Was sind die "Kriegsziele" des Islamistischen Terrors in Europa?

Hallo,
vom Terrorismus hat man einen sehr wagen Begriff, der sich eigentlich meist nur auf die jeweils verübte Straftat als Kriminalfall beschränkt.
Die RAF wollte das verhasste kapitalistische System soweit destabilisieren, dass es sich als das selbst entlarvt, für was Meinhof und Konsorten es gehalten haben: als faschistisches System, das sich schließlich gegen seine Bürger selbst wendet.
Nach dem Selbstverständnis des IS befinden sich die Kämpfer doch im Krieg mit Europa. Was sind eigentlich die Kriegsziele nach deren Vorstellung? Eine Art islamische Revolution, anschließende Machtübernahme und Errichtung von Kalifaten?
Was würde mit der bisherigen Bevölkerung in einem eroberten Gebiet geschehen? Umerziehungslager, Sklaverei, eine Intellektuellenausmerzung (ala Rote Khmer bzw. Katyn) oder ein Genozid?
Was geschieht mit der Infrastruktur und Industrie?
Gibt es dazu - abgesehen vom Koran selbst - ein Art Manifest?


Von diesem Kalifat aus, will ISIS später die ganze Welt mit einem Terrorkrieg überziehen: "Langfristig will ISIS einen Dschihad gegen den westlichen Einfluss im Nahen Osten führen, Israel zerstören und zum Kern eines weltweiten islamischen Reiches werden. Die Gruppe ist entschlossen, ihre totalitäre islamistische Ideologie über alle Muslime zu verhängen; Abtrünnige zu töten (so werden von ISIS alle Musilme definiert, die ihre Version des Islam nicht anerkennen) und alle Nicht-Muslime zu unterjochen

Macht man es sich nicht zu leicht, die religiösen Kämpfer und ihre terroristischen Taten auf das Niveau eines normalen Kriminalfalls zu reduzieren?
Bezeichnet man so etwas nicht auch als Hochverrat?


Der Verfassungshochverrat bezeichnet sämtliche Änderungen und Beseitigungen des Wesensgehaltes der Verfassung wie die freiheitliche Demokratie, den Rechtsstaat und die Grundrechte.
Tatmittel sind die Gewalt und die Drohung mit Gewalt und entsprechen im Wesentlichen dem Gewaltbegriff bei der Nötigung.
Der Hochverrat ist kein Sonderdelikt, das nur von Deutschen begangen werden kann. Auch Ausländer können Hochverrat begehen, der aber völkerrechtlich gerechtfertigt sein kann.
Gruß
rakete

Vorher finden sich aber hoffentlich noch ein paar Einwohner um den Art. 20 (4) GG in die Tat umzusetzen.

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Hallo,

das realistische Ziel dürfte derzeit das nackte Überleben in einem ausreichend grossen und selbst kontrollierten Territorium sein. Wobei die Luftherrschaft (bis auf den Einsatz von Drohnen aus dem Privatsegment) dort endet, wo auch die Reichweite von Handfeuerwaffen und wenigen, meist sehr simplen, richtigen Luftabwehrwaffen endet. Viel können sie damit nicht reissen.

Der IS befindet sich im Krieg mit allen Nichtgläubigen seiner Lesart und strebt den Endsieg auf der gesamten Welt an. Auch die Errichtung einer islamischen Sphäre unter Führung des IS ist nur ein Zwischenschritt in der Gesamtplanung.

Den kümmerlichen Versuch, alle Ereignisse in D auf die Ebene normaler Kriminalität herabzustufen? Nein. Du kannst ja mal versuchen, Dir die §§ 81-83 StGB zurechtzubiegen.

Du hättest wohl gerne den Zugriff auf die lebenslange Freiheitsstrafe bereits für die Mitgliedschaft beim IS, oder? Nachtigall ich hör Dir trapsen. :smirk:

Gruß
vdmaster

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Interessant. Wie mögen sich das die Verfassungsväter vorgestellt haben? Ab welchem Zeitpunkt soll das überhaupt gehen?
Es hat sich schonmal jemand selbst ermächtigt gefühlt: http://www.focus.de/wissen/mensch/geschichte/nationalsozialismus/tid-14713/roehm-putsch-hitlers-rechtfertigung-im-wortlaut_aid_416362.html
Wenn mir jemand den Vorwurf entgegenhält, weshalb wir nicht die ordentlichen Gerichte zur Aburteilung herangezogen hätten, dann kann ich ihm nur sagen: in dieser Stunde war ich verantwortlich für das Schicksal der deutschen Nation und damit des deutschen Volkes oberster Gerichtsherr.
Gruß
rakete

