Also ist das entscheidende Argument nicht, dass wir gar nicht genug Strom für die Elektrolyse erzeugen können, sondern dass die Technik nicht so effizient ist wie der rein elektrische Weg? Wieso sind die Südkoreaner denn so blöd und setzen genau darauf? Sind denen Ineffizienzen einfach egal? Aus Tradition oder so? Oder kennen die den Wirkungsgrad der H2-Mobilität nicht?
Ich bin der Ansicht, dass das alles nicht so ist: die sind kaufmännisch durchaus pfiffig, kennen sich bei Spitzentechnologie leidlich gut aus und dass die grundsätzlich keine Ahnung von Physik haben, will ich auch mal ausschließen. Des Weiteren ist mir nicht bekannt, dass in Südkorea ein Großteil der Bevölkerung auf dem Land lebt, sich dort also das Problem mit den urbanen Ladeinfrastruktur (ein Problem, für das hier noch keiner auch nur den Ansatz einer praktikablen Lösung präsentiert hat) nicht stellen würde.
Interessanterweise spielen bei Südkorea auch Themen rund um die Autarkie eine Rolle. Bei allem, was mit Batterien zu tun hat (also Speicher im Auto oder neben den Kraftwerken), kommt Lithium ins Spiel, dass unter eher schwierigen Bedingungen in anderen Ländern gewonnen wird. Hinzu kommen so Dinge wie Kupfer, Seltene Erden, die nicht nur unter schwierigen Bedingungen, sondern auch in schwierigen Ländern gewonnen werden. Aber gut: die aktuelle deutsche Regierung scheint wohl angesichts unserer guten Erfahrungen bei Öl und Gas kein grundsätzliches Problem damit zu haben, sich anderen schwierigen Ländern an den Hals zu werfen bzw. sich diesen auszuliefern.
Was jedenfalls die Speicher angeht: wir sind da wieder genau an dem Punkt, von dem ich eingangs sprach: alle Probleme im Zusammenhang mit der E-Mobilität werden als lösbar bzw. vernachlässigbar angesehen, aber bei Wasserstoff gibt es leider, leider keine Möglichkeit, dass daraus etwas wird. Jedenfalls liest sich das auch hier wieder so.
Und wie gesagt: für die urbane Ladeninfrastruktur fehlt bisher jedes Konzept, dass die Versorgung einen komplett auf Elektroautos umgestellten Individualverkehr ermöglicht. Natürlich darf man davon träumen, dass die Menschen in 10, 20 Jahren einen pünktlichen, komfortablen, flexiblen, günstigen und schnellen Nahverkehr nutzen, aber dem steht eine der stärksten Kräfte entgegen, die wir in der Natur kennen: das Beharrungsvermögen des Menschen. In diesem Fall repräsentiert durch a) die Unfähigkeit der öffentlichen Hand den Nahverkehr an die Bedürfnisse der Menschen anzupassen und nicht das Gegenteil zu erwarten und b) die Unwilligkeit, am eigenen Verhalten zu Gunsten Dritter und zu eigenen Lasten etwas zu verändern.
Am Ende wird es tatsächlich der Markt richten. In Südkorea entsteht eine Wasserstoffwirtschaft, auch wenn wir uns auf den Kopf stellen. Bis 2030 werden dort an die 50 Mrd. Dollar in Forschung, Erzeugung und Infrastruktur investiert. Am Ende wird es sein wie bei den Elektroautos: die deutschen Hersteller wundern sich, dass sie rechts und links von ausländischen Herstellern überholt werden, die - wie Tesla - die nötige Infrastruktur gleich mitbringen.
Und im Gegensatz zu denen, die Wasserstoff für doof, ineffizient und teuer halten und E-Autos als die einzige Lösung sehen, bin ich nicht der Ansicht, dass es nur eine Lösung gibt. Wir haben über Jahrzehnte parallel Diesel-, Benzin- und Gasmotoren benutzt. Aus Gründen.