Wazwab, Panje, flinser Stjenka

Liebe Wissende,

es gibt das schöne „Mannsbackelied“ von Fritz Grasshoff, das ich nur zur Hälfte verstehe, weil so viele Dialekt-Wörter darin vorkommen.
Die dialektalen Anklänge krieg ich ja noch hin (Knaile/Knäule, drickste/drückste usw.), aber was ist ein „Wazwab“? Und ein „flinser Stjenka“? Mickel-Jan, Januschek, Jaruschkin und Stjenka werden ja wohl Namen sein -? Babuschka die Großmutter? Und„Panje“? Großvater? Gevatter? „Kapusta“ - Kohl? „Potate“-Kartoffel? „Schnüss“ – in anderen Dialekten bedeutet das „Mund“. Hier auch? Ist ein „schlamper“ Mann ein schlampiger? Fragen über Fragen…
Und was ist das überhaupt? Polnisch angehaucht? Ostpreußisch? Russisch?

Hier ist der Text (für Hilfe bei den Wörtern in Majuskeln wäre ich besonders dankbar):

Strick, Babuschka, strick mir, strick mir einen Mann!
Strick mir einen WAZWAB, einen Mickel-Jan.
Einen nicht zu schlampen wünscht ich allerdings!
Strick mir einen Stjenka, strick zwei rechts, zwei links!
Nadeln hol und Knaile, gleich fang damit an!
Strick, Babuschka, strick mir einen Mann!

Mann zu stricken is nich gutt, scheene Marienka!
Hakste an, gleich is kaputt noch so FLINSER Stjenka.
Strick ich ihn zu lose, schlantert ihm die Hose.
Strick ich ihn mit Ropfen, musste immer stopfen.
Strick ich ihn kirillisch, wird er zu idillisch,
strick ich ihn mit Muster, wird vielleicht bloß Schuster.
Strick ich ihn aus Flause, sitzt er gleich voll Lause.
Strick ich ihn mit Zwillich, is er viel zu billig!

Back, Babuschka, back mir, back mir einen Mann!
Back mir einen Wazwab, einen Mickel-Jan.
Back mir Mann mit Schnurrbart, aber ohne Speck!
Einen flinsen Stjenka, einen Januschek!
Wasser nimm und Kleie, riehr den Teig gleich an!
Back, Babuschka, back mir einen Mann!

Mann zu backen is nich gutt, scheene Marienka!
Drickste bissel, geht kaputt noch so flinser Stjenka.
Back ich ihn mit Roggen, isser viel zu trocken.
Back ich ihn mit Maische, isser flau im Fleische.
Back ich mit KAPUSTA, hat er harte Krusta,
back ich mit POTATE, wird er gleich Soldate.
Back ich ihn mit FISCHEL, hat er nix im NISCHEL.
Back ich mit sechs Eier, wird er viel zu teier!

Schnitz mir, PANJE, schnitz mir, schnitz mir einen Mann!
Schnitz mir einen Wazwab, einen Mickel-Jan.
Schnitz mir Mann mit Schnurrbart, aber nicht zu grien!
Einen flinsen Stjenka, einen Jaruschkin!
Messerchen geh schleifen, gleich fang damit an!
Schnitz mir, Panje, schnitz mir einen Mann!

Mann zu schnitzen is nich gutt, scheene Marienka!
Hat nich MURRE, hat nicht Blutt, noch so flinser Stjenka.
Schnitz ich ihn aus Weichsel, is er schtorr wie Deichsel.
Schnitz ich ihn aus Eiche, isser kiehl wie Leiche.
Schnitz ich aus Kastanje, wird er doch kein Panje.
Himmel, Kreiz und GREBEN! Nimm doch Mann aus Leben!
Brauch nicht erst zu schnitzen, tut er bei dir sitzen,
neben dir auf Schwelle - und hat SCHNÜSS und Selle.

Dank fier eire Hilfe, wenn kommt. ;o)
Castafiore

Ist natürlich kein Dialekt, sondern ein Akzent… Asche auf mein Haupt… %-/

Servus,

Kapusta ist der Kohl, Potate sind die Kartoffeln und Fischel ist der (kleine) Fisch…Nischel ist der Kopf.

Panje ist der Herr und jetzt hab ich "zitieren nicht eingeschaltet und weiß nicht, was du noch suchst…*lach*…bin gleich wieder da:smile:

lgj.

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Greben - behaupte ich mal, sind die „Grieben“, also das, was beim Schmalzauslassen übrigbleibt und ist die Verharmlosung eines (unchristlichen) Fluches, wie in „Himmel, Arsch und Zwirn“ etc.