Nicht zu vergessen den § 83 a:
Wegen der besonders hohen Strafdrohung und der Einbeziehung des Vorbereitungsstadiums in den Bereich der Strafbarkeit wird dem Straftäter, der Versuchshandlungen bereits aufgibt, nach § 83a StGB bei tätiger Reue eine „goldene Brücke“ gebaut. Mögliche Konsequenz ist dann das Absehen von Strafe oder die Milderung der Strafe nach § 49 Abs. 2 StGB. Notwendig ist jedoch, dass der Täter neben der Aufgabe der Versuchs- und Vorbereitungshandlungen auch aktiv wird, dass die Gefahr der §§ 81–83 StGB nicht eintritt.
Gruß
rakete

Ein schönes Beispiel, den mutmaßlichen Zielen des IS vielleicht näher zu kommen.

Die Aktionen einer RAF kamen aus dem Inneren des Staates/der Gesellschaft heraus, waren eindeutig gegen das Gewaltmonopol des Staats über Anschläge gegen Vertreter aus Politik und Wirtschaft (sowie USA als vermeintlicher Verantwortlicher für das kapitalistische System hierzulande) gerichtet, und die Anschläge sollten Zeichen der Hoffnung und Unterstützung an diejenigen richten, die mit den gesellschaftspolitischen Zielen der RAF konform gingen.

Kann man all dies dem Terror eines IS ebenso unterstellen?

Ich denke, (noch) nicht. Der Hintergrund diverser Anschläge in D. oder F. oder B., ein Zeichen hierfür ist die Wahllosigkeit der Opfer, sind m.E. in erster Linie Racheakte für den militärischen Widerstand in Nahost, die Unterstützung anderer Regime/Führer/Religionsgruppen. Da sind bislang keine Absichten zur Einrichtung von Kalifat oder Umsturz vorhanden, es geht im Wesentlichen um Nichteinmischung in die Angelegenheiten des IS.

Die Annahme, dass mittels der Anschläge eventuell für Zustimmung zum IS unter hier lebenden Bürgern geworben werden soll, ist allerdings nicht ganz abwegig. Um nicht zu sagen, schon im Gange. Dem könnte, wenn man denn wollte, durch zielgerichtete Maßnahmen im Inneren und kontrollierter Sicherung von Außengrenzen relativ einfach begegnen. Bislang wird aber noch die interne Destabilisierung und Verunsicherung der Bürger bevorzugt und in Kauf genommen.

Franz

Um das Beispiel nochmals aufzugreifen. Es könnte zur Taktik des IS gehören, durch derartige Aktionen einen Keil zwischen Mohammedaner und übrige Gesellschaft zu treiben, weil heftige Gegenreaktionen und Kontrollen der Sicherheitskräfte zwangsläufig für die IS-Hasspropaganda ausgeschlachtet wird. In Frankreich klappt das gut:


Und die ganzen anderen unsäglichen (klein)kriminellen A…r sind dabei - ohne dass sie es ahnen - nützliche Idioten der Islamisten.
Gruß
rakete

Da die Angelegenheit des IS die Weltherrschaft ist, ist auch alles ihre Angelegenheit.

Es ist im Endeffekt gleichgültig, ob man sie militärisch angreift oder nicht. Macht man dies, so wird der IS davon faseln, dass er Rache nimmt. Ignoriert man ihn vollständig, so wird er an der Staatsgrenze angelangt, davon faseln, dass er Rache für den Unglauben (im Namen Allahs) nimmt. Zwischendurch faselt er eben davon, dass in D Rache genommen wird, weil Moschee xy geschlossen wurde, die die reine Lehre … blabla.

Unterm Strich gibt es nur Aufgabe oder Kampf.

Ach?

Könnte damit zusammenhängen, dass es bereits erklärtes Ziel ist, um den Krieg zu forcieren. http://www.nybooks.com/daily/2015/11/16/paris-attacks-isis-strategy-chaos/

Diversify and widen the vexation strikes against the Crusader-Zionist
enemy in every place in the Islamic world, and even outside of it if
possible, so as to disperse the efforts of the alliance of the enemy and
thus drain it to the greatest extent possible.

vgl. auch die weiteren Zitate aus dem Link.

Gruß
vdmaster

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Hallo,
meiner Meinung nach ist eines der ersten Ziele, in Europa terroristisch taetig zu werden, damit von hier weniger Attacken auf die islamische Heimat durchgefuehrt oder unterstuetzt werden. So dass sie zuhause mehr Ruhe bekommen.

Weltherrschaft, Weltherrschaft, o Graus!
Geht es etwas kleiner auch, so in halbwegs realistischen Rahmenkonstruktionen?
Phantasien scheinen ansteckend zu sein. Ich denke, dass wir Neujahr ohne IS-Herrschaft hier aufwachen werden…Es sei denn, Frau M. konvertiert noch schnell und hat die Einladungskarten schon draußen.

