Was war eigentlich so naiv am Irina-Studhalter-Tweet?

mit ein paar Tagen Abstand betrachtet:

Wortlaut:
Ich habe Angst. Nicht vor dem Islam, nicht vor Terror – sondern vor der rechtspopulistischen Hetze, die folgen wird

Quasi eine Langfassung:
http://www.tagesanzeiger.ch/ausland/europa/pFuerchte-dich-nichtp/story/15538222?

Gruß
F.

Hallo,

naiv ist noch sehr nett ausgedrückt. Übersetzung:

(I) Ich habe Angst


(IV) vor Rechtspopulismus. Nicht einmal vor dem, sondern vor dem, was er sagen wird.

Zwischenraum: Man braucht keine Angst vor (II) dem Islam oder (III) Terror zu haben. Die sind nett und wollen nur spielen oder gegen Ausgrenzung demonstrieren.

Aber vor dem Rechtspopulismus (also nicht Extremismus) muß man ganz doll viel Angst haben. Er ist soooo furchtbar und viel, viel schlimmer. Sicher wird er uns alle umbringen.

Übel daran ist die propagandistische Instrumentalisierung eines Terrorakts. Zuerst ablenken (is nich schlimm) und dann heftig mit Räuber Hotzenplotz als emotionalem Blitzableiter wedeln.

Dein Link ist eben gerade keine Langfassung des Tweets. Was mich zu der Frage bringt, ob es Dir um den Tweet oder den Artikel geht.

Gruß
vdmaster

Aber dieser „Zwischenraum“ ist halt voll deiner und sagt entsprechend, wenn schon, eher etwas über dich aus als über die IS (interessante Initialen in diesem Zusammenhang; als Psychoanalytiker steh ich ja voll auf solche Kleinigkeiten).

Ich finde schon, dass er eine Gesellschaftsform „umbringen“ kann.
Aber das ist ein andere Debatte.

Der Tweet ist naturgemäß eine sehr interpretationsbedürftige Phrase.
Wenn ich ihn vor dem Hintergrund des verlinkten Artikels lese, dann kann ich dieser Phrase einiges abgewinnen.
M.E. ist er durchaus dessen passende Verdichtung auf 140 Zeichen.
Jedenfalls finde ich den Tweet dann absolut nicht naiv, auch wenn er natürlich vereinfacht (wie der Artikel auch für mein Empfinden ein bißchen zu sehr seiner, an sich richtigen, Linie folgt).

Gruß
F.

Gruß
F.

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Hallo,

wir wohl mal wieder Zeit für ein Gespräch mit dem „Superintendenten“ :grin:. SCNR.

Der Zwischenraum ist nicht „meiner“. Den hat sie sprachlich sehr genau als Kontrapunkt gesetzt. Hätte sie ihre Aussagen an zwei unterschiedlichen Tagen gezwitschert, dann würde dann wäre auch kein Aufreger (für einige) daraus entstanden.

A. Es ist nicht nötig Angst vor dem Islam oder dem Terrorismus zu haben.
B. Es ist nötig, Angst vor dem Rechtspopulismus zu haben.

Ist IMHO beides ziemlicher Unsinn. Aber wenn Spatzenhirne piepen, dann kommen zwangsläufig sinnlose Verkürzungen heraus. Es muß ja auch auf das Niveau der Leserschaft reduziert werden.

Als Gegenkonzept der Buntidealweltvorstellung sicherlich, da er ein Hindernis darstellt.

Ja, auch. Aber Dir entgeht dabei, dass der Link gar nichts über Rechtspopulismus sagt :wink:. Seine Botschaft ist ja nur auf den von mir als Zwischenraum/-teil bezeichneten Teil bezogen. Wobei er zu eurozentrisch ist und auf das Alltagsleben fokussiert. Zudem in Teilen (Angst) streng rational ausgelegt und mit erkennbarer, gesellschaftspol. Stoßrichtung „der Islam ist selbst das betroffenste Opfer“.

