Hallo Thore,
also, das Verhältnis ist eigentlich gar nicht so sehr historisch gewachsen, sondern
vielmehr in der Gegenwart verankert. Zum einen ist der Iran einer der wichtigsten
Wirtschaftspartner von China: China steht auf Platz 2 der Haupt-Importländer für
den Iran (Platz 1: Deutschland) und auch auf Platz 2 der Länder, in das Iran
exportiert (Platz 1: Japan). Das Hauptgut, das Iran nach China liefert, ist
(erwartungsgemäß) Erdöl. China wiederum liefert große Mengen Benzin an Iran,
das mangels Raffinerien gut 40 % seiner Treibstoffe importieren muss.
Aber auch außenpolitisch haben die beiden (u.a. gemeinsam mit Russland)
ähnliche Interessen: ein Gegengewicht zur Supermacht USA bilden. Dass die
Beziehungen des Iran zu den USA nicht die besten sind, ist ja hinlänglich bekannt.
Das sind sie aber nicht erst seit Ahmadinedschad: So gibt es etwa seit 1979 nach
der 100-tägigen Geiselnahme in der Teheraner US-Botschaft keine amerikanische
Vertretung im Iran mehr. Diplomatische Aufgaben für die USA im Iran nimmt
seitdem der Botschafter der Schweiz wahr.
Das Verhältnis zwischen den USA und China ist ebenfalls nicht das beste. Nach
dem Zweiten Weltkrieg, als China zum Kommunismus überging, war die Lage
angespannt und wurde durch den Besuch Nixons - ein überzeugter Anti-
Kommunist - nur kurzfristig entspannt. Es ging bei den Spannungen vor allem um
den Status von Taiwan, zu dem die USA zuerst diplomatische Beziehungen hatte
und diese erst 1979 zugunsten von Diplomatie mit China abbrach (Stichwort: Ein-
China-Politik). Auch mit Obama ist das Verhältnis nicht gut, da die USA erst vor
Kurzem eine größere Waffenlieferung nach Taiwan abgesetzt haben - für die
Chinesen ein unerhörten Eingriff in ihre nationalen Angelegenheiten. Und auch
beim Klima-Gipfel von Kopenhagen kamen Obama und Wen Jiabao trotz Drängens
des amerikanischen Präsidenten zu keinem konstruktiven Gespräch.
So sieht sich China eher auf der Seite Irans, auch wenn es sich hierbei um keine
Liebesbeziehung handelt. Gesellschaftlich-ideologisch haben die beiden Länder
wenig gemeinsam (außer vielleicht, dass die beiden mit die Top-Liste der
Menschenrechtsverletzungen von Amnesty International anführen). Der Iran ist ein
islamischer Gottesstaat, im kommunistischen System Chinas ist Religion nicht
gerne gesehen - eine besonders verfolgte Minderheit sind die chinesischen
Muslime, die Uiguren. Im Iran wiederum herrscht ein gespaltenes Verhältnis zum
Kommunismus. Wurden vor 1979 Kommunisten und Marxisten im Iran verfolgt,
ließ sich das Mullah-Regime nicht zuletzt mit der Hilfe der Kommunisten anstelle
des Schahs installieren. Es handelt sich also vielmehr um eine Zweckgemeinschaft.
Auch hat China generell kein gesondertes Interesse an einem eventuell
waffenfähigen Atomprogramm Irans - weswegen sich auch in den vergangenen
Wochen von Chinas Seite ein Einlenken für Sanktionen gegen Iran im Atomstreit
zumindest angedeutet wurde.
Ich hoffe, ich konnte Dir ein bisschen helfen.
Viele Grüße!
Alice
Hallo Experten,
in der aktuellen Diskussion um Irans fragwürdiges
Atomprogramm, spielt Chinas Verhältnis gegenüber Iran eine
große Rolle. China, als ständiges Mitglied im Sicherheitsrat
der Vereinten Nationen, sagt ‚Nein‘ zu Sanktionen gegenüber
Iran und bindet den USA, Deutschland, Frankreich und Co. damit
de jure die Hände.
Da ich geschichtstechnisch einiges aufzuholen habe, frage ich
mich, woher die Position Chinas rührt… Warum ist China so
Pro-Iran eingestellt?
Vielen Danke und beste Grüße
T