Was will Macron?

Hallo,

nach dem Sieg Macrons in den Vorwahlen gab es satte Gewinne an den Börsen. Der DAX erklomm mit rund 12400 Punkten den höchsten Stand seiner Geschichte. Der Euro gewann gegenüber dem Dollar um 1,4 Prozent an Wert.

Bleibt die Frage, was Macron in der Wirtschaftspolitik anstrebt.

„Der 39-Jährige will Frankreichs Wirtschaft reformieren - und damit auch eine bessere Verhandlungsposition seines Landes gegenüber Ländern wie Deutschland erreichen. Als einziger Kandidat verspricht Macron, von Beginn an die EU-Defizitregel einzuhalten. Er will Sozialabgaben senken und mehr als hunderttausend Beamtenstellen streichen, um die hohen Kosten für den Staatsapparat in den Griff zu bekommen.

Zugleich plant Macron aber auch neue Ausgaben: Ein Investitionsprogramm von etwa 50 Milliarden Euro soll die Konjunktur des Landes beleben. Außerdem will er dem Großteil der Bevölkerung die Wohnsteuer erlassen. Sein wichtigstes Ziel ist wohl die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, die er in den nächsten fünf Jahren von zehn auf sieben Prozent senken will.

Bankanalysten trauen Macron zu, dass er im Falle eines Sieges die Reformen anpackt: „Mit dem Ergebnis ist nicht nur ein Risiko abgewendet worden“, sagt der Chefvolkswirt der Berenberg-Bank, Holger Schmieding. „Es bietet eine echte Chance, Frankreich zu reformieren und die Euro-Zone und die EU zu stärken.“ Unklar ist allerdings, wie lange die gute Stimmung an den Börsen anhalten wird. „Das hat natürlich eine psychologische Bedeutung“, sagt Tobias Basse von der Nord LB. „Die Stimmung ist derzeit so, dass jeder bei der Party dabei sein will.“ Langfristige Investoren müssten weiterhin vorsichtig bleiben.“

Zwar wäre ein Sieg Macrons in der Stichwahl gut für Deutschland und Europa, aber es gäbe auch Probleme, die jede neue Kursbestimmung mit sich bringt. Daher ist es auch eher wahrscheinlich, dass nach der Stichwahl die Höhenflüge der politischen Börse zu Ende gehen und Gewinnmitnahmen Platz machen.

Insgesamt sehe ich Europa auf einem sehr guten Weg, auch wenn in Deutschland der steinige Weg einer neuen großen Koalition droht.

Gruß, Hans-Jürgen Schneider

Hallo

Genau! Und die Frage in der Überschrift kann zuverlässig wohl nur Macron selbst beantworten (oder selbst er nicht :wink:)
Meine Befürchtung ist: er hat weniger die Interessen der „kleinen Leute“ in Frankreich als vielmehr die der Manager und Konzernlenker internationaler Kapitalgesellschaften auf dem Schirm. Das würde die von Dir beobachteten Kursgewinne und Macrons angestrengtes Eintreten für Weltoffenheit erklären: offen für Investoren, für Billigimporte und für Arbeitsmigranten (oder -nomaden). Inzwischen lehrt die Geschichte, dass, was einer will und was er am Ende bekommt oder erreicht, oft zweierlei sind. Wer immer bei der Stichwahl in knapp zwei Wochen gewählt wird, hat zunächst einmal wahrscheinlich einen großen Teil der Bevölkerung und/oder des bisherigen Machtapparates gegen sich. Und auch der französische Präsident kann nicht dauerhaft gegen die Stimmung in der Bevölkerung oder die Mehrheit im Parlament anregieren.

Wer wollte das nicht. Oder wer, der gewählt werden will, würde nicht zumindest behaupten, das zu wollen. Andrerseits: warum gerade auf sieben Prozent, warum nicht auf sechs, oder acht oder drei? Um Druck auf die Höhe der Gehälter ausüben zu können?