Der Mensch musste früh erkennen, dass der Mensch dem Mensch ein Wolf ist. Mord und Totschlag gehörten früh zum kulturellen „Miteinander“ :wink:. Das mag im Falle eines persönlichen Konflikts noch überschaubar gewesen sein. Man kannte i.d.R. seinen Feind.

Wären wir in einem konventionellen Krieg, dann würde die Angst vor dem Tod durch eine Bombe kaum verwundern und wäre (je nach Frontlage/Reichweite von Flugzeugen) ganz normal.

Der Kniff des Terrors ist doch gerade, dass er das konkrete Risiko für den Einzelnen in der Öffentlichkeit unabschätzbar macht. Man kann ihm nicht entfliehen, er kann in jeder größeren Menschenmenge zuschlagen. Nicht jeder kann die evtl. auftretende, diffuse Angst ertragen. Und umsichtiges, eigenes Handeln minimiert die Gefahr - im Gegensatz zum Risiko Straßenverkehr - nicht (oder wenigstens nur geringfügig).

Der IS spielt noch einmal eine Sonderrolle, weil er den Genozid und die Weltherrschaft zum erklärten Ziel hat. Völlig unabhängig davon, wie groß seine Chancen zur Verwirklichung sind. Und auch unabhängig davon, dass seine europäischen Aktivisten sich deutlich von den sonstigen Anhängern aus den Ländern mit islamischer Mehrheitsgesellschaft unterscheiden. Hitler hat auch rumänische Soldaten als Werkzeug für seine Ziele benutzt.

Die ersten drei Zeilen des Links bringen das Thema Terrorismus (in seiner aktuellen Form in Europa) gut auf den Punkt.

Die wichtigste Lehre aus den Attentaten in Brüssel ist, las man: Es kann jeden von uns treffen, überall, jederzeit. Sicher. Nur ist die Wahrscheinlichkeit verschwindend klein.

Gruß
vdmaster

Aber den Zusammenhang (islamistischer Terror und „Rechtspopulismus“) hat sie ja nicht selbst konstruiert, sondern er liegt in der Natur der Sache, wenn man dem „Tagesanzeiger“ folgen will:
… und zwar, indem man rechte Regierungen an die Macht bombt – in der Hoffnung auf möglichst harte Gesetze gegen Muslime. Sodass diese die Logik der Islamisten annehmen: Wir gegen sie. Die Komplizen der Islamisten sind hier die militanten Antiislamisten

Also widersprichst du dem „Tagesanzeiger“?
(der glücklicherweise den depperten Begriff der „Angst“ vemeidet).
Die Verteidiger des Abendlands sind heikler als die Terroristen: Diese haben zwar Bomben. Doch die wirklichen Zerstörungen können wir nur selber anrichten. Etwa wenn man durch geschlossene Grenzen die Wirtschaft ruiniert. Oder durch einen Überwachungsstaat die Freiheit.

Und das alles liest du aus 140 Zeichen heraus?
Respekt :wink:

Das sind wir aber nicht.

Ich sehe diesen Angst-Mechanismus durchaus.
Umso wichtiger ist es doch, hier immer wieder aufzuklären und dem Mechanismus selbst etwas entgegen zu setzen, anstatt ihn ständig publizistisch und politisch anzuheizen.

Gruß
F.

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Naiv ist diese moralische Allmachtsphantasie gewisser Grünenpolitiker. Dieses absonderliche und absondernde Fernhalten von Realitäten. Dieses seltsame verschobene Vergleichen und Relativieren. Ohne jeglichen Weitblick.

Und insbesondere dieses Fernhalten von Problemen. Von sich fernhalten. Was nicht sein darf, kann nicht sein.

Naiv ist eigentlich ein milder Ausdruck für dieses Verhalten.

Franz

Hallo,

Und die Strategie im Westen ist, laut Jihad-Magazinen, Muslimen das Leben möglichst schwer zu machen.