Korrektur zu Panje: dürfte in diesem Falle die weibliche Anrede sein, also „Herrin!“

Und Schnüss kenne ich für Schnauze, aber da kann ich irren.

Nur beim Wazwab hab’ ich keine Ahnung, tippe aber auf einen von Grasshoff erfundenen „Eigennamen“, der sich möglicherweise auf eine reale Person bezog.

lgj.

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Hallo Castafiore,

und ich dachte ich sei alleine mit Grasshoff auf diesem Brett.

WAZWAB Du nix kennen Wazwab: nein armes Herr Gesangverein
Dieses Wort brauchte meine Großmutter (Masuren) für einen gewitzten, leicht durchtriebenen Mann. (Das is so e richtcher Wazwab)
schlampen kann man mit luuschig also schlabbrich -ohne Festigkeit- annehmen Knaile (pl) Kneule Wolle. Flause ist aufgerebbelte Wolle (z. B. Strickmütze, die wieder entflochten wird, um daraus Socken zu stricken) Zwillich ist billiges kurzfaseriges Garn das nicht lange hält. Drillich ist dreifädiges Garn, Zwillich nur zweifädig - meine Mutter)
Für Panje könnte man Wagenbauer, Schreiner vermuten, denn es hat mit Holz zu tun. Mein Großvater war Sattler- und Stellmachermeister in Wilkassen bei Lötzen (auf der Flucht erschossen). (Panjewagen) Meine Großmutter hat dieses Wort nicht gemocht. Weichsel ist hartes Kirschenholz, gut schnitzbar, aber unelastisch. Kastanie ist minderwertig und wurde im Wagenbau nicht verwendet.

Flinse kenne ich nur als Kartoffelflinse (brandenburgisch Plinse im Saarland: Grummbeerpannekuche)

Greben könnte mit dem Wort Grieben (ausgebratene Speckwürfel) zu tun haben.
Neue Frage
Hast Du eine Quelle, wo man die literarischen Ergüsse von meinem Lieblingsdichter neu aufgelegt hat? ich habe nur Uraltbände von DTV und die sind an der Rückenbindung - Gelenk total zerbrochen.
Gruß vom
Klugscheißer

, flinser Stjenka,
fällt mir ein, dass „flins“ eine Art Gestein ist, Feuerstein, Kiesel, etc.

würde also hier im Zusammenhang bedeuten "und sei er noch so ein harter (steinerner) Stepan.

lgj.

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Hallo Jenny
Auch Deine Interpretation könnte richtig sein!
Pan - Panje PAN TAU = Herr Tau im tschechischen (Wajsst noch??)
Panjewagen = Herrenwagen, das waren die mit dem Bügel über dem Genick des Pferdes komplett andere Zäumung des Zugpferdes. Haben wir einen Spezialisten, der das liest, neuer Faden wäre verfolgungswürdig, aber bitte hier noch mitteilen, wo es weitergeht, eil ich mir bestimmte Sachgebiete erst garnicht ansehe
Gruß vom Klugscheisser,
der immer gerne dazulernt

Auch Deine Interpretation könnte richtig sein!
Pan - Panje PAN TAU = Herr Tau im tschechischen (Wajsst
noch??)

Servus, Olschi,

aber ist das im vorliegenden Fall nicht die Anrede (es handelt sich ja um ein Zwigespräch) an die Babuschka??

Und ist deine Version dann so richtig schlüssig?
Wiederum spannend:smile:

lgj.

die jetzt mal was arbeiten muss…*lach*

Hallo Olschi! ;o)

und ich dachte ich sei alleine mit Grasshoff auf diesem Brett.

Vielleicht reichen schon zwei für einen Fan-Club?
Ich habe Grasshoff erst vor nicht allzu langer Zeit für mich entdeckt und schätze ihn immer mehr, je länger ich mich mit ihm beschäftige.

WAZWAB Du nix kennen Wazwab: nein armes Herr Gesangverein

Jo, lajder… aber jetzt bin schon klieger…

Dieses Wort brauchte meine Großmutter (Masuren) für einen
gewitzten, leicht durchtriebenen Mann. (Das is so e richtcher
Wazwab)

Wunderbar! Kannst du mir auch sagen, wie man das stilecht ausspricht? Eher Wwazwab oder mehr Uazuab?
Und Masuren also. No, gutt.

schlampen kann man mit luuschig also schlabbrich -ohne
Festigkeit- annehmen

Aha.