Franz

Deine Beschwerde über die anvisierte Größenordnung trägst Du bitte im „Bürgerbüro des IS“ vor. Die können sich dann einen Kopf darüber machen. Wird wohl Deiner werden. :stuck_out_tongue_winking_eye:

Sorry, es ist doch nicht mein Problem, dass die Wahnvorstellungen des IS grenzenloser und globaler Natur sind.

http://www.zeit.de/2014/34/is-irak-weltherrschaft Du denkst noch an die Ziele von Al-Kaida. Die hat der IS propagandistisch längst hinter sich gelassen.

Gruß
vdmaster

Demnach wäre der Ansatz, Terrorakte als „Kriminalität“, zu verniedlichen falsch. Er ist eine militärische Waffe. Die Antwort muss ein fortgesetzter militärischer Einsatz (s. Otto-Schily) sein. In den Kriegsgebieten sowieso, jedoch sollten schnellstmöglich auch die Voraussetzungen für einen Einsatz im Inland vorzubereiten, falls die Polizei irgenwann an ihre Belastungsgrenzen kommt.
Gruß
rakete

Hallo,

all Deinen Ausführungen ist vollumfänglich zuzustimmen. Allein der Grad der Vorbereitung der BW für einen Einsatz im Inneren könnte noch strittig sein. Und um diesen Punkt wird ja immer wieder gerungen. Bereits jetzt ist sie auch im Inland einsetzbar.

Vgl. Art 35 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 GG

(1) Alle Behörden des Bundes und der Länder leisten sich gegenseitig Rechts- und Amtshilfe.

(2) Zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung kann ein Land in Fällen von besonderer Bedeutung Kräfte und Einrichtungen des Bundesgrenzschutzes zur Unterstützung seiner Polizei anfordern, wenn die Polizei ohne diese Unterstützung eine Aufgabe nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten erfüllen könnte. Zur Hilfe bei einer Naturkatastrophe oder bei einem besonders schweren Unglücksfall kann ein Land Polizeikräfte anderer Länder, Kräfte und Einrichtungen anderer Verwaltungen sowie des Bundesgrenzschutzes und der Streitkräfte anfordern.

(3) Gefährdet die Naturkatastrophe oder der Unglücksfall das Gebiet mehr als eines Landes, so kann die Bundesregierung, soweit es zur wirksamen Bekämpfung erforderlich ist, den Landesregierungen die Weisung erteilen, Polizeikräfte anderen Ländern zur Verfügung zu stellen, sowie Einheiten des Bundesgrenzschutzes und der Streitkräfte zur Unterstützung der Polizeikräfte einsetzen. Maßnahmen der Bundesregierung nach Satz 1 sind jederzeit auf Verlangen des Bundesrates, im übrigen unverzüglich nach Beseitigung der Gefahr aufzuheben.

Vgl. Art. 87a Abs. 4 GG

(1) Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf. Ihre zahlenmäßige Stärke und die Grundzüge ihrer Organisation müssen sich aus dem Haushaltsplan ergeben.

(2) Außer zur Verteidigung dürfen die Streitkräfte nur eingesetzt werden, soweit dieses Grundgesetz es ausdrücklich zuläßt.

(3) Die Streitkräfte haben im Verteidigungsfalle und im Spannungsfalle die Befugnis, zivile Objekte zu schützen und Aufgaben der Verkehrsregelung wahrzunehmen, soweit dies zur Erfüllung ihres Verteidigungsauftrages erforderlich ist. Außerdem kann den Streitkräften im Verteidigungsfalle und im Spannungsfalle der Schutz ziviler Objekte auch zur Unterstützung polizeilicher Maßnahmen übertragen werden; die Streitkräfte wirken dabei mit den zuständigen Behörden zusammen.

(4) Zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes kann die Bundesregierung, wenn die Voraussetzungen des Artikels 91 Abs. 2 vorliegen und die Polizeikräfte sowie der Bundesgrenzschutz nicht ausreichen, Streitkräfte zur Unterstützung der Polizei und des Bundesgrenzschutzes beim Schutze von zivilen Objekten und bei der Bekämpfung organisierter und militärisch bewaffneter Aufständischer einsetzen. Der Einsatz von Streitkräften ist einzustellen, wenn der Bundestag oder der Bundesrat es verlangen.

Man muss also immer genau hinschauen, was Befürworter einer Änderung des GG möchten und was Gegner einer Änderung ablehnen. Meist wird von beiden nur mit der grossen Pauke agiert, sobald irgendjemand ein Mikro vor die Nase hält. Wer auch mit Nebelkerzen hantiert, sollte man sich fragen.

Gruß
vdmaster