Wasserbau, Hochwasserschutz

Eine gepflasterte Böschung in Ufernähe (Neckar) für den Hochwasserschutz soll saniert werden. Anfang der 1920er Jahre gebaut, handbehauene Sandsteiquader, Neigungswinkel ca. 45°, nur bei Hochwasser von Wasser bedeckt, steht unter Denkmalschutz. Keinerlei Mörtelreste in den Fugen erkennbar, in Schadstellen, wo die Deckschicht fehlt, sind keinerlei Betonreste erkennbar. Zerstörungen sind nur dort aufgetreten, wo Bäume aus dem Pflaster gewachsen sind und dieses aufgesprengt haben. Überall sonst hat die Böschung nun seit 100 Jahren jeglichem Hochwasser standgehalten.

Der Sanierer behauptet, in den Schadstellen müsse das Pflaster mit Beton unterlegt werden und die Fugen müssten mit Mörtel verfugt werden. Frage: ist Beton und Verfugung erforderlich?

Wendet Euch doch mal an Eure Denkmalschutzbehörde. Auch wenn´s noch kein Denkmal ist, werden die bei sowas sehr schnell hellhörig.
Denkmalschutz ist Ländersache und die unterer Behörde ist in jeder, auch kleinen Stadt beheimatet. ramses90

Ja, mit dem Denkmalamt werden wir uns noch in Verbindung setzen, vielen Dank für den Tipp. Bis da hin interessieren mich die Fragen: 1. Wurde damals tatsächlich ohne Beton und Verfugung gebaut? 2. Ist dieses auch nach heutigen Maßstäben erforderlich, bzw. würde man bei heutigen neuen Bauten dieser Art betonieren und verfugen?

Servus,

Ja. 1923-24 ging es bei so einem Projekt nicht um Hochwasserschutz, sondern um Arbeitsbeschaffung. Gebaut wurde mit möglichst geringem Materialaufwand, alle Taschen der Öffentlichen Hand waren leer.

Heute sind Ingenieure, die sowas planen und errichten, genauso auf Beton versessen wie Garten- und Landschaftsbauer, wenn z.B. jemand den Fehler gemacht und sie um die Errichtung einer Trockenmauer gebeten hat. Ihre Angst ist, dass es bei Hochwasser in einem Fluss besonders in Ufernähe zur Bildung von nicht berechenbaren Strudeln kommt, und was sie nicht berechnen können, sichern sie doppelt und dreifach ab. Dass das bisher gehalten hat, belegt aus dieser Perspektive nur, dass eben noch kein Strudel vorbeigekommen ist, der einen einzelnen Stein hätte lösen können, was dann zu einer flächigen weiteren Zerstörung des Bauwerks geführt hätte. Weil man ihn aber nicht berechnen kann, muss man immer damit rechnen, dass so ein Strudel vorbeikommt, und halt noch ein paar LKWs voll Beton reinhauen - egal, was die Spinner vom BUND davon halten.

Falls das in der Nähe von Heilbronn stattfindet: Sag mal Gottfried May-Stürmer vom BUND Heilbronn Bescheid - der hat eine ganz glückliche Hand, wenn es um das Bändigen von wildgewordenen Baulöwen geht.

Schöne Grüße

MM

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„Dass das bisher gehalten hat, belegt aus dieser Perspektive nur,…“ ich würde den Satz so fortsetzen:
„…dass es sich um ein solides Bauwerk handelt, und dass sich diese Technik ohne Beton und Mörtel offenbar gut bewährt hat“. Ich vermute, dass du es auch so gemeint hast. Denn während 100 Jahren mit etlichen „Jahrhundert-Hochwassern“ wären ja wohl mal einige „Strudel vorbeigekommen“!

Ja - der Winkel und die Kraft, mit der ihre Strömung angreift, ist aber nicht berechenbar, und es besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass der Strudel, der an entscheidender Stelle einen Stein aus dem Bauwerk risse, eben noch nicht vorbeigekommen ist. Hier bin ich mit den Herren Wasserwirtschaftsverwaltern theoretisch durchaus einig.

Was die Standfestigkeit von nicht hundert Prozent zubetonierten Bauwerken betrifft, hat mir vor ein paar Jahren ein Ureinwohner von La Grand-Combe mit zwei instruktiven kleinen Videoclips gezeigt, was der Nutzen der Löcher ist, die in der dortigen Gegend in Abständen überall in den Böschungsmauern sind: Das erste war während einer „épisode cévenol“ aufgenommen. So heißen die monsunartigen plötzlichen gewittrigen Regenfälle in den Cevennen, wo es nicht sehr lange, aber so richtig aus Badewannen schüttet. Auf dem Clip sah man eine dieser Böschungsmauern, an der aus jedem dieser kleinen Löcher ein kleiner Wasserfall rauskommt. Ja, und die andere Aufnahme war nach einer épisode cévenol an der Böschungsmauer eines Grundstücks aufgenommen, dessen frischgebackener Eigentümer fand, dass das mit diesen Löchern doch recht schlampig aussähe und erstmal alles zubetoniert und die Fugen beigeputzt hat. Auf dem Clip sah man viel Blaulicht, einige eher ratlosen Feuerwehrleute und die Böschungsmauer, die unter einer Mure begraben quer über die Straße dalag: Sie hatte dem Druck der Sturzbäche von oben nicht standgehalten und keine Löcher mehr, um diese durchzulassen. Da hatte dann der Gescheitere nachgegeben…

Schöne Grüße

MM

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