Flause ist

aufgerebbelte Wolle (z. B. Strickmütze, die wieder entflochten
wird, um daraus Socken zu stricken) Zwillich ist billiges
kurzfaseriges Garn das nicht lange hält. Drillich ist
dreifädiges Garn, Zwillich nur zweifädig - meine Mutter)

Wunderbar!

Für Panje könnte man Wagenbauer, Schreiner vermuten, denn es
hat mit Holz zu tun. Mein Großvater war Sattler- und
Stellmachermeister in Wilkassen bei Lötzen (auf der Flucht
erschossen). (Panjewagen) Meine Großmutter hat dieses Wort
nicht gemocht. Weichsel ist hartes Kirschenholz, gut
schnitzbar, aber unelastisch. Kastanie ist minderwertig und
wurde im Wagenbau nicht verwendet.

Klasse! So viel handfeste Information.

Neue Frage
Hast Du eine Quelle, wo man die literarischen Ergüsse von
meinem Lieblingsdichter neu aufgelegt hat? ich habe nur
Uraltbände von DTV und die sind an der Rückenbindung - Gelenk
total zerbrochen.

Schau mal bei www.buchpreis24.de oder einer anderen Büchersuchmaschine - da findest du jede Menge.

Danke für die Garnichtklugschweißerei! ;o)

Castafiore (begajstert)

Hallo Jenny,

Kapusta ist der Kohl, Potate sind die Kartoffeln und Fischel
ist der (kleine) Fisch…Nischel ist der Kopf.

Ahnen ist gut, Wissen ist besser.
Nischel… jetzt dämmert mir auch was… Kindheitserinnerungen: „was auf den Nischel kriegen“

Panje ist der Herr

Prima!

Dankeschön!
Castafiore (immär kliegär wärdänd)

Greben - behaupte ich mal, sind die „Grieben“, also das, was
beim Schmalzauslassen übrigbleibt und ist die Verharmlosung
eines (unchristlichen) Fluches, wie in „Himmel, Arsch und
Zwirn“ etc.

Jo, passt!

Korrektur zu Panje: dürfte in diesem Falle die weibliche
Anrede sein, also „Herrin!“

Meinste? Ich glaub eher nicht… Textzusammenhang ist doch ziemlich männlich - von wegen Schnitzen. Frauen stricken und backen, weiß man doch… ;o)
Und im Polnischen heißt „Pan“ doch auch Herr, oder?

Und Schnüss kenne ich für Schnauze, aber da kann ich irren.

Ich kenn’s aus dem Norddeutschen. Mehr im Sinne von „Schnute“, also ne nette Schnauze.

Nochmal danke.:smile:
Castafiore

fällt mir ein, dass „flins“ eine Art Gestein ist, Feuerstein, Kiesel, etc.

Hallo, wie englisch „flint stone“ und deutsch Flinte. eck.

Servus, nochmal:smile:

Korrektur zu Panje: dürfte in diesem Falle die weibliche
Anrede sein, also „Herrin!“

Meinste? Ich glaub eher nicht… Textzusammenhang ist doch
ziemlich männlich - von wegen Schnitzen. Frauen stricken und
backen, weiß man doch… ;o)
Und im Polnischen heißt „Pan“ doch auch Herr, oder?

Ich bin zunächst davon ausgegangen, dass die drei Strophen ja jeweils zweigeteilt sind: zuerst bittet Marienka „strick, Babuschka, strick mir…etc“, dann antwortet die Babuschka.

Und dann vom Tschechischen (und nicht vom Polnischen, da weiß ich es nicht) - in Tschechisch ist „Pan“ der Herr und „Pani“ (gesprochen Pani[j]e) die Frau…

aber…

du könntest natürlich Recht haben: die Ansprechperson wechselt, wird mit Herr angeredet und sitzt ja schlussendlich schon neben Marienka:smile:

„Brauch nicht erst zu schnitzen, tut er bei dir sitzen,
neben dir auf Schwelle…“

Erscheint mir genauso logisch, wenn nicht logischer…*lach*

Lieben Gruß, jenny

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Guten Morgen, jenny,

du könntest natürlich Recht haben: die Ansprechperson
wechselt, wird mit Herr angeredet und sitzt ja schlussendlich
schon neben Marienka:smile:

So machen wir das - happy ends sind immer gutt fier Selle! ;oD

Einen schönen Dienstag
Castafiore

Ha! Gefunden!

Wazwab

Du nicht Wazwab kennen? Nein?
Armes Herr Gesangverein!
Wazwab großes Musizent,
spielen jede Instrument!