Freundliche Grüße

myrtillus

Hallo Myrtillus,

danke für Deine Antwort. In Frankreich sind die „kleinen Leute“, zum Beispiel durch die Eliteschulen, noch weiter von den Reichen und Mächtigen getrennt als hierzulande. Andererseits besitzt die Arbeiterschicht in Frankreich Privilegien, die es sonst in Europa nicht mehr gibt; so zum Beispiel den frühen Renteneintritt.

Die hohen Börsenkurse gab es, weil Le Pen abgewählt wurde.

Macron will Steuern senken oder ganz abschaffen und die Sozialabgaben kürzen. Gleichzeitig soll ein Investitionsprogramm die Konjunktur beleben. Er will auch 100.000 Stellen im öffentlichen Dienst streichen. Mal sehen wie weit er damit kommt.

Wenn Du Dir das Abstimmungsverhalten in den französischen Departements anschaust, erkennst Du ganz leicht, dass der reichere Süden Macron, der ärmere Norden Le Pen gewählt hat. Das bedeutet, dass Macron ganz schnell das Vertrauen der Arbeiterschaft gewinnen muss.

In Deutschland gibt es auch Investoren (Gott sei Dank!), Billigimporte und Arbeiter aus anderen Ländern und es geht dem Land so gut wie noch nie.

Ich habe keine Angst vor Macron. Der orangefarbene Clown in den USA und das traurige Schicksal der Briten wird dem gesamten Wirtschaftsraum Europa neuen Schwung verleihen.

Gruß, Hans-Jürgen Schneider

Hallo Hans-Jürgen!

Frau LePen strebt Austritt aus Gemeinschaftswährung und EU an. Solche Ansinnen wären mit noch größeren Unwägbarkeiten als beim Brexit verbunden. Dabei heißt Unwägbarkeit, dass es nur Verlierer gibt (wer es nicht glaubt, möge die Gewinner benennen). Hinzu kommt, dass der schreckliches Elend verursachende Hirnriss unserer Vorfahren, die von Erbfeindschaft parlierten und entsprechend idiotisch handelten, erst mit der Montanunion (Vorgänger der EU) beendet werden konnte. Die Zeiten haben sich geändert; für einen Kaiser oder Führer will kaum noch jemand krepieren. Dennoch kann es für Europa nicht gut sein, wenn bestenfalls nebeneinander gewurschtelt statt zusammengearbeitet wird.

Gruß
Wolfgang

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Sieht so aus, als wolle Macron einen Teil der Hartz4Gesetze auch in Frankreich einfuehren, dazu die niedrigen Loehne wie bei uns, eben alles ein wenig in die Richtung aendern, die Deutschland so weit nach vorn im Exportueberschuss gebracht haben.

Kurzfristige Währungsschwankungen und Börsengewinne sind das Aufatmen darüber, dass Macron die Vorwahl für sich entscheiden konnte und vorhersehbar neuer Präsident werden wird.

Natürlich wäre eine Vorwahl, bei der Melenchon und Le Pen als Sieger hervorgegangen wären, mit Abstürzen quittiert worden, weil sie beide erklärte Gegner des Euro und der EU sind.

Macrons angekündigte Reformpläne werden als schemenhaft/diffus bezeichnet und als zu mutlos, um Frankreich am eig. Schopf aus dem Sumpf zu ziehen. Er will hier was abbauen, dort was hinzufinanzieren, aber das ist nicht von einem schlüssigen Plan begleitet. Die wirklichen Brocken (35-Stunden-Woche, Renteneintrittsalter, Staatsquote) packt er entweder gar nicht oder zu zaudernd an.

Seine Bildungsoffensive ist für Ars… Denn ausgebildete Junge gibt es genug. Sie werden nur nicht dauerhaft angestellt, weil eine spätere Entlassung wg. Überregulierung nur extrem schwer möglich ist.

