Was sagen nach Urlaubssemester? (Vergewaltigung)

Hallo,

ich habe ein großes Problem, vielleicht liest das hier jemand der mir weiterhelfen kann?

Im Februar diesen Jahres wurde ich Opfer eines sex. Übergriffs, der sowohl physisch als auch psychisch ziemlich Spuren hinterlassen hat. 

Ich wurde dann in meinem Studium für das Semester krankgeschrieben, da ich zunächst im Krankenhaus war und dann im Sommer einen langen Aufenthalt in einer psychosomatischen Klinik hatte. Zu allem Unglück hatte ich zum Zeitpunkt der Tat auch noch seit vier Wochen angefangen an meinem Diplom zu arbeiten, das weiterarbeiten konnte ich dann in meiner damaligen Verfassung natürlich auch knicken.

Jetzt geht es mir dank des Klinikaufenthalts wieder ganz ok, und nächste Woche fängt dann das nächste Semester an, ich muss wieder an die Uni und an meiner Diplomarbeit weitermachen.

Jetzt hab ich riesige Angst vor Fragen meiner Kommilitonen und Dozenten. Ich habe von der Sache noch zwei dicke Narben im Gesicht, also man sieht sofort das irgendwas passiert sein muss… Was sage ich, wenn meine Mitstudenten herkommen und fragen „hey, wo warst du denn das letzte Semester?“ Oder „Was hast du denn mit deiner Backe und deiner Nase gemacht?“

Ich hab schon überlegt sowas zu sagen wie „Ich hatte im Frühling einen Unfall“, aber da ist dann auch irgendwie die Frage vorprogrammiert „oh je, was ist denn passiert?“, und dann? Irgendwas erfinden? Ich finde, wenn man sowas sagt wie „Sorry, ich möchte nicht drüber reden“, dann klingt das auch total beknackt.

Ach keine Ahnung. Mein Professor hat damals die Krankschreibung bekommen, da war anhand des Arzt-Stempels erkennbar dass es sich um was psychisches handelt… der hat jetzt wahrscheinlich auch die wildesten Ideen. Mir ist das alles so furchtbar unangenehm.

Aber das was wirklich passiert ist, das kann man einfach nicht so mal kurz rüberbringen wenn einen Leute, die man nicht wirklich gut kennt, fragen was los war. Lügen möchte ich aber eigentlich auch nicht. Am Ende wirkt es sonst bloß so als hätte ich ein Semester krank gespielt. 

Ich bin echt ratlos. Hat jemand eine gute Idee wie ich am Besten auf solche Frage reagieren könnte?

Kumquat

hallo,
also, eigentlich fragen die leute ja meistens gar nicht so direkt und wenn doch, kannst du sagen, dass du darüber nicht reden möchtest (was jeder akzeptieren wird, warum sollte das beknackt klingen?), bevor du etwas erfindest.
ich kann heute darüber ganz gut reden und wenn man erst etwas anderes sagt und später dann vielleicht doch die wahrheit, klingt das, finde ich, eher unglaubwürdig.
ich kann dir ein buch empfehlen „dem leben ieder trauen“ von e. spangenberg.
gruß

m

Hallo,

mein Rat: Die Wahrheit sagen. Scham, Schuld und Peinlichkeit sind sind Markierungen, die der Täter hinterlassen hat. Doch nicht du bist es, die sich schämen muss.

Die Aussage „Ich wurde Opfer von Gewalt“ reicht dabei völlig. Die wenigsten Leute werden nachfragen. Und für die, die es doch tun, kannst du individuell entscheiden, wem du etwas erzählen möchtest. Für alle anderen gilt der Satz: „Ich möchte nicht darüber sprechen.“

Du musst nichts begründen, nichts erklären, nichts erfinden.

Schöne Grüße,
Jule

hallo,
die antwort fällt mir schwer, denn wie viele meiner geschlechtsgenossen, fühle ich eine „angeborene schuld“ bei dem thema. dementsprechend werden meine formulierungen evtl. etwas holprig sein.
ich kann verstehen, wenn du angst vor den reaktionen hast, wenn du über das erlebte redest, aber die reaktionen sind sicher völlig anders, als du es erwartest.
du bist opfer einer gewalttat  geworden, was kein grund für scham ist. stellung zu beziehen ist ein zeichen von stärke, lügen nehmen dir die freiheit dein künftiges leben zu gestalten.