Für ein Schnaps und freies Tisch
Wazwab spielen kinstlerisch!
Tags auf Kirmes, nachts in Heu,
immer scheen und laut und neu.

Spielen Wazwab auf Geheft,
durchweg machen sein Geschäft.
Nehmen auch, wenn fassen kann,
Stibbel mit und Urr von Mann!

(Weitere Strophen nur auf flehentliches Bitten interessierter Leser und Innen, weil hier ja nicht das Literaturforum ist.)

Scheenes Gedicht, Olschi!

Castafiore (dankbar)

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Nu, machen wir weiter mits Rezitieren:

An Rand von Wald bei Fichten
ackert die Januschka
mit zwei hibsche Nichten,
Jekatrin und Puschka.
Kochen Kasche auf der Asche,
essen Krimmelkratz aus Tasche-
jej, jej, jej!
Pikdi, pikdi,pik!
Unter Strickrock
in klein Peckel
Hat Januschka ihre Zlotys
iber hundert Stick.

und so weiter noch 4 Strophen

Meine Großmutter hatte Wazwab -soweit ich mich erinnern kann- mit dem Anfangslaut W-wie Wasser ausgesprochen.

Nochmal zu Flause: Flausen im Kopf haben.

Ich war auf der Web-Seite von Quedlinburg, dort soll es seit ca. 1 Jahr ein Grasshoff Museum geben.
Vielleicht haben die eine Gesamtausgabe der Werke.

Gruß vom KS

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Murre und Blutt
Servus, Grasshofffantrio:smile:)

Sturschädel, der ich nun mal bin, frage ich mich, ob ich was überlesen habe, oder ob niemand herausgefunden hat, was Murre ist?

Ich habe mich durch alle Wörterbücher von Ahd bis „sächssch“ durchgefressen, aber man kann ja was überlesen.

Das nächste, was mir gedanklich möglich schien, ist der bildliche Gebrauch von „Mauer (Murre)“ für Knochengerüst/Rückgrat - aber das überzeugt mich nicht.

Weiß wer was?

Lieben Gruß, jenny

Hallo Jenny, hallo Castafdiore

auch ich habe mich durchgefressen und bin bei Krünitz fündig geworden. Es ist der zweite Begriff, der exzellent passt.
Ich will es den Schnorrern auf unserem Faden nicht so einfach machen und aussieben!
Für flinsen als Adjektiv habe ich weder in rotwelschen noch im jenischen Wöärterbüchern bisher was gefunden.
Meine ostpreussischen Wörterbücher sind eh sehr bescheiden.
Den Rest hätten wir bald geklärt, nun sind wir zu Dritt.
Treffen wir uns Ende Oktober in Quedlinburg?

Gruß von Olschi, dem Klugscheißer

Hallo, Olschi,

Für flinsen als Adjektiv habe ich weder in rotwelschen noch im
jenischen Wöärterbüchern bisher was gefunden.

ganz abwegig scheint die Verbindung zu „flins“ - (Feuer-)Stein, Kiesel nicht; bei Grimm finden sich z. B. die Adjektive „flinsig“ und „flinshart“ - kieselhart; vielleicht ist „flins(e)“ (als Adjektiv) ja eine mundartliche Variante.
http://germazope.uni-trier.de/Projects/WBB/woerterbu… .

Gruß
Kreszenz

Hallo Kreszenz
und alle andere , die an diesem Faden interessiert sind.

das mit flinse scheint mir inzwischen auch wahrscheinlich bis sicher.
Fritz Grasshoff kommt aus dem niedersächsisch - norddeutschen Raum und die Herkunft von „Murre“ ist im Krünitz erklärt.
Obwohl, als Geologe, Mensch mit ostpreußischen Vorfahren und recht erfahren mit Nahrung aus allen Teilen Europas und der Welt (meine Frau experimentiert wirklich ganz toll und hat ca. 4 IVAR Regalböden voller Kochbücher) hakt es bei mir weniger bei Flint als bei Flinse ein.
Aber auch der KS ist zum Glück mit 60 wissbegierig und lernfähig, denn sonst wäre er nicht hier verankert.

Lasset uns denn weiter forschen;
besser als in den Eselterikbrettern, denn hierbei gilt nicht nur die Überzeugung, sondern der Hinweis auf die Quelle, die aber auch in Zweifel gezogen werden darf.

Mit lit. Gruß als Grasshoff Fan verabschiedet sich mit
„Ritter Prunz zu Prunzelschütz“
beinahe passend
der Klugscheißer