Zur geplanten Einhaltung der Euro-Defizitregeln: Die beiden Radikalen haben sich nicht darum geschert, weil sie eh rauswollen. Fillon hat sie für 2017 mit 3,7% angegeben. Dem sozialistischen Kandidaten hat niemand zugehört. Und Macron verlässt sich scheinbar darauf, dass die Zahlen von Hollande schon passen werden.

Der ließ verkünden, dass Frankreich aber in diesem Jahr ganz, ganz sicher nur 2,7% Defizit einfahren werde. Voilà! Dummerweise glaubt ihm sein eigener Rechnungshof nicht. Es ist nur die x-te Aufführung von „diesmal schaffen wird das“, die Frankreich routiniert seit Jahren als Euro-Kasperletheater aufführt.

Was Macron wirklich will: Euro-Bonds. Das will auch Martin Schulz unbedingt („mehr Solidarität in der EU“) und Merkel wollte das nicht, solange sie leben würde. Falls die Bonds kommen, dann sind Defizitregeln perdu. Genaugenommen sind sie das schon sehr, sehr lange.

Die Sache „Euro und Defizitregeln“ ist ohnehin ein eigenständiger Politthriller von Beginn an.

Er propagiert ein Ende der Austeritätspolitik und macht sich für die Erfindung eines neuen Wachstumsmodells stark.

:joy:

Wesentliche Begründung hast du ja geliefert.

Damit auch die Ausgaben. Unterstützt durch Einfrierung der Arbeitgeberanteile, alles was an mehr benötigt wird, müssen die Arbeitnehmer tragen. Deutsches Prinzip?

Im völligen Widerspruch zu einem anderen propagierten Ziel: Senkung der Arbeitslosigkeit. Erreicht wird dies durch Bereinigung der Statistik und möglicherweise Niedriglöhne. Deutsches Prinzip?

Verlängerung der Lebensarbeitszeit. Mit Erhöhung des Risikos der Langzeitarbeitslosigkeit, die in der Statistik nicht mehr erscheinen wird. D…?

Macron, Umbau des Sozialstaats, Austeritätspolitik, Banker, Neoliberaler.

Franz

Potztausend! Hat die ein Staatsamt innegehabt? War sie sogar Präsidentin und es ist niemandem aufgefallen?

Soweit ich das mitbekommen habe, wurde sie nicht abgewählt, sondern als eine von zwei Kandidaten gewählt, die die anderen hinter sich liessen und nun zur Stichwahl anstehen.

Aber scheinbar ist ja etwas ganz anderes passiert. :stuck_out_tongue_closed_eyes:

Eher Südwesten und Nordosten.

Und ob das mit dem durchschnittl. Reichtum zu tun hat, ist nicht so einfach zu entscheiden. Hier eine Karte zum Kaufkraftindex in Frankreich von 2016. Auf einer scheinbar ultrachristl. Seite fand ich eine Karte zur „Islamisierung Frankreichs in den letzten 30 Jahren“. Falls man sich mal kurz von dem Gedanken befreien würde, ob es nun eine Islamisierung gibt oder nicht und zumindest ganz kurz voraussetzt, dass die Karte tatsächlich die Wohnverteilung von Muslimen in Frankreich wiedergibt, so scheint sie viel eher mit der Karte Macron/Le Pen übereinzustimmen als die Kaufkraftkarte.

Unabhängig von dieser augenfälligen Übereinstimmung müsste natürlich auch mal geprüft werden, ob die Karte tatsächlich die Wohnverteilung von Muslimen in Frankreich darstellt. Es könnte ja auch gefakter Mist sein.

Vollkommen unabhängig von diesen Karten haben die Jüngeren (hohe Arbeitslosigkeit) extremer gewählt. Dies links uns rechts. Le Pen konnte bei Arbeitslosen, Arbeitern und Angestellten überproportional absahnen, verlor aber krass bei den Rentnern. Genau umgedreht lief es bei Macron, den die Rentner scheinbar lieben und der nur die Berufsgruppe der Selbstständigen proportional überzeugen konnte (24%), während er bei Angestellten, Arbeitern und Arbeitslosen abschiffte.

