit durch jenen Spalt
durch den du hingingst: Grün wirklicher Grüne,
wirklicher Sonnenschein, wirklicher Wald.

Wir spielen weiter. Bang und schwer Erlerntes
hersagend und Gebärden dann und wann
aufhebend; aber dein von uns entferntes,
aus unserm Stück entrücktes Dasein kann

uns manchmal überkommen, wie ein Wissen
von jener Wirklichkeit sich niedersenkend,
so daß wir eine Weile hingerissen
das Leben spielen, nicht an Beifall denkend.

_____

Rainer Maria Rilke
Der Tod der Geliebten

Er wußte nur vom Tod was alle wissen:
daß er uns nimmt und in das Stumme stößt.
Als aber sie, nicht von ihm fortgerissen,
nein, leis aus seinen Augen ausgelöst,

hinüberglitt zu unbekannten Schatten,
und als er fühlte, daß sie drüben nun
wie einen Mond ihr Mädchenlächeln hatten
und ihre Weise wohlzutun:

da wurden ihm die Toten so bekannt,
als wäre er durch sie mit einem jeden
ganz nah verwandt; er ließ die andern reden

und glaubte nicht und nannte jenes Land
das gutgelegene, das immersüße -
Und tastete es ab für ihre Füße.

_____

Rainer Maria Rilke
Der Tod des Dichters

Er lag. Sein aufgestelltes Antlitz war
bleich und verweigernd in den steilen Kissen,
seitdem die Welt und dieses von-ihr-Wissen,
von seinen Sinnen abgerissen,
zurückfiel an das teilnahmslose Jahr.

Die, so ihn leben sahen, wußten nicht,
wie sehr er Eines war mit allem diesen;
denn Dieses: diese Tiefen, diese Wiesen
und diese Wasser waren sein Gesicht.

O sein Gesicht war diese ganze Weite,
die jetzt noch zu ihm will und um ihn wirbt;
und seine Maske, die nun bang verstirbt,
ist zart und offen wie die Innenseite
von einer Frucht, die an der Luft verdirbt.

_____

Andreas Gryphius
Menschliches Elende

Was sind wir Menschen doch? ein Wohnhauß grimmer Schmertzen
Ein Ball des falschen Glücks / ein Irrlicht diser Zeit.
Ein Schauplatz herber Angst / besetzt mit scharffem Leid /
Ein bald verschmeltzter Schnee und abgebrante Kertzen.

Diß Leben fleucht davon wie ein Geschwätz und Schertzen.
Die vor uns abgelegt des schwachen Leibes Kleid
Vnd in das Todten-Buch der grossen Sterblichkeit
Längst eingeschriben sind / sind uns aus Sinn und Hertzen.

Gleich wie ein eitel Traum leicht aus der Acht hinfällt /
Vnd wie ein Strom verscheust / den keine Macht aufhält:
So muß auch unser Nahm / Lob / Ehr und Ruhm verschwinden /

Was itzund Athme holt / muß mit der Luft entflihn /
Was nach uns kommen wird / wird uns ins Grab nachzihn
Was sag ich? Wir vergehn wie Rauch von starcken Winden.

____________________________

Mehr Informationen zum Thema findest Du hier:
http://www.postmortal.de/PoesieLyrik/poesielyrik.html
http://www.postmortal.de/Literatur/literatur.html
http://www.tu-bs.de/institute/geschichte/Ausstellung…

Und hier: http://cgi.tod.de/user-cgi-bin/db.cgi?db=poetry&uid=…
findest Du fast 600 Gedichte zum Tod, geschrieben von Laien - aber teilweise auch sehr schön.

Enden möchte ich mit noch einem Gedicht, wieder von Rilke (übrigens mein Lieblingslyriker…)

**Schlußstück

Der Tod ist groß.
Wir sind die Seinen
lachenden Munds.
Wenn wir uns mitten im Leben meinen,
wagt er zu weinen
mitten in uns.**

Hallo Nike!

Das ist eines meiner Lieblingsgedichte! Ich habe es schon sooo
lange nicht mehr gelesen. Vielen Dank, uschi, daß Du mich dran
erinnert hast!

und unter http://www.lyrikline.org/neu/index.html
kannst Du P. Celan selbst beim vortragen seiner Todesfuge hören…
(Audioprodktion von 1952)

Grüße von
MM

1 Like

Danke für den Link!!!

und unter http://www.lyrikline.org/neu/index.html
kannst Du P. Celan selbst beim vortragen seiner Todesfuge
hören…
(Audioprodktion von 1952)

ich bin begeistert von dieser Seite…ein Schatz im Internet

Vielen Dank, Martin :smile:

Gruß
Uschi

Bitte, liebe Uschi!

auch für mich persönlich eine schöne Möglichkeit
vom Alltag in der Chemie
einzutauchen in die Alchemie der Sprache …

Grüße von
Martin

AAAAAAAAAAHHHHHHH!
So ein schöner Link, aber bei mir funktioniert Audiomäßig überhaupt nichts! KEin Ton! Was mach ich falsch?
Max