Das ist die Propaganda des IS. Immer wieder gern beschworen und genauso falsch. Der Westen ist an allem Schuld. Wie praktisch für die islamische Welt, um die eigene Unfähigkeit (des Staates und seiner Bewohner) nicht beleuchten zu müssen. Seine Dekadenz, seine Religion, seine Ungläubigkeit, seine Demokratie. Alles ist wider den Willen Gottes und erst wenn wir den Endkampf führen, wird Glückseligkeit und Lohn Einkehr halten. Alle „wahren“ Muslime müssen sich entscheiden: Freund oder Feind. Glaube oder Tod. Schlimmer noch als der Ungläubige ist der Verräter, der seinen Glauben aufgibt (reformiert).

Der Rechtspopulismus aber richtet sich nicht gegen den Islam der reformierten, aufgeklärten, unpolitischen Sorte. Er richtet sich u.a. gegen den Kulturimport der nichtreformierten, unaufgeklärten und politischen Sorte. Natürlich gibt es extremistische Einstellungen, die jeglichen Islam bekämpfen würden. Aber es gibt auch Linke, die am liebsten alle Religion abschaffen würden.

Und wie ich ihm widerspreche. Ich hadere bereits mit dem Begriff „Verteidiger des Abendlandes“. Das klingt mir viel zu sehr nach Kreuzzügen und Mittelalter, Templer und im schlimmsten Extrem nach Breivik. Die Pegidisten bspw. sind überwiegend (abgesehen von den Extremisten darunter, ca. 20%) normale Demonstranten, die etwas gegen ausufernde linksgrüne Politik haben. Es ist ein Tauziehen der gesellschaftl. Kräfte und derzeit haben rechte (konservative) Kräfte etwas Boden gegen den Linksdrift wieder gutgemacht. So etwas hält die Gesellschaft in der Mitte. Es kommt ja nicht von ungefähr, dass in Brüssel unter sozialistischer Ägide Molenbeek zum massiven Problem wurde. Da ist eine ideologisch gefärbte Sicht am Werke, die eine Symptomatik nicht erkennen möchte.

Betrifft nicht Brüssel, aber dennoch lesenswert:

Das Argument des wirtschaftl. Zusammenbruchs ist purer Nonsens. Auch früher waren die Grenzen nicht geschlossen, sondern nur kontrolliert. Die Wirtschaft florierte dennoch. Hier will der Autor wahrscheinlich eher ein Tabu errichten („wer die pol. EU [oder den Euro] nicht will, der wird Europa in den Hunger treiben“). Die Totalabsperrung der Grenzen wird es nirgends geben können. Das wissen auch die Populisten. Auch die wollen kein Nordkorea errichten und weiter franz. Wein süffeln oder Südfrüchte verzehren.

Das Argument des Überwachungsstaates zieht ebenfalls nicht. Es gibt nur einen steten Widerstreit zwischen totaler Überwachung und totaler Freiheit. Wir haben beides derzeit nicht und werden es auch nicht bekommen. Allerdings besteht die Gefahr bei einem richtigen Massenereignis (9/11), dass wir wie die depperten Amis überschnell Freiheitsrechte soweit einschränken, dass man gefährlich in Richtung Überwachung abdriftet. Was nötig ist, wäre endlich die europäischen (Sicherheits)Einrichtungen auch tatsächlich mit Leben zu erfüllen. Auf dem Papier ist vieles seit Jahren vereinbart und kaum ein Schwein hält sich dran. Auf europäischer Ebene haben wir Zustände, die die in Brüssel als Leuchtturm einer sinnvollen (Sicherheits)Verwaltungsstruktur erscheinen lassen. Schon in D allein ist es lachhaft, dass die 17 Polizeien (16 Länder+Bundespolizei) keine gemeinsame Datenbasis haben, keinen guten Zugrifff auf Eurodac oder die Schengen-Visa-Datenbank. Die Reihe lässt sich fortsetzen.

Ich hatte mich auf den Tagesanzeiger bezogen. Denn der spricht nicht von Rechtspopulisten, sondern angeblich militanten Antiislamisten. Was aber auch krasser Quark ist, weil Birnen und Äpfel damit im Obstsalat vermanscht werden. Das ist mir zu unspezifisch gestrickt. Ein Label auf den Antiislamisten (wie jetzt? Anti-Islam oder Anti-Islamismus?)