wie weit du dich erklären willst mußt du im einzelfall entscheiden. bei menschen denen du vertraust, wird es dir leichter sein, über das passierte zu reden.  meine frau hat das ganze gerade durchgemacht. da der täter im gleichen haus wohnt, sind wir umgezogen, jedoch nicht, ohne im stadtteil und wo auch immer sich die gelegenheit bot, über die tat zu berichten. ergebnis, selbst frauen, mit denen meine frau bis zu dem zeitpunkt keinen, bzw. negativen kontakt hatte, bekamen eine positive einstellung zu ihr. 

nebeneffekt, die frauen inn der umgebung sind gewarnt und der täter, der vor dem strafantrag grinsend in seiner pause vor der gaststätte  saß und sich zwischen die beine faßte, verläßt, wie berichtet wird, die küche nicht mehr um sich im gastraum aufzuhalten.
dir alles gut
burkhard

Hallo,
finde es auf keinen Fall gut zu sagen: „Ich wurde Opfer von Gewalt“.
Der Begriff Opfer ist zu belastend, damit werden die Narben zu einem Stigma.
Und inzwischen ist Opfer sogar zu „Opfa“ geworden, also ein Wort das ohne jede Empathie für eventuell erlittenes Leid, sondern in hohem Maße abwertend und verächtlich gebraucht wird.

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Hallo,

aber genau das ist es, was einer Frau, die vergewaltigt wurde, passiert ist: Sie wurde Opfer. Sie hat nichts dazu beigetragen, sie hatte keine Chance, die Vergewaltigung abzuwehren. Sie trägt keine Verantwortung für die Tat.

Und damit wird in diesem Fall der Begriff des Opfers auch zu einem Synonym für die eigene Unschuld.

Ob die UP den Begriff benutzen will oder nicht, ist ihre eigene Entscheidung. Gerechtfertigt ist er in jedem Fall.

Schöne Grüße,
Jule

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Hallo,

da dieser Thread offenbar nicht für alle Leser in gleicher Weise angezeigt wird, der Hinweis: Die Artikel „Umgang mit histrionische Persönlichkeit“ & Reaktionen darauf bildeten ursprünglich einen eigenen Thread und gehören nicht hierher.

Ein bedauerlicher Programmierfehler, der durch die Brettmoderatoren leider nicht behoben werden kann.

Gruß
Kreszenz

Hallo,

bist du sicher , das da dich wirklich jemand fragt?

Ansonsten wäre die Umschreibung, „ich wurde überfallen und beraubt“ vll noch ok. da fragt kaum jemand nach, und wenn , dann kann man klar sagen, man würde darüber nicht weiter reden wollen.

lg

brenna

Am besten offen damit umgehen
Hallo,

erst einmal möchte ich dich beglückwünschen, dass es dir nach so einem Erlebnis wieder gut geht.

Ich kann dir (selbst Opfer einer Gewalttat) nur raten, offen damit umzugehen.

Das wurde hier ja auch schon von anderen vorgeschlagen.
Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass die meisten nicht weiter nachfragen.
Die jenigen, die (zumindest bei mir) weiter nachgefragt haben, waren Menschen, die sich wirklich interessierten oder sehr enge Freunde.

Alle anderen geht es nichts an und du warst eben einfach „Krank“.

Ich wünsche dir weiterhin viel Kraft!

Grüße
Ayse

‚ich wurde überfallen‘ - wollte ich auch vorschlagen
Hi!
Die Formulierung würde ich auch verwenden.
Das erklärt die Narben im Gesicht.
Und die meisten werden so schockiert sein, dass sie nicht weiterfragen.
Nein, im Ernst: Du kannst ja später selbst entscheiden, ob Du weitere Fragen beantworten möchtest oder nicht, bei vertrauteren Leuten.

Ein „ich möchte nicht darüber reden“ fände ich auch völlig in Ordnung.

Mal noch ne blöde Idee: Vielleicht kannst Du das sogar mit jemandem üben. Derjenige soll Dich in Variationen fragen, was mit dir war, warum die nicht da warst, woher die narben kommen und Du „übst“ die Antwort Deiner Wahl. Dann bist Du vielleicht von solchen Fragen nicht überrumpelt, wenn sie denn kommen.

Einen guten Start wünscht
kernig

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Hi kernig,

ehrlich gesagt finde ich deine ‚blöde‘ Idee gar nicht so blöd. Es ist ja gar nicht so einfach die passende Antwort spontan parat zu haben, da wäre Übung vllt gar nicht schlecht.
Grüße,
JPL