Bei der Stichwahl werden relativ viele der Melenchon-Wähler nun Le Pen wählen. Denn der hatte zuvor Wähler bei Le Pen wg. seiner Anti-EU und Anti-NATO-Haltung abgeworben (ca. 6%). Auch von dem stark konservativen Teil der Fillon-Wähler werden sich viele für Le Pen entscheiden. Das bringt Le Pen auf 36-40%.

Falls Macron nicht jetzt noch über irgendeine Superleiche aus seinem Keller stolpern sollte, die urplötzlich hervorgeholt wird, ist das Rennen gelaufen. Die neue Wette wird wohl darauf hinauslaufen, ob Le Pen die 40% knackt oder darunter bleibt.

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Hallo,

das, was Du hier in Deiner betulichen und umständlichen Art beschreibst, habe ich in einem Satz ausgedrückt.

Und was Du dann so absonderst (im Vertrauen darauf, dass es ohnehin keiner liest?) stimmt oft nicht. Macron sei vor allem von Rentnern gewählt worden und weniger von den Jungen ist unwahr. Keiner hat Macron so oft gewählt wie die 25 – 24jährigen nämlich 28 Prozent.

Vor allem ist Macron auch von Menschen mir hohem Bildungsniveau gewählt worden.

Bis jetzt ist alles so gelaufen, wie ich das gesehen habe, was überaus beruhigend ist. Meine Sicht der Dinge hat mir am Montag bei Börsenschluß 5178 € Gewinn eingebracht.

Da lasse ich die Äffchen gerne laut quietschend durch das Gestrüpp der Scheinargumentationen hüpfen. Hauptsache, sie haben ihren Spaß.

So what? Hans-Jürgen Schneider

Überproportional meint in diesem Zusammenhang, inwieweit die Altergruppe von dem durchschnittl. Ergebnis Macrons (24) abwich. Schau Dir das noch einmal an und Du wirst feststellen, dass die Alten nach oben abwichen, die Mittelalten nach unten und die Jungen 18-34 (zwei der ZON-Altersgruppen zusammengenommen) in etwa dem Schnitt Macrons entsprachen. Fazit: Er zieht bei den Alten am besten.

Und bei den ganz Jungen (18-24) sogar sehr schlecht, weil die offenbar völlig wirr sind und den Radikallinken wählten.

Bei Le Pen ist hingegen sehr auffällig, dass sie gerade bei den Alten weit unterdurchschnittlich abschnitt. Die Alten als Gesamtgruppe betrachtet haben dafür dem konservativen Fillon weit überproportional oft ihre Stimme gegeben.

Mir ist schon klar, dass Dir Deine Gewinne die wichtigste Meßlatte sind.

Aber die auffällige Deckungsgleichheit zwischen der Karte Macron/Le Pen und der Muslimwohngebiete ist … dann einfach nicht wahr oder uninteressant, oder was?

Denn das Argument der Wohlstandsverteilung in den Regionen stimmt ja offenbar nicht, was die Kaufkraftkarte nachweist. In den Milieus wird es stimmen, da Wohlhabende i.d.R.kein grösseres Interesse an radikalen Änderungen haben. Sie würden ja ihren Wohlstand riskieren.

Was in Deinem Gestrüpp so alles rumspringt, ist für mich nur von untergeordnetem Interesse. Das können auch gerne Äffchen sein.

Hallo,
das sehe ich von der sachlichen Ebene anders. Entlassene Beamte (abgesehen davon dass es gar nicht arbeitsrechtlich geht) koennten in der Autofabrik produktiv mitarbeiten statt vorher in derselben Autofabrik die Nebenkosten zu erhoehen. So koennte „Frankreich wettbewerbsfaehiger“ werden und weniger Golf mehr Megane nach Schweden verkauft werden.
Gruss Helmut