Gruß
vdmaster

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Dumm gelaufen für die Fischgräte. Sie muß sich ihren Ruhm wohl teilen:

Da haben wir drei, du, der Artikel („Was tun? Eigentlich nur eines: Die Polizei ihre Arbeit machen lassen. Und sonst Haltung bewahren: also die eigenen Prinzipien, kühles Blut, Freundlichkeit. Das genügt.“) und ich, eine schönen Konsens gefunden.

Wahrhaft ein perfider Fall von Antifischgrätismus! :rage:

Was aber wirklich nervt ist der reflexartige Begriff der „Terrorverharmlosung“ … als ob das statistisch Argument des Artikels davon tangiert würde, womit die Zahlen zur Veranschaulichung verglichen werden

Gruß
F.

Hmm.
Aber was hat das jetzt mit diesem konkreten Tweet von Studhalter zu tun (außer dass sie Grün ist)?

Gruß
F.

Sehe ich auch so.

Ja, da wird Herr Mass in Kürze sicher was zu twittern „brandgefährlich [so im Wasser], Fischen am rechten Rand,“

Der Autor schwingt eine spitze Feder. Und mit einem weiteren Argument liegt er nicht völlig daneben.

Aber auch der ganze Gedankengang ist verstörend: Niemand im Journalismus
käme hoffentlich auf die Idee, der türkisch- und griechischstämmigen
Gemeinschaft in Deutschland vorzurechnen, dass die Gefahren durch den
NSU statistisch gesehen viel kleiner als die des Rauchens oder des
Fahrverhaltens im Strassenverkehr sind – selbst wenn das statistisch
belegbar wäre. Die Unvergleichbarkeit von kaltblütigem Massenmord und
Unfall gehört nämlich auch zu den Werten, von denen Seibt schreibt,
“unsere gesamte Zivilisation wurde auf ihnen gebaut“. So einen Vergleich
würde man nach dem Bekanntwerden des NSU allenfalls auf einer Naziseite
erwarten. Irgendwie ist es aber völlig in Ordnung, wenn sich der Mord
durch die gleiche Art Extremismus gegen die westliche Gesellschaft
richtet.

Aus Deiner professionellen Sicht (bspw. „irreale“ Ängste, die das reale Leben massiv beeinträchtigen) macht es natürlich absolut Sinn, auch auf die Statistik zurückzugeifen.

Don Alphonso ist jemand, der Linken und Grünen gerne einen Spiegel vorhält und auf deren Doppelmoral hinweist. Er schont aber auch nicht die Schwarzen, wenn sie Mist bauen. Daher mag ich ihn. Außerdem zeigt er auf, wie schnell Medien minderwertige Arbeit leisten und sich Fehler in der Berichterstattung viral fortpflanzen.
Seine weiteren Artikel sind ebenfalls meist sehr lesenswert.

Dem Autor Deines Links gegenüber ist er besonders unnachsichtig, weil der ja in der Recherche"abteilung" sitzt und es besser wissen sollte.

„Terrorverharmlosung“ war ein Quentchen zuviel aufgetragen. Vor allem aber ist es mittlerweile auch ein ausgelutschter Begriff.

Gruß
vdmaster

Ich teile ihre moralische Ansicht, dass böse Worte schwerwiegender sind als die Hinrichtung völlig unbeteiligter unschuldiger Opfer nicht im Ansatz. Der Unterschied zwischen Handlung und „Gedanken“ ist gravierend. Moralisch. Im Ergebnis. In der Finalität.

Ihre Ängste sind wohl eher ein therapeutischer Fall für dich. Von „naiv“ würde ich bei ihrer Ansage zumindest nicht ausgehen. Da spielt schon eine Portion (unbegründeter?) Hass mit.

Franz

Da gebe ich dir recht.
Diese Ansicht würde ich auch nicht teilen.
Ich denke mir halt, dass sie nicht nur bloße Worte meint, wenn sie von „rechtspopulistischer Hetze“ spricht.

Gruß
F.