Ich kenne die Systemlandschaft der DB nicht konkret, aber die diverser richtig großer Unternehmen mit längerer Geschichte, darunter auch Unternehmen, die mal einen staatlichen Hintergrund hatten und dann Richtung Privatisierung geschickt wurden, und bei denen diverse Manager dann aufgefordert waren, die Unternehmen schnell auf Profit und Kundenerlebnis zu bringen, und daran der Reihe nach kläglich gescheitert sind. Und dies nicht aus persönlichem Unvermögen, sondern u.A. auch aufgrund von extrem zersiedelten, „gewachsenen“ IT-Landschaften mit hunderten von offiziellen Anwendungen und zusätzlich massenhaft „Schatten-IT“, zigfachen Versuchen mit der Brechstange Dinge einzuführen, die keinerlei Chance auf Umsetzung im vorgegebenen Zeit- und Budget-Rahmen hatten, und die man deshalb oft genug halbfertig in einen Teilbetrieb genommen hat, weil einerseits bestimmte Funktionalitäten zwingend zu einem Termin auf ein neues IT-System umgestellt werden mussten (z.B. Y2K), man dann aber beim Rest den Weg ging, lieber alles neu aufgrund inzwischen neuer Anforderungen und Erkenntnisse zu machen, statt die Dinge erst einmal zuende zu bringen. Von den Folgen von Ver- und Zukäufen von weiteren Unternehmen oder größeren strategischen Umorientierungen gar nicht zu sprechen (ich hatte z.B. mal mit einem recht großen Filialnetz von fast 1000 Standorten zu tun, die man von heute auf morgen vom Eigenbetrieb auf ein Agenturmodell umgestellt und dann wieder zurück geholt hatte, was bei über 50 Anwendungen blankes Chaos hinterlassen hatte).
Und dann gibt es da eben uralte Host-Anwendungen, die keinen 7/24 Betrieb erlauben und ohne jegliche Standard-Konnektivität zu modernen Technologien sind, isolierte mittlere Datentechnik, die längst ins Museum gehören würde, uralte PC-Datenbank Lösungen, die irgendjemand mal privat gebaut hat, die aber nicht anständig dokumentiert sind, und für die es keinen Verantwortlichen gibt, herstellerspezifische Cloud-Anwendungen für besondere technische Geräte, Software für Geräte, deren Hersteller schon lange die Türen geschlossen hat, … nebeneinander, die alle nicht miteinander sprechen können.
Der Endkunde sieht aber natürlich nur drei Webseiten und eine App, die „unerklärlicherweise“ nicht 100% synchron sind, und denkt, dass es doch wohl eine Kleinigkeit wäre, das alles „mal eben“ gerade zu ziehen.
Anekdote zur DB (als alten Zeiten): S-Bahn Donnersberger Brücke in München fällt sang- und klanglos komplett aus. Keine Ansage, keine Anzeige, niemand weit und breit. Nachdem auch meine 2. S-Bahn nicht kam, bin ich gerade auf dem Weg zum Bus, als mein guter alter Blackberry mich von einer Vollsperrung der Stammstrecke aufgrund technischer Störung informiert. In dem Moment tauchen zwei DB-Leute auf, die natürlich gleich bestürmt werden, aber sofort lauthals verkünden, dass sie auch keinerlei Informationen hätten. Ich habe ihnen dann meinen BB hingehalten und bekam einerseits den Dank für die Aufklärung und andererseits den Kommentar: „So modern sind wir leider nicht ausgestattet.“